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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Kepler aber, ob er gleich keine eigne und besondere Vertheidigung dieses Systems unternahm, hat doch durch seine wichtigen Entdeckungen (s. Keplerische Regeln) an dem Siege desselben bey weitem den größten Antheil. Seine Regeln und alle darauf gebaute Theorien, die man in der Folge so vortreflich und mit dem Himmel übereinstimmend gefunden hat, setzen diese Weltordnung voraus, und können nur in ihr, aber in keiner andern, statt finden. Ja, was noch mehr ist, sie geben selbst dem copernikanischen System erst seine vollkommne Schönheit und Bestimmtheit, indem sie die eccentrischen Kreise desselben in Ellipsen verwandeln, die Sonne in deren gemeinschastlichen Brennpunkt stellen, und die Bewegungen selbst auf höchst einfache und dennoch allgemeine Gesetze bringen. Newton lehrte endlich diese Gesetze als nothwendige Folgen der Centralbewegung und Gravitation kennen; überdies haben neuere Entdeckungen, z. B. die der Umdrehung des Jupiters um die Axe, der verminderten Schwere um den Aequator, der abgeplatteren Gestalt der Erde, der Abirrung des Lichts u. s. w. dieses System so unwidersprechlich bestätiget, daß anjetzt jede ernstliche Bestreitung desselben unfehlbar entweder Zwang, oder Unwissenheit und Thorheit, verrathen würde. Erklärungen der Erscheinungen im copernikanischen System.

Die tägliche Umdrehung des ganzen Himmels um die Pole von Morgen gegen Abend wird aus der bloßen Umdrehung der Erdkugel um ihre Axe von Abend gegen Morgen begreiflich. Es sey Taf. XXVI. Fig. 79. pLql die Erde, pq ihre gegen P gerichtete Axe, Ll der Parallelkreis, den der Ort L durch die tägliche Umwälzung um pq beschreibt; so wird CZ, die Scheitellinie von L durch diese Bewegung die Seitenfläche eines Kegels CZ z beschreiben, und das Zenith des Orts L wird am Himmel den Kreis Zz durchlaufen, dessen Punkte sämmtlich von P gleich weit abstehen. Da nun hiebey die Gestirne unbewegt bleiben, so muß z. B. das Zenith von Leipzig in


Kepler aber, ob er gleich keine eigne und beſondere Vertheidigung dieſes Syſtems unternahm, hat doch durch ſeine wichtigen Entdeckungen (ſ. Kepleriſche Regeln) an dem Siege deſſelben bey weitem den groͤßten Antheil. Seine Regeln und alle darauf gebaute Theorien, die man in der Folge ſo vortreflich und mit dem Himmel uͤbereinſtimmend gefunden hat, ſetzen dieſe Weltordnung voraus, und koͤnnen nur in ihr, aber in keiner andern, ſtatt finden. Ja, was noch mehr iſt, ſie geben ſelbſt dem copernikaniſchen Syſtem erſt ſeine vollkommne Schoͤnheit und Beſtimmtheit, indem ſie die eccentriſchen Kreiſe deſſelben in Ellipſen verwandeln, die Sonne in deren gemeinſchaſtlichen Brennpunkt ſtellen, und die Bewegungen ſelbſt auf hoͤchſt einfache und dennoch allgemeine Geſetze bringen. Newton lehrte endlich dieſe Geſetze als nothwendige Folgen der Centralbewegung und Gravitation kennen; uͤberdies haben neuere Entdeckungen, z. B. die der Umdrehung des Jupiters um die Axe, der verminderten Schwere um den Aequator, der abgeplatteren Geſtalt der Erde, der Abirrung des Lichts u. ſ. w. dieſes Syſtem ſo unwiderſprechlich beſtaͤtiget, daß anjetzt jede ernſtliche Beſtreitung deſſelben unfehlbar entweder Zwang, oder Unwiſſenheit und Thorheit, verrathen wuͤrde. Erklaͤrungen der Erſcheinungen im copernikaniſchen Syſtem.

Die taͤgliche Umdrehung des ganzen Himmels um die Pole von Morgen gegen Abend wird aus der bloßen Umdrehung der Erdkugel um ihre Axe von Abend gegen Morgen begreiflich. Es ſey Taf. XXVI. Fig. 79. pLql die Erde, pq ihre gegen P gerichtete Axe, Ll der Parallelkreis, den der Ort L durch die taͤgliche Umwaͤlzung um pq beſchreibt; ſo wird CZ, die Scheitellinie von L durch dieſe Bewegung die Seitenflaͤche eines Kegels CZ z beſchreiben, und das Zenith des Orts L wird am Himmel den Kreis Zz durchlaufen, deſſen Punkte ſaͤmmtlich von P gleich weit abſtehen. Da nun hiebey die Geſtirne unbewegt bleiben, ſo muß z. B. das Zenith von Leipzig in

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[719/0729] Kepler aber, ob er gleich keine eigne und beſondere Vertheidigung dieſes Syſtems unternahm, hat doch durch ſeine wichtigen Entdeckungen (ſ. Kepleriſche Regeln) an dem Siege deſſelben bey weitem den groͤßten Antheil. Seine Regeln und alle darauf gebaute Theorien, die man in der Folge ſo vortreflich und mit dem Himmel uͤbereinſtimmend gefunden hat, ſetzen dieſe Weltordnung voraus, und koͤnnen nur in ihr, aber in keiner andern, ſtatt finden. Ja, was noch mehr iſt, ſie geben ſelbſt dem copernikaniſchen Syſtem erſt ſeine vollkommne Schoͤnheit und Beſtimmtheit, indem ſie die eccentriſchen Kreiſe deſſelben in Ellipſen verwandeln, die Sonne in deren gemeinſchaſtlichen Brennpunkt ſtellen, und die Bewegungen ſelbſt auf hoͤchſt einfache und dennoch allgemeine Geſetze bringen. Newton lehrte endlich dieſe Geſetze als nothwendige Folgen der Centralbewegung und Gravitation kennen; uͤberdies haben neuere Entdeckungen, z. B. die der Umdrehung des Jupiters um die Axe, der verminderten Schwere um den Aequator, der abgeplatteren Geſtalt der Erde, der Abirrung des Lichts u. ſ. w. dieſes Syſtem ſo unwiderſprechlich beſtaͤtiget, daß anjetzt jede ernſtliche Beſtreitung deſſelben unfehlbar entweder Zwang, oder Unwiſſenheit und Thorheit, verrathen wuͤrde. Erklaͤrungen der Erſcheinungen im copernikaniſchen Syſtem. Die taͤgliche Umdrehung des ganzen Himmels um die Pole von Morgen gegen Abend wird aus der bloßen Umdrehung der Erdkugel um ihre Axe von Abend gegen Morgen begreiflich. Es ſey Taf. XXVI. Fig. 79. pLql die Erde, pq ihre gegen P gerichtete Axe, Ll der Parallelkreis, den der Ort L durch die taͤgliche Umwaͤlzung um pq beſchreibt; ſo wird CZ, die Scheitellinie von L durch dieſe Bewegung die Seitenflaͤche eines Kegels CZ z beſchreiben, und das Zenith des Orts L wird am Himmel den Kreis Zz durchlaufen, deſſen Punkte ſaͤmmtlich von P gleich weit abſtehen. Da nun hiebey die Geſtirne unbewegt bleiben, ſo muß z. B. das Zenith von Leipzig in

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/729>, abgerufen am 26.11.2024.