Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


ihrer Bildung verwendeten Bestandtheile der elektrischen Flüßigkeit mangelt, so zersetzt sich die Luft wieder, und ihr Bindungsmittel setzt mit dem in ihr gebundenen Feuer und dem freyen Feuer der Atmosphäre von neuem elektrisches Fluidum zusammen. Dadurch wird ihr Wasser frey, und fällt als Regen nieder.

Der Blitz entsteht, wenn die Zersetzung der atmosphärischen Luft ihre höchste Stufe erreicht hat. Alsdann zersetzt sich auf einen Augenblick ein Theil des zu häufig erzeugten elektrischen Fluidums wieder, und zeigt sein Licht. Der Knall entsteht durch die explodirende Ausdehnung der Luft, indem sich die elektrische Flüßigkeit zersetzt, und das Rollen des Donners wird durch stufenweise Verdichtung des Wasserdampfs hervorgebracht. Ein Theil des Feuers kan vielleicht auch zu Bildung neuer Luft verbraucht werden, und so die Kälte vermehren.

Der Hagel erklärt sich sehr leicht aus dieser plötzlichen Abnahme des Feuers in den Gewölken. Daher die bekannte Abkühlung der Luft nach Gewittern, das Fallen des Thermometers nach elektrischen Regen, und die geringere Temperatur der Atmosphäre zu jeder Tageszeit, wenn bey unverändertem Winde viel elektrisches Fluidum erzeugt ist.

Bey sehr windstillen Gewittern scheint oft die Luft nicht kühler geworden zu seyn. Vielleicht ist dann eine geringere Menge von Feuer zur Bildung der elektrischen Materie verwendet worden, und eben durch diesen Unterschied wird negative Elektricität erzeugt. Ueberdies ist die Luft ein schlechter Leiter der Wärme; die Veränderung der Temperatur kan spät in die untern Gegenden kommen, und inzwischen die obere erkältete Luft durch ihre Bewegung fortgeführt werden.

Hiemit stehen nun noch die Erklärungen der Elektricität bey Strich- und Landregen, beym Nebel, Thau und einigen andern Luftbegebenheiten in Verbindung, die ich in den Zusätzen zu den Worten Regen, Nebel, Nordlicht u. s. w. beybringen werde. Alle diese sich an einander schließenden Erklärungen scheinen doch der Theorie des Hrn. de Luc in einigen Stücken Festigkeit zu geben, wenigstens ihr den Vorzug vor dem Auflösungssystem zuzusichern, und es glaublich


ihrer Bildung verwendeten Beſtandtheile der elektriſchen Fluͤßigkeit mangelt, ſo zerſetzt ſich die Luft wieder, und ihr Bindungsmittel ſetzt mit dem in ihr gebundenen Feuer und dem freyen Feuer der Atmoſphaͤre von neuem elektriſches Fluidum zuſammen. Dadurch wird ihr Waſſer frey, und faͤllt als Regen nieder.

Der Blitz entſteht, wenn die Zerſetzung der atmoſphaͤriſchen Luft ihre hoͤchſte Stufe erreicht hat. Alsdann zerſetzt ſich auf einen Augenblick ein Theil des zu haͤufig erzeugten elektriſchen Fluidums wieder, und zeigt ſein Licht. Der Knall entſteht durch die explodirende Ausdehnung der Luft, indem ſich die elektriſche Fluͤßigkeit zerſetzt, und das Rollen des Donners wird durch ſtufenweiſe Verdichtung des Waſſerdampfs hervorgebracht. Ein Theil des Feuers kan vielleicht auch zu Bildung neuer Luft verbraucht werden, und ſo die Kaͤlte vermehren.

Der Hagel erklaͤrt ſich ſehr leicht aus dieſer ploͤtzlichen Abnahme des Feuers in den Gewoͤlken. Daher die bekannte Abkuͤhlung der Luft nach Gewittern, das Fallen des Thermometers nach elektriſchen Regen, und die geringere Temperatur der Atmoſphaͤre zu jeder Tageszeit, wenn bey unveraͤndertem Winde viel elektriſches Fluidum erzeugt iſt.

Bey ſehr windſtillen Gewittern ſcheint oft die Luft nicht kuͤhler geworden zu ſeyn. Vielleicht iſt dann eine geringere Menge von Feuer zur Bildung der elektriſchen Materie verwendet worden, und eben durch dieſen Unterſchied wird negative Elektricitaͤt erzeugt. Ueberdies iſt die Luft ein ſchlechter Leiter der Waͤrme; die Veraͤnderung der Temperatur kan ſpaͤt in die untern Gegenden kommen, und inzwiſchen die obere erkaͤltete Luft durch ihre Bewegung fortgefuͤhrt werden.

Hiemit ſtehen nun noch die Erklaͤrungen der Elektricitaͤt bey Strich- und Landregen, beym Nebel, Thau und einigen andern Luftbegebenheiten in Verbindung, die ich in den Zuſaͤtzen zu den Worten Regen, Nebel, Nordlicht u. ſ. w. beybringen werde. Alle dieſe ſich an einander ſchließenden Erklaͤrungen ſcheinen doch der Theorie des Hrn. de Luc in einigen Stuͤcken Feſtigkeit zu geben, wenigſtens ihr den Vorzug vor dem Aufloͤſungsſyſtem zuzuſichern, und es glaublich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0587" xml:id="P.5.575" n="575"/><lb/>
ihrer Bildung verwendeten Be&#x017F;tandtheile der elektri&#x017F;chen Flu&#x0364;ßigkeit mangelt, &#x017F;o zer&#x017F;etzt &#x017F;ich die Luft wieder, und ihr Bindungsmittel &#x017F;etzt mit dem in ihr gebundenen Feuer und dem freyen Feuer der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re von neuem elektri&#x017F;ches Fluidum zu&#x017F;ammen. Dadurch wird ihr Wa&#x017F;&#x017F;er frey, und fa&#x0364;llt als Regen nieder.</p>
              <p>Der Blitz ent&#x017F;teht, wenn die Zer&#x017F;etzung der atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen Luft ihre ho&#x0364;ch&#x017F;te Stufe erreicht hat. Alsdann zer&#x017F;etzt &#x017F;ich auf einen Augenblick ein Theil des zu ha&#x0364;ufig erzeugten elektri&#x017F;chen Fluidums wieder, und zeigt &#x017F;ein Licht. Der Knall ent&#x017F;teht durch die explodirende Ausdehnung der Luft, indem &#x017F;ich die elektri&#x017F;che Flu&#x0364;ßigkeit zer&#x017F;etzt, und das Rollen des Donners wird durch &#x017F;tufenwei&#x017F;e Verdichtung des Wa&#x017F;&#x017F;erdampfs hervorgebracht. Ein Theil des Feuers kan vielleicht auch zu Bildung neuer Luft verbraucht werden, und &#x017F;o die Ka&#x0364;lte vermehren.</p>
              <p>Der Hagel erkla&#x0364;rt &#x017F;ich &#x017F;ehr leicht aus die&#x017F;er plo&#x0364;tzlichen Abnahme des Feuers in den Gewo&#x0364;lken. Daher die bekannte Abku&#x0364;hlung der Luft nach Gewittern, das Fallen des Thermometers nach elektri&#x017F;chen Regen, und die geringere Temperatur der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re zu jeder Tageszeit, wenn bey unvera&#x0364;ndertem Winde viel elektri&#x017F;ches Fluidum erzeugt i&#x017F;t.</p>
              <p>Bey &#x017F;ehr wind&#x017F;tillen Gewittern &#x017F;cheint oft die Luft nicht ku&#x0364;hler geworden zu &#x017F;eyn. Vielleicht i&#x017F;t dann eine geringere Menge von Feuer zur Bildung der elektri&#x017F;chen Materie verwendet worden, und eben durch die&#x017F;en Unter&#x017F;chied wird negative Elektricita&#x0364;t erzeugt. Ueberdies i&#x017F;t die Luft ein &#x017F;chlechter Leiter der Wa&#x0364;rme; die Vera&#x0364;nderung der Temperatur kan &#x017F;pa&#x0364;t in die untern Gegenden kommen, und inzwi&#x017F;chen die obere erka&#x0364;ltete Luft durch ihre Bewegung fortgefu&#x0364;hrt werden.</p>
              <p>Hiemit &#x017F;tehen nun noch die Erkla&#x0364;rungen der Elektricita&#x0364;t bey Strich- und Landregen, beym Nebel, Thau und einigen andern Luftbegebenheiten in Verbindung, die ich in den Zu&#x017F;a&#x0364;tzen zu den Worten <hi rendition="#b">Regen, Nebel, Nordlicht</hi> u. &#x017F;. w. beybringen werde. Alle die&#x017F;e &#x017F;ich an einander &#x017F;chließenden Erkla&#x0364;rungen &#x017F;cheinen doch der Theorie des Hrn. <hi rendition="#b">de Luc</hi> in einigen Stu&#x0364;cken Fe&#x017F;tigkeit zu geben, wenig&#x017F;tens ihr den Vorzug vor dem Auflo&#x0364;&#x017F;ungs&#x017F;y&#x017F;tem zuzu&#x017F;ichern, und es glaublich<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[575/0587] ihrer Bildung verwendeten Beſtandtheile der elektriſchen Fluͤßigkeit mangelt, ſo zerſetzt ſich die Luft wieder, und ihr Bindungsmittel ſetzt mit dem in ihr gebundenen Feuer und dem freyen Feuer der Atmoſphaͤre von neuem elektriſches Fluidum zuſammen. Dadurch wird ihr Waſſer frey, und faͤllt als Regen nieder. Der Blitz entſteht, wenn die Zerſetzung der atmoſphaͤriſchen Luft ihre hoͤchſte Stufe erreicht hat. Alsdann zerſetzt ſich auf einen Augenblick ein Theil des zu haͤufig erzeugten elektriſchen Fluidums wieder, und zeigt ſein Licht. Der Knall entſteht durch die explodirende Ausdehnung der Luft, indem ſich die elektriſche Fluͤßigkeit zerſetzt, und das Rollen des Donners wird durch ſtufenweiſe Verdichtung des Waſſerdampfs hervorgebracht. Ein Theil des Feuers kan vielleicht auch zu Bildung neuer Luft verbraucht werden, und ſo die Kaͤlte vermehren. Der Hagel erklaͤrt ſich ſehr leicht aus dieſer ploͤtzlichen Abnahme des Feuers in den Gewoͤlken. Daher die bekannte Abkuͤhlung der Luft nach Gewittern, das Fallen des Thermometers nach elektriſchen Regen, und die geringere Temperatur der Atmoſphaͤre zu jeder Tageszeit, wenn bey unveraͤndertem Winde viel elektriſches Fluidum erzeugt iſt. Bey ſehr windſtillen Gewittern ſcheint oft die Luft nicht kuͤhler geworden zu ſeyn. Vielleicht iſt dann eine geringere Menge von Feuer zur Bildung der elektriſchen Materie verwendet worden, und eben durch dieſen Unterſchied wird negative Elektricitaͤt erzeugt. Ueberdies iſt die Luft ein ſchlechter Leiter der Waͤrme; die Veraͤnderung der Temperatur kan ſpaͤt in die untern Gegenden kommen, und inzwiſchen die obere erkaͤltete Luft durch ihre Bewegung fortgefuͤhrt werden. Hiemit ſtehen nun noch die Erklaͤrungen der Elektricitaͤt bey Strich- und Landregen, beym Nebel, Thau und einigen andern Luftbegebenheiten in Verbindung, die ich in den Zuſaͤtzen zu den Worten Regen, Nebel, Nordlicht u. ſ. w. beybringen werde. Alle dieſe ſich an einander ſchließenden Erklaͤrungen ſcheinen doch der Theorie des Hrn. de Luc in einigen Stuͤcken Feſtigkeit zu geben, wenigſtens ihr den Vorzug vor dem Aufloͤſungsſyſtem zuzuſichern, und es glaublich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/587
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/587>, abgerufen am 22.11.2024.