Dieser zum Flüßigwerden verwendete Wärmestof wird nun umgekehrt wieder frey, wenn flüßige Stoffe gefrieren oder erhärten. Dies ist die Ursache, warum das gefrierende Wasser immer die Temperatur Null (oder 32 fahrenh.) behält, wenn gleich die Luft weit kälter ist. Es verliert zwar Wärme durch Mittheilung an die kältere Luft; aber in dem Maaße, in welchem es durch diesen Verlust gefrieret, entbindet sich eben so viel Wärme aus dem festwerdenden Wasser, wodurch jener Verlust gerade ersetzt wird. Daher rührt also das Unveränderliche des Eispunkts. Man kan Wasser, wenn es ruhig steht, bis unter den Eispunkt erkälten; wenn man es aber schüttelt, so gefriert es plötzlich, und treibt nun das Thermometer sogleich auf den Eispunkt, s. Eis (Th. I. S. 677. 678.). D. Black bestätigte diese Entbindung der Wärme beym Gefrieren noch durch folgenden Versuch. Ein Pfund Wasser von 32 Grad und ein Pfund Schnee von 4 Grad Temperatur (nach Fahr.) sollten der Regel nach eine Mischung von 18 Grad geben, die also ganz gefroren wäre. Aber es gefriert nur 1/5 des Wassers, und die ganze Mischung kömmt auf 32. Nemlich aus dem gefrierenden 1/5 Pfund Wasser werden 140 Grad Wärme frey, welche die Temperatur von 1 Pfund Schnee um (140/5)= 28 Grad erhöhen, also von 4 auf 32 bringen.
Diesem Satze gemäß entbindet sich Wärme, wenn sich Salze aus ihren Solutionen krystallisiren. Eine gesättigte Auflösung des Glaubersalzes erkaltet ruhig, schießt aber plötzlich an, wenn man das Gefäß schüttelt, und in diesem Augenblicke steigt auch darinn das Thermometer. Diese Wärme macht, daß krystallisationsfähige Salzsolutionen später erkalten. Zerfallne Salze, die ihres Krystallenwassers beraubt sind, ziehen das Wasser begierig an, machen es fest, und entbinden dadurch die auf seine Flüßigkeit verwendete Wärme. Daher erhitzen sich dergleichen Salze mit Wasser, z. B. zerfallnes Glaubersalz, zerfallnes Mineralalkali, gebrannter Gyps, Alaun und Kalk. Auf gleiche Art sind die Erhitzungen der Bittersalzerde, des Kochsalzes, Salpeters, der Laugensalze mit Vitriolöl, der ätzenden fixen Laugensalze mit Wasser, der Oele mit den Säuren u. s. w. zu erklären.
Dieſer zum Fluͤßigwerden verwendete Waͤrmeſtof wird nun umgekehrt wieder frey, wenn fluͤßige Stoffe gefrieren oder erhaͤrten. Dies iſt die Urſache, warum das gefrierende Waſſer immer die Temperatur Null (oder 32 fahrenh.) behaͤlt, wenn gleich die Luft weit kaͤlter iſt. Es verliert zwar Waͤrme durch Mittheilung an die kaͤltere Luft; aber in dem Maaße, in welchem es durch dieſen Verluſt gefrieret, entbindet ſich eben ſo viel Waͤrme aus dem feſtwerdenden Waſſer, wodurch jener Verluſt gerade erſetzt wird. Daher ruͤhrt alſo das Unveraͤnderliche des Eispunkts. Man kan Waſſer, wenn es ruhig ſteht, bis unter den Eispunkt erkaͤlten; wenn man es aber ſchuͤttelt, ſo gefriert es ploͤtzlich, und treibt nun das Thermometer ſogleich auf den Eispunkt, ſ. Eis (Th. I. S. 677. 678.). D. Black beſtaͤtigte dieſe Entbindung der Waͤrme beym Gefrieren noch durch folgenden Verſuch. Ein Pfund Waſſer von 32 Grad und ein Pfund Schnee von 4 Grad Temperatur (nach Fahr.) ſollten der Regel nach eine Miſchung von 18 Grad geben, die alſo ganz gefroren waͤre. Aber es gefriert nur 1/5 des Waſſers, und die ganze Miſchung koͤmmt auf 32. Nemlich aus dem gefrierenden 1/5 Pfund Waſſer werden 140 Grad Waͤrme frey, welche die Temperatur von 1 Pfund Schnee um (140/5)= 28 Grad erhoͤhen, alſo von 4 auf 32 bringen.
Dieſem Satze gemaͤß entbindet ſich Waͤrme, wenn ſich Salze aus ihren Solutionen kryſtalliſiren. Eine geſaͤttigte Aufloͤſung des Glauberſalzes erkaltet ruhig, ſchießt aber ploͤtzlich an, wenn man das Gefaͤß ſchuͤttelt, und in dieſem Augenblicke ſteigt auch darinn das Thermometer. Dieſe Waͤrme macht, daß kryſtalliſationsfaͤhige Salzſolutionen ſpaͤter erkalten. Zerfallne Salze, die ihres Kryſtallenwaſſers beraubt ſind, ziehen das Waſſer begierig an, machen es feſt, und entbinden dadurch die auf ſeine Fluͤßigkeit verwendete Waͤrme. Daher erhitzen ſich dergleichen Salze mit Waſſer, z. B. zerfallnes Glauberſalz, zerfallnes Mineralalkali, gebrannter Gyps, Alaun und Kalk. Auf gleiche Art ſind die Erhitzungen der Bitterſalzerde, des Kochſalzes, Salpeters, der Laugenſalze mit Vitrioloͤl, der aͤtzenden fixen Laugenſalze mit Waſſer, der Oele mit den Saͤuren u. ſ. w. zu erklaͤren.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0571"xml:id="P.4.561"n="561"/><lb/></p><p>Dieſer zum Fluͤßigwerden verwendete Waͤrmeſtof wird nun umgekehrt wieder <hirendition="#b">frey,</hi> wenn fluͤßige Stoffe gefrieren oder erhaͤrten. Dies iſt die Urſache, warum das gefrierende Waſſer immer die Temperatur Null (oder 32 fahrenh.) behaͤlt, wenn gleich die Luft weit kaͤlter iſt. Es verliert zwar Waͤrme durch Mittheilung an die kaͤltere Luft; aber in dem Maaße, in welchem es durch dieſen Verluſt gefrieret, entbindet ſich eben ſo viel Waͤrme aus dem feſtwerdenden Waſſer, wodurch jener Verluſt gerade erſetzt wird. Daher ruͤhrt alſo das Unveraͤnderliche des Eispunkts. Man kan Waſſer, wenn es ruhig ſteht, bis unter den Eispunkt erkaͤlten; wenn man es aber ſchuͤttelt, ſo gefriert es ploͤtzlich, und treibt nun das Thermometer ſogleich auf den Eispunkt, <hirendition="#b">ſ. Eis</hi> (Th. <hirendition="#aq">I.</hi> S. 677. 678.). D. <hirendition="#b">Black</hi> beſtaͤtigte dieſe Entbindung der Waͤrme beym Gefrieren noch durch folgenden Verſuch. Ein Pfund Waſſer von 32 Grad und ein Pfund Schnee von 4 Grad Temperatur (nach Fahr.) ſollten der Regel nach eine Miſchung von 18 Grad geben, die alſo ganz gefroren waͤre. Aber es gefriert nur 1/5 des Waſſers, und die ganze Miſchung koͤmmt auf 32. Nemlich aus dem gefrierenden 1/5 Pfund Waſſer werden 140 Grad Waͤrme frey, welche die Temperatur von 1 Pfund Schnee um (140/5)= 28 Grad erhoͤhen, alſo von 4 auf 32 bringen.</p><p>Dieſem Satze gemaͤß entbindet ſich Waͤrme, wenn ſich Salze aus ihren Solutionen kryſtalliſiren. Eine geſaͤttigte Aufloͤſung des Glauberſalzes erkaltet ruhig, ſchießt aber ploͤtzlich an, wenn man das Gefaͤß ſchuͤttelt, und in dieſem Augenblicke ſteigt auch darinn das Thermometer. Dieſe Waͤrme macht, daß kryſtalliſationsfaͤhige Salzſolutionen ſpaͤter erkalten. Zerfallne Salze, die ihres Kryſtallenwaſſers beraubt ſind, ziehen das Waſſer begierig an, machen es feſt, und entbinden dadurch die auf ſeine Fluͤßigkeit verwendete Waͤrme. Daher erhitzen ſich dergleichen Salze mit Waſſer, z. B. zerfallnes Glauberſalz, zerfallnes Mineralalkali, gebrannter Gyps, Alaun und Kalk. Auf gleiche Art ſind die Erhitzungen der Bitterſalzerde, des Kochſalzes, Salpeters, der Laugenſalze mit Vitrioloͤl, der aͤtzenden fixen Laugenſalze mit Waſſer, der Oele mit den Saͤuren u. ſ. w. zu erklaͤren.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[561/0571]
Dieſer zum Fluͤßigwerden verwendete Waͤrmeſtof wird nun umgekehrt wieder frey, wenn fluͤßige Stoffe gefrieren oder erhaͤrten. Dies iſt die Urſache, warum das gefrierende Waſſer immer die Temperatur Null (oder 32 fahrenh.) behaͤlt, wenn gleich die Luft weit kaͤlter iſt. Es verliert zwar Waͤrme durch Mittheilung an die kaͤltere Luft; aber in dem Maaße, in welchem es durch dieſen Verluſt gefrieret, entbindet ſich eben ſo viel Waͤrme aus dem feſtwerdenden Waſſer, wodurch jener Verluſt gerade erſetzt wird. Daher ruͤhrt alſo das Unveraͤnderliche des Eispunkts. Man kan Waſſer, wenn es ruhig ſteht, bis unter den Eispunkt erkaͤlten; wenn man es aber ſchuͤttelt, ſo gefriert es ploͤtzlich, und treibt nun das Thermometer ſogleich auf den Eispunkt, ſ. Eis (Th. I. S. 677. 678.). D. Black beſtaͤtigte dieſe Entbindung der Waͤrme beym Gefrieren noch durch folgenden Verſuch. Ein Pfund Waſſer von 32 Grad und ein Pfund Schnee von 4 Grad Temperatur (nach Fahr.) ſollten der Regel nach eine Miſchung von 18 Grad geben, die alſo ganz gefroren waͤre. Aber es gefriert nur 1/5 des Waſſers, und die ganze Miſchung koͤmmt auf 32. Nemlich aus dem gefrierenden 1/5 Pfund Waſſer werden 140 Grad Waͤrme frey, welche die Temperatur von 1 Pfund Schnee um (140/5)= 28 Grad erhoͤhen, alſo von 4 auf 32 bringen.
Dieſem Satze gemaͤß entbindet ſich Waͤrme, wenn ſich Salze aus ihren Solutionen kryſtalliſiren. Eine geſaͤttigte Aufloͤſung des Glauberſalzes erkaltet ruhig, ſchießt aber ploͤtzlich an, wenn man das Gefaͤß ſchuͤttelt, und in dieſem Augenblicke ſteigt auch darinn das Thermometer. Dieſe Waͤrme macht, daß kryſtalliſationsfaͤhige Salzſolutionen ſpaͤter erkalten. Zerfallne Salze, die ihres Kryſtallenwaſſers beraubt ſind, ziehen das Waſſer begierig an, machen es feſt, und entbinden dadurch die auf ſeine Fluͤßigkeit verwendete Waͤrme. Daher erhitzen ſich dergleichen Salze mit Waſſer, z. B. zerfallnes Glauberſalz, zerfallnes Mineralalkali, gebrannter Gyps, Alaun und Kalk. Auf gleiche Art ſind die Erhitzungen der Bitterſalzerde, des Kochſalzes, Salpeters, der Laugenſalze mit Vitrioloͤl, der aͤtzenden fixen Laugenſalze mit Waſſer, der Oele mit den Saͤuren u. ſ. w. zu erklaͤren.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/571>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.