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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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giebt schon bey mäßiger Kälte in verschloßnen Gefäßen spiessichte Krystalle, die an der Luft wieder zerfließen. Dergleichen heißt Eisöl, eisartiges Vitriolöl (Oleum vitrioli glaciale). Diese Eigenschaft hängt von eben dem flüchtigen Theile ab, der das Rauchen veranlaßt, und den man durch eine gelinde Destillation davon treiben kan. Man erhält ihn alsdann in einer stark erkälteten Vorlage unter der Gestalt des flüchtigen Vitriolsalzes, das an der Luft sehr raucht bald zerfließt, und endlich wieder eine gewöhnliche Vitriolsäure liefert.

Gegen das Wasser hat das Vitriolöl einen sehr starken Hang, daher es auch die Feuchtigkeit aus der Luft begierig an sich nimmt, und dadurch mehr Gewicht erhält (s. Gould of the increase of weight in Oil of Vitriol exposed to the Air in Philos. Trans. N. 156. p. 496.). Neumann (Chym. med To. II. p. 1186.) sahe, daß eine Unze Vitriolöl innerhalb eines Jahres an der Luft 6 Unzen, 2 Quentchen Zuwachs am Gewichte erhielt, und Baume (Erl. Experimentalchymie, Th. I. S. 333.) fand 2 Quentchen der stärksten Vitriolsäure in einem flachen Gefäße an die Luft gestellt, nach 5 Tagen eine Unze und 54 Gran schwer.

Die Vermischung des Vitriolöls mit Wasser bringt eine hestige Hitze, ein mit Dämpfen begleitetes Aufwallen, und ein Geräusch hervor, als ob man ein glühendes Eifen ins Wasser tauchte. Mehrere Chymisten sind dadurch verleitet worden, die Vitriolsäure für etwas dem Feuer ähnliches zu halten. Weit natürlicher aber läßt sich diese Erscheinung aus der Befreyung des vorher in beyden Materien gebundenen Wärmestofs herleiten, den das aus beyden entstehende Gemisch nicht mehr fassen kan. Hieraus erklärt sich auch die Beobachtung des Herrn Achard (Chemisch phys. Schriften S. 293. u. f.), daß ein Thermometer, dessen Kugel in starke Vitriolsäure getaucht wird, wenn man die Verdünstung mit einem Blasebalge befördert, nicht wie gewöhnlich fällt, sondern vielmehr steigt, weil sich die Säure mit der aus der Luft angezognen Feuchtigkeit erhitzt.

Durch Verdünnung eines Theils von weißem Vitriolöl mit 2--3 Theilen Wasser bereitet man sehr bequem den


giebt ſchon bey maͤßiger Kaͤlte in verſchloßnen Gefaͤßen ſpieſſichte Kryſtalle, die an der Luft wieder zerfließen. Dergleichen heißt Eisoͤl, eisartiges Vitrioloͤl (Oleum vitrioli glaciale). Dieſe Eigenſchaft haͤngt von eben dem fluͤchtigen Theile ab, der das Rauchen veranlaßt, und den man durch eine gelinde Deſtillation davon treiben kan. Man erhaͤlt ihn alsdann in einer ſtark erkaͤlteten Vorlage unter der Geſtalt des fluͤchtigen Vitriolſalzes, das an der Luft ſehr raucht bald zerfließt, und endlich wieder eine gewoͤhnliche Vitriolſaͤure liefert.

Gegen das Waſſer hat das Vitrioloͤl einen ſehr ſtarken Hang, daher es auch die Feuchtigkeit aus der Luft begierig an ſich nimmt, und dadurch mehr Gewicht erhaͤlt (ſ. Gould of the increaſe of weight in Oil of Vitriol expoſed to the Air in Philoſ. Trans. N. 156. p. 496.). Neumann (Chym. med To. II. p. 1186.) ſahe, daß eine Unze Vitrioloͤl innerhalb eines Jahres an der Luft 6 Unzen, 2 Quentchen Zuwachs am Gewichte erhielt, und Baumé (Erl. Experimentalchymie, Th. I. S. 333.) fand 2 Quentchen der ſtaͤrkſten Vitriolſaͤure in einem flachen Gefaͤße an die Luft geſtellt, nach 5 Tagen eine Unze und 54 Gran ſchwer.

Die Vermiſchung des Vitrioloͤls mit Waſſer bringt eine heſtige Hitze, ein mit Daͤmpfen begleitetes Aufwallen, und ein Geraͤuſch hervor, als ob man ein gluͤhendes Eifen ins Waſſer tauchte. Mehrere Chymiſten ſind dadurch verleitet worden, die Vitriolſaͤure fuͤr etwas dem Feuer aͤhnliches zu halten. Weit natuͤrlicher aber laͤßt ſich dieſe Erſcheinung aus der Befreyung des vorher in beyden Materien gebundenen Waͤrmeſtofs herleiten, den das aus beyden entſtehende Gemiſch nicht mehr faſſen kan. Hieraus erklaͤrt ſich auch die Beobachtung des Herrn Achard (Chemiſch phyſ. Schriften S. 293. u. f.), daß ein Thermometer, deſſen Kugel in ſtarke Vitriolſaͤure getaucht wird, wenn man die Verduͤnſtung mit einem Blaſebalge befoͤrdert, nicht wie gewoͤhnlich faͤllt, ſondern vielmehr ſteigt, weil ſich die Saͤure mit der aus der Luft angezognen Feuchtigkeit erhitzt.

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[488/0498] giebt ſchon bey maͤßiger Kaͤlte in verſchloßnen Gefaͤßen ſpieſſichte Kryſtalle, die an der Luft wieder zerfließen. Dergleichen heißt Eisoͤl, eisartiges Vitrioloͤl (Oleum vitrioli glaciale). Dieſe Eigenſchaft haͤngt von eben dem fluͤchtigen Theile ab, der das Rauchen veranlaßt, und den man durch eine gelinde Deſtillation davon treiben kan. Man erhaͤlt ihn alsdann in einer ſtark erkaͤlteten Vorlage unter der Geſtalt des fluͤchtigen Vitriolſalzes, das an der Luft ſehr raucht bald zerfließt, und endlich wieder eine gewoͤhnliche Vitriolſaͤure liefert. Gegen das Waſſer hat das Vitrioloͤl einen ſehr ſtarken Hang, daher es auch die Feuchtigkeit aus der Luft begierig an ſich nimmt, und dadurch mehr Gewicht erhaͤlt (ſ. Gould of the increaſe of weight in Oil of Vitriol expoſed to the Air in Philoſ. Trans. N. 156. p. 496.). Neumann (Chym. med To. II. p. 1186.) ſahe, daß eine Unze Vitrioloͤl innerhalb eines Jahres an der Luft 6 Unzen, 2 Quentchen Zuwachs am Gewichte erhielt, und Baumé (Erl. Experimentalchymie, Th. I. S. 333.) fand 2 Quentchen der ſtaͤrkſten Vitriolſaͤure in einem flachen Gefaͤße an die Luft geſtellt, nach 5 Tagen eine Unze und 54 Gran ſchwer. Die Vermiſchung des Vitrioloͤls mit Waſſer bringt eine heſtige Hitze, ein mit Daͤmpfen begleitetes Aufwallen, und ein Geraͤuſch hervor, als ob man ein gluͤhendes Eifen ins Waſſer tauchte. Mehrere Chymiſten ſind dadurch verleitet worden, die Vitriolſaͤure fuͤr etwas dem Feuer aͤhnliches zu halten. Weit natuͤrlicher aber laͤßt ſich dieſe Erſcheinung aus der Befreyung des vorher in beyden Materien gebundenen Waͤrmeſtofs herleiten, den das aus beyden entſtehende Gemiſch nicht mehr faſſen kan. Hieraus erklaͤrt ſich auch die Beobachtung des Herrn Achard (Chemiſch phyſ. Schriften S. 293. u. f.), daß ein Thermometer, deſſen Kugel in ſtarke Vitriolſaͤure getaucht wird, wenn man die Verduͤnſtung mit einem Blaſebalge befoͤrdert, nicht wie gewoͤhnlich faͤllt, ſondern vielmehr ſteigt, weil ſich die Saͤure mit der aus der Luft angezognen Feuchtigkeit erhitzt. Durch Verduͤnnung eines Theils von weißem Vitrioloͤl mit 2—3 Theilen Waſſer bereitet man ſehr bequem den

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/498>, abgerufen am 22.11.2024.