Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Ich habe mir immer die Wirkung der Spitzen auf folgende Art vorgestellt. Wir finden durchgängig, daß die Mittheilung anfängt, wenn die Wirkungen der Atmosphären oder die Erscheinungen der Vertheilung den Grad erreicht haben, der zu Ueberwindung des Widerstands nöthig ist. Vertheilung nemlich scheint Streben nach Mittheilung zu seyn, dessen Ausbruch nur durch irgend einen Widerstand gehemmt wird. Nun sind die Wirkungskreise bey Spitzen unendlich freyer, als bey platten Flächen, und fast gar keinem Widerstande ausgesetzt: sollte hieraus nicht ganz begreiflich werden, daß die Vertheilung hier unendlich leichter und fast augenblicklich in Mittheilung übergehen muß?

Was in dieser Rücksicht bey platten und abgerundeten Flächen statt findet, habe ich schon beym Worte Elektricität (Th. I. S. 744.) erwähnt. Die Punkte elektrisirter platter Flächen liegen nebeneinander, jeder in des andern Wirkungskreise; ihre +/- E stoßen sich von allen Seiten her gleich stark ab, werden aber von den Punkten einer genäherten parallelen Fläche gleich stark angezogen, und dadurch in ein gegenseitiges Gleichgewicht versetzt, welches macht, daß die Mittheilung zwischen beyden Flächen nicht anders als durch einen völligen Uebergang des ganzen +/- E aus beyden Flächen auf einmal, mit parallelen Bewegungen erfolgen könnte. Dabey müßte die Elektricität der einen Fläche in die andere gleichsam in Gestalt einer großen cylindrischen oder prismatischen Scheibe, nach einer auf ihre Fläche senkrechten Richtung überfahren. Einem solchen Uebergange aber setzen die zwischenliegende Luft und die Anziehung der Flächen selbst gegen ihre E, einen viel zu starken Widerstand entgegen, daher die Mittheilung äußerst schwer wird, hingegen alles, was von Vertheilung und Wirkungskreisen abhängt, desto länger sichtbar bleibt.

Hat eine solche Fläche hervorragende Stellen, oder ist sie abgerundet, wie ABC Taf. XXIII. Fig. 24., so giebt es Punkte B in ihr, die andern genäherten Flächen abc näher, als die übrigen, liegen. Das +/- E dieser Punkte wird von dem gleichartigen E der anliegenden Punkte A, C so abgestoßen,


Ich habe mir immer die Wirkung der Spitzen auf folgende Art vorgeſtellt. Wir finden durchgaͤngig, daß die Mittheilung anfaͤngt, wenn die Wirkungen der Atmoſphaͤren oder die Erſcheinungen der Vertheilung den Grad erreicht haben, der zu Ueberwindung des Widerſtands noͤthig iſt. Vertheilung nemlich ſcheint Streben nach Mittheilung zu ſeyn, deſſen Ausbruch nur durch irgend einen Widerſtand gehemmt wird. Nun ſind die Wirkungskreiſe bey Spitzen unendlich freyer, als bey platten Flaͤchen, und faſt gar keinem Widerſtande ausgeſetzt: ſollte hieraus nicht ganz begreiflich werden, daß die Vertheilung hier unendlich leichter und faſt augenblicklich in Mittheilung uͤbergehen muß?

Was in dieſer Ruͤckſicht bey platten und abgerundeten Flaͤchen ſtatt findet, habe ich ſchon beym Worte Elektricitaͤt (Th. I. S. 744.) erwaͤhnt. Die Punkte elektriſirter platter Flaͤchen liegen nebeneinander, jeder in des andern Wirkungskreiſe; ihre ± E ſtoßen ſich von allen Seiten her gleich ſtark ab, werden aber von den Punkten einer genaͤherten parallelen Flaͤche gleich ſtark angezogen, und dadurch in ein gegenſeitiges Gleichgewicht verſetzt, welches macht, daß die Mittheilung zwiſchen beyden Flaͤchen nicht anders als durch einen voͤlligen Uebergang des ganzen ± E aus beyden Flaͤchen auf einmal, mit parallelen Bewegungen erfolgen koͤnnte. Dabey muͤßte die Elektricitaͤt der einen Flaͤche in die andere gleichſam in Geſtalt einer großen cylindriſchen oder prismatiſchen Scheibe, nach einer auf ihre Flaͤche ſenkrechten Richtung uͤberfahren. Einem ſolchen Uebergange aber ſetzen die zwiſchenliegende Luft und die Anziehung der Flaͤchen ſelbſt gegen ihre E, einen viel zu ſtarken Widerſtand entgegen, daher die Mittheilung aͤußerſt ſchwer wird, hingegen alles, was von Vertheilung und Wirkungskreiſen abhaͤngt, deſto laͤnger ſichtbar bleibt.

Hat eine ſolche Flaͤche hervorragende Stellen, oder iſt ſie abgerundet, wie ABC Taf. XXIII. Fig. 24., ſo giebt es Punkte B in ihr, die andern genaͤherten Flaͤchen abc naͤher, als die uͤbrigen, liegen. Das ± E dieſer Punkte wird von dem gleichartigen E der anliegenden Punkte A, C ſo abgeſtoßen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0173" xml:id="P.4.163" n="163"/><lb/>
            </p>
            <p>Ich habe mir immer die Wirkung der Spitzen auf folgende Art vorge&#x017F;tellt. Wir finden durchga&#x0364;ngig, daß die <hi rendition="#b">Mittheilung</hi> anfa&#x0364;ngt, wenn die Wirkungen der Atmo&#x017F;pha&#x0364;ren oder die Er&#x017F;cheinungen der <hi rendition="#b">Vertheilung</hi> den Grad erreicht haben, der zu Ueberwindung des Wider&#x017F;tands no&#x0364;thig i&#x017F;t. Vertheilung nemlich &#x017F;cheint Streben nach Mittheilung zu &#x017F;eyn, de&#x017F;&#x017F;en Ausbruch nur durch irgend einen Wider&#x017F;tand gehemmt wird. Nun &#x017F;ind die Wirkungskrei&#x017F;e bey Spitzen unendlich freyer, als bey platten Fla&#x0364;chen, und fa&#x017F;t gar keinem Wider&#x017F;tande ausge&#x017F;etzt: &#x017F;ollte hieraus nicht ganz begreiflich werden, daß die Vertheilung hier unendlich leichter und fa&#x017F;t augenblicklich in Mittheilung u&#x0364;bergehen muß?</p>
            <p>Was in die&#x017F;er Ru&#x0364;ck&#x017F;icht bey platten und abgerundeten Fla&#x0364;chen &#x017F;tatt findet, habe ich &#x017F;chon beym Worte <hi rendition="#b">Elektricita&#x0364;t</hi> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 744.) erwa&#x0364;hnt. Die Punkte elektri&#x017F;irter platter Fla&#x0364;chen liegen nebeneinander, jeder in des andern Wirkungskrei&#x017F;e; ihre ± <hi rendition="#aq">E</hi> &#x017F;toßen &#x017F;ich von allen Seiten her gleich &#x017F;tark ab, werden aber von den Punkten einer gena&#x0364;herten parallelen Fla&#x0364;che gleich &#x017F;tark angezogen, und dadurch in ein gegen&#x017F;eitiges Gleichgewicht ver&#x017F;etzt, welches macht, daß die Mittheilung zwi&#x017F;chen beyden Fla&#x0364;chen nicht anders als durch einen vo&#x0364;lligen Uebergang des ganzen ± <hi rendition="#aq">E</hi> aus beyden Fla&#x0364;chen auf einmal, mit parallelen Bewegungen erfolgen ko&#x0364;nnte. Dabey mu&#x0364;ßte die Elektricita&#x0364;t der einen Fla&#x0364;che in die andere gleich&#x017F;am in Ge&#x017F;talt einer großen cylindri&#x017F;chen oder prismati&#x017F;chen Scheibe, nach einer auf ihre Fla&#x0364;che &#x017F;enkrechten Richtung u&#x0364;berfahren. Einem &#x017F;olchen Uebergange aber &#x017F;etzen die zwi&#x017F;chenliegende Luft und die Anziehung der Fla&#x0364;chen &#x017F;elb&#x017F;t gegen ihre <hi rendition="#aq">E,</hi> einen viel zu &#x017F;tarken Wider&#x017F;tand entgegen, daher die Mittheilung a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;chwer wird, hingegen alles, was von Vertheilung und Wirkungskrei&#x017F;en abha&#x0364;ngt, de&#x017F;to la&#x0364;nger &#x017F;ichtbar bleibt.</p>
            <p>Hat eine &#x017F;olche Fla&#x0364;che hervorragende Stellen, oder i&#x017F;t &#x017F;ie abgerundet, wie <hi rendition="#aq">ABC</hi> Taf. <hi rendition="#aq">XXIII.</hi> Fig. 24., &#x017F;o giebt es Punkte <hi rendition="#aq">B</hi> in ihr, die andern gena&#x0364;herten Fla&#x0364;chen <hi rendition="#aq">abc</hi> na&#x0364;her, als die u&#x0364;brigen, liegen. Das ± <hi rendition="#aq">E</hi> die&#x017F;er Punkte wird von dem gleichartigen <hi rendition="#aq">E</hi> der anliegenden Punkte <hi rendition="#aq">A, C</hi> &#x017F;o abge&#x017F;toßen,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0173] Ich habe mir immer die Wirkung der Spitzen auf folgende Art vorgeſtellt. Wir finden durchgaͤngig, daß die Mittheilung anfaͤngt, wenn die Wirkungen der Atmoſphaͤren oder die Erſcheinungen der Vertheilung den Grad erreicht haben, der zu Ueberwindung des Widerſtands noͤthig iſt. Vertheilung nemlich ſcheint Streben nach Mittheilung zu ſeyn, deſſen Ausbruch nur durch irgend einen Widerſtand gehemmt wird. Nun ſind die Wirkungskreiſe bey Spitzen unendlich freyer, als bey platten Flaͤchen, und faſt gar keinem Widerſtande ausgeſetzt: ſollte hieraus nicht ganz begreiflich werden, daß die Vertheilung hier unendlich leichter und faſt augenblicklich in Mittheilung uͤbergehen muß? Was in dieſer Ruͤckſicht bey platten und abgerundeten Flaͤchen ſtatt findet, habe ich ſchon beym Worte Elektricitaͤt (Th. I. S. 744.) erwaͤhnt. Die Punkte elektriſirter platter Flaͤchen liegen nebeneinander, jeder in des andern Wirkungskreiſe; ihre ± E ſtoßen ſich von allen Seiten her gleich ſtark ab, werden aber von den Punkten einer genaͤherten parallelen Flaͤche gleich ſtark angezogen, und dadurch in ein gegenſeitiges Gleichgewicht verſetzt, welches macht, daß die Mittheilung zwiſchen beyden Flaͤchen nicht anders als durch einen voͤlligen Uebergang des ganzen ± E aus beyden Flaͤchen auf einmal, mit parallelen Bewegungen erfolgen koͤnnte. Dabey muͤßte die Elektricitaͤt der einen Flaͤche in die andere gleichſam in Geſtalt einer großen cylindriſchen oder prismatiſchen Scheibe, nach einer auf ihre Flaͤche ſenkrechten Richtung uͤberfahren. Einem ſolchen Uebergange aber ſetzen die zwiſchenliegende Luft und die Anziehung der Flaͤchen ſelbſt gegen ihre E, einen viel zu ſtarken Widerſtand entgegen, daher die Mittheilung aͤußerſt ſchwer wird, hingegen alles, was von Vertheilung und Wirkungskreiſen abhaͤngt, deſto laͤnger ſichtbar bleibt. Hat eine ſolche Flaͤche hervorragende Stellen, oder iſt ſie abgerundet, wie ABC Taf. XXIII. Fig. 24., ſo giebt es Punkte B in ihr, die andern genaͤherten Flaͤchen abc naͤher, als die uͤbrigen, liegen. Das ± E dieſer Punkte wird von dem gleichartigen E der anliegenden Punkte A, C ſo abgeſtoßen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/173
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/173>, abgerufen am 06.05.2024.