an. Am Tage der Nachtgleiche war der Schatten in Rom um 1/9 kürzer, als der Gnomon (In urbe Roma nona pars gnomonis deest umbrae), d. i. (AB/AC) war 9/8 oder 1,1250000, welches als Tangente zu 48° 22' gehört. Dies wäre also die Mittagshöhe der Sonne am Aequinoctialtage, oder die Aequatorhöhe von Rom: vermindert man dieselbe noch wegen der Stralenbrechung und des Halbschattens oder Halbmessers der Sonne um 16', so erhältman 48° 6', mithin die Polhöhe 41° 54'. Auch neuere Beobachtungen geben die Polhöhe von Rom 41° 54'.
Wenn die Sonne im Horizonte steht, werden die geraden Schatten unendlich lang, oder es wird die ganze Erdfläche mit Schatten bedeckt. Dagegen sind sie zu Mittag, wenn die Sonne die größte Höhe hat, am kürzesten. Wenn die Sonnenhöhe 45° beträgt, so sind die geraden Schatten sowohl, als die umgekehrten eben so lang, als die Körper selbst, weil für B = 45° auch C = 45°, und also in beyden Figuren 127. und 128. AC = AB wird. In der Geographie bekommen die Bewohner gewisser Theile der Erdfläche Namen, die sich auf die Lage der geraden Schatten daselbst beziehen, s. Heteroscii,Unschattichte, Umschattichte.
Auf die Betrachtung des geraden und umgekehrten Schattens gründer sich die Einrichtung des geometrischen Quadrats, welches Wolf(Elem. Optic. §. 172. sqq.) beschreibt. Wenn man nemlich an den beyden Grenzen eines Quadranten Linien zieht, die ihn berühren, so kan man für Winkel bis 45° Tangenten auf eine dieser Linien tragen, und auf die andere Cotangenten für die größern Winkel. Daraus entsteht ein Quadrat mit zwo abgetheilten Seiten, welche die Namen Vmbra recta und versa führen. Man gebrauchte dergleichen Werkzeuge, mit Dioptern versehen, im 16 Jahrhunderte zu Höhenmessungen und Beobachtung der Sonnenhöhen.
Sonst findet man auch die Höhe eines Thurms, Baumes u. dgl. durch den geraden Schatten auf folgende Art. Die zu messende Höhe sey AB, Taf. XXI. Fig. 127, der gerade Schatten AC. Man stecke einen Stab von bekannter
an. Am Tage der Nachtgleiche war der Schatten in Rom um 1/9 kuͤrzer, als der Gnomon (In urbe Roma nona pars gnomonis deeſt umbrae), d. i. (AB/AC) war 9/8 oder 1,1250000, welches als Tangente zu 48° 22′ gehoͤrt. Dies waͤre alſo die Mittagshoͤhe der Sonne am Aequinoctialtage, oder die Aequatorhoͤhe von Rom: vermindert man dieſelbe noch wegen der Stralenbrechung und des Halbſchattens oder Halbmeſſers der Sonne um 16′, ſo erhaͤltman 48° 6′, mithin die Polhoͤhe 41° 54′. Auch neuere Beobachtungen geben die Polhoͤhe von Rom 41° 54′.
Wenn die Sonne im Horizonte ſteht, werden die geraden Schatten unendlich lang, oder es wird die ganze Erdflaͤche mit Schatten bedeckt. Dagegen ſind ſie zu Mittag, wenn die Sonne die groͤßte Hoͤhe hat, am kuͤrzeſten. Wenn die Sonnenhoͤhe 45° betraͤgt, ſo ſind die geraden Schatten ſowohl, als die umgekehrten eben ſo lang, als die Koͤrper ſelbſt, weil fuͤr B = 45° auch C = 45°, und alſo in beyden Figuren 127. und 128. AC = AB wird. In der Geographie bekommen die Bewohner gewiſſer Theile der Erdflaͤche Namen, die ſich auf die Lage der geraden Schatten daſelbſt beziehen, ſ. Heteroſcii,Unſchattichte, Umſchattichte.
Auf die Betrachtung des geraden und umgekehrten Schattens gruͤnder ſich die Einrichtung des geometriſchen Quadrats, welches Wolf(Elem. Optic. §. 172. ſqq.) beſchreibt. Wenn man nemlich an den beyden Grenzen eines Quadranten Linien zieht, die ihn beruͤhren, ſo kan man fuͤr Winkel bis 45° Tangenten auf eine dieſer Linien tragen, und auf die andere Cotangenten fuͤr die groͤßern Winkel. Daraus entſteht ein Quadrat mit zwo abgetheilten Seiten, welche die Namen Vmbra recta und verſa fuͤhren. Man gebrauchte dergleichen Werkzeuge, mit Dioptern verſehen, im 16 Jahrhunderte zu Hoͤhenmeſſungen und Beobachtung der Sonnenhoͤhen.
Sonſt findet man auch die Hoͤhe eines Thurms, Baumes u. dgl. durch den geraden Schatten auf folgende Art. Die zu meſſende Hoͤhe ſey AB, Taf. XXI. Fig. 127, der gerade Schatten AC. Man ſtecke einen Stab von bekannter
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an. Am Tage der Nachtgleiche war der Schatten in Rom um 1/9 kuͤrzer, als der Gnomon (In urbe Roma nona pars gnomonis deeſt umbrae), d. i. (AB/AC) war 9/8 oder 1,1250000, welches als Tangente zu 48° 22′ gehoͤrt. Dies waͤre alſo die Mittagshoͤhe der Sonne am Aequinoctialtage, oder die Aequatorhoͤhe von Rom: vermindert man dieſelbe noch wegen der Stralenbrechung und des Halbſchattens oder Halbmeſſers der Sonne um 16′, ſo erhaͤltman 48° 6′, mithin die Polhoͤhe 41° 54′. Auch neuere Beobachtungen geben die Polhoͤhe von Rom 41° 54′.
Wenn die Sonne im Horizonte ſteht, werden die geraden Schatten unendlich lang, oder es wird die ganze Erdflaͤche mit Schatten bedeckt. Dagegen ſind ſie zu Mittag, wenn die Sonne die groͤßte Hoͤhe hat, am kuͤrzeſten. Wenn die Sonnenhoͤhe 45° betraͤgt, ſo ſind die geraden Schatten ſowohl, als die umgekehrten eben ſo lang, als die Koͤrper ſelbſt, weil fuͤr B = 45° auch C = 45°, und alſo in beyden Figuren 127. und 128. AC = AB wird. In der Geographie bekommen die Bewohner gewiſſer Theile der Erdflaͤche Namen, die ſich auf die Lage der geraden Schatten daſelbſt beziehen, ſ. Heteroſcii, Unſchattichte, Umſchattichte.
Auf die Betrachtung des geraden und umgekehrten Schattens gruͤnder ſich die Einrichtung des geometriſchen Quadrats, welches Wolf (Elem. Optic. §. 172. ſqq.) beſchreibt. Wenn man nemlich an den beyden Grenzen eines Quadranten Linien zieht, die ihn beruͤhren, ſo kan man fuͤr Winkel bis 45° Tangenten auf eine dieſer Linien tragen, und auf die andere Cotangenten fuͤr die groͤßern Winkel. Daraus entſteht ein Quadrat mit zwo abgetheilten Seiten, welche die Namen Vmbra recta und verſa fuͤhren. Man gebrauchte dergleichen Werkzeuge, mit Dioptern verſehen, im 16 Jahrhunderte zu Hoͤhenmeſſungen und Beobachtung der Sonnenhoͤhen.
Sonſt findet man auch die Hoͤhe eines Thurms, Baumes u. dgl. durch den geraden Schatten auf folgende Art. Die zu meſſende Hoͤhe ſey AB, Taf. XXI. Fig. 127, der gerade Schatten AC. Man ſtecke einen Stab von bekannter
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/827>, abgerufen am 22.11.2024.
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