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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Vornehmlich aber hängt der Grad der Siedhitze von dem Drucke ab, den eine kochende Materie, oder eine kochende Schicht derselben, zu tragen hat. Denn da sich die Dämpfe nur durch ihre Elasticität ausdehnen und aufsteigen, so muß durch stärkern Druck von außen her die Verdampfung erschwert, bey geringerm Drucke hingegen erleichtert werden. Wasser, das an der freyen Luft zu sieden aufhörte, fängt unter der Glocke der Luftpumpe, wenn man die Luft herauszieht, von neuem an aufzuwallen, und siedet also bey einer geringern Wärme, wenn es weniger gedrückt wird. Herr de Saussüre (Essais sur l'hygrometrie. Ess. III. ch. 1. §. 186.) beschreibt einen Versuch von Franklin mit einer Glasröhre, an deren Enden sich luftleere halb mit Wasser oder Weingeist gefüllte Kugeln befinden. In diesen luftleeren Kugeln ist schon die bloße Wärme der Hand hinreichend, das Wasser zum Kochen zu bringen. Eben dies sieht man in den sogenannten Pulshammern oder Wasserhammern, welches luftleere hermetisch verschlossene Glasröhren mit etwas Wasser oder Weingeist sind. Im Gegentheile zeigt die Papinische Maschine, welchen ungemeinen Grad der Hitze das Wasser annehmen könne, wenn sein Aufwallen und Verdampfen durch eine äußere Gewalt unterdrückt wird, s. Papinische Maschine.

Daß Wasser und Weingeist in luftleeren Gefaßen bey sehr geringer Wärme kochen, wird zum Erstenmale von Huygens (Pnevmatical experiments by Mr. Papin, directed by M. Hugens, in Philos. Trans. num. 122. p. 544.) erwähnt. Der Versuch scheint um das Jahr 1673 von Papin angestellt zu seyn (Nouvelles experiences du vuide. Paris 1674. 4.). Das Wasser kochte an einer Lichtflamme eine Viertelstunde lang, ohne daß das Glas mehr als lau ward. Nicht lange hernach erfand Papin auch seinen Digestor. Man kannte also den Einfluß des Drucks auf die Siedhitze des Wassers schon am Ende des vorigen Jahrhunderts; dennoch setzt Newton, in seinem am Leinölthermometer bestimmten Verzeichnisse der Grade der Hitze, den Siedpunkt des Wassers schlechthin auf den 73sten Grad, ohne dieser Verschiedenheit zu gedenken.


Vornehmlich aber haͤngt der Grad der Siedhitze von dem Drucke ab, den eine kochende Materie, oder eine kochende Schicht derſelben, zu tragen hat. Denn da ſich die Daͤmpfe nur durch ihre Elaſticitaͤt ausdehnen und aufſteigen, ſo muß durch ſtaͤrkern Druck von außen her die Verdampfung erſchwert, bey geringerm Drucke hingegen erleichtert werden. Waſſer, das an der freyen Luft zu ſieden aufhoͤrte, faͤngt unter der Glocke der Luftpumpe, wenn man die Luft herauszieht, von neuem an aufzuwallen, und ſiedet alſo bey einer geringern Waͤrme, wenn es weniger gedruͤckt wird. Herr de Sauſſuͤre (Eſſais ſur l'hygrometrie. Eſſ. III. ch. 1. §. 186.) beſchreibt einen Verſuch von Franklin mit einer Glasroͤhre, an deren Enden ſich luftleere halb mit Waſſer oder Weingeiſt gefuͤllte Kugeln befinden. In dieſen luftleeren Kugeln iſt ſchon die bloße Waͤrme der Hand hinreichend, das Waſſer zum Kochen zu bringen. Eben dies ſieht man in den ſogenannten Pulshammern oder Waſſerhammern, welches luftleere hermetiſch verſchloſſene Glasroͤhren mit etwas Waſſer oder Weingeiſt ſind. Im Gegentheile zeigt die Papiniſche Maſchine, welchen ungemeinen Grad der Hitze das Waſſer annehmen koͤnne, wenn ſein Aufwallen und Verdampfen durch eine aͤußere Gewalt unterdruͤckt wird, ſ. Papiniſche Maſchine.

Daß Waſſer und Weingeiſt in luftleeren Gefaßen bey ſehr geringer Waͤrme kochen, wird zum Erſtenmale von Huygens (Pnevmatical experiments by Mr. Papin, directed by M. Hugens, in Philoſ. Trans. num. 122. p. 544.) erwaͤhnt. Der Verſuch ſcheint um das Jahr 1673 von Papin angeſtellt zu ſeyn (Nouvelles experiences du vuide. Paris 1674. 4.). Das Waſſer kochte an einer Lichtflamme eine Viertelſtunde lang, ohne daß das Glas mehr als lau ward. Nicht lange hernach erfand Papin auch ſeinen Digeſtor. Man kannte alſo den Einfluß des Drucks auf die Siedhitze des Waſſers ſchon am Ende des vorigen Jahrhunderts; dennoch ſetzt Newton, in ſeinem am Leinoͤlthermometer beſtimmten Verzeichniſſe der Grade der Hitze, den Siedpunkt des Waſſers ſchlechthin auf den 73ſten Grad, ohne dieſer Verſchiedenheit zu gedenken.

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[48/0058] Vornehmlich aber haͤngt der Grad der Siedhitze von dem Drucke ab, den eine kochende Materie, oder eine kochende Schicht derſelben, zu tragen hat. Denn da ſich die Daͤmpfe nur durch ihre Elaſticitaͤt ausdehnen und aufſteigen, ſo muß durch ſtaͤrkern Druck von außen her die Verdampfung erſchwert, bey geringerm Drucke hingegen erleichtert werden. Waſſer, das an der freyen Luft zu ſieden aufhoͤrte, faͤngt unter der Glocke der Luftpumpe, wenn man die Luft herauszieht, von neuem an aufzuwallen, und ſiedet alſo bey einer geringern Waͤrme, wenn es weniger gedruͤckt wird. Herr de Sauſſuͤre (Eſſais ſur l'hygrometrie. Eſſ. III. ch. 1. §. 186.) beſchreibt einen Verſuch von Franklin mit einer Glasroͤhre, an deren Enden ſich luftleere halb mit Waſſer oder Weingeiſt gefuͤllte Kugeln befinden. In dieſen luftleeren Kugeln iſt ſchon die bloße Waͤrme der Hand hinreichend, das Waſſer zum Kochen zu bringen. Eben dies ſieht man in den ſogenannten Pulshammern oder Waſſerhammern, welches luftleere hermetiſch verſchloſſene Glasroͤhren mit etwas Waſſer oder Weingeiſt ſind. Im Gegentheile zeigt die Papiniſche Maſchine, welchen ungemeinen Grad der Hitze das Waſſer annehmen koͤnne, wenn ſein Aufwallen und Verdampfen durch eine aͤußere Gewalt unterdruͤckt wird, ſ. Papiniſche Maſchine. Daß Waſſer und Weingeiſt in luftleeren Gefaßen bey ſehr geringer Waͤrme kochen, wird zum Erſtenmale von Huygens (Pnevmatical experiments by Mr. Papin, directed by M. Hugens, in Philoſ. Trans. num. 122. p. 544.) erwaͤhnt. Der Verſuch ſcheint um das Jahr 1673 von Papin angeſtellt zu ſeyn (Nouvelles experiences du vuide. Paris 1674. 4.). Das Waſſer kochte an einer Lichtflamme eine Viertelſtunde lang, ohne daß das Glas mehr als lau ward. Nicht lange hernach erfand Papin auch ſeinen Digeſtor. Man kannte alſo den Einfluß des Drucks auf die Siedhitze des Waſſers ſchon am Ende des vorigen Jahrhunderts; dennoch ſetzt Newton, in ſeinem am Leinoͤlthermometer beſtimmten Verzeichniſſe der Grade der Hitze, den Siedpunkt des Waſſers ſchlechthin auf den 73ſten Grad, ohne dieſer Verſchiedenheit zu gedenken.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/58>, abgerufen am 22.11.2024.