Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


in ihre vorigen Stellen, und stößt zugleich die Luft in i gegen k u. s. w. Jede Schwingung der Saite bey a veranlaßt also ringsherum Abwechselungen von Stellen, in denen die Luft dichter oder dünner ist, und beständig zusammengedrückt und wieder ausgedehnt wird. Man nennt diese Bewegung wellenförmig, und die Stellen e, h, k, o, wo die Luft am dichsten wird, Schallwellen (undae sonorae, pulsus sonori, condensationes reciprocae). Sie haben etwas ähnliches mit den Wellen auf der Oberfläche des Wassers; nur daß diese letztern aus Erhöhungen des Wassers (monticulis aqueis), die Schallwellen aber in Verdichtungen der Luft bestehen. Auch verbreiten sich die Wasserwellen nur auf der Oberfläche, die Schallwellen hingegen im körperlichen Raume nach allen Seiten, so daß die wellenförmige Bewegung den schallenden Körper so umgiebt, wie die Oberflächen concentrischer Kugeln den gemeinschaftlichen Mittelpunkt dieser Kugeln umringen.

Da jedes Lufttheilchen am Ende jeder Schwingung wieder an seinen vorigen Ort zurückkehrt, so ist diese wellenförmige Bewegung kein Fortgehen (motus progressivus) der Luft. Sie verursacht keinen Wind; und die Flamme eines Lichts wird gar nicht bewegt, wenn man sie neben eine klingende Glocke hält u. s. w. Die ganze Wirkung besteht blos in einer abwechselnden Zusammendrückung und Wiederausbreitung der Luft an verschiedenen Stellen.

Die Theorie solcher wellenförmigen Bewegungen in elastischen flüßigen Mitteln hat Newton (Princip. L. II. Sect. 8. De motu per fluida propagato edit. a. 1687.) zuerst auf bestimmte Grundsätze gebracht. Er enthält sich des Namens Wellen, und sagt dafür richtiger Schläge (pulsus), wie er denn überhaupt die Natur dieser Bewegung sehr deutlich beschreibt (Pulsus propagari concipe per successivas condensationes et rarefactiones Medii, sic ut pulsus cujusque pars densissima sphaericam occupet superficiem circa centrum sonorum descriptam, et inter pulsus successivos aequalia intercedant intervalla). Er beweißt zuerst (Prop. 42. 43.), daß sich die Bewegung in elastischen flüßigen Mitteln nach allen Seiten geradlinicht verbreite, und


in ihre vorigen Stellen, und ſtoͤßt zugleich die Luft in i gegen k u. ſ. w. Jede Schwingung der Saite bey a veranlaßt alſo ringsherum Abwechſelungen von Stellen, in denen die Luft dichter oder duͤnner iſt, und beſtaͤndig zuſammengedruͤckt und wieder ausgedehnt wird. Man nennt dieſe Bewegung wellenfoͤrmig, und die Stellen e, h, k, o, wo die Luft am dichſten wird, Schallwellen (undae ſonorae, pulſus ſonori, condenſationes reciprocae). Sie haben etwas aͤhnliches mit den Wellen auf der Oberflaͤche des Waſſers; nur daß dieſe letztern aus Erhoͤhungen des Waſſers (monticulis aqueis), die Schallwellen aber in Verdichtungen der Luft beſtehen. Auch verbreiten ſich die Waſſerwellen nur auf der Oberflaͤche, die Schallwellen hingegen im koͤrperlichen Raume nach allen Seiten, ſo daß die wellenfoͤrmige Bewegung den ſchallenden Koͤrper ſo umgiebt, wie die Oberflaͤchen concentriſcher Kugeln den gemeinſchaftlichen Mittelpunkt dieſer Kugeln umringen.

Da jedes Lufttheilchen am Ende jeder Schwingung wieder an ſeinen vorigen Ort zuruͤckkehrt, ſo iſt dieſe wellenfoͤrmige Bewegung kein Fortgehen (motus progreſſivus) der Luft. Sie verurſacht keinen Wind; und die Flamme eines Lichts wird gar nicht bewegt, wenn man ſie neben eine klingende Glocke haͤlt u. ſ. w. Die ganze Wirkung beſteht blos in einer abwechſelnden Zuſammendruͤckung und Wiederausbreitung der Luft an verſchiedenen Stellen.

Die Theorie ſolcher wellenfoͤrmigen Bewegungen in elaſtiſchen fluͤßigen Mitteln hat Newton (Princip. L. II. Sect. 8. De motu per fluida propagato edit. a. 1687.) zuerſt auf beſtimmte Grundſaͤtze gebracht. Er enthaͤlt ſich des Namens Wellen, und ſagt dafuͤr richtiger Schlaͤge (pulſus), wie er denn uͤberhaupt die Natur dieſer Bewegung ſehr deutlich beſchreibt (Pulſus propagari concipe per ſucceſſivas condenſationes et rarefactiones Medii, ſic ut pulſus cujusque pars denſiſſima ſphaericam occupet ſuperficiem circa centrum ſonorum deſcriptam, et inter pulſus ſucceſſivos aequalia intercedant intervalla). Er beweißt zuerſt (Prop. 42. 43.), daß ſich die Bewegung in elaſtiſchen fluͤßigen Mitteln nach allen Seiten geradlinicht verbreite, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0811" xml:id="P.3.805" n="805"/><lb/>
in ihre vorigen Stellen, und &#x017F;to&#x0364;ßt zugleich die Luft in <hi rendition="#aq">i</hi> gegen <hi rendition="#aq">k</hi> u. &#x017F;. w. Jede Schwingung der Saite bey <hi rendition="#aq">a</hi> veranlaßt al&#x017F;o ringsherum Abwech&#x017F;elungen von Stellen, in denen die Luft dichter oder du&#x0364;nner i&#x017F;t, und be&#x017F;ta&#x0364;ndig zu&#x017F;ammengedru&#x0364;ckt und wieder ausgedehnt wird. Man nennt die&#x017F;e Bewegung <hi rendition="#b">wellenfo&#x0364;rmig,</hi> und die Stellen <hi rendition="#aq">e, h, k, o,</hi> wo die Luft am dich&#x017F;ten wird, <hi rendition="#b">Schallwellen</hi> <hi rendition="#aq">(undae &#x017F;onorae, pul&#x017F;us &#x017F;onori, conden&#x017F;ationes reciprocae).</hi> Sie haben etwas a&#x0364;hnliches mit den Wellen auf der Oberfla&#x0364;che des Wa&#x017F;&#x017F;ers; nur daß die&#x017F;e letztern aus Erho&#x0364;hungen des Wa&#x017F;&#x017F;ers <hi rendition="#aq">(monticulis aqueis),</hi> die Schallwellen aber in Verdichtungen der Luft be&#x017F;tehen. Auch verbreiten &#x017F;ich die Wa&#x017F;&#x017F;erwellen nur auf der Oberfla&#x0364;che, die Schallwellen hingegen im ko&#x0364;rperlichen Raume nach allen Seiten, &#x017F;o daß die wellenfo&#x0364;rmige Bewegung den &#x017F;challenden Ko&#x0364;rper &#x017F;o umgiebt, wie die Oberfla&#x0364;chen concentri&#x017F;cher Kugeln den gemein&#x017F;chaftlichen Mittelpunkt die&#x017F;er Kugeln umringen.</p>
            <p>Da jedes Lufttheilchen am Ende jeder Schwingung wieder an &#x017F;einen vorigen Ort zuru&#x0364;ckkehrt, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;e wellenfo&#x0364;rmige Bewegung kein <hi rendition="#b">Fortgehen</hi> <hi rendition="#aq">(motus progre&#x017F;&#x017F;ivus)</hi> der Luft. Sie verur&#x017F;acht keinen Wind; und die Flamme eines Lichts wird gar nicht bewegt, wenn man &#x017F;ie neben eine klingende Glocke ha&#x0364;lt u. &#x017F;. w. Die ganze Wirkung be&#x017F;teht blos in einer abwech&#x017F;elnden Zu&#x017F;ammendru&#x0364;ckung und Wiederausbreitung der Luft an ver&#x017F;chiedenen Stellen.</p>
            <p>Die Theorie &#x017F;olcher wellenfo&#x0364;rmigen Bewegungen in ela&#x017F;ti&#x017F;chen flu&#x0364;ßigen Mitteln hat <hi rendition="#b">Newton</hi> <hi rendition="#aq">(Princip. L. II. Sect. 8. De motu per fluida propagato edit. a. 1687.)</hi> zuer&#x017F;t auf be&#x017F;timmte Grund&#x017F;a&#x0364;tze gebracht. Er entha&#x0364;lt &#x017F;ich des Namens Wellen, und &#x017F;agt dafu&#x0364;r richtiger <hi rendition="#b">Schla&#x0364;ge</hi> <hi rendition="#aq">(pul&#x017F;us),</hi> wie er denn u&#x0364;berhaupt die Natur die&#x017F;er Bewegung &#x017F;ehr deutlich be&#x017F;chreibt <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Pul&#x017F;us</hi> propagari concipe per &#x017F;ucce&#x017F;&#x017F;ivas conden&#x017F;ationes et rarefactiones Medii, &#x017F;ic ut pul&#x017F;us cujusque pars den&#x017F;i&#x017F;&#x017F;ima &#x017F;phaericam occupet &#x017F;uperficiem circa centrum &#x017F;onorum de&#x017F;criptam, et inter pul&#x017F;us &#x017F;ucce&#x017F;&#x017F;ivos aequalia intercedant intervalla).</hi> Er beweißt zuer&#x017F;t <hi rendition="#aq">(Prop. 42. 43.),</hi> daß &#x017F;ich die Bewegung in ela&#x017F;ti&#x017F;chen flu&#x0364;ßigen Mitteln nach allen Seiten geradlinicht verbreite, und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[805/0811] in ihre vorigen Stellen, und ſtoͤßt zugleich die Luft in i gegen k u. ſ. w. Jede Schwingung der Saite bey a veranlaßt alſo ringsherum Abwechſelungen von Stellen, in denen die Luft dichter oder duͤnner iſt, und beſtaͤndig zuſammengedruͤckt und wieder ausgedehnt wird. Man nennt dieſe Bewegung wellenfoͤrmig, und die Stellen e, h, k, o, wo die Luft am dichſten wird, Schallwellen (undae ſonorae, pulſus ſonori, condenſationes reciprocae). Sie haben etwas aͤhnliches mit den Wellen auf der Oberflaͤche des Waſſers; nur daß dieſe letztern aus Erhoͤhungen des Waſſers (monticulis aqueis), die Schallwellen aber in Verdichtungen der Luft beſtehen. Auch verbreiten ſich die Waſſerwellen nur auf der Oberflaͤche, die Schallwellen hingegen im koͤrperlichen Raume nach allen Seiten, ſo daß die wellenfoͤrmige Bewegung den ſchallenden Koͤrper ſo umgiebt, wie die Oberflaͤchen concentriſcher Kugeln den gemeinſchaftlichen Mittelpunkt dieſer Kugeln umringen. Da jedes Lufttheilchen am Ende jeder Schwingung wieder an ſeinen vorigen Ort zuruͤckkehrt, ſo iſt dieſe wellenfoͤrmige Bewegung kein Fortgehen (motus progreſſivus) der Luft. Sie verurſacht keinen Wind; und die Flamme eines Lichts wird gar nicht bewegt, wenn man ſie neben eine klingende Glocke haͤlt u. ſ. w. Die ganze Wirkung beſteht blos in einer abwechſelnden Zuſammendruͤckung und Wiederausbreitung der Luft an verſchiedenen Stellen. Die Theorie ſolcher wellenfoͤrmigen Bewegungen in elaſtiſchen fluͤßigen Mitteln hat Newton (Princip. L. II. Sect. 8. De motu per fluida propagato edit. a. 1687.) zuerſt auf beſtimmte Grundſaͤtze gebracht. Er enthaͤlt ſich des Namens Wellen, und ſagt dafuͤr richtiger Schlaͤge (pulſus), wie er denn uͤberhaupt die Natur dieſer Bewegung ſehr deutlich beſchreibt (Pulſus propagari concipe per ſucceſſivas condenſationes et rarefactiones Medii, ſic ut pulſus cujusque pars denſiſſima ſphaericam occupet ſuperficiem circa centrum ſonorum deſcriptam, et inter pulſus ſucceſſivos aequalia intercedant intervalla). Er beweißt zuerſt (Prop. 42. 43.), daß ſich die Bewegung in elaſtiſchen fluͤßigen Mitteln nach allen Seiten geradlinicht verbreite, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/811
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 805. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/811>, abgerufen am 22.11.2024.