Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Stickgas unverändert gelassen. Wenn 100 Theile atmosphärische Luft eingeathmet sind, welche aus 80 Theilen Stickgas, 18 Theilen Sauerstoffgas und 2 Theilen kohlengesäuertem Gas bestehen, so erhält man nach dem Ausathmen nur 98 Theile wieder, und diese bestehen nunmehr aus 80 Theilen Stickgas, 5 Theilen Sauerstoffgas, und 13 Theilen kohlengesäuertem Gas.

Ein erwachsener Mann von gewöhnlicher Größe athmet nach den Versuchen des Herrn Menzies jedesmal 40 engl. Cubikzolle Luft ein, und er athmet achtzehnmal in jeder Minute: folglich zieht er mit jeder Minute 720 Cubikzolle atmosphärische Luft in seine Lungen. Diese enthalten ohngefähr (27/100) des Ganzen, oder 194,4 Cubikzolle Sauerstoffgas, welches durch das Athemholen verändert wird. Bey jedem Athemzuge werden 0,05 Theile der eingeathmeten atmosphärischen Luft in Kohlensäure verwandelt. Folglich erzeugen sich in den Lungen eines Mannes von gewöhnlicher Größe in jeder Minute 36 Cubikzolle, und in einem Tage 51840 Cubikzolle oder nahe an 4 Pfund kohlengesäuertes Gas.

Nach wiederholtem Einathmen und Ausathmen derselben Luft wird die Menge des Sauerstoffgas immer geringer, hingegen die Menge des kohlengesäuerten Gas immer größer, und zuletzt wird die Luft ganz untüchtig zu fernerm Athemholen. Allein nicht die Zunahme des kohlengesäuerten Gas, sondern die Abnahme des Sauerstoffgas ist es, was die Luft irrespirabel macht. Das kohlengesäuerte ist nur schädlich, in sofern es durch seine Schwere das Eindringen des Sauerstoffgas in die Lunge verhindert.

Ein Theil des eingeathmeten Sauerstoffgas wird während des Athemholens in Wasser verwandelt, und geht bey dem Ausathmen, als Wasser, fort. Dieses Wasser ist sichtbar, sobald die Temperatur unter 40 Grad nach Reaum. ist, in dichterer Luft auch bey noch höhern Temperaturen.

Das Athemholen steht mit dem Umlaufe des Bluts im allergenauesten Verhältnisse; daher ist auch zwischen dem Pulse und dem Athemholen die genaueste Uebereinstimmung. Je schneller das Athemholen ist, desto schneller ist der Puls, und umgekehrt. Man zählt zwischen dem Einathmen und


Stickgas unveraͤndert gelaſſen. Wenn 100 Theile atmoſphaͤriſche Luft eingeathmet ſind, welche aus 80 Theilen Stickgas, 18 Theilen Sauerſtoffgas und 2 Theilen kohlengeſaͤuertem Gas beſtehen, ſo erhaͤlt man nach dem Ausathmen nur 98 Theile wieder, und dieſe beſtehen nunmehr aus 80 Theilen Stickgas, 5 Theilen Sauerſtoffgas, und 13 Theilen kohlengeſaͤuertem Gas.

Ein erwachſener Mann von gewoͤhnlicher Groͤße athmet nach den Verſuchen des Herrn Menzies jedesmal 40 engl. Cubikzolle Luft ein, und er athmet achtzehnmal in jeder Minute: folglich zieht er mit jeder Minute 720 Cubikzolle atmoſphaͤriſche Luft in ſeine Lungen. Dieſe enthalten ohngefaͤhr (27/100) des Ganzen, oder 194,4 Cubikzolle Sauerſtoffgas, welches durch das Athemholen veraͤndert wird. Bey jedem Athemzuge werden 0,05 Theile der eingeathmeten atmoſphaͤriſchen Luft in Kohlenſaͤure verwandelt. Folglich erzeugen ſich in den Lungen eines Mannes von gewoͤhnlicher Groͤße in jeder Minute 36 Cubikzolle, und in einem Tage 51840 Cubikzolle oder nahe an 4 Pfund kohlengeſaͤuertes Gas.

Nach wiederholtem Einathmen und Ausathmen derſelben Luft wird die Menge des Sauerſtoffgas immer geringer, hingegen die Menge des kohlengeſaͤuerten Gas immer groͤßer, und zuletzt wird die Luft ganz untuͤchtig zu fernerm Athemholen. Allein nicht die Zunahme des kohlengeſaͤuerten Gas, ſondern die Abnahme des Sauerſtoffgas iſt es, was die Luft irreſpirabel macht. Das kohlengeſaͤuerte iſt nur ſchaͤdlich, in ſofern es durch ſeine Schwere das Eindringen des Sauerſtoffgas in die Lunge verhindert.

Ein Theil des eingeathmeten Sauerſtoffgas wird waͤhrend des Athemholens in Waſſer verwandelt, und geht bey dem Ausathmen, als Waſſer, fort. Dieſes Waſſer iſt ſichtbar, ſobald die Temperatur unter 40 Grad nach Reaum. iſt, in dichterer Luft auch bey noch hoͤhern Temperaturen.

Das Athemholen ſteht mit dem Umlaufe des Bluts im allergenaueſten Verhaͤltniſſe; daher iſt auch zwiſchen dem Pulſe und dem Athemholen die genaueſte Uebereinſtimmung. Je ſchneller das Athemholen iſt, deſto ſchneller iſt der Puls, und umgekehrt. Man zaͤhlt zwiſchen dem Einathmen und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0075" xml:id="P.5.63" n="63"/><lb/>
Stickgas unvera&#x0364;ndert gela&#x017F;&#x017F;en. Wenn 100 Theile atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;che Luft eingeathmet &#x017F;ind, welche aus 80 Theilen Stickgas, 18 Theilen Sauer&#x017F;toffgas und 2 Theilen kohlenge&#x017F;a&#x0364;uertem Gas be&#x017F;tehen, &#x017F;o erha&#x0364;lt man nach dem Ausathmen nur 98 Theile wieder, und die&#x017F;e be&#x017F;tehen nunmehr aus 80 Theilen Stickgas, 5 Theilen Sauer&#x017F;toffgas, und 13 Theilen kohlenge&#x017F;a&#x0364;uertem Gas.</p>
              <p>Ein erwach&#x017F;ener Mann von gewo&#x0364;hnlicher Gro&#x0364;ße athmet nach den Ver&#x017F;uchen des Herrn <hi rendition="#b">Menzies</hi> jedesmal 40 engl. Cubikzolle Luft ein, und er athmet achtzehnmal in jeder Minute: folglich zieht er mit jeder Minute 720 Cubikzolle atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;che Luft in &#x017F;eine Lungen. Die&#x017F;e enthalten ohngefa&#x0364;hr (27/100) des Ganzen, oder 194,4 Cubikzolle Sauer&#x017F;toffgas, welches durch das Athemholen vera&#x0364;ndert wird. Bey jedem Athemzuge werden 0,05 Theile der eingeathmeten atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen Luft in Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure verwandelt. Folglich erzeugen &#x017F;ich in den Lungen eines Mannes von gewo&#x0364;hnlicher Gro&#x0364;ße in jeder Minute 36 Cubikzolle, und in einem Tage 51840 Cubikzolle oder nahe an 4 Pfund kohlenge&#x017F;a&#x0364;uertes Gas.</p>
              <p>Nach wiederholtem Einathmen und Ausathmen der&#x017F;elben Luft wird die Menge des Sauer&#x017F;toffgas immer geringer, hingegen die Menge des kohlenge&#x017F;a&#x0364;uerten Gas immer gro&#x0364;ßer, und zuletzt wird die Luft ganz untu&#x0364;chtig zu fernerm Athemholen. Allein nicht die Zunahme des kohlenge&#x017F;a&#x0364;uerten Gas, &#x017F;ondern die Abnahme des Sauer&#x017F;toffgas i&#x017F;t es, was die Luft irre&#x017F;pirabel macht. Das kohlenge&#x017F;a&#x0364;uerte i&#x017F;t nur &#x017F;cha&#x0364;dlich, in &#x017F;ofern es durch &#x017F;eine Schwere das Eindringen des Sauer&#x017F;toffgas in die Lunge verhindert.</p>
              <p>Ein Theil des eingeathmeten Sauer&#x017F;toffgas wird wa&#x0364;hrend des Athemholens in Wa&#x017F;&#x017F;er verwandelt, und geht bey dem Ausathmen, als Wa&#x017F;&#x017F;er, fort. Die&#x017F;es Wa&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t &#x017F;ichtbar, &#x017F;obald die Temperatur unter 40 Grad nach Reaum. i&#x017F;t, in dichterer Luft auch bey noch ho&#x0364;hern Temperaturen.</p>
              <p>Das Athemholen &#x017F;teht mit dem Umlaufe des Bluts im allergenaue&#x017F;ten Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e; daher i&#x017F;t auch zwi&#x017F;chen dem Pul&#x017F;e und dem Athemholen die genaue&#x017F;te Ueberein&#x017F;timmung. Je &#x017F;chneller das Athemholen i&#x017F;t, de&#x017F;to &#x017F;chneller i&#x017F;t der Puls, und umgekehrt. Man za&#x0364;hlt zwi&#x017F;chen dem Einathmen und<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0075] Stickgas unveraͤndert gelaſſen. Wenn 100 Theile atmoſphaͤriſche Luft eingeathmet ſind, welche aus 80 Theilen Stickgas, 18 Theilen Sauerſtoffgas und 2 Theilen kohlengeſaͤuertem Gas beſtehen, ſo erhaͤlt man nach dem Ausathmen nur 98 Theile wieder, und dieſe beſtehen nunmehr aus 80 Theilen Stickgas, 5 Theilen Sauerſtoffgas, und 13 Theilen kohlengeſaͤuertem Gas. Ein erwachſener Mann von gewoͤhnlicher Groͤße athmet nach den Verſuchen des Herrn Menzies jedesmal 40 engl. Cubikzolle Luft ein, und er athmet achtzehnmal in jeder Minute: folglich zieht er mit jeder Minute 720 Cubikzolle atmoſphaͤriſche Luft in ſeine Lungen. Dieſe enthalten ohngefaͤhr (27/100) des Ganzen, oder 194,4 Cubikzolle Sauerſtoffgas, welches durch das Athemholen veraͤndert wird. Bey jedem Athemzuge werden 0,05 Theile der eingeathmeten atmoſphaͤriſchen Luft in Kohlenſaͤure verwandelt. Folglich erzeugen ſich in den Lungen eines Mannes von gewoͤhnlicher Groͤße in jeder Minute 36 Cubikzolle, und in einem Tage 51840 Cubikzolle oder nahe an 4 Pfund kohlengeſaͤuertes Gas. Nach wiederholtem Einathmen und Ausathmen derſelben Luft wird die Menge des Sauerſtoffgas immer geringer, hingegen die Menge des kohlengeſaͤuerten Gas immer groͤßer, und zuletzt wird die Luft ganz untuͤchtig zu fernerm Athemholen. Allein nicht die Zunahme des kohlengeſaͤuerten Gas, ſondern die Abnahme des Sauerſtoffgas iſt es, was die Luft irreſpirabel macht. Das kohlengeſaͤuerte iſt nur ſchaͤdlich, in ſofern es durch ſeine Schwere das Eindringen des Sauerſtoffgas in die Lunge verhindert. Ein Theil des eingeathmeten Sauerſtoffgas wird waͤhrend des Athemholens in Waſſer verwandelt, und geht bey dem Ausathmen, als Waſſer, fort. Dieſes Waſſer iſt ſichtbar, ſobald die Temperatur unter 40 Grad nach Reaum. iſt, in dichterer Luft auch bey noch hoͤhern Temperaturen. Das Athemholen ſteht mit dem Umlaufe des Bluts im allergenaueſten Verhaͤltniſſe; daher iſt auch zwiſchen dem Pulſe und dem Athemholen die genaueſte Uebereinſtimmung. Je ſchneller das Athemholen iſt, deſto ſchneller iſt der Puls, und umgekehrt. Man zaͤhlt zwiſchen dem Einathmen und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/75
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/75>, abgerufen am 04.05.2024.