Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Hieraus erklärt sich nun die Abneigung der gemeinen oder phlogistisirten Salzsäure gegen das Brenndare sehr leicht. Man sieht, warum sich das Gold in Königswasser so leicht auflöset, weil nemlich der Salzsäure (welche das eigentliche Auflösungsmittel des Goldes ist) ihr Brennbares durch die Salpetersäure entzogen wird, und warum die gemeine Salzsäure, welche Quecksilber und Silber für sich nicht angreift, diese Metalle dennoch aus ihren Auflösungen in Vitriol- und Salpetersäure niederschlägt. Die Salzsäure an sich ist also nach den Wirkungen zu beurtheilen, die sie im dephlogistisirten Zustande hervorbringt. Hier ist sie höchst wirksam, und scheint sich mit dem Wärmestof so innig zu verbinden, daß sie nur als elastischer Dampf erscheint, und nicht eher tropfbar wird, als bis sie Phlogiston genug an sich genommen hat, wodurch sie nach Crawford's System gebundnen Wärmestof verlieren muß. Unter die Gasarten kan man sie dennoch nicht zählen, theils wegen ihrer Farbe und Sichtbarkeit, theils, weil sie nach der Beobachtung der Herren Karsten und Gren sich durch die Kälte verdichtet, und zu kleinen gelben Krystallen anschießt, wodurch in dem Gesäße, darinn man sie aufbewahrt, ein luftleerer Raum entsteht. Sie ist also nur ein elastischer, dem lustsörmigen Zustande nahe kommender, Dampf. Durch das Freywerden der Wärme, welche ihr diese Dampfgestalt gab, entsteht auch die Erhitzung, wenn sie mit der Salpeterluft vermischt und dadurch dieser Gestalt beraubt wird. Nach dem antiphlogistischen System, wo freylich diese Begriffe nicht statt finden, wird sie von Fourcroy (Lecons elem. de Chimie. Paris, 1782. 8. To. II. p. 20.) für eine Verbindung des Salzgeistes mit der dephlogistisirten Luft des Braunsteins angenommen. Dieser Meinung stimmt auch Hermbstädt bey, und führt das Verbrennen des Phosphorus in ihr zum Beweise an. Herr Gren erinnert dagegen, daß man immer noch die vorige Salzsäure aus
Hieraus erklaͤrt ſich nun die Abneigung der gemeinen oder phlogiſtiſirten Salzſaͤure gegen das Brenndare ſehr leicht. Man ſieht, warum ſich das Gold in Koͤnigswaſſer ſo leicht aufloͤſet, weil nemlich der Salzſaͤure (welche das eigentliche Aufloͤſungsmittel des Goldes iſt) ihr Brennbares durch die Salpeterſaͤure entzogen wird, und warum die gemeine Salzſaͤure, welche Queckſilber und Silber fuͤr ſich nicht angreift, dieſe Metalle dennoch aus ihren Aufloͤſungen in Vitriol- und Salpeterſaͤure niederſchlaͤgt. Die Salzſaͤure an ſich iſt alſo nach den Wirkungen zu beurtheilen, die ſie im dephlogiſtiſirten Zuſtande hervorbringt. Hier iſt ſie hoͤchſt wirkſam, und ſcheint ſich mit dem Waͤrmeſtof ſo innig zu verbinden, daß ſie nur als elaſtiſcher Dampf erſcheint, und nicht eher tropfbar wird, als bis ſie Phlogiſton genug an ſich genommen hat, wodurch ſie nach Crawford's Syſtem gebundnen Waͤrmeſtof verlieren muß. Unter die Gasarten kan man ſie dennoch nicht zaͤhlen, theils wegen ihrer Farbe und Sichtbarkeit, theils, weil ſie nach der Beobachtung der Herren Karſten und Gren ſich durch die Kaͤlte verdichtet, und zu kleinen gelben Kryſtallen anſchießt, wodurch in dem Geſaͤße, darinn man ſie aufbewahrt, ein luftleerer Raum entſteht. Sie iſt alſo nur ein elaſtiſcher, dem luſtſoͤrmigen Zuſtande nahe kommender, Dampf. Durch das Freywerden der Waͤrme, welche ihr dieſe Dampfgeſtalt gab, entſteht auch die Erhitzung, wenn ſie mit der Salpeterluft vermiſcht und dadurch dieſer Geſtalt beraubt wird. Nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem, wo freylich dieſe Begriffe nicht ſtatt finden, wird ſie von Fourcroy (Leçons élém. de Chimie. Paris, 1782. 8. To. II. p. 20.) fuͤr eine Verbindung des Salzgeiſtes mit der dephlogiſtiſirten Luft des Braunſteins angenommen. Dieſer Meinung ſtimmt auch Hermbſtaͤdt bey, und fuͤhrt das Verbrennen des Phosphorus in ihr zum Beweiſe an. Herr Gren erinnert dagegen, daß man immer noch die vorige Salzſaͤure aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0785" xml:id="P.3.779" n="779"/><lb/> 49. u. f.), <hi rendition="#b">Hermbſtaͤdt</hi> (Analytiſche Unterſ. uͤber die Natur der dephlog. Salzſ. in ſ. Phyſik. chem. Verſ. u. Beob. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 165.) u. a. wiederholt und beſtaͤtiget worden ſind.</p> <p>Hieraus erklaͤrt ſich nun die Abneigung der gemeinen oder phlogiſtiſirten Salzſaͤure gegen das Brenndare ſehr leicht. Man ſieht, warum ſich das Gold in Koͤnigswaſſer ſo leicht aufloͤſet, weil nemlich der Salzſaͤure (welche das eigentliche Aufloͤſungsmittel des Goldes iſt) ihr Brennbares durch die Salpeterſaͤure entzogen wird, und warum die gemeine Salzſaͤure, welche Queckſilber und Silber fuͤr ſich nicht angreift, dieſe Metalle dennoch aus ihren Aufloͤſungen in Vitriol- und Salpeterſaͤure niederſchlaͤgt.</p> <p>Die Salzſaͤure an ſich iſt alſo nach den Wirkungen zu beurtheilen, die ſie im dephlogiſtiſirten Zuſtande hervorbringt. Hier iſt ſie hoͤchſt wirkſam, und ſcheint ſich mit dem Waͤrmeſtof ſo innig zu verbinden, daß ſie nur als elaſtiſcher Dampf erſcheint, und nicht eher tropfbar wird, als bis ſie Phlogiſton genug an ſich genommen hat, wodurch ſie nach Crawford's Syſtem gebundnen Waͤrmeſtof verlieren muß. Unter die Gasarten kan man ſie dennoch nicht zaͤhlen, theils wegen ihrer Farbe und Sichtbarkeit, theils, weil ſie nach der Beobachtung der Herren <hi rendition="#b">Karſten</hi> und Gren ſich durch die Kaͤlte verdichtet, und zu kleinen gelben Kryſtallen anſchießt, wodurch in dem Geſaͤße, darinn man ſie aufbewahrt, ein luftleerer Raum entſteht. Sie iſt alſo nur ein elaſtiſcher, dem luſtſoͤrmigen Zuſtande nahe kommender, Dampf. Durch das Freywerden der Waͤrme, welche ihr dieſe Dampfgeſtalt gab, entſteht auch die Erhitzung, wenn ſie mit der Salpeterluft vermiſcht und dadurch dieſer Geſtalt beraubt wird.</p> <p>Nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem, wo freylich dieſe Begriffe nicht ſtatt finden, wird ſie von <hi rendition="#b">Fourcroy</hi> <hi rendition="#aq">(Leçons élém. de Chimie. Paris, 1782. 8. To. II. p. 20.)</hi> fuͤr eine Verbindung des Salzgeiſtes mit der dephlogiſtiſirten Luft des Braunſteins angenommen. Dieſer Meinung ſtimmt auch <hi rendition="#b">Hermbſtaͤdt</hi> bey, und fuͤhrt das Verbrennen des Phosphorus in ihr zum Beweiſe an. Herr <hi rendition="#b">Gren</hi> erinnert dagegen, daß man immer noch die vorige Salzſaͤure aus<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [779/0785]
49. u. f.), Hermbſtaͤdt (Analytiſche Unterſ. uͤber die Natur der dephlog. Salzſ. in ſ. Phyſik. chem. Verſ. u. Beob. B. I. S. 165.) u. a. wiederholt und beſtaͤtiget worden ſind.
Hieraus erklaͤrt ſich nun die Abneigung der gemeinen oder phlogiſtiſirten Salzſaͤure gegen das Brenndare ſehr leicht. Man ſieht, warum ſich das Gold in Koͤnigswaſſer ſo leicht aufloͤſet, weil nemlich der Salzſaͤure (welche das eigentliche Aufloͤſungsmittel des Goldes iſt) ihr Brennbares durch die Salpeterſaͤure entzogen wird, und warum die gemeine Salzſaͤure, welche Queckſilber und Silber fuͤr ſich nicht angreift, dieſe Metalle dennoch aus ihren Aufloͤſungen in Vitriol- und Salpeterſaͤure niederſchlaͤgt.
Die Salzſaͤure an ſich iſt alſo nach den Wirkungen zu beurtheilen, die ſie im dephlogiſtiſirten Zuſtande hervorbringt. Hier iſt ſie hoͤchſt wirkſam, und ſcheint ſich mit dem Waͤrmeſtof ſo innig zu verbinden, daß ſie nur als elaſtiſcher Dampf erſcheint, und nicht eher tropfbar wird, als bis ſie Phlogiſton genug an ſich genommen hat, wodurch ſie nach Crawford's Syſtem gebundnen Waͤrmeſtof verlieren muß. Unter die Gasarten kan man ſie dennoch nicht zaͤhlen, theils wegen ihrer Farbe und Sichtbarkeit, theils, weil ſie nach der Beobachtung der Herren Karſten und Gren ſich durch die Kaͤlte verdichtet, und zu kleinen gelben Kryſtallen anſchießt, wodurch in dem Geſaͤße, darinn man ſie aufbewahrt, ein luftleerer Raum entſteht. Sie iſt alſo nur ein elaſtiſcher, dem luſtſoͤrmigen Zuſtande nahe kommender, Dampf. Durch das Freywerden der Waͤrme, welche ihr dieſe Dampfgeſtalt gab, entſteht auch die Erhitzung, wenn ſie mit der Salpeterluft vermiſcht und dadurch dieſer Geſtalt beraubt wird.
Nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem, wo freylich dieſe Begriffe nicht ſtatt finden, wird ſie von Fourcroy (Leçons élém. de Chimie. Paris, 1782. 8. To. II. p. 20.) fuͤr eine Verbindung des Salzgeiſtes mit der dephlogiſtiſirten Luft des Braunſteins angenommen. Dieſer Meinung ſtimmt auch Hermbſtaͤdt bey, und fuͤhrt das Verbrennen des Phosphorus in ihr zum Beweiſe an. Herr Gren erinnert dagegen, daß man immer noch die vorige Salzſaͤure aus
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