Dieses ist die Meinung der Herren Girtanner, von Humboldt, Gren und mehrerer der scharfsinnigsten Physiker. Wasser allein ist eben so wenig hinreichend, die Nutricion der Pflanzen zu erklären. Denn ohnerachtet der bekannten Versuche des Vanhelmont, dü Hamel, u. a., welche bey dem Worte Wasser (Th. IV. S. 645. 646.) angeführt sind, haben doch selbst Hrn. Hassenfratz Erfahrungen über die Vegetation der Pflanzen in reinem Wasser gezeigt, daß dieselben zwar darinn an Volumen und Gewicht zunehmen, aber nicht zur Vollkommenheit und Reife kommen, und daß die Menge des Kohlenstoffs in ihnen nicht vermehrt, sondern vielmehr etwas weniges vermindert wird. Zwar sahe Herr Hofmann (in Grens Journal der Phys. B. III. S. 10. u. f.) Aestchen der Mentha crispa in destillirtem Wasser an Gewicht und Menge des Kohlenstoffs zunehmen. Man hat aber, wie Herr von Humboldr bemerkt, keinen Grund zu zweifeln, daß das Pflänzchen, dessen Wurzeln in einem gläsernen verklebten Gefäße lagen, kohlengesäuertes Wasser aus der Atmosphäre geschöpft habe.
Nach Herrn Girtanner(Anfangsgr. der antiphlog. Chemie. Kap. 35.) kömmt der größte Theil des Sauerstoffgas, welches die Pflanzen am Sonnenlichte liefern, von der Zerlegung des Wassers her, dessen Wasserstoff sich mit der Pflanze verbindet. Aus dieser Verbindung des Wasserstoffs mit dem Kohlenstoffe entstehen die Kohle, die Oehle und alle übrige verbrennliche Theile der Pflanzen. Ohne Wasser und ohne kohlengesäuertes Gas ist gar keine Vegetation möglich. Diese beyden Körper zerlegen sich wechselsweise während der Vegetation. Der Wasserstoff verläßt den Sauerstoff, um sich mit dem Kohlenstoff zu Oelen, Harzen u. s. w. zu verbinden. Zugleich entwickelt sich in großer Menge der Sauerstoff des Wassers und der Kohlensäure; er verbindet sich mit dem Lichtstoffe (welchen Hr. G. ziemlich inconsequent hier nennt, da er ihm an andern Stellen seines Buchs die Eristenz abgesprochen hat, s. den Zus. des Art. Licht, oben S. 555.), und geht, zufolge der Versuche der Herren Priestley, Ingenhouß und Senebier, als Sauerstoffgas in die Luft.
Dieſes iſt die Meinung der Herren Girtanner, von Humboldt, Gren und mehrerer der ſcharfſinnigſten Phyſiker. Waſſer allein iſt eben ſo wenig hinreichend, die Nutricion der Pflanzen zu erklaͤren. Denn ohnerachtet der bekannten Verſuche des Vanhelmont, duͤ Hamel, u. a., welche bey dem Worte Waſſer (Th. IV. S. 645. 646.) angefuͤhrt ſind, haben doch ſelbſt Hrn. Haſſenfratz Erfahrungen uͤber die Vegetation der Pflanzen in reinem Waſſer gezeigt, daß dieſelben zwar darinn an Volumen und Gewicht zunehmen, aber nicht zur Vollkommenheit und Reife kommen, und daß die Menge des Kohlenſtoffs in ihnen nicht vermehrt, ſondern vielmehr etwas weniges vermindert wird. Zwar ſahe Herr Hofmann (in Grens Journal der Phyſ. B. III. S. 10. u. f.) Aeſtchen der Mentha criſpa in deſtillirtem Waſſer an Gewicht und Menge des Kohlenſtoffs zunehmen. Man hat aber, wie Herr von Humboldr bemerkt, keinen Grund zu zweifeln, daß das Pflaͤnzchen, deſſen Wurzeln in einem glaͤſernen verklebten Gefaͤße lagen, kohlengeſaͤuertes Waſſer aus der Atmoſphaͤre geſchoͤpft habe.
Nach Herrn Girtanner(Anfangsgr. der antiphlog. Chemie. Kap. 35.) koͤmmt der groͤßte Theil des Sauerſtoffgas, welches die Pflanzen am Sonnenlichte liefern, von der Zerlegung des Waſſers her, deſſen Waſſerſtoff ſich mit der Pflanze verbindet. Aus dieſer Verbindung des Waſſerſtoffs mit dem Kohlenſtoffe entſtehen die Kohle, die Oehle und alle uͤbrige verbrennliche Theile der Pflanzen. Ohne Waſſer und ohne kohlengeſaͤuertes Gas iſt gar keine Vegetation moͤglich. Dieſe beyden Koͤrper zerlegen ſich wechſelsweiſe waͤhrend der Vegetation. Der Waſſerſtoff verlaͤßt den Sauerſtoff, um ſich mit dem Kohlenſtoff zu Oelen, Harzen u. ſ. w. zu verbinden. Zugleich entwickelt ſich in großer Menge der Sauerſtoff des Waſſers und der Kohlenſaͤure; er verbindet ſich mit dem Lichtſtoffe (welchen Hr. G. ziemlich inconſequent hier nennt, da er ihm an andern Stellen ſeines Buchs die Eriſtenz abgeſprochen hat, ſ. den Zuſ. des Art. Licht, oben S. 555.), und geht, zufolge der Verſuche der Herren Prieſtley, Ingenhouß und Senebier, als Sauerſtoffgas in die Luft.
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Dieſes iſt die Meinung der Herren Girtanner, von Humboldt, Gren und mehrerer der ſcharfſinnigſten Phyſiker. Waſſer allein iſt eben ſo wenig hinreichend, die Nutricion der Pflanzen zu erklaͤren. Denn ohnerachtet der bekannten Verſuche des Vanhelmont, duͤ Hamel, u. a., welche bey dem Worte Waſſer (Th. IV. S. 645. 646.) angefuͤhrt ſind, haben doch ſelbſt Hrn. Haſſenfratz Erfahrungen uͤber die Vegetation der Pflanzen in reinem Waſſer gezeigt, daß dieſelben zwar darinn an Volumen und Gewicht zunehmen, aber nicht zur Vollkommenheit und Reife kommen, und daß die Menge des Kohlenſtoffs in ihnen nicht vermehrt, ſondern vielmehr etwas weniges vermindert wird. Zwar ſahe Herr Hofmann (in Grens Journal der Phyſ. B. III. S. 10. u. f.) Aeſtchen der Mentha criſpa in deſtillirtem Waſſer an Gewicht und Menge des Kohlenſtoffs zunehmen. Man hat aber, wie Herr von Humboldr bemerkt, keinen Grund zu zweifeln, daß das Pflaͤnzchen, deſſen Wurzeln in einem glaͤſernen verklebten Gefaͤße lagen, kohlengeſaͤuertes Waſſer aus der Atmoſphaͤre geſchoͤpft habe.
Nach Herrn Girtanner (Anfangsgr. der antiphlog. Chemie. Kap. 35.) koͤmmt der groͤßte Theil des Sauerſtoffgas, welches die Pflanzen am Sonnenlichte liefern, von der Zerlegung des Waſſers her, deſſen Waſſerſtoff ſich mit der Pflanze verbindet. Aus dieſer Verbindung des Waſſerſtoffs mit dem Kohlenſtoffe entſtehen die Kohle, die Oehle und alle uͤbrige verbrennliche Theile der Pflanzen. Ohne Waſſer und ohne kohlengeſaͤuertes Gas iſt gar keine Vegetation moͤglich. Dieſe beyden Koͤrper zerlegen ſich wechſelsweiſe waͤhrend der Vegetation. Der Waſſerſtoff verlaͤßt den Sauerſtoff, um ſich mit dem Kohlenſtoff zu Oelen, Harzen u. ſ. w. zu verbinden. Zugleich entwickelt ſich in großer Menge der Sauerſtoff des Waſſers und der Kohlenſaͤure; er verbindet ſich mit dem Lichtſtoffe (welchen Hr. G. ziemlich inconſequent hier nennt, da er ihm an andern Stellen ſeines Buchs die Eriſtenz abgeſprochen hat, ſ. den Zuſ. des Art. Licht, oben S. 555.), und geht, zufolge der Verſuche der Herren Prieſtley, Ingenhouß und Senebier, als Sauerſtoffgas in die Luft.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/698>, abgerufen am 25.11.2024.
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