Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Körpers. Ein zweyter Versuch, wobey man andere Stellen des Körpers auflegt, giebt eine zweyte Schwerebene, die sich mit der vorigen in einer Schwetlinie oder einem Durchmesser der Schwere (diameter gravitatis) des Körpers schneidet. Ein dritter Versuch bestimmt eine dritte Schwerebene, die sich mit dem gedachten Durchmesser im Schwerpunkte schneidet. Oder: man hängt den Körper an einem Faden auf, so geht die Richtung des Fadens verlängert durch den Schwerpunkt, und bestimmt also einen Durchmesser der Schwere. Ein zweytes Aufhängen an einer andern Stelle des Körpers bestimmt einen zweyten Durchmesser, und der Schwerpunkt ist da, wo sich beyde schneiden.

Bisweilen sällt der Schwerpunkt nicht in die Masse selbst, sondern in eine Stelle, die von der zum Körper gehörigen Materie leer ist. So haben Ringe, hohle Kugeln u. dgl. den Schwerpunkt im leeten Mittelpunkte. Eben so krummgebogne Dräthe, die man als Bogen von Kreisen oder andern krummen Linien betrachten kan, hohle Gefäße, Trichter, die als Oberflächen von Kegeln anzusehen sind u. s. w. Eigenschaften des Schwerpunkts.

Wird ein Körper in seinem Schwerpunkte selbst aufgehangen oder unterstützt, so daß er sich frey um diesen Punkt drehen kan, so bleibt er in jeder Lage, die man ihm giebt, unbewegt stehen. Es ist nemlich so viel, als ob sein ganzes Gewicht im Unterstützungs- oder Umdrehungs- Punkte (centro motus) beysammen wäre, oder er gar keine Schwere hätte, daher ihm auch die Schwere allein keine Bewegung geben kan. In einem solchen Geichgewichte müssen sich die beweglichen Quadranten, die Fernröhre in der Mittagsfläche (instrumens de passage), die künstlichen Erd- und Himmelskugeln u. dgl. befinden, damit sie in jeder Stellung ruhig bleiben.

Wird aber der Körper an einem andern Punkte befestiget, so ruht er nicht, wofern nicht der Befestigungspunkt


Koͤrpers. Ein zweyter Verſuch, wobey man andere Stellen des Koͤrpers auflegt, giebt eine zweyte Schwerebene, die ſich mit der vorigen in einer Schwetlinie oder einem Durchmeſſer der Schwere (diameter gravitatis) des Koͤrpers ſchneidet. Ein dritter Verſuch beſtimmt eine dritte Schwerebene, die ſich mit dem gedachten Durchmeſſer im Schwerpunkte ſchneidet. Oder: man haͤngt den Koͤrper an einem Faden auf, ſo geht die Richtung des Fadens verlaͤngert durch den Schwerpunkt, und beſtimmt alſo einen Durchmeſſer der Schwere. Ein zweytes Aufhaͤngen an einer andern Stelle des Koͤrpers beſtimmt einen zweyten Durchmeſſer, und der Schwerpunkt iſt da, wo ſich beyde ſchneiden.

Bisweilen ſaͤllt der Schwerpunkt nicht in die Maſſe ſelbſt, ſondern in eine Stelle, die von der zum Koͤrper gehoͤrigen Materie leer iſt. So haben Ringe, hohle Kugeln u. dgl. den Schwerpunkt im leeten Mittelpunkte. Eben ſo krummgebogne Draͤthe, die man als Bogen von Kreiſen oder andern krummen Linien betrachten kan, hohle Gefaͤße, Trichter, die als Oberflaͤchen von Kegeln anzuſehen ſind u. ſ. w. Eigenſchaften des Schwerpunkts.

Wird ein Koͤrper in ſeinem Schwerpunkte ſelbſt aufgehangen oder unterſtuͤtzt, ſo daß er ſich frey um dieſen Punkt drehen kan, ſo bleibt er in jeder Lage, die man ihm giebt, unbewegt ſtehen. Es iſt nemlich ſo viel, als ob ſein ganzes Gewicht im Unterſtuͤtzungs- oder Umdrehungs- Punkte (centro motus) beyſammen waͤre, oder er gar keine Schwere haͤtte, daher ihm auch die Schwere allein keine Bewegung geben kan. In einem ſolchen Geichgewichte muͤſſen ſich die beweglichen Quadranten, die Fernroͤhre in der Mittagsflaͤche (inſtrumens de paſſage), die kuͤnſtlichen Erd- und Himmelskugeln u. dgl. befinden, damit ſie in jeder Stellung ruhig bleiben.

Wird aber der Koͤrper an einem andern Punkte befeſtiget, ſo ruht er nicht, wofern nicht der Befeſtigungspunkt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0934" xml:id="P.3.928" n="928"/><lb/>
Ko&#x0364;rpers. Ein zweyter Ver&#x017F;uch, wobey man andere Stellen des Ko&#x0364;rpers auflegt, giebt eine zweyte Schwerebene, die &#x017F;ich mit der vorigen in einer <hi rendition="#b">Schwetlinie</hi> oder einem <hi rendition="#b">Durchme&#x017F;&#x017F;er der Schwere</hi> <hi rendition="#aq">(diameter gravitatis)</hi> des Ko&#x0364;rpers &#x017F;chneidet. Ein dritter Ver&#x017F;uch be&#x017F;timmt eine dritte Schwerebene, die &#x017F;ich mit dem gedachten Durchme&#x017F;&#x017F;er im <hi rendition="#b">Schwerpunkte</hi> &#x017F;chneidet. Oder: man ha&#x0364;ngt den Ko&#x0364;rper an einem Faden auf, &#x017F;o geht die Richtung des Fadens verla&#x0364;ngert durch den Schwerpunkt, und be&#x017F;timmt al&#x017F;o einen Durchme&#x017F;&#x017F;er der Schwere. Ein zweytes Aufha&#x0364;ngen an einer andern Stelle des Ko&#x0364;rpers be&#x017F;timmt einen zweyten Durchme&#x017F;&#x017F;er, und der Schwerpunkt i&#x017F;t da, wo &#x017F;ich beyde &#x017F;chneiden.</p>
            <p>Bisweilen &#x017F;a&#x0364;llt der Schwerpunkt nicht in die Ma&#x017F;&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern in eine Stelle, die von der zum Ko&#x0364;rper geho&#x0364;rigen Materie leer i&#x017F;t. So haben Ringe, hohle Kugeln u. dgl. den Schwerpunkt im leeten Mittelpunkte. Eben &#x017F;o krummgebogne Dra&#x0364;the, die man als Bogen von Krei&#x017F;en oder andern krummen Linien betrachten kan, hohle Gefa&#x0364;ße, Trichter, die als Oberfla&#x0364;chen von Kegeln anzu&#x017F;ehen &#x017F;ind u. &#x017F;. w. <hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Eigen&#x017F;chaften des Schwerpunkts.</hi></hi></p>
            <p>Wird ein Ko&#x0364;rper in &#x017F;einem Schwerpunkte &#x017F;elb&#x017F;t aufgehangen oder unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, &#x017F;o daß er &#x017F;ich frey um die&#x017F;en Punkt drehen kan, &#x017F;o bleibt er in jeder Lage, die man ihm giebt, unbewegt &#x017F;tehen. Es i&#x017F;t nemlich &#x017F;o viel, als ob &#x017F;ein ganzes Gewicht im Unter&#x017F;tu&#x0364;tzungs- oder Umdrehungs- Punkte <hi rendition="#aq">(centro motus)</hi> bey&#x017F;ammen wa&#x0364;re, oder er gar keine Schwere ha&#x0364;tte, daher ihm auch die Schwere allein keine Bewegung geben kan. In einem &#x017F;olchen Geichgewichte mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die beweglichen Quadranten, die Fernro&#x0364;hre in der Mittagsfla&#x0364;che <hi rendition="#aq">(in&#x017F;trumens de pa&#x017F;&#x017F;age),</hi> die ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Erd- und Himmelskugeln u. dgl. befinden, damit &#x017F;ie in jeder Stellung ruhig bleiben.</p>
            <p>Wird aber der Ko&#x0364;rper an einem andern Punkte befe&#x017F;tiget, &#x017F;o ruht er nicht, wofern nicht der Befe&#x017F;tigungspunkt<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[928/0934] Koͤrpers. Ein zweyter Verſuch, wobey man andere Stellen des Koͤrpers auflegt, giebt eine zweyte Schwerebene, die ſich mit der vorigen in einer Schwetlinie oder einem Durchmeſſer der Schwere (diameter gravitatis) des Koͤrpers ſchneidet. Ein dritter Verſuch beſtimmt eine dritte Schwerebene, die ſich mit dem gedachten Durchmeſſer im Schwerpunkte ſchneidet. Oder: man haͤngt den Koͤrper an einem Faden auf, ſo geht die Richtung des Fadens verlaͤngert durch den Schwerpunkt, und beſtimmt alſo einen Durchmeſſer der Schwere. Ein zweytes Aufhaͤngen an einer andern Stelle des Koͤrpers beſtimmt einen zweyten Durchmeſſer, und der Schwerpunkt iſt da, wo ſich beyde ſchneiden. Bisweilen ſaͤllt der Schwerpunkt nicht in die Maſſe ſelbſt, ſondern in eine Stelle, die von der zum Koͤrper gehoͤrigen Materie leer iſt. So haben Ringe, hohle Kugeln u. dgl. den Schwerpunkt im leeten Mittelpunkte. Eben ſo krummgebogne Draͤthe, die man als Bogen von Kreiſen oder andern krummen Linien betrachten kan, hohle Gefaͤße, Trichter, die als Oberflaͤchen von Kegeln anzuſehen ſind u. ſ. w. Eigenſchaften des Schwerpunkts. Wird ein Koͤrper in ſeinem Schwerpunkte ſelbſt aufgehangen oder unterſtuͤtzt, ſo daß er ſich frey um dieſen Punkt drehen kan, ſo bleibt er in jeder Lage, die man ihm giebt, unbewegt ſtehen. Es iſt nemlich ſo viel, als ob ſein ganzes Gewicht im Unterſtuͤtzungs- oder Umdrehungs- Punkte (centro motus) beyſammen waͤre, oder er gar keine Schwere haͤtte, daher ihm auch die Schwere allein keine Bewegung geben kan. In einem ſolchen Geichgewichte muͤſſen ſich die beweglichen Quadranten, die Fernroͤhre in der Mittagsflaͤche (inſtrumens de paſſage), die kuͤnſtlichen Erd- und Himmelskugeln u. dgl. befinden, damit ſie in jeder Stellung ruhig bleiben. Wird aber der Koͤrper an einem andern Punkte befeſtiget, ſo ruht er nicht, wofern nicht der Befeſtigungspunkt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/934
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 928. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/934>, abgerufen am 12.05.2024.