Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Dies ist der kurze Inbegrif dessen, was sonst von den Wolken in der Physik gelehrt ward, in so weit es sich auf Beobachtungen gründete. Um die Art ihrer Bildung zu erklären, nahm man die Elektricität zu Hülfe, die ihre Theilchen umringe, in gewissen Abständen von einander erhalte, und dadurch die verschiedene Dichte und specifische Schwere veranlasse, nach welcher die Wolken entweder in höhern oder niedrigern Schichten der Atmosphäre schwebten. Das Herabfallen des Regens erklärte man aus der Verdichtung der Wolken durch den Wind oder durch Entziehung der Elektricität, alles so, wie es der damaligen ganz mechanischen Theorie der Ausdünstung und des Regens gemäß war. Man hat aber seitdem durch vielfältige Erfahrungen entdeckt, daß in allen Nebeln und Wolken die Dünste in blasenförmiger Gestalt vorhanden sind. Hievon ist schon an mehrern Stellen dieses Wörterbuchs, und vorzüglich beym Worte Dünste (Th. I. S. 627. u. f.) das Nöthige beygebracht worden, wohin ich hier der Kürze halber verweise. Mithin sind Wolken und Nebel ähnlich mit dem ebenfalls blasenförmigen Dunste, den die Aeolipile bildet, wenn die aus ihr hervorströmenden unsichtbaren Wasserdämpfe mit kalter Luft in Berührung kommen, oder mit dem Nebel, der im Kalten durch den Hauch entsteht. Nach Herrn de Saussure, welcher die Ausdünstung als eine wahre Auflösung des Wasserdampfs in der Luft betrachtet, bleibt der aufgelöste elastische Dampf, so lang noch kein Niederschlag erfolgt ist, volikommen durchsichtig, wie dies alle vollkommenen chymischen Auflösungen sind. Er behält diese Durchsichtigkeit bis zur Sättigung; sobald aber durch Uebersättigung (sie mag nun durch einen allzustarken Zufluß von Dünsten, oder durch Erkältung, oder
Dies iſt der kurze Inbegrif deſſen, was ſonſt von den Wolken in der Phyſik gelehrt ward, in ſo weit es ſich auf Beobachtungen gruͤndete. Um die Art ihrer Bildung zu erklaͤren, nahm man die Elektricitaͤt zu Huͤlfe, die ihre Theilchen umringe, in gewiſſen Abſtaͤnden von einander erhalte, und dadurch die verſchiedene Dichte und ſpecifiſche Schwere veranlaſſe, nach welcher die Wolken entweder in hoͤhern oder niedrigern Schichten der Atmoſphaͤre ſchwebten. Das Herabfallen des Regens erklaͤrte man aus der Verdichtung der Wolken durch den Wind oder durch Entziehung der Elektricitaͤt, alles ſo, wie es der damaligen ganz mechaniſchen Theorie der Ausduͤnſtung und des Regens gemaͤß war. Man hat aber ſeitdem durch vielfaͤltige Erfahrungen entdeckt, daß in allen Nebeln und Wolken die Duͤnſte in blaſenfoͤrmiger Geſtalt vorhanden ſind. Hievon iſt ſchon an mehrern Stellen dieſes Woͤrterbuchs, und vorzuͤglich beym Worte Duͤnſte (Th. I. S. 627. u. f.) das Noͤthige beygebracht worden, wohin ich hier der Kuͤrze halber verweiſe. Mithin ſind Wolken und Nebel aͤhnlich mit dem ebenfalls blaſenfoͤrmigen Dunſte, den die Aeolipile bildet, wenn die aus ihr hervorſtroͤmenden unſichtbaren Waſſerdaͤmpfe mit kalter Luft in Beruͤhrung kommen, oder mit dem Nebel, der im Kalten durch den Hauch entſteht. Nach Herrn de Sauſſure, welcher die Ausduͤnſtung als eine wahre Aufloͤſung des Waſſerdampfs in der Luft betrachtet, bleibt der aufgeloͤſte elaſtiſche Dampf, ſo lang noch kein Niederſchlag erfolgt iſt, volikommen durchſichtig, wie dies alle vollkommenen chymiſchen Aufloͤſungen ſind. Er behaͤlt dieſe Durchſichtigkeit bis zur Saͤttigung; ſobald aber durch Ueberſaͤttigung (ſie mag nun durch einen allzuſtarken Zufluß von Duͤnſten, oder durch Erkaͤltung, oder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0828" xml:id="P.4.818" n="818"/><lb/> einer Wolke, welche 6000 Fuß lang, eben ſo breit, und 1000 Fuß dick iſt, groͤßer als 325 182 290 Pfund, welches noch immer ſehr anſehnlich bleibt, wenn man gleich mit 10 oder 100 dividirt, d. h. wenn man gleich annimmt, daß die Duͤnſte nur den hundertſten oder tauſendſten Theil des Gewichts der Luft betragen.</p> <p>Dies iſt der kurze Inbegrif deſſen, was ſonſt von den Wolken in der Phyſik gelehrt ward, in ſo weit es ſich auf Beobachtungen gruͤndete. Um die Art ihrer Bildung zu erklaͤren, nahm man die Elektricitaͤt zu Huͤlfe, die ihre Theilchen umringe, in gewiſſen Abſtaͤnden von einander erhalte, und dadurch die verſchiedene Dichte und ſpecifiſche Schwere veranlaſſe, nach welcher die Wolken entweder in hoͤhern oder niedrigern Schichten der Atmoſphaͤre ſchwebten. Das Herabfallen des Regens erklaͤrte man aus der Verdichtung der Wolken durch den Wind oder durch Entziehung der Elektricitaͤt, alles ſo, wie es der damaligen ganz mechaniſchen Theorie der Ausduͤnſtung und des Regens gemaͤß war.</p> <p>Man hat aber ſeitdem durch vielfaͤltige Erfahrungen entdeckt, daß in allen Nebeln und Wolken die Duͤnſte in <hi rendition="#b">blaſenfoͤrmiger Geſtalt</hi> vorhanden ſind. Hievon iſt ſchon an mehrern Stellen dieſes Woͤrterbuchs, und vorzuͤglich beym Worte <hi rendition="#b">Duͤnſte</hi> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 627. u. f.) das Noͤthige beygebracht worden, wohin ich hier der Kuͤrze halber verweiſe. Mithin ſind Wolken und Nebel aͤhnlich mit dem ebenfalls blaſenfoͤrmigen Dunſte, den die Aeolipile bildet, wenn die aus ihr hervorſtroͤmenden unſichtbaren Waſſerdaͤmpfe mit kalter Luft in Beruͤhrung kommen, oder mit dem Nebel, der im Kalten durch den Hauch entſteht.</p> <p>Nach Herrn <hi rendition="#b">de Sauſſure,</hi> welcher die Ausduͤnſtung als eine wahre Aufloͤſung des Waſſerdampfs in der Luft betrachtet, bleibt der aufgeloͤſte elaſtiſche Dampf, ſo lang noch kein Niederſchlag erfolgt iſt, volikommen durchſichtig, wie dies alle vollkommenen chymiſchen Aufloͤſungen ſind. Er behaͤlt dieſe Durchſichtigkeit bis zur Saͤttigung; ſobald aber durch Ueberſaͤttigung (ſie mag nun durch einen allzuſtarken Zufluß von Duͤnſten, oder durch Erkaͤltung, oder<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [818/0828]
einer Wolke, welche 6000 Fuß lang, eben ſo breit, und 1000 Fuß dick iſt, groͤßer als 325 182 290 Pfund, welches noch immer ſehr anſehnlich bleibt, wenn man gleich mit 10 oder 100 dividirt, d. h. wenn man gleich annimmt, daß die Duͤnſte nur den hundertſten oder tauſendſten Theil des Gewichts der Luft betragen.
Dies iſt der kurze Inbegrif deſſen, was ſonſt von den Wolken in der Phyſik gelehrt ward, in ſo weit es ſich auf Beobachtungen gruͤndete. Um die Art ihrer Bildung zu erklaͤren, nahm man die Elektricitaͤt zu Huͤlfe, die ihre Theilchen umringe, in gewiſſen Abſtaͤnden von einander erhalte, und dadurch die verſchiedene Dichte und ſpecifiſche Schwere veranlaſſe, nach welcher die Wolken entweder in hoͤhern oder niedrigern Schichten der Atmoſphaͤre ſchwebten. Das Herabfallen des Regens erklaͤrte man aus der Verdichtung der Wolken durch den Wind oder durch Entziehung der Elektricitaͤt, alles ſo, wie es der damaligen ganz mechaniſchen Theorie der Ausduͤnſtung und des Regens gemaͤß war.
Man hat aber ſeitdem durch vielfaͤltige Erfahrungen entdeckt, daß in allen Nebeln und Wolken die Duͤnſte in blaſenfoͤrmiger Geſtalt vorhanden ſind. Hievon iſt ſchon an mehrern Stellen dieſes Woͤrterbuchs, und vorzuͤglich beym Worte Duͤnſte (Th. I. S. 627. u. f.) das Noͤthige beygebracht worden, wohin ich hier der Kuͤrze halber verweiſe. Mithin ſind Wolken und Nebel aͤhnlich mit dem ebenfalls blaſenfoͤrmigen Dunſte, den die Aeolipile bildet, wenn die aus ihr hervorſtroͤmenden unſichtbaren Waſſerdaͤmpfe mit kalter Luft in Beruͤhrung kommen, oder mit dem Nebel, der im Kalten durch den Hauch entſteht.
Nach Herrn de Sauſſure, welcher die Ausduͤnſtung als eine wahre Aufloͤſung des Waſſerdampfs in der Luft betrachtet, bleibt der aufgeloͤſte elaſtiſche Dampf, ſo lang noch kein Niederſchlag erfolgt iſt, volikommen durchſichtig, wie dies alle vollkommenen chymiſchen Aufloͤſungen ſind. Er behaͤlt dieſe Durchſichtigkeit bis zur Saͤttigung; ſobald aber durch Ueberſaͤttigung (ſie mag nun durch einen allzuſtarken Zufluß von Duͤnſten, oder durch Erkaͤltung, oder
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