Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Blitz keine Seitensprünge von einer zusammenhängenden Leitung auf abgesonderte Stücken Metall. Befindet sich aber nahe am Gipfel oder einer obern Ecke hervorstehendes Metall, wovon noch eine Strecke nach unten fortgeht, z. B. eine Rauchröhre, die aus Oefen der niedern Stockwerke hervorgeht, so ist es gut, davon eine eigne Ableitung zur Erde gehen zu lassen. Ein senkrecht niedergehendes Metall mit der Ableitung nur oberhalb zu verbinden, wenn es nicht zur Erde reicht, ist gefährlich, weil der Blitz hineingehen und unten weiter durchzubrechen suchen würde. Daher ist Hemmers Rath (Anleit. Wetterleiter anzulegen, §. 150 -- 152.), die Zeigerscheiben an Thürmen, wie auch die Uhr und die Axen der Glocken mit der Ableitung von oben zu verbinden, ganz zweckwidrig und schädlich.

Nebenwege von Metall verfolgt der Blitz nicht, wenn sie ihn nicht weit herunterführen. So pflegt er in Kirchthürmen nicht auf die Glocken zu fahren, so groß auch ihr Inhalt ist, sondern lieber herabgehende dünne Dräthe zu verfolgen. Es ist also wegen des andern Endes der wagrecht auf dem Dachrücken liegenden Metallbedeckung, und wegen anderer abgesonderten Metalle nicht zu besorgen, daß sie den Blitz in die Gebäude leiten werden. Befinden sich aber am Gebäude mehrere herunterführende Strecken, z. B. Regenröhren, Metallgräten an dem Schieferdache einer Thurmspitze u. dergl., so muß von dem untern Ende einer jeden eine Verbindung durch einen Metallstreifen gemacht, und sodann eine reichliche fernere Ableitung zur Erde angebracht werden. Sind solche Strecken inwendig, wo dies nicht angeht, wie bey Glocken, Uhrpendeln rc., so bleibt nichts übrig, als die äußere Ableitung davon möglichst zu entfernen und desto reichlicher zu machen. So rieth Herr Reimarus beym Anschariusthurme in Bremen die Ableitung nicht nahe an den Zifferblättern anzubringen, weil der Blitz sonst immer seinen Weg durch die Zeigerstange genommen hatte; die Erfahrung hat auch gelehrt, daß ein nachmaliger Wetterstral der äußern Ableitung gefolgt ist. Kan man sich auch durch Entfernung des Ableiters nicht helfen, wie bey Hängwerken, deren Stangen der Leitung auf dem


Blitz keine Seitenſpruͤnge von einer zuſammenhaͤngenden Leitung auf abgeſonderte Stuͤcken Metall. Befindet ſich aber nahe am Gipfel oder einer obern Ecke hervorſtehendes Metall, wovon noch eine Strecke nach unten fortgeht, z. B. eine Rauchroͤhre, die aus Oefen der niedern Stockwerke hervorgeht, ſo iſt es gut, davon eine eigne Ableitung zur Erde gehen zu laſſen. Ein ſenkrecht niedergehendes Metall mit der Ableitung nur oberhalb zu verbinden, wenn es nicht zur Erde reicht, iſt gefaͤhrlich, weil der Blitz hineingehen und unten weiter durchzubrechen ſuchen wuͤrde. Daher iſt Hemmers Rath (Anleit. Wetterleiter anzulegen, §. 150 — 152.), die Zeigerſcheiben an Thuͤrmen, wie auch die Uhr und die Axen der Glocken mit der Ableitung von oben zu verbinden, ganz zweckwidrig und ſchaͤdlich.

Nebenwege von Metall verfolgt der Blitz nicht, wenn ſie ihn nicht weit herunterfuͤhren. So pflegt er in Kirchthuͤrmen nicht auf die Glocken zu fahren, ſo groß auch ihr Inhalt iſt, ſondern lieber herabgehende duͤnne Draͤthe zu verfolgen. Es iſt alſo wegen des andern Endes der wagrecht auf dem Dachruͤcken liegenden Metallbedeckung, und wegen anderer abgeſonderten Metalle nicht zu beſorgen, daß ſie den Blitz in die Gebaͤude leiten werden. Befinden ſich aber am Gebaͤude mehrere herunterfuͤhrende Strecken, z. B. Regenroͤhren, Metallgraͤten an dem Schieferdache einer Thurmſpitze u. dergl., ſo muß von dem untern Ende einer jeden eine Verbindung durch einen Metallſtreifen gemacht, und ſodann eine reichliche fernere Ableitung zur Erde angebracht werden. Sind ſolche Strecken inwendig, wo dies nicht angeht, wie bey Glocken, Uhrpendeln rc., ſo bleibt nichts uͤbrig, als die aͤußere Ableitung davon moͤglichſt zu entfernen und deſto reichlicher zu machen. So rieth Herr Reimarus beym Anſchariusthurme in Bremen die Ableitung nicht nahe an den Zifferblaͤttern anzubringen, weil der Blitz ſonſt immer ſeinen Weg durch die Zeigerſtange genommen hatte; die Erfahrung hat auch gelehrt, daß ein nachmaliger Wetterſtral der aͤußern Ableitung gefolgt iſt. Kan man ſich auch durch Entfernung des Ableiters nicht helfen, wie bey Haͤngwerken, deren Stangen der Leitung auf dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0187" xml:id="P.5.175" n="175"/><lb/>
Blitz keine Seiten&#x017F;pru&#x0364;nge von einer zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngenden Leitung auf abge&#x017F;onderte Stu&#x0364;cken Metall. Befindet &#x017F;ich aber nahe am Gipfel oder einer obern Ecke hervor&#x017F;tehendes Metall, wovon noch eine Strecke nach unten fortgeht, z. B. eine Rauchro&#x0364;hre, die aus Oefen der niedern Stockwerke hervorgeht, &#x017F;o i&#x017F;t es gut, davon eine eigne Ableitung zur Erde gehen zu la&#x017F;&#x017F;en. Ein &#x017F;enkrecht niedergehendes Metall mit der Ableitung <hi rendition="#b">nur oberhalb</hi> zu verbinden, wenn es nicht zur Erde reicht, i&#x017F;t gefa&#x0364;hrlich, weil der Blitz hineingehen und unten weiter durchzubrechen &#x017F;uchen wu&#x0364;rde. Daher i&#x017F;t <hi rendition="#b">Hemmers</hi> Rath (Anleit. Wetterleiter anzulegen, §. 150 &#x2014; 152.), die Zeiger&#x017F;cheiben an Thu&#x0364;rmen, wie auch die Uhr und die Axen der Glocken mit der Ableitung von oben zu verbinden, ganz zweckwidrig und &#x017F;cha&#x0364;dlich.</p>
              <p>Nebenwege von Metall verfolgt der Blitz nicht, wenn &#x017F;ie ihn nicht weit herunterfu&#x0364;hren. So pflegt er in Kirchthu&#x0364;rmen nicht auf die Glocken zu fahren, &#x017F;o groß auch ihr Inhalt i&#x017F;t, &#x017F;ondern lieber herabgehende du&#x0364;nne Dra&#x0364;the zu verfolgen. Es i&#x017F;t al&#x017F;o wegen des andern Endes der wagrecht auf dem Dachru&#x0364;cken liegenden Metallbedeckung, und wegen anderer abge&#x017F;onderten Metalle nicht zu be&#x017F;orgen, daß &#x017F;ie den Blitz in die Geba&#x0364;ude leiten werden. Befinden &#x017F;ich aber am Geba&#x0364;ude mehrere herunterfu&#x0364;hrende Strecken, z. B. Regenro&#x0364;hren, Metallgra&#x0364;ten an dem Schieferdache einer Thurm&#x017F;pitze u. dergl., &#x017F;o muß von dem untern Ende einer jeden eine Verbindung durch einen Metall&#x017F;treifen gemacht, und &#x017F;odann eine reichliche fernere Ableitung zur Erde angebracht werden. Sind &#x017F;olche Strecken inwendig, wo dies nicht angeht, wie bey Glocken, Uhrpendeln rc., &#x017F;o bleibt nichts u&#x0364;brig, als die a&#x0364;ußere Ableitung davon mo&#x0364;glich&#x017F;t zu entfernen und de&#x017F;to reichlicher zu machen. So rieth Herr <hi rendition="#b">Reimarus</hi> beym An&#x017F;chariusthurme in Bremen die Ableitung nicht nahe an den Zifferbla&#x0364;ttern anzubringen, weil der Blitz &#x017F;on&#x017F;t immer &#x017F;einen Weg durch die Zeiger&#x017F;tange genommen hatte; die Erfahrung hat auch gelehrt, daß ein nachmaliger Wetter&#x017F;tral der a&#x0364;ußern Ableitung gefolgt i&#x017F;t. Kan man &#x017F;ich auch durch Entfernung des Ableiters nicht helfen, wie bey Ha&#x0364;ngwerken, deren Stangen der Leitung auf dem<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0187] Blitz keine Seitenſpruͤnge von einer zuſammenhaͤngenden Leitung auf abgeſonderte Stuͤcken Metall. Befindet ſich aber nahe am Gipfel oder einer obern Ecke hervorſtehendes Metall, wovon noch eine Strecke nach unten fortgeht, z. B. eine Rauchroͤhre, die aus Oefen der niedern Stockwerke hervorgeht, ſo iſt es gut, davon eine eigne Ableitung zur Erde gehen zu laſſen. Ein ſenkrecht niedergehendes Metall mit der Ableitung nur oberhalb zu verbinden, wenn es nicht zur Erde reicht, iſt gefaͤhrlich, weil der Blitz hineingehen und unten weiter durchzubrechen ſuchen wuͤrde. Daher iſt Hemmers Rath (Anleit. Wetterleiter anzulegen, §. 150 — 152.), die Zeigerſcheiben an Thuͤrmen, wie auch die Uhr und die Axen der Glocken mit der Ableitung von oben zu verbinden, ganz zweckwidrig und ſchaͤdlich. Nebenwege von Metall verfolgt der Blitz nicht, wenn ſie ihn nicht weit herunterfuͤhren. So pflegt er in Kirchthuͤrmen nicht auf die Glocken zu fahren, ſo groß auch ihr Inhalt iſt, ſondern lieber herabgehende duͤnne Draͤthe zu verfolgen. Es iſt alſo wegen des andern Endes der wagrecht auf dem Dachruͤcken liegenden Metallbedeckung, und wegen anderer abgeſonderten Metalle nicht zu beſorgen, daß ſie den Blitz in die Gebaͤude leiten werden. Befinden ſich aber am Gebaͤude mehrere herunterfuͤhrende Strecken, z. B. Regenroͤhren, Metallgraͤten an dem Schieferdache einer Thurmſpitze u. dergl., ſo muß von dem untern Ende einer jeden eine Verbindung durch einen Metallſtreifen gemacht, und ſodann eine reichliche fernere Ableitung zur Erde angebracht werden. Sind ſolche Strecken inwendig, wo dies nicht angeht, wie bey Glocken, Uhrpendeln rc., ſo bleibt nichts uͤbrig, als die aͤußere Ableitung davon moͤglichſt zu entfernen und deſto reichlicher zu machen. So rieth Herr Reimarus beym Anſchariusthurme in Bremen die Ableitung nicht nahe an den Zifferblaͤttern anzubringen, weil der Blitz ſonſt immer ſeinen Weg durch die Zeigerſtange genommen hatte; die Erfahrung hat auch gelehrt, daß ein nachmaliger Wetterſtral der aͤußern Ableitung gefolgt iſt. Kan man ſich auch durch Entfernung des Ableiters nicht helfen, wie bey Haͤngwerken, deren Stangen der Leitung auf dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/187
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/187>, abgerufen am 30.04.2024.