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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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nun die Schraube oder die Mutter) fortzugehen genöthiget wird. Dieses Fortgehen kann man benützen, um dadurch Lasten zu heben, widerstehende Körper fortzudrücken oder anzupressen u. dgl., und es läßt sich dadurch ein ziemlicher Vortheil an Kraft erhalten.

Man sieht bald, daß die Theorie einer solchen Veranstaltung auf den Gesetzen der schiefen Fläche berutzt. Die ganze Entstehung der Schraube kömmt darauf hinaus, daß der Durchschnitt einer schiefen Ebne in die Runde umgebogen wird. Auf diese Art entstehen Schraube und Mutter durch Umbiegung der beyden rechtwinklichten Dreyecke ACB und AFB Taf. XXI. Fig. 138., die sich mit ihrer gemeinschaftlichen Hypotenuse an einander verschieben lassen. Wird von diesen Dreyecken das eine ACB festgehalten, das andere AFB aber, welches die Last L trägt, von der mit der Grundlinie BC parallel wirkenden Kraft K fortgedrückt, so wird durch die wirkliche Bewegung das letztere in die Lage afb gebracht, und die Last L gehoben werden. Es ist oies eben so viel, als ob die Last nebst dem obern Dreyecke nach einer mit BC parallelen Richtung auf der schiefen Fläche AB fortgezogen würde. Hiebey würde sich also für den Fall des Gleichgewichts K:L wie AC:CB verhalten müssen, s. Schiefe Ebne.

Man nimmt an, daß die Umbiegung in die Runde hierin nichts ändere, wenn die Kraft nach der Tangente des Umfangs der Spindel, und die Last oder der Widerstand nach der Axe der Spindel, mithin senkrecht auf der Spindel Umfang, wirkt. Dies ist der Fall bey der Schraube, wenn die umdrehende Kraft unmittelbar am Umfange der Schraubenspindel angebracht ist. Alsdann verwandelt sich AC in die Weite der Schraubengänge, und CB in den Umfang der Spindel. Demnach findet bey der Schraube das Gleichgrwicht statt, wenn sich die Kraft zur Last verhält, wie die Weire der Schraubengänge zum Umkreise der Spindel. Man kann daher durch eine Schraube ansehnliche Verstärkungen der Kraft erhalten, wenn man sie so einrichtet, daß die Weite ihrer


nun die Schraube oder die Mutter) fortzugehen genoͤthiget wird. Dieſes Fortgehen kann man benuͤtzen, um dadurch Laſten zu heben, widerſtehende Koͤrper fortzudruͤcken oder anzupreſſen u. dgl., und es laͤßt ſich dadurch ein ziemlicher Vortheil an Kraft erhalten.

Man ſieht bald, daß die Theorie einer ſolchen Veranſtaltung auf den Geſetzen der ſchiefen Flaͤche berutzt. Die ganze Entſtehung der Schraube koͤmmt darauf hinaus, daß der Durchſchnitt einer ſchiefen Ebne in die Runde umgebogen wird. Auf dieſe Art entſtehen Schraube und Mutter durch Umbiegung der beyden rechtwinklichten Dreyecke ACB und AFB Taf. XXI. Fig. 138., die ſich mit ihrer gemeinſchaftlichen Hypotenuſe an einander verſchieben laſſen. Wird von dieſen Dreyecken das eine ACB feſtgehalten, das andere AFB aber, welches die Laſt L traͤgt, von der mit der Grundlinie BC parallel wirkenden Kraft K fortgedruͤckt, ſo wird durch die wirkliche Bewegung das letztere in die Lage afb gebracht, und die Laſt L gehoben werden. Es iſt oies eben ſo viel, als ob die Laſt nebſt dem obern Dreyecke nach einer mit BC parallelen Richtung auf der ſchiefen Flaͤche AB fortgezogen wuͤrde. Hiebey wuͤrde ſich alſo fuͤr den Fall des Gleichgewichts K:L wie AC:CB verhalten muͤſſen, ſ. Schiefe Ebne.

Man nimmt an, daß die Umbiegung in die Runde hierin nichts aͤndere, wenn die Kraft nach der Tangente des Umfangs der Spindel, und die Laſt oder der Widerſtand nach der Axe der Spindel, mithin ſenkrecht auf der Spindel Umfang, wirkt. Dies iſt der Fall bey der Schraube, wenn die umdrehende Kraft unmittelbar am Umfange der Schraubenſpindel angebracht iſt. Alsdann verwandelt ſich AC in die Weite der Schraubengaͤnge, und CB in den Umfang der Spindel. Demnach findet bey der Schraube das Gleichgrwicht ſtatt, wenn ſich die Kraft zur Laſt verhaͤlt, wie die Weire der Schraubengaͤnge zum Umkreiſe der Spindel. Man kann daher durch eine Schraube anſehnliche Verſtaͤrkungen der Kraft erhalten, wenn man ſie ſo einrichtet, daß die Weite ihrer

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[870/0876] nun die Schraube oder die Mutter) fortzugehen genoͤthiget wird. Dieſes Fortgehen kann man benuͤtzen, um dadurch Laſten zu heben, widerſtehende Koͤrper fortzudruͤcken oder anzupreſſen u. dgl., und es laͤßt ſich dadurch ein ziemlicher Vortheil an Kraft erhalten. Man ſieht bald, daß die Theorie einer ſolchen Veranſtaltung auf den Geſetzen der ſchiefen Flaͤche berutzt. Die ganze Entſtehung der Schraube koͤmmt darauf hinaus, daß der Durchſchnitt einer ſchiefen Ebne in die Runde umgebogen wird. Auf dieſe Art entſtehen Schraube und Mutter durch Umbiegung der beyden rechtwinklichten Dreyecke ACB und AFB Taf. XXI. Fig. 138., die ſich mit ihrer gemeinſchaftlichen Hypotenuſe an einander verſchieben laſſen. Wird von dieſen Dreyecken das eine ACB feſtgehalten, das andere AFB aber, welches die Laſt L traͤgt, von der mit der Grundlinie BC parallel wirkenden Kraft K fortgedruͤckt, ſo wird durch die wirkliche Bewegung das letztere in die Lage afb gebracht, und die Laſt L gehoben werden. Es iſt oies eben ſo viel, als ob die Laſt nebſt dem obern Dreyecke nach einer mit BC parallelen Richtung auf der ſchiefen Flaͤche AB fortgezogen wuͤrde. Hiebey wuͤrde ſich alſo fuͤr den Fall des Gleichgewichts K:L wie AC:CB verhalten muͤſſen, ſ. Schiefe Ebne. Man nimmt an, daß die Umbiegung in die Runde hierin nichts aͤndere, wenn die Kraft nach der Tangente des Umfangs der Spindel, und die Laſt oder der Widerſtand nach der Axe der Spindel, mithin ſenkrecht auf der Spindel Umfang, wirkt. Dies iſt der Fall bey der Schraube, wenn die umdrehende Kraft unmittelbar am Umfange der Schraubenſpindel angebracht iſt. Alsdann verwandelt ſich AC in die Weite der Schraubengaͤnge, und CB in den Umfang der Spindel. Demnach findet bey der Schraube das Gleichgrwicht ſtatt, wenn ſich die Kraft zur Laſt verhaͤlt, wie die Weire der Schraubengaͤnge zum Umkreiſe der Spindel. Man kann daher durch eine Schraube anſehnliche Verſtaͤrkungen der Kraft erhalten, wenn man ſie ſo einrichtet, daß die Weite ihrer

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 870. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/876>, abgerufen am 23.11.2024.