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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Rozier, Mongez et de la Metherie, To. XXXVI. 1790. Mars, p. 197. sqq. Avril. p. 176. sqq.
übers. in Gren Journal d. Physik, 6tes Heft, S. 402. u. f. 7tes Heft, S. 132. u. f.) das System der Auflösung des Wassers in der Luft mit sehr starken Gründen bestritten. Er nennt es eine schwankende Hypothese ohne festen Grund, unnütz zur Erklärung der Erscheinungen, die es doch ganz allein zur Absicht habe, und behauptet, daß es über alle Theile der Physik die größte Dunkelheit verbreite. Auch Herr Pictet (Versuche über das Feuer; a. d. Frz. Tübingen, 1790. 8. Cap. 7.) verwirft das Auflösungssystem. Indessen hat Herr Hube (Ueber die Ausdünstung und ihre Wirkungen in der Atmosphäre. Leipzig, 1790. gr. 8.) dasselbe wiederum scharfsinnig vertheidigt, ohne jedoch damals die allerneusten Einwendungen des Herrn de Lüc zu kennen. Aus diesen Schriften könnte ich eine ziemlich starke und lehrreiche Ergänzung zu dem Artikel Ausdünstung liefern; ich schränke mich aber hier billig darauf ein, die Vorstellung beyzufügen, die sich Herr Hube, dem Auflösungssystem gemäß, von den Wolken macht.

Er betrachtet die Wolken als Sammlungen niedergeschlagner Bläschen, unterscheidet sie aber durch ihre negative Elektricität von den Nebeln, welche meistens eine positive Elektricität zeigen. Er glaubt, die Luft werde durch die Reibung der Wolke positiv elektrisch, und so häufe sich die negative Elektricität in der Wolke, als in einem isolirten Reibzeuge, an. Diese Elektricität nimmt zu, wenn die Bläschen einander näher kommen; wenn aber Nebel und Wolken ihre Elektricität bis auf einen gewissen Grad verlieren, so fließen sie zusammen und regnen. Die eigenthümliche Schwere der Wolken wird theils durch die Ausdehnung von der Sonnenwärme, theils durch die Veränderungen der Auflösungskraft der Luft, theils durch Verlust der Feuchtigkeit mittelst des Regens, Hagels und Schnees, theils auch durch die Elektricität verändert. Diese letztere bringt viele Wolken zum Aufschwellen, und dadurch zum Steigen, die bey Berührung der Berge, welche ihnen die


Rozier, Mongez et de la Metherie, To. XXXVI. 1790. Mars, p. 197. ſqq. Avril. p. 176. ſqq.
uͤberſ. in Gren Journal d. Phyſik, 6tes Heft, S. 402. u. f. 7tes Heft, S. 132. u. f.) das Syſtem der Aufloͤſung des Waſſers in der Luft mit ſehr ſtarken Gruͤnden beſtritten. Er nennt es eine ſchwankende Hypotheſe ohne feſten Grund, unnuͤtz zur Erklaͤrung der Erſcheinungen, die es doch ganz allein zur Abſicht habe, und behauptet, daß es uͤber alle Theile der Phyſik die groͤßte Dunkelheit verbreite. Auch Herr Pictet (Verſuche uͤber das Feuer; a. d. Frz. Tuͤbingen, 1790. 8. Cap. 7.) verwirft das Aufloͤſungsſyſtem. Indeſſen hat Herr Hube (Ueber die Ausduͤnſtung und ihre Wirkungen in der Atmoſphaͤre. Leipzig, 1790. gr. 8.) daſſelbe wiederum ſcharfſinnig vertheidigt, ohne jedoch damals die allerneuſten Einwendungen des Herrn de Luͤc zu kennen. Aus dieſen Schriften koͤnnte ich eine ziemlich ſtarke und lehrreiche Ergaͤnzung zu dem Artikel Ausduͤnſtung liefern; ich ſchraͤnke mich aber hier billig darauf ein, die Vorſtellung beyzufuͤgen, die ſich Herr Hube, dem Aufloͤſungsſyſtem gemaͤß, von den Wolken macht.

Er betrachtet die Wolken als Sammlungen niedergeſchlagner Blaͤschen, unterſcheidet ſie aber durch ihre negative Elektricitaͤt von den Nebeln, welche meiſtens eine poſitive Elektricitaͤt zeigen. Er glaubt, die Luft werde durch die Reibung der Wolke poſitiv elektriſch, und ſo haͤufe ſich die negative Elektricitaͤt in der Wolke, als in einem iſolirten Reibzeuge, an. Dieſe Elektricitaͤt nimmt zu, wenn die Blaͤschen einander naͤher kommen; wenn aber Nebel und Wolken ihre Elektricitaͤt bis auf einen gewiſſen Grad verlieren, ſo fließen ſie zuſammen und regnen. Die eigenthuͤmliche Schwere der Wolken wird theils durch die Ausdehnung von der Sonnenwaͤrme, theils durch die Veraͤnderungen der Aufloͤſungskraft der Luft, theils durch Verluſt der Feuchtigkeit mittelſt des Regens, Hagels und Schnees, theils auch durch die Elektricitaͤt veraͤndert. Dieſe letztere bringt viele Wolken zum Aufſchwellen, und dadurch zum Steigen, die bey Beruͤhrung der Berge, welche ihnen die

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[824/0834] Rozier, Mongez et de la Metherie, To. XXXVI. 1790. Mars, p. 197. ſqq. Avril. p. 176. ſqq. uͤberſ. in Gren Journal d. Phyſik, 6tes Heft, S. 402. u. f. 7tes Heft, S. 132. u. f.) das Syſtem der Aufloͤſung des Waſſers in der Luft mit ſehr ſtarken Gruͤnden beſtritten. Er nennt es eine ſchwankende Hypotheſe ohne feſten Grund, unnuͤtz zur Erklaͤrung der Erſcheinungen, die es doch ganz allein zur Abſicht habe, und behauptet, daß es uͤber alle Theile der Phyſik die groͤßte Dunkelheit verbreite. Auch Herr Pictet (Verſuche uͤber das Feuer; a. d. Frz. Tuͤbingen, 1790. 8. Cap. 7.) verwirft das Aufloͤſungsſyſtem. Indeſſen hat Herr Hube (Ueber die Ausduͤnſtung und ihre Wirkungen in der Atmoſphaͤre. Leipzig, 1790. gr. 8.) daſſelbe wiederum ſcharfſinnig vertheidigt, ohne jedoch damals die allerneuſten Einwendungen des Herrn de Luͤc zu kennen. Aus dieſen Schriften koͤnnte ich eine ziemlich ſtarke und lehrreiche Ergaͤnzung zu dem Artikel Ausduͤnſtung liefern; ich ſchraͤnke mich aber hier billig darauf ein, die Vorſtellung beyzufuͤgen, die ſich Herr Hube, dem Aufloͤſungsſyſtem gemaͤß, von den Wolken macht. Er betrachtet die Wolken als Sammlungen niedergeſchlagner Blaͤschen, unterſcheidet ſie aber durch ihre negative Elektricitaͤt von den Nebeln, welche meiſtens eine poſitive Elektricitaͤt zeigen. Er glaubt, die Luft werde durch die Reibung der Wolke poſitiv elektriſch, und ſo haͤufe ſich die negative Elektricitaͤt in der Wolke, als in einem iſolirten Reibzeuge, an. Dieſe Elektricitaͤt nimmt zu, wenn die Blaͤschen einander naͤher kommen; wenn aber Nebel und Wolken ihre Elektricitaͤt bis auf einen gewiſſen Grad verlieren, ſo fließen ſie zuſammen und regnen. Die eigenthuͤmliche Schwere der Wolken wird theils durch die Ausdehnung von der Sonnenwaͤrme, theils durch die Veraͤnderungen der Aufloͤſungskraft der Luft, theils durch Verluſt der Feuchtigkeit mittelſt des Regens, Hagels und Schnees, theils auch durch die Elektricitaͤt veraͤndert. Dieſe letztere bringt viele Wolken zum Aufſchwellen, und dadurch zum Steigen, die bey Beruͤhrung der Berge, welche ihnen die

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 824. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/834>, abgerufen am 22.11.2024.