Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Pulses Ausnahme von der Regel, und der Furcht der Personen oder andern Umständen zuzuschreiben sey. Bey diesen Versuchen war in 2 Minuten der Pulsschlag des Herrn van Troostwyck um 3, des D. Deimann um 1, des Hrn. Cuthbertson in einer Minute um 3, des Hrn. van Marum auch um 3 Schläge vermindert worden; bey dem letztern aber ward er in der zweyten Minute wieder um 5 Schläge vermehrt. So haben auch andere Naturforscher und Aerzte die Zahl der Pulsschläge beym Elektrisiren bisweilen vermehrt, bisweilen vermindert gefunden. Van Troostwyck und Krayenhoff sagen, die Gesetze der Elektricität seyen zu beständig, als daß man ihnen so schwankende Wirkungen zuschreiben könnte; auch sey der Reiz des Elektrisirens auf die allgemeinen Hautdecken zu unbedeutend, als daß er sich über die gereizte Stelle hinaus erstrecken könnte, es müßte denn eine krankhafte Empfindlichkeit des Körpers vorhanden seyn; und da die größte Elektrisirmaschine in der Welt, deren zwey Scheiben 65 engl. Zoll im Durchmesser hatten, nicht auf den Puls wirke, so könnte dieses bey den kleinern Maschinen, womit sonst Versuche angestellt worden, wohl auch der Fall nicht gewesen seyn. Man kan darauf mit Hrn. D. Kühn antworten, die verschiedene Wirkung der Elektricität auf verschiedene Personen könne bey aller Beständigkeit der Gesetze ihren Grund in Idiosynkrasien haben; auch der unbedeutendste Hautreiz könne im menschlichen Körper große Wirkungen hervorbringen, auch könne vielleicht die elektrische Materie durchs Einathmen auf Lungen und Herz wirken; und von der Größe der Elektrisirmaschine sey kein richtiger Schluß zu machen, weil oft ein geringerer Reiz mehr, als ein stärkerer, wirke. Vielleicht waren auch die Personen, die die damaligen Versuche anstellten, den Reiz der Elektricität zu sehr gewohnt, um davon so stark, als andere, aff cirt zu werden. Ueberdies wurden viele Versuche nur eine Minute lang fortgesetzt, welcher Zeitraum zu kurz ist, um etwas Sicheres daraus schließen zu können.

Es scheint also hiemit die Sache noch nicht entschieden zu seyn, da die meisten andern Aerzte und Naturforscher darinn übereinkommen, daß nach dem Elektrisiren der Puls


Pulſes Ausnahme von der Regel, und der Furcht der Perſonen oder andern Umſtaͤnden zuzuſchreiben ſey. Bey dieſen Verſuchen war in 2 Minuten der Pulsſchlag des Herrn van Trooſtwyck um 3, des D. Deimann um 1, des Hrn. Cuthbertſon in einer Minute um 3, des Hrn. van Marum auch um 3 Schlaͤge vermindert worden; bey dem letztern aber ward er in der zweyten Minute wieder um 5 Schlaͤge vermehrt. So haben auch andere Naturforſcher und Aerzte die Zahl der Pulsſchlaͤge beym Elektriſiren bisweilen vermehrt, bisweilen vermindert gefunden. Van Trooſtwyck und Krayenhoff ſagen, die Geſetze der Elektricitaͤt ſeyen zu beſtaͤndig, als daß man ihnen ſo ſchwankende Wirkungen zuſchreiben koͤnnte; auch ſey der Reiz des Elektriſirens auf die allgemeinen Hautdecken zu unbedeutend, als daß er ſich uͤber die gereizte Stelle hinaus erſtrecken koͤnnte, es muͤßte denn eine krankhafte Empfindlichkeit des Koͤrpers vorhanden ſeyn; und da die groͤßte Elektriſirmaſchine in der Welt, deren zwey Scheiben 65 engl. Zoll im Durchmeſſer hatten, nicht auf den Puls wirke, ſo koͤnnte dieſes bey den kleinern Maſchinen, womit ſonſt Verſuche angeſtellt worden, wohl auch der Fall nicht geweſen ſeyn. Man kan darauf mit Hrn. D. Kuͤhn antworten, die verſchiedene Wirkung der Elektricitaͤt auf verſchiedene Perſonen koͤnne bey aller Beſtaͤndigkeit der Geſetze ihren Grund in Idioſynkraſien haben; auch der unbedeutendſte Hautreiz koͤnne im menſchlichen Koͤrper große Wirkungen hervorbringen, auch koͤnne vielleicht die elektriſche Materie durchs Einathmen auf Lungen und Herz wirken; und von der Groͤße der Elektriſirmaſchine ſey kein richtiger Schluß zu machen, weil oft ein geringerer Reiz mehr, als ein ſtaͤrkerer, wirke. Vielleicht waren auch die Perſonen, die die damaligen Verſuche anſtellten, den Reiz der Elektricitaͤt zu ſehr gewohnt, um davon ſo ſtark, als andere, aff cirt zu werden. Ueberdies wurden viele Verſuche nur eine Minute lang fortgeſetzt, welcher Zeitraum zu kurz iſt, um etwas Sicheres daraus ſchließen zu koͤnnen.

Es ſcheint alſo hiemit die Sache noch nicht entſchieden zu ſeyn, da die meiſten andern Aerzte und Naturforſcher darinn uͤbereinkommen, daß nach dem Elektriſiren der Puls

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0279" xml:id="P.5.267" n="267"/><lb/>
Pul&#x017F;es Ausnahme von der Regel, und der Furcht der Per&#x017F;onen oder andern Um&#x017F;ta&#x0364;nden zuzu&#x017F;chreiben &#x017F;ey. Bey die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen war in 2 Minuten der Puls&#x017F;chlag des Herrn van <hi rendition="#b">Troo&#x017F;twyck</hi> um 3, des D. <hi rendition="#b">Deimann</hi> um 1, des Hrn. <hi rendition="#b">Cuthbert&#x017F;on</hi> in einer Minute um 3, des Hrn. <hi rendition="#b">van Marum</hi> auch um 3 Schla&#x0364;ge vermindert worden; bey dem letztern aber ward er in der zweyten Minute wieder um 5 Schla&#x0364;ge vermehrt. So haben auch andere Naturfor&#x017F;cher und Aerzte die Zahl der Puls&#x017F;chla&#x0364;ge beym Elektri&#x017F;iren bisweilen vermehrt, bisweilen vermindert gefunden. <hi rendition="#b">Van Troo&#x017F;twyck</hi> und <hi rendition="#b">Krayenhoff</hi> &#x017F;agen, die Ge&#x017F;etze der Elektricita&#x0364;t &#x017F;eyen zu be&#x017F;ta&#x0364;ndig, als daß man ihnen &#x017F;o &#x017F;chwankende Wirkungen zu&#x017F;chreiben ko&#x0364;nnte; auch &#x017F;ey der Reiz des Elektri&#x017F;irens auf die allgemeinen Hautdecken zu unbedeutend, als daß er &#x017F;ich u&#x0364;ber die gereizte Stelle hinaus er&#x017F;trecken ko&#x0364;nnte, es mu&#x0364;ßte denn eine krankhafte Empfindlichkeit des Ko&#x0364;rpers vorhanden &#x017F;eyn; und da die gro&#x0364;ßte Elektri&#x017F;irma&#x017F;chine in der Welt, deren zwey Scheiben 65 engl. Zoll im Durchme&#x017F;&#x017F;er hatten, nicht auf den Puls wirke, &#x017F;o ko&#x0364;nnte die&#x017F;es bey den kleinern Ma&#x017F;chinen, womit &#x017F;on&#x017F;t Ver&#x017F;uche ange&#x017F;tellt worden, wohl auch der Fall nicht gewe&#x017F;en &#x017F;eyn. Man kan darauf mit Hrn. D. <hi rendition="#b">Ku&#x0364;hn</hi> antworten, die ver&#x017F;chiedene Wirkung der Elektricita&#x0364;t auf ver&#x017F;chiedene Per&#x017F;onen ko&#x0364;nne bey aller Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit der Ge&#x017F;etze ihren Grund in Idio&#x017F;ynkra&#x017F;ien haben; auch der unbedeutend&#x017F;te Hautreiz ko&#x0364;nne im men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rper große Wirkungen hervorbringen, auch ko&#x0364;nne vielleicht die elektri&#x017F;che Materie durchs Einathmen auf Lungen und Herz wirken; und von der Gro&#x0364;ße der Elektri&#x017F;irma&#x017F;chine &#x017F;ey kein richtiger Schluß zu machen, weil oft ein geringerer Reiz mehr, als ein &#x017F;ta&#x0364;rkerer, wirke. Vielleicht waren auch die Per&#x017F;onen, die die damaligen Ver&#x017F;uche an&#x017F;tellten, den Reiz der Elektricita&#x0364;t zu &#x017F;ehr gewohnt, um davon &#x017F;o &#x017F;tark, als andere, aff cirt zu werden. Ueberdies wurden viele Ver&#x017F;uche nur eine Minute lang fortge&#x017F;etzt, welcher Zeitraum zu kurz i&#x017F;t, um etwas Sicheres daraus &#x017F;chließen zu ko&#x0364;nnen.</p>
              <p>Es &#x017F;cheint al&#x017F;o hiemit die Sache noch nicht ent&#x017F;chieden zu &#x017F;eyn, da die mei&#x017F;ten andern Aerzte und Naturfor&#x017F;cher darinn u&#x0364;bereinkommen, daß nach dem Elektri&#x017F;iren der Puls<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0279] Pulſes Ausnahme von der Regel, und der Furcht der Perſonen oder andern Umſtaͤnden zuzuſchreiben ſey. Bey dieſen Verſuchen war in 2 Minuten der Pulsſchlag des Herrn van Trooſtwyck um 3, des D. Deimann um 1, des Hrn. Cuthbertſon in einer Minute um 3, des Hrn. van Marum auch um 3 Schlaͤge vermindert worden; bey dem letztern aber ward er in der zweyten Minute wieder um 5 Schlaͤge vermehrt. So haben auch andere Naturforſcher und Aerzte die Zahl der Pulsſchlaͤge beym Elektriſiren bisweilen vermehrt, bisweilen vermindert gefunden. Van Trooſtwyck und Krayenhoff ſagen, die Geſetze der Elektricitaͤt ſeyen zu beſtaͤndig, als daß man ihnen ſo ſchwankende Wirkungen zuſchreiben koͤnnte; auch ſey der Reiz des Elektriſirens auf die allgemeinen Hautdecken zu unbedeutend, als daß er ſich uͤber die gereizte Stelle hinaus erſtrecken koͤnnte, es muͤßte denn eine krankhafte Empfindlichkeit des Koͤrpers vorhanden ſeyn; und da die groͤßte Elektriſirmaſchine in der Welt, deren zwey Scheiben 65 engl. Zoll im Durchmeſſer hatten, nicht auf den Puls wirke, ſo koͤnnte dieſes bey den kleinern Maſchinen, womit ſonſt Verſuche angeſtellt worden, wohl auch der Fall nicht geweſen ſeyn. Man kan darauf mit Hrn. D. Kuͤhn antworten, die verſchiedene Wirkung der Elektricitaͤt auf verſchiedene Perſonen koͤnne bey aller Beſtaͤndigkeit der Geſetze ihren Grund in Idioſynkraſien haben; auch der unbedeutendſte Hautreiz koͤnne im menſchlichen Koͤrper große Wirkungen hervorbringen, auch koͤnne vielleicht die elektriſche Materie durchs Einathmen auf Lungen und Herz wirken; und von der Groͤße der Elektriſirmaſchine ſey kein richtiger Schluß zu machen, weil oft ein geringerer Reiz mehr, als ein ſtaͤrkerer, wirke. Vielleicht waren auch die Perſonen, die die damaligen Verſuche anſtellten, den Reiz der Elektricitaͤt zu ſehr gewohnt, um davon ſo ſtark, als andere, aff cirt zu werden. Ueberdies wurden viele Verſuche nur eine Minute lang fortgeſetzt, welcher Zeitraum zu kurz iſt, um etwas Sicheres daraus ſchließen zu koͤnnen. Es ſcheint alſo hiemit die Sache noch nicht entſchieden zu ſeyn, da die meiſten andern Aerzte und Naturforſcher darinn uͤbereinkommen, daß nach dem Elektriſiren der Puls

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/279
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/279>, abgerufen am 17.05.2024.