Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Wilke fand durch seine Versuche die specifische Wärme eines jeden Stofs für alle Temperaturen zwischen Eisund Siedpunkt ziemlich gleich groß, und schloß also, daß man sie innerhalb dieser Grenzen als beständig ansehen könne. Ohne besondere Versuche hierüber dürfte man dies nicht annehmen. Denn, wenn sich gleich die Wärmemengen, welche nöthig sind, ein Pfund Wasser und ein Pfund Quecksilber von Null bis auf 5 Grad zu erheben, wie 21 zu 1 verhalten; so können doch diejenigen, welche man anwenden muß, um die nemlichen Stoffe von 80 bis 85 Grad zu erheben, vielleicht in einem größern oder geringern Verhältnisse stehen. Die Versuche zeigen aber in den angegebnen Grenzen keinen merklichen Unterschied. Dürfte man voraussetzen, daß eben diese Beständigkeit bis zu dem Grade fortdauerte, bey welchem die Körper ihrer ganzen Wärme völlig beraubt, oder absolut kalt seyn würden; so ließen sich diese Verhältnisse der specifischen Wärmen als Verhältnisse der ganzen in den Körpern enthaltenen Wärmemengen betrachten. Aber man sieht leicht, daß uns unsere in so enge Grenzen eingeschlossene Versuche zu einer solchen Voraussetzung nicht berechtigen können. Inzwischen hatten D. Black in Edinburgh und Irwine in Glasgow eben diesen Gegenstand schon früher bearbeitet, obgleich die Resultate ihrer Versuche erst nach Wilkens im Jahre 1772 gemachten Entdeckungen, hauptsächlich durch Crawford's darauf gebaute Theorie (Exp. and observ. on animal Heat and the inflammation of combustible bodies. London, 1779. 8 maj.) bekannt geworden sind. Die Methode dieser Gelehrten ist im Grunde mit der Wilkischen einerley, jedoch abgetürzter und auf eine eigne Betrachtung gegründet. Nennt man nemlich die Massen zweener Körper a und b, ihre Temperaturen m und n, die Mengen Wärmestof, die man jedem dieser Körper zusetzen muß, um seine Temperatur um 1 Grad zu erhöhen, a und b, und die Temperatur ihrer Mischung m; so wird der wärmere Körper, der um m--m Grade erkältet wird, und für jeden Grad a verliert, in seiner ganzen Masse a zusammen a a (m -- m) verlieren; hingegen wird der kältere, Wilke fand durch ſeine Verſuche die ſpecifiſche Waͤrme eines jeden Stofs fuͤr alle Temperaturen zwiſchen Eisund Siedpunkt ziemlich gleich groß, und ſchloß alſo, daß man ſie innerhalb dieſer Grenzen als beſtaͤndig anſehen koͤnne. Ohne beſondere Verſuche hieruͤber duͤrfte man dies nicht annehmen. Denn, wenn ſich gleich die Waͤrmemengen, welche noͤthig ſind, ein Pfund Waſſer und ein Pfund Queckſilber von Null bis auf 5 Grad zu erheben, wie 21 zu 1 verhalten; ſo koͤnnen doch diejenigen, welche man anwenden muß, um die nemlichen Stoffe von 80 bis 85 Grad zu erheben, vielleicht in einem groͤßern oder geringern Verhaͤltniſſe ſtehen. Die Verſuche zeigen aber in den angegebnen Grenzen keinen merklichen Unterſchied. Duͤrfte man vorausſetzen, daß eben dieſe Beſtaͤndigkeit bis zu dem Grade fortdauerte, bey welchem die Koͤrper ihrer ganzen Waͤrme voͤllig beraubt, oder abſolut kalt ſeyn wuͤrden; ſo ließen ſich dieſe Verhaͤltniſſe der ſpecifiſchen Waͤrmen als Verhaͤltniſſe der ganzen in den Koͤrpern enthaltenen Waͤrmemengen betrachten. Aber man ſieht leicht, daß uns unſere in ſo enge Grenzen eingeſchloſſene Verſuche zu einer ſolchen Vorausſetzung nicht berechtigen koͤnnen. Inzwiſchen hatten D. Black in Edinburgh und Irwine in Glasgow eben dieſen Gegenſtand ſchon fruͤher bearbeitet, obgleich die Reſultate ihrer Verſuche erſt nach Wilkens im Jahre 1772 gemachten Entdeckungen, hauptſaͤchlich durch Crawford's darauf gebaute Theorie (Exp. and obſerv. on animal Heat and the inflammation of combuſtible bodies. London, 1779. 8 maj.) bekannt geworden ſind. Die Methode dieſer Gelehrten iſt im Grunde mit der Wilkiſchen einerley, jedoch abgetuͤrzter und auf eine eigne Betrachtung gegruͤndet. Nennt man nemlich die Maſſen zweener Koͤrper a und b, ihre Temperaturen m und n, die Mengen Waͤrmeſtof, die man jedem dieſer Koͤrper zuſetzen muß, um ſeine Temperatur um 1 Grad zu erhoͤhen, α und β, und die Temperatur ihrer Miſchung μ; ſo wird der waͤrmere Koͤrper, der um m—μ Grade erkaͤltet wird, und fuͤr jeden Grad α verliert, in ſeiner ganzen Maſſe a zuſammen a α (m — μ) verlieren; hingegen wird der kaͤltere, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0582" xml:id="P.4.572" n="572"/><lb/> </p> </div> <div n="3"> <head>Wilke</head><lb/> <p>fand durch ſeine Verſuche die ſpecifiſche Waͤrme eines jeden Stofs fuͤr alle Temperaturen zwiſchen Eisund Siedpunkt ziemlich gleich groß, und ſchloß alſo, daß man ſie innerhalb dieſer Grenzen als beſtaͤndig anſehen koͤnne. Ohne beſondere Verſuche hieruͤber duͤrfte man dies nicht annehmen. Denn, wenn ſich gleich die Waͤrmemengen, welche noͤthig ſind, ein Pfund Waſſer und ein Pfund Queckſilber von Null bis auf 5 Grad zu erheben, wie 21 zu 1 verhalten; ſo koͤnnen doch diejenigen, welche man anwenden muß, um die nemlichen Stoffe von 80 bis 85 Grad zu erheben, vielleicht in einem groͤßern oder geringern Verhaͤltniſſe ſtehen. Die Verſuche zeigen aber in den angegebnen Grenzen keinen merklichen Unterſchied. Duͤrfte man vorausſetzen, daß eben dieſe Beſtaͤndigkeit bis zu dem Grade fortdauerte, bey welchem die Koͤrper ihrer ganzen Waͤrme voͤllig beraubt, oder abſolut kalt ſeyn wuͤrden; ſo ließen ſich dieſe Verhaͤltniſſe der ſpecifiſchen Waͤrmen als Verhaͤltniſſe der ganzen in den Koͤrpern enthaltenen Waͤrmemengen betrachten. Aber man ſieht leicht, daß uns unſere in ſo enge Grenzen eingeſchloſſene Verſuche zu einer ſolchen Vorausſetzung nicht berechtigen koͤnnen.</p> <p>Inzwiſchen hatten <hi rendition="#b">D. 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Wilke
fand durch ſeine Verſuche die ſpecifiſche Waͤrme eines jeden Stofs fuͤr alle Temperaturen zwiſchen Eisund Siedpunkt ziemlich gleich groß, und ſchloß alſo, daß man ſie innerhalb dieſer Grenzen als beſtaͤndig anſehen koͤnne. Ohne beſondere Verſuche hieruͤber duͤrfte man dies nicht annehmen. Denn, wenn ſich gleich die Waͤrmemengen, welche noͤthig ſind, ein Pfund Waſſer und ein Pfund Queckſilber von Null bis auf 5 Grad zu erheben, wie 21 zu 1 verhalten; ſo koͤnnen doch diejenigen, welche man anwenden muß, um die nemlichen Stoffe von 80 bis 85 Grad zu erheben, vielleicht in einem groͤßern oder geringern Verhaͤltniſſe ſtehen. Die Verſuche zeigen aber in den angegebnen Grenzen keinen merklichen Unterſchied. Duͤrfte man vorausſetzen, daß eben dieſe Beſtaͤndigkeit bis zu dem Grade fortdauerte, bey welchem die Koͤrper ihrer ganzen Waͤrme voͤllig beraubt, oder abſolut kalt ſeyn wuͤrden; ſo ließen ſich dieſe Verhaͤltniſſe der ſpecifiſchen Waͤrmen als Verhaͤltniſſe der ganzen in den Koͤrpern enthaltenen Waͤrmemengen betrachten. Aber man ſieht leicht, daß uns unſere in ſo enge Grenzen eingeſchloſſene Verſuche zu einer ſolchen Vorausſetzung nicht berechtigen koͤnnen.
Inzwiſchen hatten D. Black in Edinburgh und Irwine in Glasgow eben dieſen Gegenſtand ſchon fruͤher bearbeitet, obgleich die Reſultate ihrer Verſuche erſt nach Wilkens im Jahre 1772 gemachten Entdeckungen, hauptſaͤchlich durch Crawford's darauf gebaute Theorie (Exp. and obſerv. on animal Heat and the inflammation of combuſtible bodies. London, 1779. 8 maj.) bekannt geworden ſind. Die Methode dieſer Gelehrten iſt im Grunde mit der Wilkiſchen einerley, jedoch abgetuͤrzter und auf eine eigne Betrachtung gegruͤndet. Nennt man nemlich die Maſſen zweener Koͤrper a und b, ihre Temperaturen m und n, die Mengen Waͤrmeſtof, die man jedem dieſer Koͤrper zuſetzen muß, um ſeine Temperatur um 1 Grad zu erhoͤhen, α und β, und die Temperatur ihrer Miſchung μ; ſo wird der waͤrmere Koͤrper, der um m—μ Grade erkaͤltet wird, und fuͤr jeden Grad α verliert, in ſeiner ganzen Maſſe a zuſammen a α (m — μ) verlieren; hingegen wird der kaͤltere,
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