Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


das andere auf die flache Hand, so schmelzt das erste eher, als das letzte. Haguenot hat diesen Versuch 1729 vor der königlichen Societät zu Montpellier angestellt, und die Wirkungen verschiedener Metalle mit einander verglichen. Auf Kupfer schmolz das Eis eher, als auf andern Metallen, und auf einem Platt- oder Bügeleisen eher, als auf gewöhnlichem Eisen, vermuthlich darum, weil es vom Platteisen wegen seiner Glätte am genauesten berührt ward.

Der zum Thauen erforderliche Grad der Temperatur ist, so viel man bis jetzt weiß, überall und an allen Orten einerley, und bestimmt einen festen Punkt des Thermometers, s. Thermometer. Doch hat Herr Luz (Anweis. Thermom. zu verfertigen. Nürnb. 1781. gr. 8. §. 129.) bemerkt, daß bey einfallendem Thauwetter das zergehende Eis allezeit um (1/12) eines reaumürischen Grades wärmer, als sonst, ist.

Mairan Abhandl. vom Eise; a. d. Franz. Leipzig 1752. 8. S. 248. u. f.

Brisson Dictionnaire rais. de Phys. Art. Degel.

Theilbarkeit, Divisibilitas, Divisibilite. Das allgemeine Phänomen der Körper, vermöge dessen sich jeder zertrennen, oder in kleinere, übrigens dem Ganzen ähnliche, Körper zerstücken läßt, wenn eine hinlängliche äußere Kraft dazu angewendet wird.

Schon die Begriffe von Ausdehnung und Porosität führen, mit einander verbunden, auf den Begrif von Theilbarkeit. Ausdehnung setzt mehrere Punkte oder Orte voraus, in welchen zu gleicher Zeit Materie eines Körpers vorhanden ist; Porosität drückt den Gedanken aus, daß diese Orte durch leere Stellen unterbrochen werden. Dies zeigt, daß das, was sich in dem einen Orte befindet, nicht mit dem einerley seyn kan, was am andern Orte ist, daß also die Materie nicht einfach, sondern aus Theilen zusammengesetzt ist, von denen man sich gedenken kan, daß ihre Verbindung und Zusammenhang durch hinlängliche Kräfte könne aufgehoben werden. Hiemit stimmt nun auch die Erfahrung überein. Diese lehrt uns, daß wir alle


das andere auf die flache Hand, ſo ſchmelzt das erſte eher, als das letzte. Haguenot hat dieſen Verſuch 1729 vor der koͤniglichen Societaͤt zu Montpellier angeſtellt, und die Wirkungen verſchiedener Metalle mit einander verglichen. Auf Kupfer ſchmolz das Eis eher, als auf andern Metallen, und auf einem Platt- oder Buͤgeleiſen eher, als auf gewoͤhnlichem Eiſen, vermuthlich darum, weil es vom Platteiſen wegen ſeiner Glaͤtte am genaueſten beruͤhrt ward.

Der zum Thauen erforderliche Grad der Temperatur iſt, ſo viel man bis jetzt weiß, uͤberall und an allen Orten einerley, und beſtimmt einen feſten Punkt des Thermometers, ſ. Thermometer. Doch hat Herr Luz (Anweiſ. Thermom. zu verfertigen. Nuͤrnb. 1781. gr. 8. §. 129.) bemerkt, daß bey einfallendem Thauwetter das zergehende Eis allezeit um (1/12) eines reaumuͤriſchen Grades waͤrmer, als ſonſt, iſt.

Mairan Abhandl. vom Eiſe; a. d. Franz. Leipzig 1752. 8. S. 248. u. f.

Briſſon Dictionnaire raiſ. de Phyſ. Art. Dégel.

Theilbarkeit, Diviſibilitas, Diviſibilité. Das allgemeine Phaͤnomen der Koͤrper, vermoͤge deſſen ſich jeder zertrennen, oder in kleinere, uͤbrigens dem Ganzen aͤhnliche, Koͤrper zerſtuͤcken laͤßt, wenn eine hinlaͤngliche aͤußere Kraft dazu angewendet wird.

Schon die Begriffe von Ausdehnung und Poroſitaͤt fuͤhren, mit einander verbunden, auf den Begrif von Theilbarkeit. Ausdehnung ſetzt mehrere Punkte oder Orte voraus, in welchen zu gleicher Zeit Materie eines Koͤrpers vorhanden iſt; Poroſitaͤt druͤckt den Gedanken aus, daß dieſe Orte durch leere Stellen unterbrochen werden. Dies zeigt, daß das, was ſich in dem einen Orte befindet, nicht mit dem einerley ſeyn kan, was am andern Orte iſt, daß alſo die Materie nicht einfach, ſondern aus Theilen zuſammengeſetzt iſt, von denen man ſich gedenken kan, daß ihre Verbindung und Zuſammenhang durch hinlaͤngliche Kraͤfte koͤnne aufgehoben werden. Hiemit ſtimmt nun auch die Erfahrung uͤberein. Dieſe lehrt uns, daß wir alle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0311" xml:id="P.4.301" n="301"/><lb/>
das andere auf die flache Hand, &#x017F;o &#x017F;chmelzt das er&#x017F;te eher, als das letzte. <hi rendition="#b">Haguenot</hi> hat die&#x017F;en Ver&#x017F;uch 1729 vor der ko&#x0364;niglichen Societa&#x0364;t zu Montpellier ange&#x017F;tellt, und die Wirkungen ver&#x017F;chiedener Metalle mit einander verglichen. Auf Kupfer &#x017F;chmolz das Eis eher, als auf andern Metallen, und auf einem Platt- oder Bu&#x0364;gelei&#x017F;en eher, als auf gewo&#x0364;hnlichem Ei&#x017F;en, vermuthlich darum, weil es vom Plattei&#x017F;en wegen &#x017F;einer Gla&#x0364;tte am genaue&#x017F;ten beru&#x0364;hrt ward.</p>
            <p>Der zum Thauen erforderliche Grad der Temperatur i&#x017F;t, &#x017F;o viel man bis jetzt weiß, u&#x0364;berall und an allen Orten einerley, und be&#x017F;timmt einen fe&#x017F;ten Punkt des Thermometers, <hi rendition="#b">&#x017F;. Thermometer.</hi> Doch hat Herr <hi rendition="#b">Luz</hi> (Anwei&#x017F;. Thermom. zu verfertigen. Nu&#x0364;rnb. 1781. gr. 8. §. 129.) bemerkt, daß bey einfallendem Thauwetter das zergehende Eis allezeit um (1/12) eines reaumu&#x0364;ri&#x017F;chen Grades wa&#x0364;rmer, als &#x017F;on&#x017F;t, i&#x017F;t.</p>
            <p><hi rendition="#b">Mairan</hi> Abhandl. vom Ei&#x017F;e; a. d. Franz. Leipzig 1752. 8. S. 248. u. f.</p>
            <p> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bri&#x017F;&#x017F;on</hi> Dictionnaire rai&#x017F;. de Phy&#x017F;. Art. <hi rendition="#i">Dégel.</hi></hi> </p>
            <p><hi rendition="#b">Theilbarkeit,</hi><hi rendition="#aq">Divi&#x017F;ibilitas, <hi rendition="#i">Divi&#x017F;ibilité.</hi></hi> Das allgemeine Pha&#x0364;nomen der Ko&#x0364;rper, vermo&#x0364;ge de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich jeder zertrennen, oder in kleinere, u&#x0364;brigens dem Ganzen a&#x0364;hnliche, Ko&#x0364;rper zer&#x017F;tu&#x0364;cken la&#x0364;ßt, wenn eine hinla&#x0364;ngliche a&#x0364;ußere Kraft dazu angewendet wird.</p>
            <p>Schon die Begriffe von Ausdehnung und Poro&#x017F;ita&#x0364;t fu&#x0364;hren, mit einander verbunden, auf den Begrif von Theilbarkeit. Ausdehnung &#x017F;etzt mehrere Punkte oder Orte voraus, in welchen zu gleicher Zeit Materie eines Ko&#x0364;rpers vorhanden i&#x017F;t; Poro&#x017F;ita&#x0364;t dru&#x0364;ckt den Gedanken aus, daß die&#x017F;e Orte durch leere Stellen unterbrochen werden. Dies zeigt, daß das, was &#x017F;ich in dem einen Orte befindet, nicht mit dem einerley &#x017F;eyn kan, was am andern Orte i&#x017F;t, daß al&#x017F;o die Materie nicht <hi rendition="#b">einfach,</hi> &#x017F;ondern aus Theilen <hi rendition="#b">zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt</hi> i&#x017F;t, von denen man &#x017F;ich gedenken kan, daß ihre Verbindung und Zu&#x017F;ammenhang durch hinla&#x0364;ngliche Kra&#x0364;fte ko&#x0364;nne aufgehoben werden. Hiemit &#x017F;timmt nun auch die Erfahrung u&#x0364;berein. Die&#x017F;e lehrt uns, daß wir alle<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0311] das andere auf die flache Hand, ſo ſchmelzt das erſte eher, als das letzte. Haguenot hat dieſen Verſuch 1729 vor der koͤniglichen Societaͤt zu Montpellier angeſtellt, und die Wirkungen verſchiedener Metalle mit einander verglichen. Auf Kupfer ſchmolz das Eis eher, als auf andern Metallen, und auf einem Platt- oder Buͤgeleiſen eher, als auf gewoͤhnlichem Eiſen, vermuthlich darum, weil es vom Platteiſen wegen ſeiner Glaͤtte am genaueſten beruͤhrt ward. Der zum Thauen erforderliche Grad der Temperatur iſt, ſo viel man bis jetzt weiß, uͤberall und an allen Orten einerley, und beſtimmt einen feſten Punkt des Thermometers, ſ. Thermometer. Doch hat Herr Luz (Anweiſ. Thermom. zu verfertigen. Nuͤrnb. 1781. gr. 8. §. 129.) bemerkt, daß bey einfallendem Thauwetter das zergehende Eis allezeit um (1/12) eines reaumuͤriſchen Grades waͤrmer, als ſonſt, iſt. Mairan Abhandl. vom Eiſe; a. d. Franz. Leipzig 1752. 8. S. 248. u. f. Briſſon Dictionnaire raiſ. de Phyſ. Art. Dégel. Theilbarkeit, Diviſibilitas, Diviſibilité. Das allgemeine Phaͤnomen der Koͤrper, vermoͤge deſſen ſich jeder zertrennen, oder in kleinere, uͤbrigens dem Ganzen aͤhnliche, Koͤrper zerſtuͤcken laͤßt, wenn eine hinlaͤngliche aͤußere Kraft dazu angewendet wird. Schon die Begriffe von Ausdehnung und Poroſitaͤt fuͤhren, mit einander verbunden, auf den Begrif von Theilbarkeit. Ausdehnung ſetzt mehrere Punkte oder Orte voraus, in welchen zu gleicher Zeit Materie eines Koͤrpers vorhanden iſt; Poroſitaͤt druͤckt den Gedanken aus, daß dieſe Orte durch leere Stellen unterbrochen werden. Dies zeigt, daß das, was ſich in dem einen Orte befindet, nicht mit dem einerley ſeyn kan, was am andern Orte iſt, daß alſo die Materie nicht einfach, ſondern aus Theilen zuſammengeſetzt iſt, von denen man ſich gedenken kan, daß ihre Verbindung und Zuſammenhang durch hinlaͤngliche Kraͤfte koͤnne aufgehoben werden. Hiemit ſtimmt nun auch die Erfahrung uͤberein. Dieſe lehrt uns, daß wir alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/311
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/311>, abgerufen am 23.11.2024.