Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


seyn könne. Seit der von Cavendish, Watt, Lavoisier und de la Place wahrgenommenen Wassererzeugung beym Abbrennen brennbarer und dephlogistisirter Luft, ist diese Vermuthung von Einigen geäußert, und besonders von Herrn Westrumb (Kleine physikal. chemische Abhandl. II. B. 1. Heft, S. 1. u. f. S. 119. u. f.) vertheidigt worden. Außer dem, was sich überhaupt der Wassererzeugung entgegen setzen läßt, wendet Herr Gren hingegen noch ein, man bemerke beym Verkalken keinen Wasserdampf, und beym Verbrennen des Phosphorus in trocknen, mit Quecksilber gesperrten Gefäßen überhaupt nichts Flüssiges; auch erhalte man aus frischen und noch heissen Metallkalken beym Verglasen kein Wasser, wenn man trockne und wohl ausgeglühte Gefäße anwende. Das Bleyglas, welches nichts am Gewichte verliere, könne in 110 Pfunden unmöglich 10 Pfund Wasser enthalten, da es überhaupt nicht viel mehr Raum einnehme, als 12 Pfund Wasser; und es sey widersprechend, daß das Wasser in der Glühhitze seinen dampfförmigen Zustand verlassen, und sich mit einem festen Körper verbinden solle.

Herr D. Gren selbst, den keine dieser Erklärungen befriediget, widerspricht daher überhaupt dem Satze, daß alle Materie schwer sey, und legt dem Phlogiston, so wie seinen Bestandtheilen, dem Wärmestoffe und Lichte, absolute Leuchtigkeit oder negative Schwere bey, so daß die Gewichtszunahme eine unmittelbare Folge des bloßen Verlusts der brennbaren Theile wird. Er sührt an, daß schon Scheffer (Schwed. Abhandl. v. I. 1757.) etwas ähnliches geäußert, de Morveau (Digressions academiques, a Dijon et Paris, 1772. 12. und in Rozier Observ. et mem. To. II. 1773. p. 281.) dieses weiter entwickelt, aber dabey das Phlogiston nur leichter, als die Luft, worinn wir die Körper wägen, angenommen habe; hingegen Rinmann (Geschichte des Eisens, Th. I. S. 211.) und Daniel (Versuch einer Theorie der wichtigsten Beobacht. aus der Naturlehre, die man durch fixe Luft oder fette Säure zu erklären bemüht war. Halle, 1777. 8.) die absolute Leuchtigkeit des Phlogistons ebenfalls vertheidigt hätten.


ſeyn koͤnne. Seit der von Cavendiſh, Watt, Lavoiſier und de la Place wahrgenommenen Waſſererzeugung beym Abbrennen brennbarer und dephlogiſtiſirter Luft, iſt dieſe Vermuthung von Einigen geaͤußert, und beſonders von Herrn Weſtrumb (Kleine phyſikal. chemiſche Abhandl. II. B. 1. Heft, S. 1. u. f. S. 119. u. f.) vertheidigt worden. Außer dem, was ſich uͤberhaupt der Waſſererzeugung entgegen ſetzen laͤßt, wendet Herr Gren hingegen noch ein, man bemerke beym Verkalken keinen Waſſerdampf, und beym Verbrennen des Phosphorus in trocknen, mit Queckſilber geſperrten Gefaͤßen uͤberhaupt nichts Fluͤſſiges; auch erhalte man aus friſchen und noch heiſſen Metallkalken beym Verglaſen kein Waſſer, wenn man trockne und wohl ausgegluͤhte Gefaͤße anwende. Das Bleyglas, welches nichts am Gewichte verliere, koͤnne in 110 Pfunden unmoͤglich 10 Pfund Waſſer enthalten, da es uͤberhaupt nicht viel mehr Raum einnehme, als 12 Pfund Waſſer; und es ſey widerſprechend, daß das Waſſer in der Gluͤhhitze ſeinen dampffoͤrmigen Zuſtand verlaſſen, und ſich mit einem feſten Koͤrper verbinden ſolle.

Herr D. Gren ſelbſt, den keine dieſer Erklaͤrungen befriediget, widerſpricht daher uͤberhaupt dem Satze, daß alle Materie ſchwer ſey, und legt dem Phlogiſton, ſo wie ſeinen Beſtandtheilen, dem Waͤrmeſtoffe und Lichte, abſolute Leuchtigkeit oder negative Schwere bey, ſo daß die Gewichtszunahme eine unmittelbare Folge des bloßen Verluſts der brennbaren Theile wird. Er ſuͤhrt an, daß ſchon Scheffer (Schwed. Abhandl. v. I. 1757.) etwas aͤhnliches geaͤußert, de Morveau (Digreſſions academiques, à Dijon et Paris, 1772. 12. und in Rozier Obſerv. et mém. To. II. 1773. p. 281.) dieſes weiter entwickelt, aber dabey das Phlogiſton nur leichter, als die Luft, worinn wir die Koͤrper waͤgen, angenommen habe; hingegen Rinmann (Geſchichte des Eiſens, Th. I. S. 211.) und Daniel (Verſuch einer Theorie der wichtigſten Beobacht. aus der Naturlehre, die man durch fixe Luft oder fette Saͤure zu erklaͤren bemuͤht war. Halle, 1777. 8.) die abſolute Leuchtigkeit des Phlogiſtons ebenfalls vertheidigt haͤtten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0471" xml:id="P.4.461" n="461"/><lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nne. Seit der von <hi rendition="#b">Cavendi&#x017F;h, Watt, Lavoi&#x017F;ier</hi> und <hi rendition="#b">de la Place</hi> wahrgenommenen Wa&#x017F;&#x017F;ererzeugung beym Abbrennen brennbarer und dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irter Luft, i&#x017F;t die&#x017F;e Vermuthung von Einigen gea&#x0364;ußert, und be&#x017F;onders von Herrn <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb</hi> (Kleine phy&#x017F;ikal. chemi&#x017F;che Abhandl. <hi rendition="#aq">II.</hi> B. 1. Heft, S. 1. u. f. S. 119. u. f.) vertheidigt worden. Außer dem, was &#x017F;ich u&#x0364;berhaupt der Wa&#x017F;&#x017F;ererzeugung entgegen &#x017F;etzen la&#x0364;ßt, wendet Herr <hi rendition="#b">Gren</hi> hingegen noch ein, man bemerke beym Verkalken keinen Wa&#x017F;&#x017F;erdampf, und beym Verbrennen des Phosphorus in trocknen, mit Queck&#x017F;ilber ge&#x017F;perrten Gefa&#x0364;ßen u&#x0364;berhaupt nichts Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges; auch erhalte man aus fri&#x017F;chen und noch hei&#x017F;&#x017F;en Metallkalken beym Vergla&#x017F;en kein Wa&#x017F;&#x017F;er, wenn man trockne und wohl ausgeglu&#x0364;hte Gefa&#x0364;ße anwende. Das Bleyglas, welches nichts am Gewichte verliere, ko&#x0364;nne in 110 Pfunden unmo&#x0364;glich 10 Pfund Wa&#x017F;&#x017F;er enthalten, da es u&#x0364;berhaupt nicht viel mehr Raum einnehme, als 12 Pfund Wa&#x017F;&#x017F;er; und es &#x017F;ey wider&#x017F;prechend, daß das Wa&#x017F;&#x017F;er in der Glu&#x0364;hhitze &#x017F;einen dampffo&#x0364;rmigen Zu&#x017F;tand verla&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;ich mit einem fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rper verbinden &#x017F;olle.</p>
            <p>Herr <hi rendition="#b">D. Gren</hi> &#x017F;elb&#x017F;t, den keine die&#x017F;er Erkla&#x0364;rungen befriediget, wider&#x017F;pricht daher u&#x0364;berhaupt dem Satze, daß alle Materie &#x017F;chwer &#x017F;ey, und legt dem Phlogi&#x017F;ton, &#x017F;o wie &#x017F;einen Be&#x017F;tandtheilen, dem Wa&#x0364;rme&#x017F;toffe und Lichte, <hi rendition="#b">ab&#x017F;olute Leuchtigkeit</hi> oder <hi rendition="#b">negative Schwere</hi> bey, &#x017F;o daß die Gewichtszunahme eine unmittelbare Folge des bloßen Verlu&#x017F;ts der brennbaren Theile wird. Er &#x017F;u&#x0364;hrt an, daß &#x017F;chon <hi rendition="#b">Scheffer</hi> (Schwed. Abhandl. v. I. 1757.) etwas a&#x0364;hnliches gea&#x0364;ußert, <hi rendition="#b">de Morveau</hi> (<hi rendition="#aq">Digre&#x017F;&#x017F;ions academiques, à Dijon et Paris, 1772. 12.</hi> und in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rozier</hi> Ob&#x017F;erv. et mém. To. II. 1773. p. 281.</hi>) die&#x017F;es weiter entwickelt, aber dabey das Phlogi&#x017F;ton nur leichter, als die Luft, worinn wir die Ko&#x0364;rper wa&#x0364;gen, angenommen habe; hingegen <hi rendition="#b">Rinmann</hi> (Ge&#x017F;chichte des Ei&#x017F;ens, Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 211.) und <hi rendition="#b">Daniel</hi> (Ver&#x017F;uch einer Theorie der wichtig&#x017F;ten Beobacht. aus der Naturlehre, die man durch fixe Luft oder fette Sa&#x0364;ure zu erkla&#x0364;ren bemu&#x0364;ht war. Halle, 1777. 8.) die ab&#x017F;olute Leuchtigkeit des Phlogi&#x017F;tons ebenfalls vertheidigt ha&#x0364;tten.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[461/0471] ſeyn koͤnne. Seit der von Cavendiſh, Watt, Lavoiſier und de la Place wahrgenommenen Waſſererzeugung beym Abbrennen brennbarer und dephlogiſtiſirter Luft, iſt dieſe Vermuthung von Einigen geaͤußert, und beſonders von Herrn Weſtrumb (Kleine phyſikal. chemiſche Abhandl. II. B. 1. Heft, S. 1. u. f. S. 119. u. f.) vertheidigt worden. Außer dem, was ſich uͤberhaupt der Waſſererzeugung entgegen ſetzen laͤßt, wendet Herr Gren hingegen noch ein, man bemerke beym Verkalken keinen Waſſerdampf, und beym Verbrennen des Phosphorus in trocknen, mit Queckſilber geſperrten Gefaͤßen uͤberhaupt nichts Fluͤſſiges; auch erhalte man aus friſchen und noch heiſſen Metallkalken beym Verglaſen kein Waſſer, wenn man trockne und wohl ausgegluͤhte Gefaͤße anwende. Das Bleyglas, welches nichts am Gewichte verliere, koͤnne in 110 Pfunden unmoͤglich 10 Pfund Waſſer enthalten, da es uͤberhaupt nicht viel mehr Raum einnehme, als 12 Pfund Waſſer; und es ſey widerſprechend, daß das Waſſer in der Gluͤhhitze ſeinen dampffoͤrmigen Zuſtand verlaſſen, und ſich mit einem feſten Koͤrper verbinden ſolle. Herr D. Gren ſelbſt, den keine dieſer Erklaͤrungen befriediget, widerſpricht daher uͤberhaupt dem Satze, daß alle Materie ſchwer ſey, und legt dem Phlogiſton, ſo wie ſeinen Beſtandtheilen, dem Waͤrmeſtoffe und Lichte, abſolute Leuchtigkeit oder negative Schwere bey, ſo daß die Gewichtszunahme eine unmittelbare Folge des bloßen Verluſts der brennbaren Theile wird. Er ſuͤhrt an, daß ſchon Scheffer (Schwed. Abhandl. v. I. 1757.) etwas aͤhnliches geaͤußert, de Morveau (Digreſſions academiques, à Dijon et Paris, 1772. 12. und in Rozier Obſerv. et mém. To. II. 1773. p. 281.) dieſes weiter entwickelt, aber dabey das Phlogiſton nur leichter, als die Luft, worinn wir die Koͤrper waͤgen, angenommen habe; hingegen Rinmann (Geſchichte des Eiſens, Th. I. S. 211.) und Daniel (Verſuch einer Theorie der wichtigſten Beobacht. aus der Naturlehre, die man durch fixe Luft oder fette Saͤure zu erklaͤren bemuͤht war. Halle, 1777. 8.) die abſolute Leuchtigkeit des Phlogiſtons ebenfalls vertheidigt haͤtten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/471
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/471>, abgerufen am 01.07.2024.