Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Crawford erklärt die große Menge fühlbarer Wärme, welche bey der Verbrennung u. s. w. entsteht, blos durch die verminderte Capacität der reinen Luft. Diese wird durch Verbindung mit dem Phlogiston des brennenden Körpers, nach seinen ehemaligen Angaben, von 87 auf 0,27 d. i. auf ihren 322sten Theil herabgesetzt, welches die fühlbare Wärme 322 mal vergrößert. Hiegegen hat schon Herr de Lüc erinnert, wenn die Wärme ein eigner Ausdehnung bewirkender Stof sey, so müsse man die Capacität der Körper gegen dieselbe vielmehr nach den Räumen, und nicht nach den Massen, vergleichen. Hiebey finde man die Capacität der gemeinen Luft nur (1/43) von der Capacität des Wassers, welches zu wenig sey, um aus den darinn vorgehenden Veränderungen die große Hitze der Flamme zu erklären. Gegen diesen Einwurf ließe sich nun Crawford's Theorie leicht vertheidigen. Denn, wenn sonst die Versuche richtig wären, so behielte die phlogistisirte oder fixe Luft allemal fast 322 mal weniger Capacität, als reine, und fast 69 mal weniger, als gemeine; man möchte die Vergleichung nach den Massen, oder nach den Räumen, anstellen. Mit dem Wasser verglichen, fallen freylich die Zahlen 87 und 0,27 auf (1/43) und 0,00034 herab: aber unter einander selbst bleiben diese neuen Zahlen noch immer in dem vorigen beträchtlichen Verhältnisse. Wenn also gleich de Lücs Einwurf die Vorstellung von der absoluten Wärmemenge in der Flamme sehr herabsetzt, so mindert er doch nicht die Idee von einer großen fühlbaren Wärme oder von einem verhältnißmäßig großen Ueberschusse, der doch nur in dem kleinen Raume statt findet, welchen die Flamme einnimmt, und der mit der Flamme selbst alle Augenblicke vergeht und von neuem entstehet, so wie alle Augenblicke neue reine Luft zu Unterhaltung der Flamme verwendet wird.

Aber nach neuern Versuchen setzt Crawford selbst die Capacitäten der reinen und gemeinen Luft auf 4 3/4 und 1 4/5 herab, und rückt dagegen die der phlogistisirten und fixen auf 4/5 und (1 1/20) herauf, wodurch sich freylich die Verhältnisse sehr merklich ändern. Denn jetzt wird die Capacität der reinen Luft, wenn sie sich in phlogistisirte verwandelt,


Crawford erklaͤrt die große Menge fuͤhlbarer Waͤrme, welche bey der Verbrennung u. ſ. w. entſteht, blos durch die verminderte Capacitaͤt der reinen Luft. Dieſe wird durch Verbindung mit dem Phlogiſton des brennenden Koͤrpers, nach ſeinen ehemaligen Angaben, von 87 auf 0,27 d. i. auf ihren 322ſten Theil herabgeſetzt, welches die fuͤhlbare Waͤrme 322 mal vergroͤßert. Hiegegen hat ſchon Herr de Luͤc erinnert, wenn die Waͤrme ein eigner Ausdehnung bewirkender Stof ſey, ſo muͤſſe man die Capacitaͤt der Koͤrper gegen dieſelbe vielmehr nach den Raͤumen, und nicht nach den Maſſen, vergleichen. Hiebey finde man die Capacitaͤt der gemeinen Luft nur (1/43) von der Capacitaͤt des Waſſers, welches zu wenig ſey, um aus den darinn vorgehenden Veraͤnderungen die große Hitze der Flamme zu erklaͤren. Gegen dieſen Einwurf ließe ſich nun Crawford's Theorie leicht vertheidigen. Denn, wenn ſonſt die Verſuche richtig waͤren, ſo behielte die phlogiſtiſirte oder fixe Luft allemal faſt 322 mal weniger Capacitaͤt, als reine, und faſt 69 mal weniger, als gemeine; man moͤchte die Vergleichung nach den Maſſen, oder nach den Raͤumen, anſtellen. Mit dem Waſſer verglichen, fallen freylich die Zahlen 87 und 0,27 auf (1/43) und 0,00034 herab: aber unter einander ſelbſt bleiben dieſe neuen Zahlen noch immer in dem vorigen betraͤchtlichen Verhaͤltniſſe. Wenn alſo gleich de Luͤcs Einwurf die Vorſtellung von der abſoluten Waͤrmemenge in der Flamme ſehr herabſetzt, ſo mindert er doch nicht die Idee von einer großen fuͤhlbaren Waͤrme oder von einem verhaͤltnißmaͤßig großen Ueberſchuſſe, der doch nur in dem kleinen Raume ſtatt findet, welchen die Flamme einnimmt, und der mit der Flamme ſelbſt alle Augenblicke vergeht und von neuem entſtehet, ſo wie alle Augenblicke neue reine Luft zu Unterhaltung der Flamme verwendet wird.

Aber nach neuern Verſuchen ſetzt Crawford ſelbſt die Capacitaͤten der reinen und gemeinen Luft auf 4 3/4 und 1 4/5 herab, und ruͤckt dagegen die der phlogiſtiſirten und fixen auf 4/5 und (1 1/20) herauf, wodurch ſich freylich die Verhaͤltniſſe ſehr merklich aͤndern. Denn jetzt wird die Capacitaͤt der reinen Luft, wenn ſie ſich in phlogiſtiſirte verwandelt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0590" xml:id="P.4.580" n="580"/><lb/>
            </p>
            <p><hi rendition="#b">Crawford</hi> erkla&#x0364;rt die große Menge fu&#x0364;hlbarer Wa&#x0364;rme, welche bey der Verbrennung u. &#x017F;. w. ent&#x017F;teht, blos durch die verminderte Capacita&#x0364;t der reinen Luft. Die&#x017F;e wird durch Verbindung mit dem Phlogi&#x017F;ton des brennenden Ko&#x0364;rpers, nach &#x017F;einen ehemaligen Angaben, von 87 auf 0,27 d. i. auf ihren 322&#x017F;ten Theil herabge&#x017F;etzt, welches die fu&#x0364;hlbare Wa&#x0364;rme 322 mal vergro&#x0364;ßert. Hiegegen hat &#x017F;chon Herr <hi rendition="#b">de Lu&#x0364;c</hi> erinnert, wenn die Wa&#x0364;rme ein eigner Ausdehnung bewirkender Stof &#x017F;ey, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e man die Capacita&#x0364;t der Ko&#x0364;rper gegen die&#x017F;elbe vielmehr nach den Ra&#x0364;umen, und nicht nach den Ma&#x017F;&#x017F;en, vergleichen. Hiebey finde man die Capacita&#x0364;t der gemeinen Luft nur (1/43) von der Capacita&#x0364;t des Wa&#x017F;&#x017F;ers, welches zu wenig &#x017F;ey, um aus den darinn vorgehenden Vera&#x0364;nderungen die große Hitze der Flamme zu erkla&#x0364;ren. Gegen die&#x017F;en Einwurf ließe &#x017F;ich nun Crawford's Theorie leicht vertheidigen. Denn, wenn &#x017F;on&#x017F;t die Ver&#x017F;uche richtig wa&#x0364;ren, &#x017F;o behielte die phlogi&#x017F;ti&#x017F;irte oder fixe Luft allemal fa&#x017F;t 322 mal weniger Capacita&#x0364;t, als reine, und fa&#x017F;t 69 mal weniger, als gemeine; man mo&#x0364;chte die Vergleichung nach den Ma&#x017F;&#x017F;en, oder nach den Ra&#x0364;umen, an&#x017F;tellen. Mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er verglichen, fallen freylich die Zahlen 87 und 0,27 auf (1/43) und 0,00034 herab: aber unter einander &#x017F;elb&#x017F;t bleiben die&#x017F;e neuen Zahlen noch immer in dem vorigen betra&#x0364;chtlichen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e. Wenn al&#x017F;o gleich <hi rendition="#b">de Lu&#x0364;cs</hi> Einwurf die Vor&#x017F;tellung von der ab&#x017F;oluten Wa&#x0364;rmemenge in der Flamme &#x017F;ehr herab&#x017F;etzt, &#x017F;o mindert er doch nicht die Idee von einer großen fu&#x0364;hlbaren Wa&#x0364;rme oder von einem verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig großen Ueber&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;e, der doch nur in dem kleinen Raume &#x017F;tatt findet, welchen die Flamme einnimmt, und der mit der Flamme &#x017F;elb&#x017F;t alle Augenblicke vergeht und von neuem ent&#x017F;tehet, &#x017F;o wie alle Augenblicke neue reine Luft zu Unterhaltung der Flamme verwendet wird.</p>
            <p>Aber nach neuern Ver&#x017F;uchen &#x017F;etzt <hi rendition="#b">Crawford</hi> &#x017F;elb&#x017F;t die Capacita&#x0364;ten der reinen und gemeinen Luft auf 4 3/4 und 1 4/5 herab, und ru&#x0364;ckt dagegen die der phlogi&#x017F;ti&#x017F;irten und fixen auf 4/5 und (1 1/20) herauf, wodurch &#x017F;ich freylich die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ehr merklich a&#x0364;ndern. Denn jetzt wird die Capacita&#x0364;t der reinen Luft, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich in phlogi&#x017F;ti&#x017F;irte verwandelt,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[580/0590] Crawford erklaͤrt die große Menge fuͤhlbarer Waͤrme, welche bey der Verbrennung u. ſ. w. entſteht, blos durch die verminderte Capacitaͤt der reinen Luft. Dieſe wird durch Verbindung mit dem Phlogiſton des brennenden Koͤrpers, nach ſeinen ehemaligen Angaben, von 87 auf 0,27 d. i. auf ihren 322ſten Theil herabgeſetzt, welches die fuͤhlbare Waͤrme 322 mal vergroͤßert. Hiegegen hat ſchon Herr de Luͤc erinnert, wenn die Waͤrme ein eigner Ausdehnung bewirkender Stof ſey, ſo muͤſſe man die Capacitaͤt der Koͤrper gegen dieſelbe vielmehr nach den Raͤumen, und nicht nach den Maſſen, vergleichen. Hiebey finde man die Capacitaͤt der gemeinen Luft nur (1/43) von der Capacitaͤt des Waſſers, welches zu wenig ſey, um aus den darinn vorgehenden Veraͤnderungen die große Hitze der Flamme zu erklaͤren. Gegen dieſen Einwurf ließe ſich nun Crawford's Theorie leicht vertheidigen. Denn, wenn ſonſt die Verſuche richtig waͤren, ſo behielte die phlogiſtiſirte oder fixe Luft allemal faſt 322 mal weniger Capacitaͤt, als reine, und faſt 69 mal weniger, als gemeine; man moͤchte die Vergleichung nach den Maſſen, oder nach den Raͤumen, anſtellen. Mit dem Waſſer verglichen, fallen freylich die Zahlen 87 und 0,27 auf (1/43) und 0,00034 herab: aber unter einander ſelbſt bleiben dieſe neuen Zahlen noch immer in dem vorigen betraͤchtlichen Verhaͤltniſſe. Wenn alſo gleich de Luͤcs Einwurf die Vorſtellung von der abſoluten Waͤrmemenge in der Flamme ſehr herabſetzt, ſo mindert er doch nicht die Idee von einer großen fuͤhlbaren Waͤrme oder von einem verhaͤltnißmaͤßig großen Ueberſchuſſe, der doch nur in dem kleinen Raume ſtatt findet, welchen die Flamme einnimmt, und der mit der Flamme ſelbſt alle Augenblicke vergeht und von neuem entſtehet, ſo wie alle Augenblicke neue reine Luft zu Unterhaltung der Flamme verwendet wird. Aber nach neuern Verſuchen ſetzt Crawford ſelbſt die Capacitaͤten der reinen und gemeinen Luft auf 4 3/4 und 1 4/5 herab, und ruͤckt dagegen die der phlogiſtiſirten und fixen auf 4/5 und (1 1/20) herauf, wodurch ſich freylich die Verhaͤltniſſe ſehr merklich aͤndern. Denn jetzt wird die Capacitaͤt der reinen Luft, wenn ſie ſich in phlogiſtiſirte verwandelt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/590
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/590>, abgerufen am 22.11.2024.