schüttelt sie von Zeit zu Zeit um. Die Schwefelsäure verbindet sich mit der Kalkerde zu Gyps, und das Weinsteinsaure wird frey. Man gießt nun das Flüßige ab, wäscht den Gyps aus, um die letzten Theile des Weinsteinsauren davon zu trennen, filtrirt alles dieses Wasser, dampft es ab, und erhält dadurch das Weinsteinsaure in blätterförmigen Krystallen von überaus saurem Geschmack, die in der Luft beständig sind, in der Hitze aber zersetzt werden, kohlensaures und brennbares Gas nebst einer wäßrigen und brandigen Säure und einem empyrevmatischen Oele geben, auch eine Kohle zurücklassen.
Nach dem antiphlogistischen System besteht das Weinsteinsaure aus Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff, wozu Herrn Grens neueres System noch Brennstoff setzt. Im Weinsteinsauren ist weniger Sauerstoff, als in der Sauerkleesäure. Setzt man ihm also Sauerstoff zu, so kan man dasselbe in Sauerkleesäure, Aepfelsäure und Essigsäure umändern, wobey doch wahrscheinlich auch das Verhältniß des Wasserstoffs zu dem Kohlenstoffe verändert wird.
Mit dem Gewächslaugensalze gesättigt, bildet das Weinsteinsaure die weinsteinsaure Pottasche,Tartrite de potasse (tartarisirten Weinstein); ist aber des Laugensalzes zu wenig, so daß das Saure das Uebergewicht behält, so giebt diese Verbindung den gewöhnlichen Weinstein (Weinsteinkrystallen, Weinsteinrahm), dem daher im System der Name Tartrite acidule de potasse,säuerlich weinsteingesäuerte Pottasche, zukömmt. Da der Weinstein überschüßige Säure hat, so läßt sich diese auch mit Soda oder Ammoniak sättigen, und es entstehen daraus dreyfache Salze, mit einer Säure und zwey Laugensalzen, mit der Soda nämlich das Seignettesalz, und mit dem Ammoniak der auflösliche Weinstein.
Das brenzliche oder brandige Weinsteinsaure,Acidum pyro-tartarosum, Acide pyro-tartareux, erhält man aus dem gereinigten Weinstein durch die trockene Destillation. Es ist jederzeit mit etwas Oel verbunden, wovon es sich durch wiederholte Rectification zwar in etwas, schwerlich aber ganz, befreyen läßt. Besser aber reiniget man es davon
ſchuͤttelt ſie von Zeit zu Zeit um. Die Schwefelſaͤure verbindet ſich mit der Kalkerde zu Gyps, und das Weinſteinſaure wird frey. Man gießt nun das Fluͤßige ab, waͤſcht den Gyps aus, um die letzten Theile des Weinſteinſauren davon zu trennen, filtrirt alles dieſes Waſſer, dampft es ab, und erhaͤlt dadurch das Weinſteinſaure in blaͤtterfoͤrmigen Kryſtallen von uͤberaus ſaurem Geſchmack, die in der Luft beſtaͤndig ſind, in der Hitze aber zerſetzt werden, kohlenſaures und brennbares Gas nebſt einer waͤßrigen und brandigen Saͤure und einem empyrevmatiſchen Oele geben, auch eine Kohle zuruͤcklaſſen.
Nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem beſteht das Weinſteinſaure aus Waſſerſtoff, Kohlenſtoff und Sauerſtoff, wozu Herrn Grens neueres Syſtem noch Brennſtoff ſetzt. Im Weinſteinſauren iſt weniger Sauerſtoff, als in der Sauerkleeſaͤure. Setzt man ihm alſo Sauerſtoff zu, ſo kan man daſſelbe in Sauerkleeſaͤure, Aepfelſaͤure und Eſſigſaͤure umaͤndern, wobey doch wahrſcheinlich auch das Verhaͤltniß des Waſſerſtoffs zu dem Kohlenſtoffe veraͤndert wird.
Mit dem Gewaͤchslaugenſalze geſaͤttigt, bildet das Weinſteinſaure die weinſteinſaure Pottaſche,Tartrite de potaſſe (tartariſirten Weinſtein); iſt aber des Laugenſalzes zu wenig, ſo daß das Saure das Uebergewicht behaͤlt, ſo giebt dieſe Verbindung den gewoͤhnlichen Weinſtein (Weinſteinkryſtallen, Weinſteinrahm), dem daher im Syſtem der Name Tartrite acidule de pôtaſſe,ſaͤuerlich weinſteingeſaͤuerte Pottaſche, zukoͤmmt. Da der Weinſtein uͤberſchuͤßige Saͤure hat, ſo laͤßt ſich dieſe auch mit Soda oder Ammoniak ſaͤttigen, und es entſtehen daraus dreyfache Salze, mit einer Saͤure und zwey Laugenſalzen, mit der Soda naͤmlich das Seignetteſalz, und mit dem Ammoniak der aufloͤsliche Weinſtein.
Das brenzliche oder brandige Weinſteinſaure,Acidum pyro-tartaroſum, Acide pyro-tartareux, erhaͤlt man aus dem gereinigten Weinſtein durch die trockene Deſtillation. Es iſt jederzeit mit etwas Oel verbunden, wovon es ſich durch wiederholte Rectification zwar in etwas, ſchwerlich aber ganz, befreyen laͤßt. Beſſer aber reiniget man es davon
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ſchuͤttelt ſie von Zeit zu Zeit um. Die Schwefelſaͤure verbindet ſich mit der Kalkerde zu Gyps, und das Weinſteinſaure wird frey. Man gießt nun das Fluͤßige ab, waͤſcht den Gyps aus, um die letzten Theile des Weinſteinſauren davon zu trennen, filtrirt alles dieſes Waſſer, dampft es ab, und erhaͤlt dadurch das Weinſteinſaure in blaͤtterfoͤrmigen Kryſtallen von uͤberaus ſaurem Geſchmack, die in der Luft beſtaͤndig ſind, in der Hitze aber zerſetzt werden, kohlenſaures und brennbares Gas nebſt einer waͤßrigen und brandigen Saͤure und einem empyrevmatiſchen Oele geben, auch eine Kohle zuruͤcklaſſen.
Nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem beſteht das Weinſteinſaure aus Waſſerſtoff, Kohlenſtoff und Sauerſtoff, wozu Herrn Grens neueres Syſtem noch Brennſtoff ſetzt. Im Weinſteinſauren iſt weniger Sauerſtoff, als in der Sauerkleeſaͤure. Setzt man ihm alſo Sauerſtoff zu, ſo kan man daſſelbe in Sauerkleeſaͤure, Aepfelſaͤure und Eſſigſaͤure umaͤndern, wobey doch wahrſcheinlich auch das Verhaͤltniß des Waſſerſtoffs zu dem Kohlenſtoffe veraͤndert wird.
Mit dem Gewaͤchslaugenſalze geſaͤttigt, bildet das Weinſteinſaure die weinſteinſaure Pottaſche, Tartrite de potaſſe (tartariſirten Weinſtein); iſt aber des Laugenſalzes zu wenig, ſo daß das Saure das Uebergewicht behaͤlt, ſo giebt dieſe Verbindung den gewoͤhnlichen Weinſtein (Weinſteinkryſtallen, Weinſteinrahm), dem daher im Syſtem der Name Tartrite acidule de pôtaſſe, ſaͤuerlich weinſteingeſaͤuerte Pottaſche, zukoͤmmt. Da der Weinſtein uͤberſchuͤßige Saͤure hat, ſo laͤßt ſich dieſe auch mit Soda oder Ammoniak ſaͤttigen, und es entſtehen daraus dreyfache Salze, mit einer Saͤure und zwey Laugenſalzen, mit der Soda naͤmlich das Seignetteſalz, und mit dem Ammoniak der aufloͤsliche Weinſtein.
Das brenzliche oder brandige Weinſteinſaure, Acidum pyro-tartaroſum, Acide pyro-tartareux, erhaͤlt man aus dem gereinigten Weinſtein durch die trockene Deſtillation. Es iſt jederzeit mit etwas Oel verbunden, wovon es ſich durch wiederholte Rectification zwar in etwas, ſchwerlich aber ganz, befreyen laͤßt. Beſſer aber reiniget man es davon
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 1003. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1015>, abgerufen am 23.11.2024.
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