Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


üblichen Verhältnisse findet man beym Macquer und Gren gesammelt. Nach Baume (Erläut. Erperimentalchemie, Th. II. S. 604.) und d'Arcy (Essai d'artillerie. a Paris, 1754.) vermehrt der Schwefel die Kraft des Pulvers. Es ist aber gewiß, daß er in allzugroßem Verhältnisse das Gegentheil thut, und die von Ingenhouß aus dem Manuel d'artificier beygebrachten Versuche lehren, daß Schießpulver ohne Schwefel beym groben Geschütze von der besten Wirkung ist. Dagegen macht aber der Schwefel die Entzündung schneller und sicherer.

Diese Ingredienzien werden auf den Pulvermühlen unter gelinder Befeuchtung klar oder zu Mehlpulver gestampft, welches alsdann vermittelst des Durchdrückens durch Siebe gekörnt, durch Umdrehung in einer hohlen Walze oder Tonne geglättet und in der Wärme getrocknet wird. Es entsteht hieraus eine körnichte Masse, in welcher der Salpeter mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit verpuft, so daß die größten Mengen dieses Pulvers durch Entzündung eines einzigen Körnchens in einem Augenölicke auffliegen, und durch den plötzlichen Ueberfluß der dabey entwickelten elastischen Materien die schrecklichsten Wirkungen hervorbringen.

Hawksbee (Philos. Trans. Num. 295.) bewieß durch folgenden Versuch, daß die Entzündung des Schießpulvers eine elastische Materie erzeuge. Er brachte ein glühendes Eisen unter die Glocke der Luftpumpe, zog die Luft heraus, ließ ein wenig Pulver darauf fallen, und sahe, daß das Quecksilber in dem Elasticitärszeiger bey der Entzündung sehr tief herabfiel, und darauf zwar wieder stieg, aber seine vorige Höhe bey weitem nicht erreichte. Eine geringe Quantität Pulver brachte das Quecksilber auf 12 3/4 Zoll herab, wenn es zuvor bey ausgeleerter Glocke auf 29 1/2 Zoll gestanden hatte. Mithin war die Glocke mit einem elastischen Fluidum angefüllt, das sich aus dem wenigen Pulver entbunden hatte. So zeigt er auch (Physico - mechanical experiments, p. 81.), daß das Abbrennen des Pulvers in eingeschloßner Luft die Menge dieser Luft vermehrt. Man hat seitdem die Gewalt des Pulvers einstimmig dieser entwickelten


uͤblichen Verhaͤltniſſe findet man beym Macquer und Gren geſammelt. Nach Baume (Erlaͤut. Erperimentalchemie, Th. II. S. 604.) und d'Arcy (Eſſai d'artillerie. à Paris, 1754.) vermehrt der Schwefel die Kraft des Pulvers. Es iſt aber gewiß, daß er in allzugroßem Verhaͤltniſſe das Gegentheil thut, und die von Ingenhouß aus dem Manuel d'artificier beygebrachten Verſuche lehren, daß Schießpulver ohne Schwefel beym groben Geſchuͤtze von der beſten Wirkung iſt. Dagegen macht aber der Schwefel die Entzuͤndung ſchneller und ſicherer.

Dieſe Ingredienzien werden auf den Pulvermuͤhlen unter gelinder Befeuchtung klar oder zu Mehlpulver geſtampft, welches alsdann vermittelſt des Durchdruͤckens durch Siebe gekoͤrnt, durch Umdrehung in einer hohlen Walze oder Tonne geglaͤttet und in der Waͤrme getrocknet wird. Es entſteht hieraus eine koͤrnichte Maſſe, in welcher der Salpeter mit einer erſtaunlichen Geſchwindigkeit verpuft, ſo daß die groͤßten Mengen dieſes Pulvers durch Entzuͤndung eines einzigen Koͤrnchens in einem Augenoͤlicke auffliegen, und durch den ploͤtzlichen Ueberfluß der dabey entwickelten elaſtiſchen Materien die ſchrecklichſten Wirkungen hervorbringen.

Hawksbee (Philoſ. Trans. Num. 295.) bewieß durch folgenden Verſuch, daß die Entzuͤndung des Schießpulvers eine elaſtiſche Materie erzeuge. Er brachte ein gluͤhendes Eiſen unter die Glocke der Luftpumpe, zog die Luft heraus, ließ ein wenig Pulver darauf fallen, und ſahe, daß das Queckſilber in dem Elaſticitaͤrszeiger bey der Entzuͤndung ſehr tief herabfiel, und darauf zwar wieder ſtieg, aber ſeine vorige Hoͤhe bey weitem nicht erreichte. Eine geringe Quantitaͤt Pulver brachte das Queckſilber auf 12 3/4 Zoll herab, wenn es zuvor bey ausgeleerter Glocke auf 29 1/2 Zoll geſtanden hatte. Mithin war die Glocke mit einem elaſtiſchen Fluidum angefuͤllt, das ſich aus dem wenigen Pulver entbunden hatte. So zeigt er auch (Phyſico - mechanical experiments, p. 81.), daß das Abbrennen des Pulvers in eingeſchloßner Luft die Menge dieſer Luft vermehrt. Man hat ſeitdem die Gewalt des Pulvers einſtimmig dieſer entwickelten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0851" xml:id="P.3.845" n="845"/><lb/>
u&#x0364;blichen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e findet man beym <hi rendition="#b">Macquer</hi> und <hi rendition="#b">Gren</hi> ge&#x017F;ammelt. Nach <hi rendition="#b">Baume</hi> (Erla&#x0364;ut. Erperimentalchemie, Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 604.) und <hi rendition="#b">d'Arcy</hi> <hi rendition="#aq">(E&#x017F;&#x017F;ai d'artillerie. à Paris, 1754.)</hi> vermehrt der Schwefel die Kraft des Pulvers. Es i&#x017F;t aber gewiß, daß er in allzugroßem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e das Gegentheil thut, und die von <hi rendition="#b">Ingenhouß</hi> aus dem <hi rendition="#aq">Manuel d'artificier</hi> beygebrachten Ver&#x017F;uche lehren, daß Schießpulver ohne Schwefel beym groben Ge&#x017F;chu&#x0364;tze von der be&#x017F;ten Wirkung i&#x017F;t. Dagegen macht aber der Schwefel die Entzu&#x0364;ndung &#x017F;chneller und &#x017F;icherer.</p>
            <p>Die&#x017F;e Ingredienzien werden auf den Pulvermu&#x0364;hlen unter gelinder Befeuchtung klar oder zu <hi rendition="#b">Mehlpulver</hi> ge&#x017F;tampft, welches alsdann vermittel&#x017F;t des Durchdru&#x0364;ckens durch Siebe geko&#x0364;rnt, durch Umdrehung in einer hohlen Walze oder Tonne gegla&#x0364;ttet und in der Wa&#x0364;rme getrocknet wird. Es ent&#x017F;teht hieraus eine ko&#x0364;rnichte Ma&#x017F;&#x017F;e, in welcher der Salpeter mit einer er&#x017F;taunlichen Ge&#x017F;chwindigkeit verpuft, &#x017F;o daß die gro&#x0364;ßten Mengen die&#x017F;es Pulvers durch Entzu&#x0364;ndung eines einzigen Ko&#x0364;rnchens in einem Augeno&#x0364;licke auffliegen, und durch den plo&#x0364;tzlichen Ueberfluß der dabey entwickelten ela&#x017F;ti&#x017F;chen Materien die &#x017F;chrecklich&#x017F;ten Wirkungen hervorbringen.</p>
            <p><hi rendition="#b">Hawksbee</hi><hi rendition="#aq">(Philo&#x017F;. Trans. Num. 295.)</hi> bewieß durch folgenden Ver&#x017F;uch, daß die Entzu&#x0364;ndung des Schießpulvers eine ela&#x017F;ti&#x017F;che Materie erzeuge. Er brachte ein glu&#x0364;hendes Ei&#x017F;en unter die Glocke der Luftpumpe, zog die Luft heraus, ließ ein wenig Pulver darauf fallen, und &#x017F;ahe, daß das Queck&#x017F;ilber in dem Ela&#x017F;ticita&#x0364;rszeiger bey der Entzu&#x0364;ndung &#x017F;ehr tief herabfiel, und darauf zwar wieder &#x017F;tieg, aber &#x017F;eine vorige Ho&#x0364;he bey weitem nicht erreichte. Eine geringe Quantita&#x0364;t Pulver brachte das Queck&#x017F;ilber auf 12 3/4 Zoll herab, wenn es zuvor bey ausgeleerter Glocke auf 29 1/2 Zoll ge&#x017F;tanden hatte. Mithin war die Glocke mit einem ela&#x017F;ti&#x017F;chen Fluidum angefu&#x0364;llt, das &#x017F;ich aus dem wenigen Pulver entbunden hatte. So zeigt er auch <hi rendition="#aq">(Phy&#x017F;ico - mechanical experiments, p. 81.),</hi> daß das Abbrennen des Pulvers in einge&#x017F;chloßner Luft die Menge die&#x017F;er Luft vermehrt. Man hat &#x017F;eitdem die Gewalt des Pulvers ein&#x017F;timmig die&#x017F;er entwickelten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[845/0851] uͤblichen Verhaͤltniſſe findet man beym Macquer und Gren geſammelt. Nach Baume (Erlaͤut. Erperimentalchemie, Th. II. S. 604.) und d'Arcy (Eſſai d'artillerie. à Paris, 1754.) vermehrt der Schwefel die Kraft des Pulvers. Es iſt aber gewiß, daß er in allzugroßem Verhaͤltniſſe das Gegentheil thut, und die von Ingenhouß aus dem Manuel d'artificier beygebrachten Verſuche lehren, daß Schießpulver ohne Schwefel beym groben Geſchuͤtze von der beſten Wirkung iſt. Dagegen macht aber der Schwefel die Entzuͤndung ſchneller und ſicherer. Dieſe Ingredienzien werden auf den Pulvermuͤhlen unter gelinder Befeuchtung klar oder zu Mehlpulver geſtampft, welches alsdann vermittelſt des Durchdruͤckens durch Siebe gekoͤrnt, durch Umdrehung in einer hohlen Walze oder Tonne geglaͤttet und in der Waͤrme getrocknet wird. Es entſteht hieraus eine koͤrnichte Maſſe, in welcher der Salpeter mit einer erſtaunlichen Geſchwindigkeit verpuft, ſo daß die groͤßten Mengen dieſes Pulvers durch Entzuͤndung eines einzigen Koͤrnchens in einem Augenoͤlicke auffliegen, und durch den ploͤtzlichen Ueberfluß der dabey entwickelten elaſtiſchen Materien die ſchrecklichſten Wirkungen hervorbringen. Hawksbee (Philoſ. Trans. Num. 295.) bewieß durch folgenden Verſuch, daß die Entzuͤndung des Schießpulvers eine elaſtiſche Materie erzeuge. Er brachte ein gluͤhendes Eiſen unter die Glocke der Luftpumpe, zog die Luft heraus, ließ ein wenig Pulver darauf fallen, und ſahe, daß das Queckſilber in dem Elaſticitaͤrszeiger bey der Entzuͤndung ſehr tief herabfiel, und darauf zwar wieder ſtieg, aber ſeine vorige Hoͤhe bey weitem nicht erreichte. Eine geringe Quantitaͤt Pulver brachte das Queckſilber auf 12 3/4 Zoll herab, wenn es zuvor bey ausgeleerter Glocke auf 29 1/2 Zoll geſtanden hatte. Mithin war die Glocke mit einem elaſtiſchen Fluidum angefuͤllt, das ſich aus dem wenigen Pulver entbunden hatte. So zeigt er auch (Phyſico - mechanical experiments, p. 81.), daß das Abbrennen des Pulvers in eingeſchloßner Luft die Menge dieſer Luft vermehrt. Man hat ſeitdem die Gewalt des Pulvers einſtimmig dieſer entwickelten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/851
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/851>, abgerufen am 14.05.2024.