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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Pläne vorkommen. Wie kan man nun glauben, daß eine solche Fläche, verglichen mit der äußerst großen Feinheit der Lichttheilchen, im Stande seyn würde, diese letztern so regelmäßig zu reflectiren?

Ueberdies müßten noch alle Lufttheilchen vollkommne Kugeln, und elastisch seyn. Nur von einer elastischen Kugel läßt sich das Gesetz der Zurückwerfung unter gleichem Winkel durch den Stoß demonstriren. Ist hingegen der Körper von unregelmäßiger Gestalt, elliptisch, cylindrisch u. dgl., oder steht die Linie aus dem Mittelpunkte des Stoßes in den Berührungspunkt nicht lothrecht auf der reflectirenden Fläche, so sind Einfalls- und Reflexionswinkel nicht mehr gleich. Wer kan aber behaupten, daß alle Lichttheilchen vollkommen sphärisch und elastisch sind? Die sphärischen Wirbel des P. Malebranche oder Huygens und Eulers Pulsus heben zwar diese Schwierigkeit; allein was sind sie weiter als willkührlich angenommene Voraussetzungen, die sich durch keine Erfahrung erweisen lassen, und überdies eben so wenig begreiflich machen, warum oft bey gleichem Neigungswinkel blaues Licht reflectirt wird, wenn das rothe noch immer durchgeht?

Man kan also auf keine Weise behaupten, daß die Zurückstralung durch den Stoß der Lichttheile gegen die Theile der Körper bewirkt werde. Vielmehr zeigen die vorhergehenden Betrachtungen, daß man sie nicht von der Berührungsstelle allein, oder von einem einzigen Punkte des reflectirenden Körpers, sondern von einer gewissen über die ganze Oberfläche desselben verbreiteten Kraft herleiten müsse, durch welche der Körper auf den Lichtstral, ohne ihn unmittelbar zu berühren, wirket. Daß aber die Körper auf das Licht auch schon in einiger Entfernung wirken, erhellt aus den Phänomenen der Beugung des Lichts unwidersprechlich, s. Beugung des Lichts.

Newton (Opt. L. II. P. 3. prop. 9. p. 229.) leitet Brechung und Zurückwerfung des Lichts von einerley Ursache ab, von einer und eben derselben, nur unter verschiedenen Umständen sich verschiedentlich äußernden Kraft. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich hierüber auf


Plaͤne vorkommen. Wie kan man nun glauben, daß eine ſolche Flaͤche, verglichen mit der aͤußerſt großen Feinheit der Lichttheilchen, im Stande ſeyn wuͤrde, dieſe letztern ſo regelmaͤßig zu reflectiren?

Ueberdies muͤßten noch alle Lufttheilchen vollkommne Kugeln, und elaſtiſch ſeyn. Nur von einer elaſtiſchen Kugel laͤßt ſich das Geſetz der Zuruͤckwerfung unter gleichem Winkel durch den Stoß demonſtriren. Iſt hingegen der Koͤrper von unregelmaͤßiger Geſtalt, elliptiſch, cylindriſch u. dgl., oder ſteht die Linie aus dem Mittelpunkte des Stoßes in den Beruͤhrungspunkt nicht lothrecht auf der reflectirenden Flaͤche, ſo ſind Einfalls- und Reflexionswinkel nicht mehr gleich. Wer kan aber behaupten, daß alle Lichttheilchen vollkommen ſphaͤriſch und elaſtiſch ſind? Die ſphaͤriſchen Wirbel des P. Malebranche oder Huygens und Eulers Pulſus heben zwar dieſe Schwierigkeit; allein was ſind ſie weiter als willkuͤhrlich angenommene Vorausſetzungen, die ſich durch keine Erfahrung erweiſen laſſen, und uͤberdies eben ſo wenig begreiflich machen, warum oft bey gleichem Neigungswinkel blaues Licht reflectirt wird, wenn das rothe noch immer durchgeht?

Man kan alſo auf keine Weiſe behaupten, daß die Zuruͤckſtralung durch den Stoß der Lichttheile gegen die Theile der Koͤrper bewirkt werde. Vielmehr zeigen die vorhergehenden Betrachtungen, daß man ſie nicht von der Beruͤhrungsſtelle allein, oder von einem einzigen Punkte des reflectirenden Koͤrpers, ſondern von einer gewiſſen uͤber die ganze Oberflaͤche deſſelben verbreiteten Kraft herleiten muͤſſe, durch welche der Koͤrper auf den Lichtſtral, ohne ihn unmittelbar zu beruͤhren, wirket. Daß aber die Koͤrper auf das Licht auch ſchon in einiger Entfernung wirken, erhellt aus den Phaͤnomenen der Beugung des Lichts unwiderſprechlich, ſ. Beugung des Lichts.

Newton (Opt. L. II. P. 3. prop. 9. p. 229.) leitet Brechung und Zuruͤckwerfung des Lichts von einerley Urſache ab, von einer und eben derſelben, nur unter verſchiedenen Umſtaͤnden ſich verſchiedentlich aͤußernden Kraft. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweiſe ich hieruͤber auf

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[911/0921] Plaͤne vorkommen. Wie kan man nun glauben, daß eine ſolche Flaͤche, verglichen mit der aͤußerſt großen Feinheit der Lichttheilchen, im Stande ſeyn wuͤrde, dieſe letztern ſo regelmaͤßig zu reflectiren? Ueberdies muͤßten noch alle Lufttheilchen vollkommne Kugeln, und elaſtiſch ſeyn. Nur von einer elaſtiſchen Kugel laͤßt ſich das Geſetz der Zuruͤckwerfung unter gleichem Winkel durch den Stoß demonſtriren. Iſt hingegen der Koͤrper von unregelmaͤßiger Geſtalt, elliptiſch, cylindriſch u. dgl., oder ſteht die Linie aus dem Mittelpunkte des Stoßes in den Beruͤhrungspunkt nicht lothrecht auf der reflectirenden Flaͤche, ſo ſind Einfalls- und Reflexionswinkel nicht mehr gleich. Wer kan aber behaupten, daß alle Lichttheilchen vollkommen ſphaͤriſch und elaſtiſch ſind? Die ſphaͤriſchen Wirbel des P. Malebranche oder Huygens und Eulers Pulſus heben zwar dieſe Schwierigkeit; allein was ſind ſie weiter als willkuͤhrlich angenommene Vorausſetzungen, die ſich durch keine Erfahrung erweiſen laſſen, und uͤberdies eben ſo wenig begreiflich machen, warum oft bey gleichem Neigungswinkel blaues Licht reflectirt wird, wenn das rothe noch immer durchgeht? Man kan alſo auf keine Weiſe behaupten, daß die Zuruͤckſtralung durch den Stoß der Lichttheile gegen die Theile der Koͤrper bewirkt werde. Vielmehr zeigen die vorhergehenden Betrachtungen, daß man ſie nicht von der Beruͤhrungsſtelle allein, oder von einem einzigen Punkte des reflectirenden Koͤrpers, ſondern von einer gewiſſen uͤber die ganze Oberflaͤche deſſelben verbreiteten Kraft herleiten muͤſſe, durch welche der Koͤrper auf den Lichtſtral, ohne ihn unmittelbar zu beruͤhren, wirket. Daß aber die Koͤrper auf das Licht auch ſchon in einiger Entfernung wirken, erhellt aus den Phaͤnomenen der Beugung des Lichts unwiderſprechlich, ſ. Beugung des Lichts. Newton (Opt. L. II. P. 3. prop. 9. p. 229.) leitet Brechung und Zuruͤckwerfung des Lichts von einerley Urſache ab, von einer und eben derſelben, nur unter verſchiedenen Umſtaͤnden ſich verſchiedentlich aͤußernden Kraft. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweiſe ich hieruͤber auf

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 911. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/921>, abgerufen am 17.05.2024.