die Beyspiele der elektrischen Fische. Diese hatten schon längst die Muthmaßung begünstiget, daß die elektrische Materie mit zu den allgemeinen Triebfedern der thierischen Oekonomie gehören möge, s. Zitteraal, Zitterfische. Neuere höchst merkwürdige Versuche schienen seit dem Jahre 1791 dieser Muthmaßung noch mehr Gewicht zu geben, und fast glaubte man schon, das Daseyn einer thierischen Elektricität dadurch vollkommen erwiesen zu sehen. Genauere Untersuchungen haben zwar gelehrt, daß das meiste weit wahrscheinlicher aus einer großen Empfindlichkeit der Nerven gegen äußere Elektricität erklärt werden könne: dennoch sind die Versuche selbst so wichtig, daß sie hier allerdings eine ausgezeichnete Stelle verdienen, und da sie einmal unter dem Namen der Versuche über thierische Elektricität bekannt sind, so schien es am schicklichsten, sie sämmtlich unter diesem Artikel zusammenzustellen.
Aloysius Galvani, Professor der Arzneykunde zu Bologna, ward auf die Versuche durch den Zufall geleitet. Er präparirte einen Frosch in einem Zimmer, worinn sich zugleich einige andere Personen mit elektrischen Versuchen beschäftigten. In dem Augenblicke, da er einen Nerven des Frosches mit seinem Scalpell berührte, zog Jemand einen Funken aus einer entfernten elektrischen Kette, und sogleich ward der ganze Körper des Frosches convulsivisch zusammengezogen.
Herr Galvani nahm wahr, daß dieses Zusammenziehen allemal statt fand, wenn er bey der Entladung der Kette das Scalpell an der Klinge hielt, und den Nerven damit berührte, oder auch, wenn er an den Nerven einen ziemlich langen Metalldrath befestigte, kurz, wenn der Nerve durch Metall oder andere gute Leiter in Verbindung mit dem Boden war; daß es hingegen ausblieb, wenn er sein Messer bey dem knöchernen Griffe (welcher isolirend oder schlechtleitend war) anfaßte, oder sonst den Nerven isolirte. Die convulsivischen Bewegungen erfolgten, wenn gleich das Thier ziemlich weit von der Elektrisirmaschine und Kette entfernt war. Endlich bemerkte er auch, daß ebendieselben Bewegungen ohne alle künstliche Elektricität statt fanden, wenn er zwischen
die Beyſpiele der elektriſchen Fiſche. Dieſe hatten ſchon laͤngſt die Muthmaßung beguͤnſtiget, daß die elektriſche Materie mit zu den allgemeinen Triebfedern der thieriſchen Oekonomie gehoͤren moͤge, ſ. Zitteraal, Zitterfiſche. Neuere hoͤchſt merkwuͤrdige Verſuche ſchienen ſeit dem Jahre 1791 dieſer Muthmaßung noch mehr Gewicht zu geben, und faſt glaubte man ſchon, das Daſeyn einer thieriſchen Elektricitaͤt dadurch vollkommen erwieſen zu ſehen. Genauere Unterſuchungen haben zwar gelehrt, daß das meiſte weit wahrſcheinlicher aus einer großen Empfindlichkeit der Nerven gegen aͤußere Elektricitaͤt erklaͤrt werden koͤnne: dennoch ſind die Verſuche ſelbſt ſo wichtig, daß ſie hier allerdings eine ausgezeichnete Stelle verdienen, und da ſie einmal unter dem Namen der Verſuche uͤber thieriſche Elektricitaͤt bekannt ſind, ſo ſchien es am ſchicklichſten, ſie ſaͤmmtlich unter dieſem Artikel zuſammenzuſtellen.
Aloyſius Galvani, Profeſſor der Arzneykunde zu Bologna, ward auf die Verſuche durch den Zufall geleitet. Er praͤparirte einen Froſch in einem Zimmer, worinn ſich zugleich einige andere Perſonen mit elektriſchen Verſuchen beſchaͤftigten. In dem Augenblicke, da er einen Nerven des Froſches mit ſeinem Scalpell beruͤhrte, zog Jemand einen Funken aus einer entfernten elektriſchen Kette, und ſogleich ward der ganze Koͤrper des Froſches convulſiviſch zuſammengezogen.
Herr Galvani nahm wahr, daß dieſes Zuſammenziehen allemal ſtatt fand, wenn er bey der Entladung der Kette das Scalpell an der Klinge hielt, und den Nerven damit beruͤhrte, oder auch, wenn er an den Nerven einen ziemlich langen Metalldrath befeſtigte, kurz, wenn der Nerve durch Metall oder andere gute Leiter in Verbindung mit dem Boden war; daß es hingegen ausblieb, wenn er ſein Meſſer bey dem knoͤchernen Griffe (welcher iſolirend oder ſchlechtleitend war) anfaßte, oder ſonſt den Nerven iſolirte. Die convulſiviſchen Bewegungen erfolgten, wenn gleich das Thier ziemlich weit von der Elektriſirmaſchine und Kette entfernt war. Endlich bemerkte er auch, daß ebendieſelben Bewegungen ohne alle kuͤnſtliche Elektricitaͤt ſtatt fanden, wenn er zwiſchen
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die Beyſpiele der elektriſchen Fiſche. Dieſe hatten ſchon laͤngſt die Muthmaßung beguͤnſtiget, daß die elektriſche Materie mit zu den allgemeinen Triebfedern der thieriſchen Oekonomie gehoͤren moͤge, ſ. Zitteraal, Zitterfiſche. Neuere hoͤchſt merkwuͤrdige Verſuche ſchienen ſeit dem Jahre 1791 dieſer Muthmaßung noch mehr Gewicht zu geben, und faſt glaubte man ſchon, das Daſeyn einer thieriſchen Elektricitaͤt dadurch vollkommen erwieſen zu ſehen. Genauere Unterſuchungen haben zwar gelehrt, daß das meiſte weit wahrſcheinlicher aus einer großen Empfindlichkeit der Nerven gegen aͤußere Elektricitaͤt erklaͤrt werden koͤnne: dennoch ſind die Verſuche ſelbſt ſo wichtig, daß ſie hier allerdings eine ausgezeichnete Stelle verdienen, und da ſie einmal unter dem Namen der Verſuche uͤber thieriſche Elektricitaͤt bekannt ſind, ſo ſchien es am ſchicklichſten, ſie ſaͤmmtlich unter dieſem Artikel zuſammenzuſtellen.
Aloyſius Galvani, Profeſſor der Arzneykunde zu Bologna, ward auf die Verſuche durch den Zufall geleitet. Er praͤparirte einen Froſch in einem Zimmer, worinn ſich zugleich einige andere Perſonen mit elektriſchen Verſuchen beſchaͤftigten. In dem Augenblicke, da er einen Nerven des Froſches mit ſeinem Scalpell beruͤhrte, zog Jemand einen Funken aus einer entfernten elektriſchen Kette, und ſogleich ward der ganze Koͤrper des Froſches convulſiviſch zuſammengezogen.
Herr Galvani nahm wahr, daß dieſes Zuſammenziehen allemal ſtatt fand, wenn er bey der Entladung der Kette das Scalpell an der Klinge hielt, und den Nerven damit beruͤhrte, oder auch, wenn er an den Nerven einen ziemlich langen Metalldrath befeſtigte, kurz, wenn der Nerve durch Metall oder andere gute Leiter in Verbindung mit dem Boden war; daß es hingegen ausblieb, wenn er ſein Meſſer bey dem knoͤchernen Griffe (welcher iſolirend oder ſchlechtleitend war) anfaßte, oder ſonſt den Nerven iſolirte. Die convulſiviſchen Bewegungen erfolgten, wenn gleich das Thier ziemlich weit von der Elektriſirmaſchine und Kette entfernt war. Endlich bemerkte er auch, daß ebendieſelben Bewegungen ohne alle kuͤnſtliche Elektricitaͤt ſtatt fanden, wenn er zwiſchen
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/282>, abgerufen am 22.11.2024.
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