Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Gesetzt aber, es würde bey E ein ganzes Fenster geöfnet, so wird jeder Punkt, wie F, auf die Wand eine Stralenpyramide senden, von der das Fenster einen Durchschnitt ausmacht. Jeder Punkt wird nun sein Licht auf der Wand durch die ganze Grundfläche dieser Pyramide verbreiten. Jeder Punkt der Wand wird in unzählbaren solchen Grundflächen zugleich liegen, und Licht von unzählbaren Punkten des Gegenstandes zugleich erhalten, und ins Auge senden. Unter diesen Umständen kan er dem Auge nicht mehr das Bild eines einzigen Punktes darstellen, und in der Seele nicht mehr die reine unvermischte Empfindung einer bestimmten Stelle des Gegenstandes erwecken. Vielmehr bringen jetzt alle Punkte der Wand Licht ins Auge, das sie von unzählbaren Stellen der Gegenstände zugleich erhalten haben, und zeigen dadurch blos Licht oder Erleuchtung, wodurch die Wand selbst sichtbar wird, aber nicht mehr Bilder der Gegenstände zeigt. Man kan sich eben dieses auch noch so vorstellen. Taf. XXVII. Fig. 97. würden drey Oefnungen über einander im Laden KL, wie a, b, c, drey umgekehrte Bilder des Gegenstandes FG geben. Oefnete man aber das ganze Fenster KL, daß statt dreyer Punkte a, b, c, nun unzähliche Punkte offen würden, so entstünden auf der Wand DC, unzähliche Bilder, die überall auf einander lägen, mit ihren Grenzen in einander eingriffen, sich vermischten, und so überhaupt nichts Bestimmtes, sondern nur Licht, zeigten. So werden die Wände durch große Oefnungen blos erleuchtet; durch kleine hingegen entwerfen sich so viel Bilder der äußern Gegenstände, als Oefnungen sind, und jedes Bild ist desto deutlicher, je kleiner die Oefnung ist, durch die es entstehet. Wenn man in das Loch ein erhaben geschliffenes Glas einsetzt, so werden die Bilder weit lebhafter; denn nunmehr vereiniget das Glas alle diejenigen Stralen in einerley Punkte der Wand, die aus einem Punkte des Gegenstands auf seine ganze Fläche fallen, s. Linsengläser. Soll hiebey die gehörige Deutlichkeit statt finden, so muß die Wand vom Glase genau um die Vereinigungsweite abstehen, Geſetzt aber, es wuͤrde bey E ein ganzes Fenſter geoͤfnet, ſo wird jeder Punkt, wie F, auf die Wand eine Stralenpyramide ſenden, von der das Fenſter einen Durchſchnitt ausmacht. Jeder Punkt wird nun ſein Licht auf der Wand durch die ganze Grundflaͤche dieſer Pyramide verbreiten. Jeder Punkt der Wand wird in unzaͤhlbaren ſolchen Grundflaͤchen zugleich liegen, und Licht von unzaͤhlbaren Punkten des Gegenſtandes zugleich erhalten, und ins Auge ſenden. Unter dieſen Umſtaͤnden kan er dem Auge nicht mehr das Bild eines einzigen Punktes darſtellen, und in der Seele nicht mehr die reine unvermiſchte Empfindung einer beſtimmten Stelle des Gegenſtandes erwecken. Vielmehr bringen jetzt alle Punkte der Wand Licht ins Auge, das ſie von unzaͤhlbaren Stellen der Gegenſtaͤnde zugleich erhalten haben, und zeigen dadurch blos Licht oder Erleuchtung, wodurch die Wand ſelbſt ſichtbar wird, aber nicht mehr Bilder der Gegenſtaͤnde zeigt. Man kan ſich eben dieſes auch noch ſo vorſtellen. Taf. XXVII. Fig. 97. wuͤrden drey Oefnungen uͤber einander im Laden KL, wie a, b, c, drey umgekehrte Bilder des Gegenſtandes FG geben. Oefnete man aber das ganze Fenſter KL, daß ſtatt dreyer Punkte a, b, c, nun unzaͤhliche Punkte offen wuͤrden, ſo entſtuͤnden auf der Wand DC, unzaͤhliche Bilder, die uͤberall auf einander laͤgen, mit ihren Grenzen in einander eingriffen, ſich vermiſchten, und ſo uͤberhaupt nichts Beſtimmtes, ſondern nur Licht, zeigten. So werden die Waͤnde durch große Oefnungen blos erleuchtet; durch kleine hingegen entwerfen ſich ſo viel Bilder der aͤußern Gegenſtaͤnde, als Oefnungen ſind, und jedes Bild iſt deſto deutlicher, je kleiner die Oefnung iſt, durch die es entſtehet. Wenn man in das Loch ein erhaben geſchliffenes Glas einſetzt, ſo werden die Bilder weit lebhafter; denn nunmehr vereiniget das Glas alle diejenigen Stralen in einerley Punkte der Wand, die aus einem Punkte des Gegenſtands auf ſeine ganze Flaͤche fallen, ſ. Linſenglaͤſer. Soll hiebey die gehoͤrige Deutlichkeit ſtatt finden, ſo muß die Wand vom Glaſe genau um die Vereinigungsweite abſtehen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0872" xml:id="P.4.862" n="862"/><lb/> </p> <p>Geſetzt aber, es wuͤrde bey <hi rendition="#aq">E</hi> ein ganzes Fenſter geoͤfnet, ſo wird jeder Punkt, wie <hi rendition="#aq">F,</hi> auf die Wand eine Stralenpyramide ſenden, von der das Fenſter einen Durchſchnitt ausmacht. Jeder Punkt wird nun ſein Licht auf der Wand durch die ganze Grundflaͤche dieſer Pyramide verbreiten. Jeder Punkt der Wand wird in unzaͤhlbaren ſolchen Grundflaͤchen zugleich liegen, und Licht von unzaͤhlbaren Punkten des Gegenſtandes zugleich erhalten, und ins Auge ſenden. Unter dieſen Umſtaͤnden kan er dem Auge nicht mehr das Bild eines einzigen Punktes darſtellen, und in der Seele nicht mehr die reine unvermiſchte Empfindung einer beſtimmten Stelle des Gegenſtandes erwecken. 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Geſetzt aber, es wuͤrde bey E ein ganzes Fenſter geoͤfnet, ſo wird jeder Punkt, wie F, auf die Wand eine Stralenpyramide ſenden, von der das Fenſter einen Durchſchnitt ausmacht. Jeder Punkt wird nun ſein Licht auf der Wand durch die ganze Grundflaͤche dieſer Pyramide verbreiten. Jeder Punkt der Wand wird in unzaͤhlbaren ſolchen Grundflaͤchen zugleich liegen, und Licht von unzaͤhlbaren Punkten des Gegenſtandes zugleich erhalten, und ins Auge ſenden. Unter dieſen Umſtaͤnden kan er dem Auge nicht mehr das Bild eines einzigen Punktes darſtellen, und in der Seele nicht mehr die reine unvermiſchte Empfindung einer beſtimmten Stelle des Gegenſtandes erwecken. Vielmehr bringen jetzt alle Punkte der Wand Licht ins Auge, das ſie von unzaͤhlbaren Stellen der Gegenſtaͤnde zugleich erhalten haben, und zeigen dadurch blos Licht oder Erleuchtung, wodurch die Wand ſelbſt ſichtbar wird, aber nicht mehr Bilder der Gegenſtaͤnde zeigt.
Man kan ſich eben dieſes auch noch ſo vorſtellen. Taf. XXVII. Fig. 97. wuͤrden drey Oefnungen uͤber einander im Laden KL, wie a, b, c, drey umgekehrte Bilder des Gegenſtandes FG geben. Oefnete man aber das ganze Fenſter KL, daß ſtatt dreyer Punkte a, b, c, nun unzaͤhliche Punkte offen wuͤrden, ſo entſtuͤnden auf der Wand DC, unzaͤhliche Bilder, die uͤberall auf einander laͤgen, mit ihren Grenzen in einander eingriffen, ſich vermiſchten, und ſo uͤberhaupt nichts Beſtimmtes, ſondern nur Licht, zeigten. So werden die Waͤnde durch große Oefnungen blos erleuchtet; durch kleine hingegen entwerfen ſich ſo viel Bilder der aͤußern Gegenſtaͤnde, als Oefnungen ſind, und jedes Bild iſt deſto deutlicher, je kleiner die Oefnung iſt, durch die es entſtehet.
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