Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.In wiefern sich die Begriffe von Wetterableitern und die Vorschriften zu der zweckmäßigsten und einfachsten Einrichtung derselben seit der Herausgabe dieses Artikels geändert haben, wird man am besten aus folgendem kurzen Auszuge der neusten Schrift des Hrn. Reimarus übersehen, welcher alles Hypothetische und jede unnütze Künsteley hiebey ausgeschlossen, und seine einfachen Vorschläge unmittelbar auf Wahrnehmungen über den Weg des Blitzes, mithin auf sichere Erfahrung, gegründet hat. Weil der Stral vorzüglich die oben hervorragenden Theile und die End-Ecken der Gebäude trift, so muß die Auffangung so geschehen, daß über den ganzen Forst des Daches von einem Ende des Dachrückens bis zum andern, auch über die Schorsteine hin, und wenn Erker, Frontispize oder hervorstehende Altane daran befindlich sind, auch über deren Gipfel und Rand eine zusammenhängende Metallstrecke geführt werde. Daß eine solche Bedeckung auch ohne Spitze oder Stange zur Auffangung hinreichend sey, zeigen die Wetterschläge, welche auf bloße bleyerne Bedeckungen an Giebeln oder stumpfen Dachenden gefallen sind. Ohne eine solche Bedeckung aber schützen die Stangen doch nur auf eine Weite von 40--50 Fuß, und in größern Entfernungen sind, der Stangen ohngeachtet, dennoch Schläge, selbst auf weniger erhabne Ecken der Gebäude gefallen, wie an Haffendens Hause, zu Purfleet, zu Heckingham (Wörterb. Th. I. S. 391. 399. 400.) und am Schlosse zu Dresden, wo der Blitz am 24. Aug. 1783 einen von der Ableitungsstange 94 dresdner Ellen weit abstehenden Altan traf. Man kan also die Auffangungsstange ganz entbehren, und dadurch die Zurüstung weit einfacher und wohlfeiler machen, vielleicht auch dem Vorurtheile ausweichen, welches sich doch an die spitzige, gegen den Himmel gekehrte Stange am meisten zu stoßen pflegt. Bey Weglassung der Stange hat die ganze Anstalt nichts Auffallendes mehr, und Niemand kan es einem Eigenthümer wehren, den Forst seines Dachs mit Bley belegen, und mit einer heruntergehenden Metallstrecke verbinden zu lassen. Freylich verliert man dadurch das Offensive des Ableiters (Wörterb. Th. I. S. 391.), der In wiefern ſich die Begriffe von Wetterableitern und die Vorſchriften zu der zweckmaͤßigſten und einfachſten Einrichtung derſelben ſeit der Herausgabe dieſes Artikels geaͤndert haben, wird man am beſten aus folgendem kurzen Auszuge der neuſten Schrift des Hrn. Reimarus uͤberſehen, welcher alles Hypothetiſche und jede unnuͤtze Kuͤnſteley hiebey ausgeſchloſſen, und ſeine einfachen Vorſchlaͤge unmittelbar auf Wahrnehmungen uͤber den Weg des Blitzes, mithin auf ſichere Erfahrung, gegruͤndet hat. Weil der Stral vorzuͤglich die oben hervorragenden Theile und die End-Ecken der Gebaͤude trift, ſo muß die Auffangung ſo geſchehen, daß uͤber den ganzen Forſt des Daches von einem Ende des Dachruͤckens bis zum andern, auch uͤber die Schorſteine hin, und wenn Erker, Frontiſpize oder hervorſtehende Altane daran befindlich ſind, auch uͤber deren Gipfel und Rand eine zuſammenhaͤngende Metallſtrecke gefuͤhrt werde. Daß eine ſolche Bedeckung auch ohne Spitze oder Stange zur Auffangung hinreichend ſey, zeigen die Wetterſchlaͤge, welche auf bloße bleyerne Bedeckungen an Giebeln oder ſtumpfen Dachenden gefallen ſind. Ohne eine ſolche Bedeckung aber ſchuͤtzen die Stangen doch nur auf eine Weite von 40—50 Fuß, und in groͤßern Entfernungen ſind, der Stangen ohngeachtet, dennoch Schlaͤge, ſelbſt auf weniger erhabne Ecken der Gebaͤude gefallen, wie an Haffendens Hauſe, zu Purfleet, zu Heckingham (Woͤrterb. Th. I. S. 391. 399. 400.) und am Schloſſe zu Dresden, wo der Blitz am 24. Aug. 1783 einen von der Ableitungsſtange 94 dresdner Ellen weit abſtehenden Altan traf. Man kan alſo die Auffangungsſtange ganz entbehren, und dadurch die Zuruͤſtung weit einfacher und wohlfeiler machen, vielleicht auch dem Vorurtheile ausweichen, welches ſich doch an die ſpitzige, gegen den Himmel gekehrte Stange am meiſten zu ſtoßen pflegt. Bey Weglaſſung der Stange hat die ganze Anſtalt nichts Auffallendes mehr, und Niemand kan es einem Eigenthuͤmer wehren, den Forſt ſeines Dachs mit Bley belegen, und mit einer heruntergehenden Metallſtrecke verbinden zu laſſen. Freylich verliert man dadurch das Offenſive des Ableiters (Woͤrterb. Th. I. S. 391.), der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0181" xml:id="P.5.169" n="169"/><lb/> </p> <p>In wiefern ſich die Begriffe von Wetterableitern und die Vorſchriften zu der zweckmaͤßigſten und einfachſten Einrichtung derſelben ſeit der Herausgabe dieſes Artikels geaͤndert haben, wird man am beſten aus folgendem kurzen Auszuge der neuſten Schrift des Hrn. <hi rendition="#b">Reimarus</hi> uͤberſehen, welcher alles Hypothetiſche und jede unnuͤtze Kuͤnſteley hiebey ausgeſchloſſen, und ſeine einfachen Vorſchlaͤge unmittelbar auf Wahrnehmungen uͤber den Weg des Blitzes, mithin auf ſichere Erfahrung, gegruͤndet hat.</p> <p>Weil der Stral vorzuͤglich die oben hervorragenden Theile und die End-Ecken der Gebaͤude trift, ſo muß die <hi rendition="#b">Auffangung</hi> ſo geſchehen, daß uͤber den ganzen Forſt des Daches von einem Ende des Dachruͤckens bis zum andern, auch uͤber die Schorſteine hin, und wenn Erker, Frontiſpize oder hervorſtehende Altane daran befindlich ſind, auch uͤber deren Gipfel und Rand eine zuſammenhaͤngende Metallſtrecke gefuͤhrt werde. 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Weil der Stral vorzuͤglich die oben hervorragenden Theile und die End-Ecken der Gebaͤude trift, ſo muß die Auffangung ſo geſchehen, daß uͤber den ganzen Forſt des Daches von einem Ende des Dachruͤckens bis zum andern, auch uͤber die Schorſteine hin, und wenn Erker, Frontiſpize oder hervorſtehende Altane daran befindlich ſind, auch uͤber deren Gipfel und Rand eine zuſammenhaͤngende Metallſtrecke gefuͤhrt werde. Daß eine ſolche Bedeckung auch ohne Spitze oder Stange zur Auffangung hinreichend ſey, zeigen die Wetterſchlaͤge, welche auf bloße bleyerne Bedeckungen an Giebeln oder ſtumpfen Dachenden gefallen ſind. Ohne eine ſolche Bedeckung aber ſchuͤtzen die Stangen doch nur auf eine Weite von 40—50 Fuß, und in groͤßern Entfernungen ſind, der Stangen ohngeachtet, dennoch Schlaͤge, ſelbſt auf weniger erhabne Ecken der Gebaͤude gefallen, wie an Haffendens Hauſe, zu Purfleet, zu Heckingham (Woͤrterb. Th. I. S. 391. 399. 400.) und am Schloſſe zu Dresden, wo der Blitz am 24. Aug. 1783 einen von der Ableitungsſtange 94 dresdner Ellen weit abſtehenden Altan traf.
Man kan alſo die Auffangungsſtange ganz entbehren, und dadurch die Zuruͤſtung weit einfacher und wohlfeiler machen, vielleicht auch dem Vorurtheile ausweichen, welches ſich doch an die ſpitzige, gegen den Himmel gekehrte Stange am meiſten zu ſtoßen pflegt. Bey Weglaſſung der Stange hat die ganze Anſtalt nichts Auffallendes mehr, und Niemand kan es einem Eigenthuͤmer wehren, den Forſt ſeines Dachs mit Bley belegen, und mit einer heruntergehenden Metallſtrecke verbinden zu laſſen. Freylich verliert man dadurch das Offenſive des Ableiters (Woͤrterb. Th. I. S. 391.), der
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