Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


dieser behält er die vorige Bewegung ungeändert bey; aus beyden entsteht eine neue zusammengesetzte Bewegung nach einer Diagonale, welche mit der reflectirenden Fläche selbst auf der entgegengesetzten Seite einen eben so großen Winkel macht, als der Weg des einfallenden Strales mit eben derselben Fläche auf jener Seite bildete.

Huygens kannte zwar die Gesetze des Stoßes richtiger, als Descartes, und suchte die Ursache der Reflexion mit Recht in der Elasticität der Körper; allein er fand auch hiebey kein Bedenken, die Zurückstralung als eine Wirkung des Stoßes anzusehen. Das Licht besteht nach ihm aus wellenförmig fortgepflanzten Schwingungen eines elastischen Mittels, und geht nach Linien fort, auf welchen die neben einanderliegenden Reihen der einzelnen Schwingungen oder ihrer Mittelpunkte senkrecht stehen, s. Brechung der Lichtstralen (Th. I. S. 423. u. f.). Da nun jedes elastische Theilchen, wenn es an eine Fläche stößt, unter gleichem Winkel reflectirt wird, so werden auch ganze Reihen solcher Theilchen nach eben dem Gesetze zurückgeworfen, und der Fortgang des Lichts selbst nimmt einen Weg, der sich nach eben dieser Regel richtet. Diese Erklärung der Reflexion hat auch Euler (Nova theor. lucis et colorum, in Opusc. varii argum. Berol. 1746. 4. Cap. IV. §. 71. 72.) in sein System aufgenommen; und da durch dieses Abprallen blos die Richtung, nicht aber die Geschwindigkeit, geändert wird, so erklärt er daraus sehr natürlich, warum bey der Zurückstralung keine Farbenzerstreuung entstehe, weil nemlich die Pulsus blos ihre Richtung ändern, ohne in ihren Abständen von einander und in ihrer schnellern oder langsamern Succession, wovon die Farben abhängen, die mindeste Veränderung zu leiden. Uebrigens unterscheidet Euler noch spiegelnde und blos erleuchtete Flächen so von einander, daß jene die anstoßenden Pulsus selbst reflectiren, wodurch im Auge die Erscheinung des Bildes entsteht, diese hingegen durch den anstoßenden Aether selbst in neue Schwingungen gerathen und selbige bis zum Auge fortpflanzen, wodurch sie selbst als erleuchtete Flächen mit ihrer eigenthümlichen


dieſer behaͤlt er die vorige Bewegung ungeaͤndert bey; aus beyden entſteht eine neue zuſammengeſetzte Bewegung nach einer Diagonale, welche mit der reflectirenden Flaͤche ſelbſt auf der entgegengeſetzten Seite einen eben ſo großen Winkel macht, als der Weg des einfallenden Strales mit eben derſelben Flaͤche auf jener Seite bildete.

Huygens kannte zwar die Geſetze des Stoßes richtiger, als Descartes, und ſuchte die Urſache der Reflexion mit Recht in der Elaſticitaͤt der Koͤrper; allein er fand auch hiebey kein Bedenken, die Zuruͤckſtralung als eine Wirkung des Stoßes anzuſehen. Das Licht beſteht nach ihm aus wellenfoͤrmig fortgepflanzten Schwingungen eines elaſtiſchen Mittels, und geht nach Linien fort, auf welchen die neben einanderliegenden Reihen der einzelnen Schwingungen oder ihrer Mittelpunkte ſenkrecht ſtehen, ſ. Brechung der Lichtſtralen (Th. I. S. 423. u. f.). Da nun jedes elaſtiſche Theilchen, wenn es an eine Flaͤche ſtoͤßt, unter gleichem Winkel reflectirt wird, ſo werden auch ganze Reihen ſolcher Theilchen nach eben dem Geſetze zuruͤckgeworfen, und der Fortgang des Lichts ſelbſt nimmt einen Weg, der ſich nach eben dieſer Regel richtet. Dieſe Erklaͤrung der Reflexion hat auch Euler (Nova theor. lucis et colorum, in Opuſc. varii argum. Berol. 1746. 4. Cap. IV. §. 71. 72.) in ſein Syſtem aufgenommen; und da durch dieſes Abprallen blos die Richtung, nicht aber die Geſchwindigkeit, geaͤndert wird, ſo erklaͤrt er daraus ſehr natuͤrlich, warum bey der Zuruͤckſtralung keine Farbenzerſtreuung entſtehe, weil nemlich die Pulſus blos ihre Richtung aͤndern, ohne in ihren Abſtaͤnden von einander und in ihrer ſchnellern oder langſamern Succeſſion, wovon die Farben abhaͤngen, die mindeſte Veraͤnderung zu leiden. Uebrigens unterſcheidet Euler noch ſpiegelnde und blos erleuchtete Flaͤchen ſo von einander, daß jene die anſtoßenden Pulſus ſelbſt reflectiren, wodurch im Auge die Erſcheinung des Bildes entſteht, dieſe hingegen durch den anſtoßenden Aether ſelbſt in neue Schwingungen gerathen und ſelbige bis zum Auge fortpflanzen, wodurch ſie ſelbſt als erleuchtete Flaͤchen mit ihrer eigenthuͤmlichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0917" xml:id="P.4.907" n="907"/><lb/>
die&#x017F;er beha&#x0364;lt er die vorige Bewegung ungea&#x0364;ndert bey; aus beyden ent&#x017F;teht eine neue zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte Bewegung nach einer Diagonale, welche mit der reflectirenden Fla&#x0364;che &#x017F;elb&#x017F;t auf der entgegenge&#x017F;etzten Seite einen eben &#x017F;o großen Winkel macht, als der Weg des einfallenden Strales mit eben der&#x017F;elben Fla&#x0364;che auf jener Seite bildete.</p>
            <p><hi rendition="#b">Huygens</hi> kannte zwar die Ge&#x017F;etze des Stoßes richtiger, als Descartes, und &#x017F;uchte die Ur&#x017F;ache der Reflexion mit Recht in der Ela&#x017F;ticita&#x0364;t der Ko&#x0364;rper; allein er fand auch hiebey kein Bedenken, die Zuru&#x0364;ck&#x017F;tralung als eine Wirkung des Stoßes anzu&#x017F;ehen. Das Licht be&#x017F;teht nach ihm aus wellenfo&#x0364;rmig fortgepflanzten Schwingungen eines ela&#x017F;ti&#x017F;chen Mittels, und geht nach Linien fort, auf welchen die neben einanderliegenden Reihen der einzelnen Schwingungen oder ihrer Mittelpunkte &#x017F;enkrecht &#x017F;tehen, <hi rendition="#b">&#x017F;. Brechung der Licht&#x017F;tralen</hi> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 423. u. f.). Da nun jedes ela&#x017F;ti&#x017F;che Theilchen, wenn es an eine Fla&#x0364;che &#x017F;to&#x0364;ßt, unter gleichem Winkel reflectirt wird, &#x017F;o werden auch ganze Reihen &#x017F;olcher Theilchen nach eben dem Ge&#x017F;etze zuru&#x0364;ckgeworfen, und der Fortgang des Lichts &#x017F;elb&#x017F;t nimmt einen Weg, der &#x017F;ich nach eben die&#x017F;er Regel richtet. Die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung der Reflexion hat auch <hi rendition="#b">Euler</hi> (<hi rendition="#aq">Nova theor. lucis et colorum, in Opu&#x017F;c. varii argum. Berol. 1746. 4. Cap. IV. §. 71. 72.</hi>) in &#x017F;ein Sy&#x017F;tem aufgenommen; und da durch die&#x017F;es Abprallen blos die Richtung, nicht aber die Ge&#x017F;chwindigkeit, gea&#x0364;ndert wird, &#x017F;o erkla&#x0364;rt er daraus &#x017F;ehr natu&#x0364;rlich, warum bey der Zuru&#x0364;ck&#x017F;tralung keine Farbenzer&#x017F;treuung ent&#x017F;tehe, weil nemlich die Pul&#x017F;us blos ihre Richtung a&#x0364;ndern, ohne in ihren Ab&#x017F;ta&#x0364;nden von einander und in ihrer &#x017F;chnellern oder lang&#x017F;amern Succe&#x017F;&#x017F;ion, wovon die Farben abha&#x0364;ngen, die minde&#x017F;te Vera&#x0364;nderung zu leiden. Uebrigens unter&#x017F;cheidet <hi rendition="#b">Euler</hi> noch &#x017F;piegelnde und blos erleuchtete Fla&#x0364;chen &#x017F;o von einander, daß jene die an&#x017F;toßenden Pul&#x017F;us &#x017F;elb&#x017F;t reflectiren, wodurch im Auge die Er&#x017F;cheinung des Bildes ent&#x017F;teht, die&#x017F;e hingegen durch den an&#x017F;toßenden Aether &#x017F;elb&#x017F;t in neue Schwingungen gerathen und &#x017F;elbige bis zum Auge fortpflanzen, wodurch &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t als erleuchtete Fla&#x0364;chen mit ihrer eigenthu&#x0364;mlichen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[907/0917] dieſer behaͤlt er die vorige Bewegung ungeaͤndert bey; aus beyden entſteht eine neue zuſammengeſetzte Bewegung nach einer Diagonale, welche mit der reflectirenden Flaͤche ſelbſt auf der entgegengeſetzten Seite einen eben ſo großen Winkel macht, als der Weg des einfallenden Strales mit eben derſelben Flaͤche auf jener Seite bildete. Huygens kannte zwar die Geſetze des Stoßes richtiger, als Descartes, und ſuchte die Urſache der Reflexion mit Recht in der Elaſticitaͤt der Koͤrper; allein er fand auch hiebey kein Bedenken, die Zuruͤckſtralung als eine Wirkung des Stoßes anzuſehen. Das Licht beſteht nach ihm aus wellenfoͤrmig fortgepflanzten Schwingungen eines elaſtiſchen Mittels, und geht nach Linien fort, auf welchen die neben einanderliegenden Reihen der einzelnen Schwingungen oder ihrer Mittelpunkte ſenkrecht ſtehen, ſ. Brechung der Lichtſtralen (Th. I. S. 423. u. f.). Da nun jedes elaſtiſche Theilchen, wenn es an eine Flaͤche ſtoͤßt, unter gleichem Winkel reflectirt wird, ſo werden auch ganze Reihen ſolcher Theilchen nach eben dem Geſetze zuruͤckgeworfen, und der Fortgang des Lichts ſelbſt nimmt einen Weg, der ſich nach eben dieſer Regel richtet. Dieſe Erklaͤrung der Reflexion hat auch Euler (Nova theor. lucis et colorum, in Opuſc. varii argum. Berol. 1746. 4. Cap. IV. §. 71. 72.) in ſein Syſtem aufgenommen; und da durch dieſes Abprallen blos die Richtung, nicht aber die Geſchwindigkeit, geaͤndert wird, ſo erklaͤrt er daraus ſehr natuͤrlich, warum bey der Zuruͤckſtralung keine Farbenzerſtreuung entſtehe, weil nemlich die Pulſus blos ihre Richtung aͤndern, ohne in ihren Abſtaͤnden von einander und in ihrer ſchnellern oder langſamern Succeſſion, wovon die Farben abhaͤngen, die mindeſte Veraͤnderung zu leiden. Uebrigens unterſcheidet Euler noch ſpiegelnde und blos erleuchtete Flaͤchen ſo von einander, daß jene die anſtoßenden Pulſus ſelbſt reflectiren, wodurch im Auge die Erſcheinung des Bildes entſteht, dieſe hingegen durch den anſtoßenden Aether ſelbſt in neue Schwingungen gerathen und ſelbige bis zum Auge fortpflanzen, wodurch ſie ſelbſt als erleuchtete Flaͤchen mit ihrer eigenthuͤmlichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/917
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 907. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/917>, abgerufen am 24.08.2024.