alsdann eben diese Operation an, so ist am Ende derselben die Kohle verschwunden; man findet auch nicht das ganze übergetriebne Wasser in der Flasche wieder, sondern es fehlen daran 85,7 Gran. Dagegen ist jetzt eine ziemliche Menge Gas entstanden, welches sich im pnevmatischen Apparate gesammelt hat, und aus 100 Gran Luftsäure (gas carbonique) und 13,7 Gran einer sehr leichten brennbaren Luft besteht, mithin gerade so viel wiegt, als das verlohren gegangne Wasser und die Kohlen zusammen (85,7 + 28 =113,7). Lavoisier schließt hieraus, daß die 85,7 Gran Wasser durch diesen Proceß zersetzt worden sind, und also vorher aus 72 Gran dephlogistisirter Luft (oder vielmehr Oxygen, als der Basis derselben) und 13,7 Gran Basis der brennbaren Luft, bestanden haben. Die 28 Gran Kohlen haben sich nach seiner Erklärung mit den 72 Gran Oxygen zu 100 Gran Luftsäure oder Kohlengas verbunden.
Bringt man statt der Kohle in das Glasrohr 274 Gran kleine spiralförmig gewundene Bleche von sehr weichem Eisen, so findet man am Ende der Operation dieses Eisen verkalkt, mit einer Gewichtszunahme von 85 Gran. Das Wasser ist nicht mehr völlig vorhanden, sondern man bemerkt daran einen Abgang von 100 Gran. Im pnevmatisch-chymischen Apparate findet sich jetzt blos ein sehr leichtes brennbares Gas, welches nur 15 Gran wiegt. Hieraus wird nun wiederum der Schluß gezogen, daß die verlohren gegangenen 100 Gran Wasser zersetzt worden sind, zuvor aber aus 85 Gran Oxygen und 15 Gran Basis der brennbaren Luft bestanden haben.
Diesen Schlüssen zufolge wird das Wasser als eine aus zwo Bestandtheilen zusammengesetzte Substanz angesehen. Der erste Bestandtheil ist die Basis der reinen Luft, oder das sogenannte Oxygen, der andere die Basis der brennbaren Gasarten, welcher die Urheber der neuen Nomenclatur den Namen des Hydrogens, oder wassererzeugenden Grundstofs (principe hydrogene) beylegen, so wie sie die brennbare Luft selbst Gas hydrogene nennen. Von diesem Hydrogen nimmt Lavoisier an, daß es für sich allein, bey dem Drucke der Luft und den Temperaturen, worinn
alsdann eben dieſe Operation an, ſo iſt am Ende derſelben die Kohle verſchwunden; man findet auch nicht das ganze uͤbergetriebne Waſſer in der Flaſche wieder, ſondern es fehlen daran 85,7 Gran. Dagegen iſt jetzt eine ziemliche Menge Gas entſtanden, welches ſich im pnevmatiſchen Apparate geſammelt hat, und aus 100 Gran Luftſaͤure (gas carbonique) und 13,7 Gran einer ſehr leichten brennbaren Luft beſteht, mithin gerade ſo viel wiegt, als das verlohren gegangne Waſſer und die Kohlen zuſammen (85,7 + 28 =113,7). Lavoiſier ſchließt hieraus, daß die 85,7 Gran Waſſer durch dieſen Proceß zerſetzt worden ſind, und alſo vorher aus 72 Gran dephlogiſtiſirter Luft (oder vielmehr Oxygen, als der Baſis derſelben) und 13,7 Gran Baſis der brennbaren Luft, beſtanden haben. Die 28 Gran Kohlen haben ſich nach ſeiner Erklaͤrung mit den 72 Gran Oxygen zu 100 Gran Luftſaͤure oder Kohlengas verbunden.
Bringt man ſtatt der Kohle in das Glasrohr 274 Gran kleine ſpiralfoͤrmig gewundene Bleche von ſehr weichem Eiſen, ſo findet man am Ende der Operation dieſes Eiſen verkalkt, mit einer Gewichtszunahme von 85 Gran. Das Waſſer iſt nicht mehr voͤllig vorhanden, ſondern man bemerkt daran einen Abgang von 100 Gran. Im pnevmatiſch-chymiſchen Apparate findet ſich jetzt blos ein ſehr leichtes brennbares Gas, welches nur 15 Gran wiegt. Hieraus wird nun wiederum der Schluß gezogen, daß die verlohren gegangenen 100 Gran Waſſer zerſetzt worden ſind, zuvor aber aus 85 Gran Oxygen und 15 Gran Baſis der brennbaren Luft beſtanden haben.
Dieſen Schluͤſſen zufolge wird das Waſſer als eine aus zwo Beſtandtheilen zuſammengeſetzte Subſtanz angeſehen. Der erſte Beſtandtheil iſt die Baſis der reinen Luft, oder das ſogenannte Oxygen, der andere die Baſis der brennbaren Gasarten, welcher die Urheber der neuen Nomenclatur den Namen des Hydrogens, oder waſſererzeugenden Grundſtofs (principe hydrogène) beylegen, ſo wie ſie die brennbare Luft ſelbſt Gas hydrogène nennen. Von dieſem Hydrogen nimmt Lavoiſier an, daß es fuͤr ſich allein, bey dem Drucke der Luft und den Temperaturen, worinn
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alsdann eben dieſe Operation an, ſo iſt am Ende derſelben die Kohle verſchwunden; man findet auch nicht das ganze uͤbergetriebne Waſſer in der Flaſche wieder, ſondern es fehlen daran 85,7 Gran. Dagegen iſt jetzt eine ziemliche Menge Gas entſtanden, welches ſich im pnevmatiſchen Apparate geſammelt hat, und aus 100 Gran Luftſaͤure (gas carbonique) und 13,7 Gran einer ſehr leichten brennbaren Luft beſteht, mithin gerade ſo viel wiegt, als das verlohren gegangne Waſſer und die Kohlen zuſammen (85,7 + 28 =113,7). Lavoiſier ſchließt hieraus, daß die 85,7 Gran Waſſer durch dieſen Proceß zerſetzt worden ſind, und alſo vorher aus 72 Gran dephlogiſtiſirter Luft (oder vielmehr Oxygen, als der Baſis derſelben) und 13,7 Gran Baſis der brennbaren Luft, beſtanden haben. Die 28 Gran Kohlen haben ſich nach ſeiner Erklaͤrung mit den 72 Gran Oxygen zu 100 Gran Luftſaͤure oder Kohlengas verbunden.
Bringt man ſtatt der Kohle in das Glasrohr 274 Gran kleine ſpiralfoͤrmig gewundene Bleche von ſehr weichem Eiſen, ſo findet man am Ende der Operation dieſes Eiſen verkalkt, mit einer Gewichtszunahme von 85 Gran. Das Waſſer iſt nicht mehr voͤllig vorhanden, ſondern man bemerkt daran einen Abgang von 100 Gran. Im pnevmatiſch-chymiſchen Apparate findet ſich jetzt blos ein ſehr leichtes brennbares Gas, welches nur 15 Gran wiegt. Hieraus wird nun wiederum der Schluß gezogen, daß die verlohren gegangenen 100 Gran Waſſer zerſetzt worden ſind, zuvor aber aus 85 Gran Oxygen und 15 Gran Baſis der brennbaren Luft beſtanden haben.
Dieſen Schluͤſſen zufolge wird das Waſſer als eine aus zwo Beſtandtheilen zuſammengeſetzte Subſtanz angeſehen. Der erſte Beſtandtheil iſt die Baſis der reinen Luft, oder das ſogenannte Oxygen, der andere die Baſis der brennbaren Gasarten, welcher die Urheber der neuen Nomenclatur den Namen des Hydrogens, oder waſſererzeugenden Grundſtofs (principe hydrogène) beylegen, ſo wie ſie die brennbare Luft ſelbſt Gas hydrogène nennen. Von dieſem Hydrogen nimmt Lavoiſier an, daß es fuͤr ſich allein, bey dem Drucke der Luft und den Temperaturen, worinn
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/659>, abgerufen am 22.11.2024.
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