Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Der Graf Cassini änderte diese Einrichtung im Jahre 1783, da er die freye Aufhängung der Nadel an Seidenfäden einführte, welche unten in dem Zusatze zu dem Art. Magnetnadel beschrieben wird. Er hieng seine Nadel in einem bleyernen Gehäuse auf, das auf einem steinernen Postemente eingeküttet war. Dieses Gehäuse hatte die Form eines Winkelmaaßes, in dessen vertikalem Theile der Faden herabhieng; der horizontale Theil, der die Nadel enthielt, hatte am Ende eine viereckichte Oefnung mit Spiegelglas bedeckt, über der ein Mikroskop mit einem Mikrometer stand, um den Gang und das Maaß der kleinsten Bewegungen der Nadel zu beobachten, welche von der Spitze derselben auf einem fein getheilten Bogen angegeben wurden. Der horizontale Theil des Gehäuses war ohngefähr mit der Ebene des magnetischen Meridians parallel gestellt, und da der Winkel seiner Richtung mit der Mittagslinie des Orts genau bekannt war, so ergab sich aus ihm und dem Stande der Nadel auf dem Gradbogen die jedesmalige Abweichung. Die Pariser Beobachtungen der Abweichung, deren Resultate bis zum Jahre 1772 im Wörterbuche S. 19. angegeben sind, waren von 1667--1683 durch Picard, von 1683 bis 1719 durch die de la Hire, Vater und Sohn, von 1719--1744 durch Maraldi, von da bis 1777 durch de Fouchy u. a. besorgt worden. Cassini (in Rozier Journal de phys. 1792. p. 298.) hat über diese schöne Reihe von Beobachtungen mehrere interessante Bemerkungen gemacht. Die Zeit, da die Abweichung zu Paris Null war, wird von Thevenot (Collection de voyages de M. Thevenot. a Paris, 1681. p. 30.) in das Jahr 1663, also drey Jahre früher, als von Picard, gesetzt, und Cassini, der Thevenots zu Issy gemachte Beobachtungen für sehr zuverläßig hält, ist geneigt, daraus entweder einen Unterschied im Lokalen zwischen Paris und Issy, oder einen Fehler in der Aufhängung zu folgern, der Picards Nadel immer um 1° 45' mehr östlich gehalten habe, als Thevenots mehrere Nadeln, welche alle einerley Richtung zeigten. Daß das Lokale, zumal in gebirgigen
Der Graf Caſſini aͤnderte dieſe Einrichtung im Jahre 1783, da er die freye Aufhaͤngung der Nadel an Seidenfaͤden einfuͤhrte, welche unten in dem Zuſatze zu dem Art. Magnetnadel beſchrieben wird. Er hieng ſeine Nadel in einem bleyernen Gehaͤuſe auf, das auf einem ſteinernen Poſtemente eingekuͤttet war. Dieſes Gehaͤuſe hatte die Form eines Winkelmaaßes, in deſſen vertikalem Theile der Faden herabhieng; der horizontale Theil, der die Nadel enthielt, hatte am Ende eine viereckichte Oefnung mit Spiegelglas bedeckt, uͤber der ein Mikroſkop mit einem Mikrometer ſtand, um den Gang und das Maaß der kleinſten Bewegungen der Nadel zu beobachten, welche von der Spitze derſelben auf einem fein getheilten Bogen angegeben wurden. Der horizontale Theil des Gehaͤuſes war ohngefaͤhr mit der Ebene des magnetiſchen Meridians parallel geſtellt, und da der Winkel ſeiner Richtung mit der Mittagslinie des Orts genau bekannt war, ſo ergab ſich aus ihm und dem Stande der Nadel auf dem Gradbogen die jedesmalige Abweichung. Die Pariſer Beobachtungen der Abweichung, deren Reſultate bis zum Jahre 1772 im Woͤrterbuche S. 19. angegeben ſind, waren von 1667—1683 durch Picard, von 1683 bis 1719 durch die de la Hire, Vater und Sohn, von 1719—1744 durch Maraldi, von da bis 1777 durch de Fouchy u. a. beſorgt worden. Caſſini (in Rozier Journal de phyſ. 1792. p. 298.) hat uͤber dieſe ſchoͤne Reihe von Beobachtungen mehrere intereſſante Bemerkungen gemacht. Die Zeit, da die Abweichung zu Paris Null war, wird von Thevenot (Collection de voyages de M. Thevenot. à Paris, 1681. p. 30.) in das Jahr 1663, alſo drey Jahre fruͤher, als von Picard, geſetzt, und Caſſini, der Thevenots zu Iſſy gemachte Beobachtungen fuͤr ſehr zuverlaͤßig haͤlt, iſt geneigt, daraus entweder einen Unterſchied im Lokalen zwiſchen Paris und Iſſy, oder einen Fehler in der Aufhaͤngung zu folgern, der Picards Nadel immer um 1° 45′ mehr oͤſtlich gehalten habe, als Thevenots mehrere Nadeln, welche alle einerley Richtung zeigten. Daß das Lokale, zumal in gebirgigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0016" xml:id="P.5.4" n="4"/><lb/> oder 5 Zoll Durchmeſſer auf eine Mittagslinie von 1—2 Fuß Laͤnge oder gegen einen gehoͤrig gerichteten Pfeiler ſtellet.</p> <p>Der Graf <hi rendition="#b">Caſſini</hi> aͤnderte dieſe Einrichtung im Jahre 1783, da er die freye Aufhaͤngung der Nadel an Seidenfaͤden einfuͤhrte, welche unten in dem Zuſatze zu dem Art. <hi rendition="#b">Magnetnadel</hi> beſchrieben wird. Er hieng ſeine Nadel in einem bleyernen Gehaͤuſe auf, das auf einem ſteinernen Poſtemente eingekuͤttet war. Dieſes Gehaͤuſe hatte die Form eines Winkelmaaßes, in deſſen vertikalem Theile der Faden herabhieng; der horizontale Theil, der die Nadel enthielt, hatte am Ende eine viereckichte Oefnung mit Spiegelglas bedeckt, uͤber der ein Mikroſkop mit einem Mikrometer ſtand, um den Gang und das Maaß der kleinſten Bewegungen der Nadel zu beobachten, welche von der Spitze derſelben auf einem fein getheilten Bogen angegeben wurden. Der horizontale Theil des Gehaͤuſes war ohngefaͤhr mit der Ebene des magnetiſchen Meridians parallel geſtellt, und da der Winkel ſeiner Richtung mit der Mittagslinie des Orts genau bekannt war, ſo ergab ſich aus ihm und dem Stande der Nadel auf dem Gradbogen die jedesmalige Abweichung.</p> <p>Die Pariſer Beobachtungen der Abweichung, deren Reſultate bis zum Jahre 1772 im Woͤrterbuche S. 19. angegeben ſind, waren von 1667—1683 durch <hi rendition="#b">Picard,</hi> von 1683 bis 1719 durch die <hi rendition="#b">de la Hire,</hi> Vater und Sohn, von 1719—1744 durch <hi rendition="#b">Maraldi,</hi> von da bis 1777 durch <hi rendition="#b">de Fouchy</hi> u. a. beſorgt worden. <hi rendition="#b">Caſſini</hi> (in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rozier</hi> Journal de phyſ. 1792. p. 298.)</hi> hat uͤber dieſe ſchoͤne Reihe von Beobachtungen mehrere intereſſante Bemerkungen gemacht. Die Zeit, da die Abweichung zu Paris Null war, wird von <hi rendition="#b">Thevenot</hi> <hi rendition="#aq">(Collection de voyages de M. <hi rendition="#i">Thevenot.</hi> à Paris, 1681. p. 30.)</hi> in das Jahr 1663, alſo drey Jahre fruͤher, als von <hi rendition="#b">Picard,</hi> geſetzt, und Caſſini, der Thevenots zu Iſſy gemachte Beobachtungen fuͤr ſehr zuverlaͤßig haͤlt, iſt geneigt, daraus entweder einen Unterſchied im Lokalen zwiſchen Paris und Iſſy, oder einen Fehler in der Aufhaͤngung zu folgern, der Picards Nadel immer um 1° 45′ mehr oͤſtlich gehalten habe, als Thevenots mehrere Nadeln, welche alle einerley Richtung zeigten. Daß das Lokale, zumal in gebirgigen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0016]
oder 5 Zoll Durchmeſſer auf eine Mittagslinie von 1—2 Fuß Laͤnge oder gegen einen gehoͤrig gerichteten Pfeiler ſtellet.
Der Graf Caſſini aͤnderte dieſe Einrichtung im Jahre 1783, da er die freye Aufhaͤngung der Nadel an Seidenfaͤden einfuͤhrte, welche unten in dem Zuſatze zu dem Art. Magnetnadel beſchrieben wird. Er hieng ſeine Nadel in einem bleyernen Gehaͤuſe auf, das auf einem ſteinernen Poſtemente eingekuͤttet war. Dieſes Gehaͤuſe hatte die Form eines Winkelmaaßes, in deſſen vertikalem Theile der Faden herabhieng; der horizontale Theil, der die Nadel enthielt, hatte am Ende eine viereckichte Oefnung mit Spiegelglas bedeckt, uͤber der ein Mikroſkop mit einem Mikrometer ſtand, um den Gang und das Maaß der kleinſten Bewegungen der Nadel zu beobachten, welche von der Spitze derſelben auf einem fein getheilten Bogen angegeben wurden. Der horizontale Theil des Gehaͤuſes war ohngefaͤhr mit der Ebene des magnetiſchen Meridians parallel geſtellt, und da der Winkel ſeiner Richtung mit der Mittagslinie des Orts genau bekannt war, ſo ergab ſich aus ihm und dem Stande der Nadel auf dem Gradbogen die jedesmalige Abweichung.
Die Pariſer Beobachtungen der Abweichung, deren Reſultate bis zum Jahre 1772 im Woͤrterbuche S. 19. angegeben ſind, waren von 1667—1683 durch Picard, von 1683 bis 1719 durch die de la Hire, Vater und Sohn, von 1719—1744 durch Maraldi, von da bis 1777 durch de Fouchy u. a. beſorgt worden. Caſſini (in Rozier Journal de phyſ. 1792. p. 298.) hat uͤber dieſe ſchoͤne Reihe von Beobachtungen mehrere intereſſante Bemerkungen gemacht. Die Zeit, da die Abweichung zu Paris Null war, wird von Thevenot (Collection de voyages de M. Thevenot. à Paris, 1681. p. 30.) in das Jahr 1663, alſo drey Jahre fruͤher, als von Picard, geſetzt, und Caſſini, der Thevenots zu Iſſy gemachte Beobachtungen fuͤr ſehr zuverlaͤßig haͤlt, iſt geneigt, daraus entweder einen Unterſchied im Lokalen zwiſchen Paris und Iſſy, oder einen Fehler in der Aufhaͤngung zu folgern, der Picards Nadel immer um 1° 45′ mehr oͤſtlich gehalten habe, als Thevenots mehrere Nadeln, welche alle einerley Richtung zeigten. Daß das Lokale, zumal in gebirgigen
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