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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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um den Nordpol, deren nördliche Abweichung 38 2/3 Grad und drüber beträgt, gar nicht unter.

Untergang der Gestirne nach dem Sinne der alten Dichter, Occasus siderum poeticus, Coucher des astres selon les anciens.

Bey den alten Dichtern und Schriftstellern vom Landbau kömmt noch die Art vor, gewisse Tage des Jahres durch den Auf- und Untergang der Gestirne zu bezeichnen, deren Veranlassung beym Worte Aufgang der Gestirne (Th. I. S. 175.) erklärt worden ist. Man hat hiebey mit dem Worte Untergang hauptsächlich dreyerley Dinge bezeichnet, das Verschwinden eines Sterns in den Sonnenstralen, seinen Untergang mit Aufgang der Sonne, und seinen Untergang mit Untergang der Sonne (occasus heliacus, cosmicus, acronychos).

Das Verschwinden in den Sonnenstralen, Occasus heliacus, Coucher heliaque, ereignet sich an dem Tage, an welchem ein Stern, der bisher von der Sonne entfernt genug gestanden hat, um durch ihren Glanz den Augen nicht entzogen zu werden, dem aber nun die Sonne allmählig näher kömmt, sich zum letztenmale zeigt, und in der Abenddämmerung noch eine kurze Zeit sichtbar ist. Mit diesem Tage, sagt man, gehe er heliace unter. Am folgenden nemlich wird man ihn wegen der Nähe der Sonne schon gar nicht mehr sehen können.

Da Sterne erster Größe nicht sichtbar werden, wenn bey ihrem Untergange die Sonne nicht über 10 Grad tief unter dem Horizonte ist, so findet man die Zeit des Verschwindens eines solchen Sterns in den Sonnenstralen, wenn man den Stern in den Abendhorizont der künstlichen Himmelskugel führt, und den Punkt der Ekliptik bemerkt, der alsdann 10° tief unter dem Abendhorizonte steht. Der Tag des Jahres, an welchem die Sonne diesen Punkt der Ekliptik erreicht, ist der Tag der Verbergung des Sterns unter den Sonnenstralen. So findet man, daß sich h. z. t. der Hundsstern für die Polhöhe von Leipzig etwa den 27. April unter die Sonnenstralen verbirgt. Für ältere Zeiten wäre eine andere Einrichtung der künstlichen Himmelskugel


um den Nordpol, deren noͤrdliche Abweichung 38 2/3 Grad und druͤber betraͤgt, gar nicht unter.

Untergang der Geſtirne nach dem Sinne der alten Dichter, Occaſus ſiderum poëticus, Coucher des aſtres ſelon les anciens.

Bey den alten Dichtern und Schriftſtellern vom Landbau koͤmmt noch die Art vor, gewiſſe Tage des Jahres durch den Auf- und Untergang der Geſtirne zu bezeichnen, deren Veranlaſſung beym Worte Aufgang der Geſtirne (Th. I. S. 175.) erklaͤrt worden iſt. Man hat hiebey mit dem Worte Untergang hauptſaͤchlich dreyerley Dinge bezeichnet, das Verſchwinden eines Sterns in den Sonnenſtralen, ſeinen Untergang mit Aufgang der Sonne, und ſeinen Untergang mit Untergang der Sonne (occaſus heliacus, coſmicus, acronychos).

Das Verſchwinden in den Sonnenſtralen, Occaſus heliacus, Coucher héliaque, ereignet ſich an dem Tage, an welchem ein Stern, der bisher von der Sonne entfernt genug geſtanden hat, um durch ihren Glanz den Augen nicht entzogen zu werden, dem aber nun die Sonne allmaͤhlig naͤher koͤmmt, ſich zum letztenmale zeigt, und in der Abenddaͤmmerung noch eine kurze Zeit ſichtbar iſt. Mit dieſem Tage, ſagt man, gehe er heliace unter. Am folgenden nemlich wird man ihn wegen der Naͤhe der Sonne ſchon gar nicht mehr ſehen koͤnnen.

Da Sterne erſter Groͤße nicht ſichtbar werden, wenn bey ihrem Untergange die Sonne nicht uͤber 10 Grad tief unter dem Horizonte iſt, ſo findet man die Zeit des Verſchwindens eines ſolchen Sterns in den Sonnenſtralen, wenn man den Stern in den Abendhorizont der kuͤnſtlichen Himmelskugel fuͤhrt, und den Punkt der Ekliptik bemerkt, der alsdann 10° tief unter dem Abendhorizonte ſteht. Der Tag des Jahres, an welchem die Sonne dieſen Punkt der Ekliptik erreicht, iſt der Tag der Verbergung des Sterns unter den Sonnenſtralen. So findet man, daß ſich h. z. t. der Hundsſtern fuͤr die Polhoͤhe von Leipzig etwa den 27. April unter die Sonnenſtralen verbirgt. Fuͤr aͤltere Zeiten waͤre eine andere Einrichtung der kuͤnſtlichen Himmelskugel

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[415/0425] um den Nordpol, deren noͤrdliche Abweichung 38 2/3 Grad und druͤber betraͤgt, gar nicht unter. Untergang der Geſtirne nach dem Sinne der alten Dichter, Occaſus ſiderum poëticus, Coucher des aſtres ſelon les anciens. Bey den alten Dichtern und Schriftſtellern vom Landbau koͤmmt noch die Art vor, gewiſſe Tage des Jahres durch den Auf- und Untergang der Geſtirne zu bezeichnen, deren Veranlaſſung beym Worte Aufgang der Geſtirne (Th. I. S. 175.) erklaͤrt worden iſt. Man hat hiebey mit dem Worte Untergang hauptſaͤchlich dreyerley Dinge bezeichnet, das Verſchwinden eines Sterns in den Sonnenſtralen, ſeinen Untergang mit Aufgang der Sonne, und ſeinen Untergang mit Untergang der Sonne (occaſus heliacus, coſmicus, acronychos). Das Verſchwinden in den Sonnenſtralen, Occaſus heliacus, Coucher héliaque, ereignet ſich an dem Tage, an welchem ein Stern, der bisher von der Sonne entfernt genug geſtanden hat, um durch ihren Glanz den Augen nicht entzogen zu werden, dem aber nun die Sonne allmaͤhlig naͤher koͤmmt, ſich zum letztenmale zeigt, und in der Abenddaͤmmerung noch eine kurze Zeit ſichtbar iſt. Mit dieſem Tage, ſagt man, gehe er heliace unter. Am folgenden nemlich wird man ihn wegen der Naͤhe der Sonne ſchon gar nicht mehr ſehen koͤnnen. Da Sterne erſter Groͤße nicht ſichtbar werden, wenn bey ihrem Untergange die Sonne nicht uͤber 10 Grad tief unter dem Horizonte iſt, ſo findet man die Zeit des Verſchwindens eines ſolchen Sterns in den Sonnenſtralen, wenn man den Stern in den Abendhorizont der kuͤnſtlichen Himmelskugel fuͤhrt, und den Punkt der Ekliptik bemerkt, der alsdann 10° tief unter dem Abendhorizonte ſteht. Der Tag des Jahres, an welchem die Sonne dieſen Punkt der Ekliptik erreicht, iſt der Tag der Verbergung des Sterns unter den Sonnenſtralen. So findet man, daß ſich h. z. t. der Hundsſtern fuͤr die Polhoͤhe von Leipzig etwa den 27. April unter die Sonnenſtralen verbirgt. Fuͤr aͤltere Zeiten waͤre eine andere Einrichtung der kuͤnſtlichen Himmelskugel

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/425>, abgerufen am 13.05.2024.