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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Will man eine Kraft in zwo andere zerlegen, deren Richtungen auf einander senkrecht sind, so ist o+u=90°, sin o+u=1 und sin u=cos o; daher für diesen Fall . Jede äußere Kraft verhält sich zur andern, wie der Cosinus des Winkels ihrer Richtung mit der Richtung der mittlern zum Sinus dieses Winkels; zur mittlern, wie eben dieser Cosinus zum Sinustotus.

Die Anwendungen dieser Sätze sind unzählbar, und erstrecken sich über den ganzen Umfang aller mechanischen Wissenschaften. So wird nach Taf. XXI. Fig. 129. die Wirkung der Kraft L auf die Ebene AB, nach der schiefen Richtung PM, so bestimmt, daß man sie in die beyden äußern Kräfte oder Theile NM=L . cos. o und PN=L . sin o zerlegt, wovon jener senkrecht und ganz, dieser gar nicht auf die Fläche selbst wirkt, s. Schiefe Ebene (Th. III. S. 834.). Wenn eine Kraft A mehrern andern B, C, D, entgegenwirkt, so zerlegt man A in eben so viel andere b, c, d, welche in den Richtungen von B, C, D, liegen: wenn alsdann alles im Gleichgewichte seyn soll, so müssen die b, c, d, den B, C, D gleich und entgegengesetzt seyn. Wenn mehrere Kräfte, auf welche Art es immer sey, so zusammen wirken, daß sie zum Theil einander aufheben, so zerlegt man sie in zweyerley Theile so, daß einige derselben sich völlig aufheben, die übrigen mit einander parallel wirken, und sich nach eben der Richtung ohne wechselseitige Störung zu einer Summe verbinden. Dieser Methode hat sich d'Alembert in seiner Dynamik mit vielem Vortheile bedient; auch findet man ein Beyspiel davon beym Worte Perturbationen (Th. III. S. 441. 442.).

Zerreiblich, Friabile, Friable.

So nennt man einen Körper, wenn er sich durch sehr geringe Kraft in ungemein feine Theile zertrennen läßt, z. B. wenn man ihn durch gelindes Reiben zwischen den Fingern in ein feines Pulver verwandeln kan. Es wird hiezu erfordert, daß der Zusammenhang aller Theile, selbst der feinsten, sehr schwach und durchaus gleichförmig sey. Ist diese Gleichförmigkeit


Will man eine Kraft in zwo andere zerlegen, deren Richtungen auf einander ſenkrecht ſind, ſo iſt o+u=90°, ſin o+u=1 und ſin u=coſ o; daher fuͤr dieſen Fall . Jede aͤußere Kraft verhaͤlt ſich zur andern, wie der Coſinus des Winkels ihrer Richtung mit der Richtung der mittlern zum Sinus dieſes Winkels; zur mittlern, wie eben dieſer Coſinus zum Sinustotus.

Die Anwendungen dieſer Saͤtze ſind unzaͤhlbar, und erſtrecken ſich uͤber den ganzen Umfang aller mechaniſchen Wiſſenſchaften. So wird nach Taf. XXI. Fig. 129. die Wirkung der Kraft L auf die Ebene AB, nach der ſchiefen Richtung PM, ſo beſtimmt, daß man ſie in die beyden aͤußern Kraͤfte oder Theile NM=L . coſ. o und PN=L . ſin o zerlegt, wovon jener ſenkrecht und ganz, dieſer gar nicht auf die Flaͤche ſelbſt wirkt, ſ. Schiefe Ebene (Th. III. S. 834.). Wenn eine Kraft A mehrern andern B, C, D, entgegenwirkt, ſo zerlegt man A in eben ſo viel andere b, c, d, welche in den Richtungen von B, C, D, liegen: wenn alsdann alles im Gleichgewichte ſeyn ſoll, ſo muͤſſen die b, c, d, den B, C, D gleich und entgegengeſetzt ſeyn. Wenn mehrere Kraͤfte, auf welche Art es immer ſey, ſo zuſammen wirken, daß ſie zum Theil einander aufheben, ſo zerlegt man ſie in zweyerley Theile ſo, daß einige derſelben ſich voͤllig aufheben, die uͤbrigen mit einander parallel wirken, und ſich nach eben der Richtung ohne wechſelſeitige Stoͤrung zu einer Summe verbinden. Dieſer Methode hat ſich d'Alembert in ſeiner Dynamik mit vielem Vortheile bedient; auch findet man ein Beyſpiel davon beym Worte Perturbationen (Th. III. S. 441. 442.).

Zerreiblich, Friabile, Friable.

So nennt man einen Koͤrper, wenn er ſich durch ſehr geringe Kraft in ungemein feine Theile zertrennen laͤßt, z. B. wenn man ihn durch gelindes Reiben zwiſchen den Fingern in ein feines Pulver verwandeln kan. Es wird hiezu erfordert, daß der Zuſammenhang aller Theile, ſelbſt der feinſten, ſehr ſchwach und durchaus gleichfoͤrmig ſey. Iſt dieſe Gleichfoͤrmigkeit

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[859/0869] Will man eine Kraft in zwo andere zerlegen, deren Richtungen auf einander ſenkrecht ſind, ſo iſt o+u=90°, ſin o+u=1 und ſin u=coſ o; daher fuͤr dieſen Fall . Jede aͤußere Kraft verhaͤlt ſich zur andern, wie der Coſinus des Winkels ihrer Richtung mit der Richtung der mittlern zum Sinus dieſes Winkels; zur mittlern, wie eben dieſer Coſinus zum Sinustotus. Die Anwendungen dieſer Saͤtze ſind unzaͤhlbar, und erſtrecken ſich uͤber den ganzen Umfang aller mechaniſchen Wiſſenſchaften. So wird nach Taf. XXI. Fig. 129. die Wirkung der Kraft L auf die Ebene AB, nach der ſchiefen Richtung PM, ſo beſtimmt, daß man ſie in die beyden aͤußern Kraͤfte oder Theile NM=L . coſ. o und PN=L . ſin o zerlegt, wovon jener ſenkrecht und ganz, dieſer gar nicht auf die Flaͤche ſelbſt wirkt, ſ. Schiefe Ebene (Th. III. S. 834.). Wenn eine Kraft A mehrern andern B, C, D, entgegenwirkt, ſo zerlegt man A in eben ſo viel andere b, c, d, welche in den Richtungen von B, C, D, liegen: wenn alsdann alles im Gleichgewichte ſeyn ſoll, ſo muͤſſen die b, c, d, den B, C, D gleich und entgegengeſetzt ſeyn. Wenn mehrere Kraͤfte, auf welche Art es immer ſey, ſo zuſammen wirken, daß ſie zum Theil einander aufheben, ſo zerlegt man ſie in zweyerley Theile ſo, daß einige derſelben ſich voͤllig aufheben, die uͤbrigen mit einander parallel wirken, und ſich nach eben der Richtung ohne wechſelſeitige Stoͤrung zu einer Summe verbinden. Dieſer Methode hat ſich d'Alembert in ſeiner Dynamik mit vielem Vortheile bedient; auch findet man ein Beyſpiel davon beym Worte Perturbationen (Th. III. S. 441. 442.). Zerreiblich, Friabile, Friable. So nennt man einen Koͤrper, wenn er ſich durch ſehr geringe Kraft in ungemein feine Theile zertrennen laͤßt, z. B. wenn man ihn durch gelindes Reiben zwiſchen den Fingern in ein feines Pulver verwandeln kan. Es wird hiezu erfordert, daß der Zuſammenhang aller Theile, ſelbſt der feinſten, ſehr ſchwach und durchaus gleichfoͤrmig ſey. Iſt dieſe Gleichfoͤrmigkeit

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 859. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/869>, abgerufen am 23.11.2024.