Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Bald nach der Herausgabe des Grundrisses der Naturlehre ward Hr. Gren durch die Versuche über das gänzliche Verschwinden des Luftraums beym Verbrennen des Phosphors in Lebensluft (s. Zus. zu dem Art. Verbrennung) bewogen, das bisherige phlogistische System zu verlassen, und in der Hauptsache den Lehren der Antiphlogistiker, wiewohl mit einer sehr wichtigen Einschränkung, beyzutreten. Er findet sich nemlich durch die Erscheinungen des Lichts veranlasset, die Quelle desselben in dem brennenden Körper zu suchen, und daher das Licht (System. Handbuch der gesammten Chemie. Halle, 1794. gr. 8. §. 229 u. f.) für eine Zusammensetzung aus einer eignen Basis und dem freyen Wärmestoffe zu erklären, welcher letztere für jene Basis das fortleitende Fluidum wird. Diese Basis des Lichts nimmt Hr. Gren als einen Bestandtheil aller verbrennlichen Körper an, und giebt ihr nach dem Beyspiele der Herren Leonhardi (Zusätze zu Macquers chem. Wörterbuch, B. I. S. 401 f. B. II. S. 556) und Richter (in der im vorigen angeführten Schrift) den Namen des Brennstoffs oder Phlogistons wieder. Dieses ist nun freylich nicht mehr das Stahlische Phlogiston, dessen Wirkung alle Erscheinungen des Verbrennens umfaßte, und die Aeußerung Hrn. Grens (Journal der Phys. B. VIII. S. 15.) "daß das Phlogiston dennoch aus "dem Conflict der Partheyen für und wider dasselbe unüber"wunden hervorgegangen sey"|kan nur mit der Einschränkung angenommen werden, daß das neu hervorgehende Phlogiston zwar den Namen des vorigen führe, in der That aber ein anderes Wesen sey, dem man von den Functionen seines Vorgängers nur einen Theil übertragen hat. Inzwischen ist doch diese Idee selbst vortreflich. Sie zeigt einen Weg, den so langwierigen und heftigen Streit beyder Partheyen durch eine güttliche Vermittelung beyzulegen, indem sie den Phlogistikern wenigstens etwas im verbrennlichen
Bald nach der Herausgabe des Grundriſſes der Naturlehre ward Hr. Gren durch die Verſuche uͤber das gaͤnzliche Verſchwinden des Luftraums beym Verbrennen des Phosphors in Lebensluft (ſ. Zuſ. zu dem Art. Verbrennung) bewogen, das bisherige phlogiſtiſche Syſtem zu verlaſſen, und in der Hauptſache den Lehren der Antiphlogiſtiker, wiewohl mit einer ſehr wichtigen Einſchraͤnkung, beyzutreten. Er findet ſich nemlich durch die Erſcheinungen des Lichts veranlaſſet, die Quelle deſſelben in dem brennenden Koͤrper zu ſuchen, und daher das Licht (Syſtem. Handbuch der geſammten Chemie. Halle, 1794. gr. 8. §. 229 u. f.) fuͤr eine Zuſammenſetzung aus einer eignen Baſis und dem freyen Waͤrmeſtoffe zu erklaͤren, welcher letztere fuͤr jene Baſis das fortleitende Fluidum wird. Dieſe Baſis des Lichts nimmt Hr. Gren als einen Beſtandtheil aller verbrennlichen Koͤrper an, und giebt ihr nach dem Beyſpiele der Herren Leonhardi (Zuſaͤtze zu Macquers chem. Woͤrterbuch, B. I. S. 401 f. B. II. S. 556) und Richter (in der im vorigen angefuͤhrten Schrift) den Namen des Brennſtoffs oder Phlogiſtons wieder. Dieſes iſt nun freylich nicht mehr das Stahliſche Phlogiſton, deſſen Wirkung alle Erſcheinungen des Verbrennens umfaßte, und die Aeußerung Hrn. Grens (Journal der Phyſ. B. VIII. S. 15.) ”daß das Phlogiſton dennoch aus ”dem Conflict der Partheyen fuͤr und wider daſſelbe unuͤber”wunden hervorgegangen ſey“|kan nur mit der Einſchraͤnkung angenommen werden, daß das neu hervorgehende Phlogiſton zwar den Namen des vorigen fuͤhre, in der That aber ein anderes Weſen ſey, dem man von den Functionen ſeines Vorgaͤngers nur einen Theil uͤbertragen hat. Inzwiſchen iſt doch dieſe Idee ſelbſt vortreflich. Sie zeigt einen Weg, den ſo langwierigen und heftigen Streit beyder Partheyen durch eine guͤttliche Vermittelung beyzulegen, indem ſie den Phlogiſtikern wenigſtens etwas im verbrennlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0715" xml:id="P.5.703" n="703"/><lb/> zu thun geweſen iſt, dieſe Begriffe und Behauptungen, welche in der Phyſik nie einigen Nutzen ſtiften koͤnnen, ſelbſt wiederum aufgeben, da er ſie jetzt zu Vertheidigung des Phlogiſtons nicht weiter noͤthig hat.</p> <p>Bald nach der Herausgabe des Grundriſſes der Naturlehre ward Hr. <hi rendition="#b">Gren</hi> durch die Verſuche uͤber das gaͤnzliche Verſchwinden des Luftraums beym Verbrennen des Phosphors in Lebensluft (ſ. Zuſ. zu dem Art. <hi rendition="#b">Verbrennung</hi>) bewogen, das <hi rendition="#b">bisherige</hi> phlogiſtiſche Syſtem zu verlaſſen, und in der Hauptſache den Lehren der Antiphlogiſtiker, wiewohl mit einer ſehr wichtigen Einſchraͤnkung, beyzutreten. Er findet ſich nemlich durch die Erſcheinungen des Lichts veranlaſſet, die Quelle deſſelben in dem brennenden Koͤrper zu ſuchen, und daher das <hi rendition="#b">Licht</hi> (Syſtem. Handbuch der geſammten Chemie. Halle, 1794. gr. 8. §. 229 u. f.) fuͤr eine Zuſammenſetzung aus einer eignen Baſis und dem freyen Waͤrmeſtoffe zu erklaͤren, welcher letztere fuͤr jene Baſis das fortleitende Fluidum wird. Dieſe Baſis des Lichts nimmt Hr. <hi rendition="#b">Gren</hi> als einen Beſtandtheil aller verbrennlichen Koͤrper an, und giebt ihr nach dem Beyſpiele der Herren <hi rendition="#b">Leonhardi</hi> (Zuſaͤtze zu <hi rendition="#b">Macquers</hi> chem. Woͤrterbuch, B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 401 f. B. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 556) und <hi rendition="#b">Richter</hi> (in der im vorigen angefuͤhrten Schrift) den Namen des <hi rendition="#b">Brennſtoffs</hi> oder <hi rendition="#b">Phlogiſtons</hi> wieder.</p> <p>Dieſes iſt nun freylich nicht mehr das Stahliſche Phlogiſton, deſſen Wirkung alle Erſcheinungen des Verbrennens umfaßte, und die Aeußerung Hrn. <hi rendition="#b">Grens</hi> (Journal der Phyſ. B. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> S. 15.) ”daß das Phlogiſton dennoch aus ”dem Conflict der Partheyen fuͤr und wider daſſelbe unuͤber”wunden hervorgegangen ſey“|kan nur mit der Einſchraͤnkung angenommen werden, daß das neu hervorgehende Phlogiſton zwar den Namen des vorigen fuͤhre, in der That aber ein anderes Weſen ſey, dem man von den Functionen ſeines Vorgaͤngers nur einen Theil uͤbertragen hat.</p> <p>Inzwiſchen iſt doch dieſe Idee ſelbſt vortreflich. Sie zeigt einen Weg, den ſo langwierigen und heftigen Streit beyder Partheyen durch eine guͤttliche Vermittelung beyzulegen, indem ſie den Phlogiſtikern wenigſtens etwas im verbrennlichen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [703/0715]
zu thun geweſen iſt, dieſe Begriffe und Behauptungen, welche in der Phyſik nie einigen Nutzen ſtiften koͤnnen, ſelbſt wiederum aufgeben, da er ſie jetzt zu Vertheidigung des Phlogiſtons nicht weiter noͤthig hat.
Bald nach der Herausgabe des Grundriſſes der Naturlehre ward Hr. Gren durch die Verſuche uͤber das gaͤnzliche Verſchwinden des Luftraums beym Verbrennen des Phosphors in Lebensluft (ſ. Zuſ. zu dem Art. Verbrennung) bewogen, das bisherige phlogiſtiſche Syſtem zu verlaſſen, und in der Hauptſache den Lehren der Antiphlogiſtiker, wiewohl mit einer ſehr wichtigen Einſchraͤnkung, beyzutreten. Er findet ſich nemlich durch die Erſcheinungen des Lichts veranlaſſet, die Quelle deſſelben in dem brennenden Koͤrper zu ſuchen, und daher das Licht (Syſtem. Handbuch der geſammten Chemie. Halle, 1794. gr. 8. §. 229 u. f.) fuͤr eine Zuſammenſetzung aus einer eignen Baſis und dem freyen Waͤrmeſtoffe zu erklaͤren, welcher letztere fuͤr jene Baſis das fortleitende Fluidum wird. Dieſe Baſis des Lichts nimmt Hr. Gren als einen Beſtandtheil aller verbrennlichen Koͤrper an, und giebt ihr nach dem Beyſpiele der Herren Leonhardi (Zuſaͤtze zu Macquers chem. Woͤrterbuch, B. I. S. 401 f. B. II. S. 556) und Richter (in der im vorigen angefuͤhrten Schrift) den Namen des Brennſtoffs oder Phlogiſtons wieder.
Dieſes iſt nun freylich nicht mehr das Stahliſche Phlogiſton, deſſen Wirkung alle Erſcheinungen des Verbrennens umfaßte, und die Aeußerung Hrn. Grens (Journal der Phyſ. B. VIII. S. 15.) ”daß das Phlogiſton dennoch aus ”dem Conflict der Partheyen fuͤr und wider daſſelbe unuͤber”wunden hervorgegangen ſey“|kan nur mit der Einſchraͤnkung angenommen werden, daß das neu hervorgehende Phlogiſton zwar den Namen des vorigen fuͤhre, in der That aber ein anderes Weſen ſey, dem man von den Functionen ſeines Vorgaͤngers nur einen Theil uͤbertragen hat.
Inzwiſchen iſt doch dieſe Idee ſelbſt vortreflich. Sie zeigt einen Weg, den ſo langwierigen und heftigen Streit beyder Partheyen durch eine guͤttliche Vermittelung beyzulegen, indem ſie den Phlogiſtikern wenigſtens etwas im verbrennlichen
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