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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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de Saussure glaubt dennoch, man müsse das Resultat der de Lucschen Regel verhältnißmäßig vergrößern, und so komme man nahe an die Höhe, welche der Ritter Shukburgh aus trigonometrischen Operationen angiebt, nemlich gegen 2450 Toisen.

Noch soll ein Berg in Sumatra, der Ophyr, der gerade unter dem Aequator liegt, nach Marsden (History of Sumatra), auf 577 Fuß höher seyn, als der Pik von Teneriffa. Dieses wäre also in der alten Welt nach dem Montblanc der höchste.

Der Brocken auf dem Harz liegt nach Erxleben (Anfangsgr. d. Naturl. §. 685.) über dem Horizonte der Neustadt von Göttingen nur 475,89 Toisen, über der Meeresfläche 545,89 Toisen. Die Höhe der Schneekappe oder Schneekuppe auf dem Riesengebirge beträgt nach Gerstner (Beob- über den Gebrauch des Barom. bey Höhenmess. in den Beob. auf Reisen nach dem Riesengebirge. Dresden, 1791. 4. S. 307.) nach geometrischen Messungen 545 Wiener Klaftern oder 530 Toisen über Marschendorf am Ufer der Aupe.

Ich habe es S. 305 eine falsche Meinung genannt, daß die Luft auf den hohen Bergen das Athmen erschwere. Dagegen macht der Hr. Recensent des Wörterbuchs im Gothaischen Magazin (V. Band, 2tes St. S. 167) die nicht ungegründete Erinnerung, daß Hr. von Saussure dieses dennoch auf dem Montblanc in der Höhe von 1900 Toisen wirklich so gefunden habe. Ich nehme hievon Anlaß, die Erfahrungen des nurgenannten berühmten Bergbeobachters über die Wirkungen der Bergluft überhaupt mitzutheilen. Schon bey Gelegenheit seiner Reise nach dem Buet (Voyages dans les Alpes. To. I. §. 559.) hat er hievon sehr umständlich gehandelt.

Sobald man, sagt er, eine Höhe von 13 bis 1400 Toisen über das Meer erreicht, fängt die Dünne der Luft an, merklich auf den Körper zu wirken. Ihre erste Wirkung ist eine schnelle Erschöpfung der Kräfte in den Muskeln. Bouguer, der dieses auf den Cordelieren bemerkte, schrieb es zwar der bloßen Ermüdung durch Steigen zu. Allein diese Erschlaffung


de Sauſſure glaubt dennoch, man muͤſſe das Reſultat der de Lucſchen Regel verhaͤltnißmaͤßig vergroͤßern, und ſo komme man nahe an die Hoͤhe, welche der Ritter Shukburgh aus trigonometriſchen Operationen angiebt, nemlich gegen 2450 Toiſen.

Noch ſoll ein Berg in Sumatra, der Ophyr, der gerade unter dem Aequator liegt, nach Marsden (Hiſtory of Sumatra), auf 577 Fuß hoͤher ſeyn, als der Pik von Teneriffa. Dieſes waͤre alſo in der alten Welt nach dem Montblanc der hoͤchſte.

Der Brocken auf dem Harz liegt nach Erxleben (Anfangsgr. d. Naturl. §. 685.) uͤber dem Horizonte der Neuſtadt von Goͤttingen nur 475,89 Toiſen, uͤber der Meeresflaͤche 545,89 Toiſen. Die Hoͤhe der Schneekappe oder Schneekuppe auf dem Rieſengebirge betraͤgt nach Gerſtner (Beob- uͤber den Gebrauch des Barom. bey Hoͤhenmeſſ. in den Beob. auf Reiſen nach dem Rieſengebirge. Dresden, 1791. 4. S. 307.) nach geometriſchen Meſſungen 545 Wiener Klaftern oder 530 Toiſen uͤber Marſchendorf am Ufer der Aupe.

Ich habe es S. 305 eine falſche Meinung genannt, daß die Luft auf den hohen Bergen das Athmen erſchwere. Dagegen macht der Hr. Recenſent des Woͤrterbuchs im Gothaiſchen Magazin (V. Band, 2tes St. S. 167) die nicht ungegruͤndete Erinnerung, daß Hr. von Sauſſure dieſes dennoch auf dem Montblanc in der Hoͤhe von 1900 Toiſen wirklich ſo gefunden habe. Ich nehme hievon Anlaß, die Erfahrungen des nurgenannten beruͤhmten Bergbeobachters uͤber die Wirkungen der Bergluft uͤberhaupt mitzutheilen. Schon bey Gelegenheit ſeiner Reiſe nach dem Buet (Voyages dans les Alpes. To. I. §. 559.) hat er hievon ſehr umſtaͤndlich gehandelt.

Sobald man, ſagt er, eine Hoͤhe von 13 bis 1400 Toiſen uͤber das Meer erreicht, faͤngt die Duͤnne der Luft an, merklich auf den Koͤrper zu wirken. Ihre erſte Wirkung iſt eine ſchnelle Erſchoͤpfung der Kraͤfte in den Muskeln. Bouguer, der dieſes auf den Cordelieren bemerkte, ſchrieb es zwar der bloßen Ermuͤdung durch Steigen zu. Allein dieſe Erſchlaffung

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[145/0157] de Sauſſure glaubt dennoch, man muͤſſe das Reſultat der de Lucſchen Regel verhaͤltnißmaͤßig vergroͤßern, und ſo komme man nahe an die Hoͤhe, welche der Ritter Shukburgh aus trigonometriſchen Operationen angiebt, nemlich gegen 2450 Toiſen. Noch ſoll ein Berg in Sumatra, der Ophyr, der gerade unter dem Aequator liegt, nach Marsden (Hiſtory of Sumatra), auf 577 Fuß hoͤher ſeyn, als der Pik von Teneriffa. Dieſes waͤre alſo in der alten Welt nach dem Montblanc der hoͤchſte. Der Brocken auf dem Harz liegt nach Erxleben (Anfangsgr. d. Naturl. §. 685.) uͤber dem Horizonte der Neuſtadt von Goͤttingen nur 475,89 Toiſen, uͤber der Meeresflaͤche 545,89 Toiſen. Die Hoͤhe der Schneekappe oder Schneekuppe auf dem Rieſengebirge betraͤgt nach Gerſtner (Beob- uͤber den Gebrauch des Barom. bey Hoͤhenmeſſ. in den Beob. auf Reiſen nach dem Rieſengebirge. Dresden, 1791. 4. S. 307.) nach geometriſchen Meſſungen 545 Wiener Klaftern oder 530 Toiſen uͤber Marſchendorf am Ufer der Aupe. Ich habe es S. 305 eine falſche Meinung genannt, daß die Luft auf den hohen Bergen das Athmen erſchwere. Dagegen macht der Hr. Recenſent des Woͤrterbuchs im Gothaiſchen Magazin (V. Band, 2tes St. S. 167) die nicht ungegruͤndete Erinnerung, daß Hr. von Sauſſure dieſes dennoch auf dem Montblanc in der Hoͤhe von 1900 Toiſen wirklich ſo gefunden habe. Ich nehme hievon Anlaß, die Erfahrungen des nurgenannten beruͤhmten Bergbeobachters uͤber die Wirkungen der Bergluft uͤberhaupt mitzutheilen. Schon bey Gelegenheit ſeiner Reiſe nach dem Buet (Voyages dans les Alpes. To. I. §. 559.) hat er hievon ſehr umſtaͤndlich gehandelt. Sobald man, ſagt er, eine Hoͤhe von 13 bis 1400 Toiſen uͤber das Meer erreicht, faͤngt die Duͤnne der Luft an, merklich auf den Koͤrper zu wirken. Ihre erſte Wirkung iſt eine ſchnelle Erſchoͤpfung der Kraͤfte in den Muskeln. Bouguer, der dieſes auf den Cordelieren bemerkte, ſchrieb es zwar der bloßen Ermuͤdung durch Steigen zu. Allein dieſe Erſchlaffung

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/157>, abgerufen am 30.04.2024.