Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


1714 zwey Weinsteinthermometer von etwa 7 Zoll Länge, welche vollkommen mit einander übereinstimmten (s. Relatio de novo termometrorum concordantium genere, in Act. Erud. Lips. 1714. Aug. p. 380. sqq. ingl. Wolf Nützl. Vers. Th. II. Cap. V. §. 71.), worüber Wolf damals äußerst verwundert war, und den Grund in einer besondern Beschaffenheit des Weingeists suchte. Etwa zehn Jahr nachher wurde die Methode durch Fahrenheit selbst (Philos. Trans. 1724. no. 381. p. 1. sqq.), Boerhaave (Chem. Vol. I. Exp. 8. de igne, ed. Lugd. Bat. 1732. 4. p. 174.) und Musschenbroek (Tentam. Acad. del Cimento ed. Lugd. Bat. 1731. 4. p. 8. sqq.) allgemein bekannt.

Fahrenheit nahm für die Grenze der größten möglichen Kälte diejenige an, welche er zu Danzig in dem strengen Winter des Jahres 1709 beobachtet hatte, und die er allemal hervorbringen konnte, wenn er eine Mischung von gleichen Theilen Schnee und Salmiak bereitete, s. Kälte, künstliche. Setzte er die Kugeln seiner Thermometer in diese erkältende Mischung, so sank der Liquor eben so tief, als er bey der angeführten natürlichen Kälte in Danzig gestanden hatte. Er bemerkte also diesen Punkt mit Null, und es ist derselbe unter dem Namen des künstlichen Eispunkts (terme de congelation artisicielle) bekannt. Anfangs behielt auch dieser Künstler noch den Weingeist bey, und erstreckte seine kleinern Thermometer von der angeführten Null bis zur natürlichen Wärme des Bluts im menschlichen Körper. Der Zwischenraum zwischen beyden festen Punkten war in 96 Grade getheilt. Von dieser Art waren Wolfs Thermometer; auch sagt Fahrenheit selbst in den Transactionen, sein 48ster Grad halte zwischen der künstlichen Kälte und der Wärme des menschlichen Körpers das Mittel.

Bald aber fieng Fahrenheit an, seine Thermometer statt des Weingeists mit Quecksilber zu füllen, welchen Vorschlag Halley schon 1680 gethan hatte. Nach Musschenbroek (Introd. To. II. §. 1568.) soll diese vortheilhafte Abänderung schon seit 1709 geschehen seyn. Wenn Fahrenheit das Volumen des Quecksilbers, das auf 0 stand,


1714 zwey Weinſteinthermometer von etwa 7 Zoll Laͤnge, welche vollkommen mit einander uͤbereinſtimmten (ſ. Relatio de novo termometrorum concordantium genere, in Act. Erud. Lipſ. 1714. Aug. p. 380. ſqq. ingl. Wolf Nuͤtzl. Verſ. Th. II. Cap. V. §. 71.), woruͤber Wolf damals aͤußerſt verwundert war, und den Grund in einer beſondern Beſchaffenheit des Weingeiſts ſuchte. Etwa zehn Jahr nachher wurde die Methode durch Fahrenheit ſelbſt (Philoſ. Trans. 1724. no. 381. p. 1. ſqq.), Boerhaave (Chem. Vol. I. Exp. 8. de igne, ed. Lugd. Bat. 1732. 4. p. 174.) und Muſſchenbroek (Tentam. Acad. del Cimento ed. Lugd. Bat. 1731. 4. p. 8. ſqq.) allgemein bekannt.

Fahrenheit nahm fuͤr die Grenze der groͤßten moͤglichen Kaͤlte diejenige an, welche er zu Danzig in dem ſtrengen Winter des Jahres 1709 beobachtet hatte, und die er allemal hervorbringen konnte, wenn er eine Miſchung von gleichen Theilen Schnee und Salmiak bereitete, ſ. Kaͤlte, kuͤnſtliche. Setzte er die Kugeln ſeiner Thermometer in dieſe erkaͤltende Miſchung, ſo ſank der Liquor eben ſo tief, als er bey der angefuͤhrten natuͤrlichen Kaͤlte in Danzig geſtanden hatte. Er bemerkte alſo dieſen Punkt mit Null, und es iſt derſelbe unter dem Namen des kuͤnſtlichen Eispunkts (terme de congelation artiſicielle) bekannt. Anfangs behielt auch dieſer Kuͤnſtler noch den Weingeiſt bey, und erſtreckte ſeine kleinern Thermometer von der angefuͤhrten Null bis zur natuͤrlichen Waͤrme des Bluts im menſchlichen Koͤrper. Der Zwiſchenraum zwiſchen beyden feſten Punkten war in 96 Grade getheilt. Von dieſer Art waren Wolfs Thermometer; auch ſagt Fahrenheit ſelbſt in den Transactionen, ſein 48ſter Grad halte zwiſchen der kuͤnſtlichen Kaͤlte und der Waͤrme des menſchlichen Koͤrpers das Mittel.

Bald aber fieng Fahrenheit an, ſeine Thermometer ſtatt des Weingeiſts mit Queckſilber zu fuͤllen, welchen Vorſchlag Halley ſchon 1680 gethan hatte. Nach Muſſchenbroek (Introd. To. II. §. 1568.) ſoll dieſe vortheilhafte Abaͤnderung ſchon ſeit 1709 geſchehen ſeyn. Wenn Fahrenheit das Volumen des Queckſilbers, das auf 0 ſtand,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0325" xml:id="P.4.315" n="315"/><lb/>
1714 zwey Wein&#x017F;teinthermometer von etwa 7 Zoll La&#x0364;nge, welche vollkommen mit einander u&#x0364;berein&#x017F;timmten (&#x017F;. <hi rendition="#aq">Relatio de novo termometrorum concordantium genere, in Act. Erud. Lip&#x017F;. 1714. Aug. p. 380. &#x017F;qq.</hi> ingl. <hi rendition="#b">Wolf</hi> Nu&#x0364;tzl. Ver&#x017F;. Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> Cap. <hi rendition="#aq">V. §. 71.</hi>), woru&#x0364;ber <hi rendition="#b">Wolf</hi> damals a&#x0364;ußer&#x017F;t verwundert war, und den Grund in einer be&#x017F;ondern Be&#x017F;chaffenheit des Weingei&#x017F;ts &#x017F;uchte. Etwa zehn Jahr nachher wurde die Methode durch <hi rendition="#b">Fahrenheit</hi> &#x017F;elb&#x017F;t (<hi rendition="#aq">Philo&#x017F;. Trans. 1724. no. 381. p. 1. &#x017F;qq.</hi>), <hi rendition="#b">Boerhaave</hi> (<hi rendition="#aq">Chem. Vol. I. Exp. 8. de igne, ed. Lugd. Bat. 1732. 4. p. 174.</hi>) und <hi rendition="#b">Mu&#x017F;&#x017F;chenbroek</hi> (<hi rendition="#aq">Tentam. Acad. del Cimento ed. Lugd. Bat. 1731. 4. p. 8. &#x017F;qq.</hi>) allgemein bekannt.</p>
            <p><hi rendition="#b">Fahrenheit</hi> nahm fu&#x0364;r die Grenze der gro&#x0364;ßten mo&#x0364;glichen Ka&#x0364;lte diejenige an, welche er zu Danzig in dem &#x017F;trengen Winter des Jahres 1709 beobachtet hatte, und die er allemal hervorbringen konnte, wenn er eine Mi&#x017F;chung von gleichen Theilen Schnee und Salmiak bereitete, <hi rendition="#b">&#x017F;. Ka&#x0364;lte, ku&#x0364;n&#x017F;tliche.</hi> Setzte er die Kugeln &#x017F;einer Thermometer in die&#x017F;e erka&#x0364;ltende Mi&#x017F;chung, &#x017F;o &#x017F;ank der Liquor eben &#x017F;o tief, als er bey der angefu&#x0364;hrten natu&#x0364;rlichen Ka&#x0364;lte in Danzig ge&#x017F;tanden hatte. Er bemerkte al&#x017F;o die&#x017F;en Punkt mit <hi rendition="#b">Null,</hi> und es i&#x017F;t der&#x017F;elbe unter dem Namen des <hi rendition="#b">ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Eispunkts</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">(terme de congelation arti&#x017F;icielle)</hi></hi> bekannt. Anfangs behielt auch die&#x017F;er Ku&#x0364;n&#x017F;tler noch den Weingei&#x017F;t bey, und er&#x017F;treckte &#x017F;eine kleinern Thermometer von der angefu&#x0364;hrten Null bis zur natu&#x0364;rlichen Wa&#x0364;rme des Bluts im men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rper. Der Zwi&#x017F;chenraum zwi&#x017F;chen beyden fe&#x017F;ten Punkten war in 96 Grade getheilt. Von die&#x017F;er Art waren <hi rendition="#b">Wolfs</hi> Thermometer; auch &#x017F;agt Fahrenheit &#x017F;elb&#x017F;t in den Transactionen, &#x017F;ein 48&#x017F;ter Grad halte zwi&#x017F;chen der ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Ka&#x0364;lte und der Wa&#x0364;rme des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers das Mittel.</p>
            <p>Bald aber fieng <hi rendition="#b">Fahrenheit</hi> an, &#x017F;eine Thermometer &#x017F;tatt des Weingei&#x017F;ts mit <hi rendition="#b">Queck&#x017F;ilber</hi> zu fu&#x0364;llen, welchen Vor&#x017F;chlag <hi rendition="#b">Halley</hi> &#x017F;chon 1680 gethan hatte. Nach <hi rendition="#b">Mu&#x017F;&#x017F;chenbroek</hi> (<hi rendition="#aq">Introd. To. II. §. 1568.</hi>) &#x017F;oll die&#x017F;e vortheilhafte Aba&#x0364;nderung &#x017F;chon &#x017F;eit 1709 ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn. Wenn Fahrenheit das Volumen des Queck&#x017F;ilbers, das auf 0 &#x017F;tand,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0325] 1714 zwey Weinſteinthermometer von etwa 7 Zoll Laͤnge, welche vollkommen mit einander uͤbereinſtimmten (ſ. Relatio de novo termometrorum concordantium genere, in Act. Erud. Lipſ. 1714. Aug. p. 380. ſqq. ingl. Wolf Nuͤtzl. Verſ. Th. II. Cap. V. §. 71.), woruͤber Wolf damals aͤußerſt verwundert war, und den Grund in einer beſondern Beſchaffenheit des Weingeiſts ſuchte. Etwa zehn Jahr nachher wurde die Methode durch Fahrenheit ſelbſt (Philoſ. Trans. 1724. no. 381. p. 1. ſqq.), Boerhaave (Chem. Vol. I. Exp. 8. de igne, ed. Lugd. Bat. 1732. 4. p. 174.) und Muſſchenbroek (Tentam. Acad. del Cimento ed. Lugd. Bat. 1731. 4. p. 8. ſqq.) allgemein bekannt. Fahrenheit nahm fuͤr die Grenze der groͤßten moͤglichen Kaͤlte diejenige an, welche er zu Danzig in dem ſtrengen Winter des Jahres 1709 beobachtet hatte, und die er allemal hervorbringen konnte, wenn er eine Miſchung von gleichen Theilen Schnee und Salmiak bereitete, ſ. Kaͤlte, kuͤnſtliche. Setzte er die Kugeln ſeiner Thermometer in dieſe erkaͤltende Miſchung, ſo ſank der Liquor eben ſo tief, als er bey der angefuͤhrten natuͤrlichen Kaͤlte in Danzig geſtanden hatte. Er bemerkte alſo dieſen Punkt mit Null, und es iſt derſelbe unter dem Namen des kuͤnſtlichen Eispunkts (terme de congelation artiſicielle) bekannt. Anfangs behielt auch dieſer Kuͤnſtler noch den Weingeiſt bey, und erſtreckte ſeine kleinern Thermometer von der angefuͤhrten Null bis zur natuͤrlichen Waͤrme des Bluts im menſchlichen Koͤrper. Der Zwiſchenraum zwiſchen beyden feſten Punkten war in 96 Grade getheilt. Von dieſer Art waren Wolfs Thermometer; auch ſagt Fahrenheit ſelbſt in den Transactionen, ſein 48ſter Grad halte zwiſchen der kuͤnſtlichen Kaͤlte und der Waͤrme des menſchlichen Koͤrpers das Mittel. Bald aber fieng Fahrenheit an, ſeine Thermometer ſtatt des Weingeiſts mit Queckſilber zu fuͤllen, welchen Vorſchlag Halley ſchon 1680 gethan hatte. Nach Muſſchenbroek (Introd. To. II. §. 1568.) ſoll dieſe vortheilhafte Abaͤnderung ſchon ſeit 1709 geſchehen ſeyn. Wenn Fahrenheit das Volumen des Queckſilbers, das auf 0 ſtand,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/325
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/325>, abgerufen am 12.05.2024.