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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Gold verwandelte sich durch einen starken Schlag in eine purpurfarbige Substanz, indem ein dicker Dampf daraus aufstieg; mäßigere Schläge zertheilten es in Kügelchen, aber nie in Flocken. In phlogistisirter Luft wurden die Metalle in feinen Staub oder kleine Kügelchen zertheilt, aber nicht verkalkt. In dephlogistisirter Luft aber erfolgte die Verkalkung weit leichter und vollkommner. Wider alles Erwarten gieng die Verkalkung des Zinns und Bleys auch in nitröser Luft von statten, welches sich Herr v. M. aus der Verwandlung ihrer Salpetersäure in dephlogistisirte Luft erklärt. Sogar unter dem Wasser geschahe die Verkalkung des Eisens und Bleys, wobey sich der Kalk, wie eine Wolke, erhob, auch einige Luftblasen aus dem Wasser aufstiegen, die Hr. v. M. brennbar fand. Er erklärt diesen letzten Versuch nach dem antiphlogistischen System, und zieht zugleich einen Beweis daraus, daß das Wasser aus reiner und brennbarer Luft bestehe, s. Wasser.

Umgekehrt hat man auch metallische Kalke durch den elektrischen Schlag wiederhergestellt. Beccaria (Lettere dell' elettricismo, p. 282.) hat dies versucht, indem er die Explosion zwischen zwey Stücken Metallkalk veranstaltete. So reducirte er Zink, und revivisicirte Quecksilber aus Zinnober. Noch mehr Versuche hierüder hat der Graf von Milly (Rozier Journal de physique 1774. Aout, p. 146. Decembr. p. 444.) angestellt. Diese Reduction ist eine Wirkung der Schmelzung mit hinzukommendem Phlogiston, s. Reduction. So phlogistisirt der Schlag auch die Luftgattungen, durch die er geht, oder wirkt nach Priestley's Ausdrucke (Exp. and obs. on diff. kinds of air, Vol. II. Sect. 13.), wie ein phlogistischer Proceß. Man ist aber dadurch noch nicht berechtiget, das Phlogiston in der elektrischen Materie selbst zu suchen; weit wahrscheinlicher wird es durch die Gewalt des Schlags aus der Oberfläche der Leiter, aus dem Kütt oder andern Theilen des Apparats u. dgl. entbunden.

Starke Schläge können den Magnetnadeln ihre Kraft rauben, oder ihre Pole umkehren, im Gegentheil aber auch unmagnetischen Nadeln die Polarität geben. Gleichwohl


Gold verwandelte ſich durch einen ſtarken Schlag in eine purpurfarbige Subſtanz, indem ein dicker Dampf daraus aufſtieg; maͤßigere Schlaͤge zertheilten es in Kuͤgelchen, aber nie in Flocken. In phlogiſtiſirter Luft wurden die Metalle in feinen Staub oder kleine Kuͤgelchen zertheilt, aber nicht verkalkt. In dephlogiſtiſirter Luft aber erfolgte die Verkalkung weit leichter und vollkommner. Wider alles Erwarten gieng die Verkalkung des Zinns und Bleys auch in nitroͤſer Luft von ſtatten, welches ſich Herr v. M. aus der Verwandlung ihrer Salpeterſaͤure in dephlogiſtiſirte Luft erklaͤrt. Sogar unter dem Waſſer geſchahe die Verkalkung des Eiſens und Bleys, wobey ſich der Kalk, wie eine Wolke, erhob, auch einige Luftblaſen aus dem Waſſer aufſtiegen, die Hr. v. M. brennbar fand. Er erklaͤrt dieſen letzten Verſuch nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem, und zieht zugleich einen Beweis daraus, daß das Waſſer aus reiner und brennbarer Luft beſtehe, ſ. Waſſer.

Umgekehrt hat man auch metalliſche Kalke durch den elektriſchen Schlag wiederhergeſtellt. Beccaria (Lettere dell' elettriciſmo, p. 282.) hat dies verſucht, indem er die Exploſion zwiſchen zwey Stuͤcken Metallkalk veranſtaltete. So reducirte er Zink, und reviviſicirte Queckſilber aus Zinnober. Noch mehr Verſuche hieruͤder hat der Graf von Milly (Rozier Journal de phyſique 1774. Aôut, p. 146. Decembr. p. 444.) angeſtellt. Dieſe Reduction iſt eine Wirkung der Schmelzung mit hinzukommendem Phlogiſton, ſ. Reduction. So phlogiſtiſirt der Schlag auch die Luftgattungen, durch die er geht, oder wirkt nach Prieſtley's Ausdrucke (Exp. and obſ. on diff. kinds of air, Vol. II. Sect. 13.), wie ein phlogiſtiſcher Proceß. Man iſt aber dadurch noch nicht berechtiget, das Phlogiſton in der elektriſchen Materie ſelbſt zu ſuchen; weit wahrſcheinlicher wird es durch die Gewalt des Schlags aus der Oberflaͤche der Leiter, aus dem Kuͤtt oder andern Theilen des Apparats u. dgl. entbunden.

Starke Schlaͤge koͤnnen den Magnetnadeln ihre Kraft rauben, oder ihre Pole umkehren, im Gegentheil aber auch unmagnetiſchen Nadeln die Polaritaͤt geben. Gleichwohl

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[857/0863] Gold verwandelte ſich durch einen ſtarken Schlag in eine purpurfarbige Subſtanz, indem ein dicker Dampf daraus aufſtieg; maͤßigere Schlaͤge zertheilten es in Kuͤgelchen, aber nie in Flocken. In phlogiſtiſirter Luft wurden die Metalle in feinen Staub oder kleine Kuͤgelchen zertheilt, aber nicht verkalkt. In dephlogiſtiſirter Luft aber erfolgte die Verkalkung weit leichter und vollkommner. Wider alles Erwarten gieng die Verkalkung des Zinns und Bleys auch in nitroͤſer Luft von ſtatten, welches ſich Herr v. M. aus der Verwandlung ihrer Salpeterſaͤure in dephlogiſtiſirte Luft erklaͤrt. Sogar unter dem Waſſer geſchahe die Verkalkung des Eiſens und Bleys, wobey ſich der Kalk, wie eine Wolke, erhob, auch einige Luftblaſen aus dem Waſſer aufſtiegen, die Hr. v. M. brennbar fand. Er erklaͤrt dieſen letzten Verſuch nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem, und zieht zugleich einen Beweis daraus, daß das Waſſer aus reiner und brennbarer Luft beſtehe, ſ. Waſſer. Umgekehrt hat man auch metalliſche Kalke durch den elektriſchen Schlag wiederhergeſtellt. Beccaria (Lettere dell' elettriciſmo, p. 282.) hat dies verſucht, indem er die Exploſion zwiſchen zwey Stuͤcken Metallkalk veranſtaltete. So reducirte er Zink, und reviviſicirte Queckſilber aus Zinnober. Noch mehr Verſuche hieruͤder hat der Graf von Milly (Rozier Journal de phyſique 1774. Aôut, p. 146. Decembr. p. 444.) angeſtellt. Dieſe Reduction iſt eine Wirkung der Schmelzung mit hinzukommendem Phlogiſton, ſ. Reduction. So phlogiſtiſirt der Schlag auch die Luftgattungen, durch die er geht, oder wirkt nach Prieſtley's Ausdrucke (Exp. and obſ. on diff. kinds of air, Vol. II. Sect. 13.), wie ein phlogiſtiſcher Proceß. Man iſt aber dadurch noch nicht berechtiget, das Phlogiſton in der elektriſchen Materie ſelbſt zu ſuchen; weit wahrſcheinlicher wird es durch die Gewalt des Schlags aus der Oberflaͤche der Leiter, aus dem Kuͤtt oder andern Theilen des Apparats u. dgl. entbunden. Starke Schlaͤge koͤnnen den Magnetnadeln ihre Kraft rauben, oder ihre Pole umkehren, im Gegentheil aber auch unmagnetiſchen Nadeln die Polaritaͤt geben. Gleichwohl

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 857. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/863>, abgerufen am 23.11.2024.