Die Erfahrung lehrt, daß gleiche elastische Körper, die sich gleich geschwind begegnen, auch gleich geschwind zurück springen. Sind aber die Geschwindigkeiten ungleich, so stelle man sich vor, ein Mensch auf einem Schiffe führe mit beyden Händen an den Fäden aA, aB Taf. XXIII. Fig. 37. die Kugeln A und B mit gleicher Geschwindigkeit gegen einander. Ruht das Schiff, so kommen sie in der Mitte bey D zusammen, und springen eben so geschwind wieder von einander. Nun weiß man, daß auf dem bewegten Schiffe alles eben so erfolgt, wie auf dem ruhenden. Wird also das Schiff während dieser Zeit von B nach A zu durch einen Raum BE bewegt, so ist die absolute Bewegung der Kugel B (wie man sie vom Ufer aus sehen würde) durch BD+BE, die der Kugel A nur durch AD--BE gegangen. Nach dem Stoße (wenn das Schiff immer fortfährt, oder wenigstens A und B die ihnen vom Schiffe mitgetheilte Bewegung behalten) gehen beyde wieder gemeiniglich durch einen Raum=BE in eben der Zeit weiter; der Zuschauer am Ufer sieht also B nur durch den Raum BD--BE, A durch den AD--DE zurückspringen. Dies sind aber ihre absoluten Bewegungen; nach diesen haben sie also (weil BD=AD) ihre Geschwindigkeiten verwechselt. Auf gleiche Art werden nun alle Fälle des Stoßes gleicher Massen untersucht. Für ungleiche Massen erweiset Huygens zuerst aus dem Grundsatze der aufsteigenden Kräfte (da nemlich, wenn A und B ihre Geschwindigkeiten durch einen freyen Fall erhalten hätten, und mit den neuen Geschwindigkeiten wieder aufstiegen, ihr gemeinschaftlicher Schwerpunkt eben so hoch steigen müßte, als er vorher gefallen war), daß die neuen Geschwindigkeiten gleich seyn müssen, wenn sich die vorigen verkehrt, wie die Massen verhalten. Hierauf versetzt er die Kugeln wieder auf das Schiff, und untersucht für alle Fälle, was für Geschwindigkeiten der Zuschauer am Ufer vor und nach dem Stoße sehen würde, welche für die absoluten Bewegungen der Kugeln zusammengehören, wenn die Geschwindigkeiten vor dem Stoße ungleich sind. Bey allen Einwendungen, die sich gegen die Beweiskraft dieser
Die Erfahrung lehrt, daß gleiche elaſtiſche Koͤrper, die ſich gleich geſchwind begegnen, auch gleich geſchwind zuruͤck ſpringen. Sind aber die Geſchwindigkeiten ungleich, ſo ſtelle man ſich vor, ein Menſch auf einem Schiffe fuͤhre mit beyden Haͤnden an den Faͤden aA, aB Taf. XXIII. Fig. 37. die Kugeln A und B mit gleicher Geſchwindigkeit gegen einander. Ruht das Schiff, ſo kommen ſie in der Mitte bey D zuſammen, und ſpringen eben ſo geſchwind wieder von einander. Nun weiß man, daß auf dem bewegten Schiffe alles eben ſo erfolgt, wie auf dem ruhenden. Wird alſo das Schiff waͤhrend dieſer Zeit von B nach A zu durch einen Raum BE bewegt, ſo iſt die abſolute Bewegung der Kugel B (wie man ſie vom Ufer aus ſehen wuͤrde) durch BD+BE, die der Kugel A nur durch AD—BE gegangen. Nach dem Stoße (wenn das Schiff immer fortfaͤhrt, oder wenigſtens A und B die ihnen vom Schiffe mitgetheilte Bewegung behalten) gehen beyde wieder gemeiniglich durch einen Raum=BE in eben der Zeit weiter; der Zuſchauer am Ufer ſieht alſo B nur durch den Raum BD—BE, A durch den AD—DE zuruͤckſpringen. Dies ſind aber ihre abſoluten Bewegungen; nach dieſen haben ſie alſo (weil BD=AD) ihre Geſchwindigkeiten verwechſelt. Auf gleiche Art werden nun alle Faͤlle des Stoßes gleicher Maſſen unterſucht. Fuͤr ungleiche Maſſen erweiſet Huygens zuerſt aus dem Grundſatze der aufſteigenden Kraͤfte (da nemlich, wenn A und B ihre Geſchwindigkeiten durch einen freyen Fall erhalten haͤtten, und mit den neuen Geſchwindigkeiten wieder aufſtiegen, ihr gemeinſchaftlicher Schwerpunkt eben ſo hoch ſteigen muͤßte, als er vorher gefallen war), daß die neuen Geſchwindigkeiten gleich ſeyn muͤſſen, wenn ſich die vorigen verkehrt, wie die Maſſen verhalten. Hierauf verſetzt er die Kugeln wieder auf das Schiff, und unterſucht fuͤr alle Faͤlle, was fuͤr Geſchwindigkeiten der Zuſchauer am Ufer vor und nach dem Stoße ſehen wuͤrde, welche fuͤr die abſoluten Bewegungen der Kugeln zuſammengehoͤren, wenn die Geſchwindigkeiten vor dem Stoße ungleich ſind. Bey allen Einwendungen, die ſich gegen die Beweiskraft dieſer
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Die Erfahrung lehrt, daß gleiche elaſtiſche Koͤrper, die ſich gleich geſchwind begegnen, auch gleich geſchwind zuruͤck ſpringen. Sind aber die Geſchwindigkeiten ungleich, ſo ſtelle man ſich vor, ein Menſch auf einem Schiffe fuͤhre mit beyden Haͤnden an den Faͤden <hirendition="#aq">aA, aB</hi> Taf. <hirendition="#aq">XXIII.</hi> Fig. 37. die Kugeln <hirendition="#aq">A</hi> und <hirendition="#aq">B</hi> mit gleicher Geſchwindigkeit gegen einander. Ruht das Schiff, ſo kommen ſie in der Mitte bey <hirendition="#aq">D</hi> zuſammen, und ſpringen eben ſo geſchwind wieder von einander. Nun weiß man, daß auf dem bewegten Schiffe alles eben ſo erfolgt, wie auf dem ruhenden. Wird alſo das Schiff waͤhrend dieſer Zeit von <hirendition="#aq">B</hi> nach <hirendition="#aq">A</hi> zu durch einen Raum <hirendition="#aq">BE</hi> bewegt, ſo iſt die abſolute Bewegung der Kugel <hirendition="#aq">B</hi> (wie man ſie vom Ufer aus ſehen wuͤrde) durch <hirendition="#aq">BD+BE,</hi> die der Kugel <hirendition="#aq">A</hi> nur durch <hirendition="#aq">AD—BE</hi> gegangen. Nach dem Stoße (wenn das Schiff immer fortfaͤhrt, oder wenigſtens <hirendition="#aq">A</hi> und <hirendition="#aq">B</hi> die ihnen vom Schiffe mitgetheilte Bewegung behalten) gehen beyde wieder gemeiniglich durch einen Raum=<hirendition="#aq">BE</hi> in eben der Zeit weiter; der Zuſchauer am Ufer ſieht alſo <hirendition="#aq">B</hi> nur durch den Raum <hirendition="#aq">BD—BE, A</hi> durch den <hirendition="#aq">AD—DE</hi> zuruͤckſpringen. Dies ſind aber ihre abſoluten Bewegungen; nach dieſen haben ſie alſo (weil <hirendition="#aq">BD=AD</hi>) ihre Geſchwindigkeiten verwechſelt. Auf gleiche Art werden nun alle Faͤlle des Stoßes <hirendition="#b">gleicher</hi> Maſſen unterſucht. Fuͤr <hirendition="#b">ungleiche</hi> Maſſen erweiſet <hirendition="#b">Huygens</hi> zuerſt aus dem <hirendition="#b">Grundſatze der aufſteigenden Kraͤfte</hi> (da nemlich, wenn <hirendition="#aq">A</hi> und <hirendition="#aq">B</hi> ihre Geſchwindigkeiten durch einen freyen Fall erhalten haͤtten, und mit den neuen Geſchwindigkeiten wieder aufſtiegen, ihr gemeinſchaftlicher Schwerpunkt eben ſo hoch ſteigen muͤßte, als er vorher gefallen war), daß die neuen Geſchwindigkeiten gleich ſeyn muͤſſen, wenn ſich die vorigen verkehrt, wie die Maſſen verhalten. Hierauf verſetzt er die Kugeln wieder auf das Schiff, und unterſucht fuͤr alle Faͤlle, was fuͤr Geſchwindigkeiten der Zuſchauer am Ufer vor und nach dem Stoße ſehen wuͤrde, welche fuͤr die abſoluten Bewegungen der Kugeln zuſammengehoͤren, wenn die Geſchwindigkeiten vor dem Stoße ungleich ſind. Bey allen Einwendungen, die ſich gegen die Beweiskraft dieſer<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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Die Erfahrung lehrt, daß gleiche elaſtiſche Koͤrper, die ſich gleich geſchwind begegnen, auch gleich geſchwind zuruͤck ſpringen. Sind aber die Geſchwindigkeiten ungleich, ſo ſtelle man ſich vor, ein Menſch auf einem Schiffe fuͤhre mit beyden Haͤnden an den Faͤden aA, aB Taf. XXIII. Fig. 37. die Kugeln A und B mit gleicher Geſchwindigkeit gegen einander. Ruht das Schiff, ſo kommen ſie in der Mitte bey D zuſammen, und ſpringen eben ſo geſchwind wieder von einander. Nun weiß man, daß auf dem bewegten Schiffe alles eben ſo erfolgt, wie auf dem ruhenden. Wird alſo das Schiff waͤhrend dieſer Zeit von B nach A zu durch einen Raum BE bewegt, ſo iſt die abſolute Bewegung der Kugel B (wie man ſie vom Ufer aus ſehen wuͤrde) durch BD+BE, die der Kugel A nur durch AD—BE gegangen. Nach dem Stoße (wenn das Schiff immer fortfaͤhrt, oder wenigſtens A und B die ihnen vom Schiffe mitgetheilte Bewegung behalten) gehen beyde wieder gemeiniglich durch einen Raum=BE in eben der Zeit weiter; der Zuſchauer am Ufer ſieht alſo B nur durch den Raum BD—BE, A durch den AD—DE zuruͤckſpringen. Dies ſind aber ihre abſoluten Bewegungen; nach dieſen haben ſie alſo (weil BD=AD) ihre Geſchwindigkeiten verwechſelt. Auf gleiche Art werden nun alle Faͤlle des Stoßes gleicher Maſſen unterſucht. Fuͤr ungleiche Maſſen erweiſet Huygens zuerſt aus dem Grundſatze der aufſteigenden Kraͤfte (da nemlich, wenn A und B ihre Geſchwindigkeiten durch einen freyen Fall erhalten haͤtten, und mit den neuen Geſchwindigkeiten wieder aufſtiegen, ihr gemeinſchaftlicher Schwerpunkt eben ſo hoch ſteigen muͤßte, als er vorher gefallen war), daß die neuen Geſchwindigkeiten gleich ſeyn muͤſſen, wenn ſich die vorigen verkehrt, wie die Maſſen verhalten. Hierauf verſetzt er die Kugeln wieder auf das Schiff, und unterſucht fuͤr alle Faͤlle, was fuͤr Geſchwindigkeiten der Zuſchauer am Ufer vor und nach dem Stoße ſehen wuͤrde, welche fuͤr die abſoluten Bewegungen der Kugeln zuſammengehoͤren, wenn die Geſchwindigkeiten vor dem Stoße ungleich ſind. Bey allen Einwendungen, die ſich gegen die Beweiskraft dieſer
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/245>, abgerufen am 25.11.2024.
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