weiße Dämpfe aus. Man muß es aber sehr vorsichtig in einem Glase, das damit ganz erfüllt wird, mit einem eingeschliffenen Stöpsel verwahren. Sobald diese ungefärbte Säure etwas Brennbares, z. B. einen Holzspan oder Strohhalm berührt, wird sie sogleich gelb, und giebt wieder gelbe Dämpfe. Bergmann und Scheele haben daher die rothe Farbe des rauchenden Salpetergeists von seiner Verbindung mit dem Phlogiston hergeleitet, und ihm so, wie jeder gefärbten Salpetersäure, den Namen der phlogistisirten Salpetersäure beygelegt. Der phlogistisirte Geist wird durch das Brennbare slüchtiger, und geht bey gelinder Destillation zuerst und mit Zurücklassung des ungefärbten Theils über, welchen daher eben diese Chymisten die dephlogistisirte Salpetersäure nennen. Wenn gleich Herr Wiegleb die rothe Farbe und das Dampfen von mehterm Feuer oder gebundenem Wärmestof herleitet, so zeigen doch Crawfords Versuche, daß der bleiche Salpetergeist mehr gebundne oder specifische Wärme, als der gefärbte, bey sich führe.
Die Anziehung der Salpetersäure gegen das brennbare Wesen ist ungemein stark. Den Oelen entreißt sie dasselbe mit solcher Kraft, daß dabey durch ihren freywerdenden Wärmestof an der Luft heftige Selbstentzündungen erfolgen. Mit der concentrirten Salpetersäure allein entzünden sich die schwerern ätherischen und die trocknenden milden Oele leicht; mit den leichtern ätherischen und den übrigen milden Oelen gelingt der Versuch besser, wenn man Vitriolöl mit zu Hülfe nimmt, um die überflüßige Feuchtigkeit zu binden. Borrichius (in Thom. Bartholini Act. med. et philos. Hafn. ann. 1671. p. 133.) entdeckte zuerst die Entzündung des Terpentinöls mit dem rauchenden Salpetergeiste; Slare (Philos. Trans. 1694. Num. 213. p. 200. und in Crells chem. Archiv. B. I. S. 105.) und Homberg (Mem. de Paris, 1701. S. 129. und beym Crell, B. II. S. 250.) entzündeten ätherische Oele, Rouviere (1706) auch brenzliche. Hofmann (1722 in Obs. phys. chym. L. II. obs. 3.) und Geofftoy (Mem. de Paris, 1726. beym Crell B. III. S. 89.) fanden, daß die Beymischung der Vitriolsäure den Versuch
weiße Daͤmpfe aus. Man muß es aber ſehr vorſichtig in einem Glaſe, das damit ganz erfuͤllt wird, mit einem eingeſchliffenen Stoͤpſel verwahren. Sobald dieſe ungefaͤrbte Saͤure etwas Brennbares, z. B. einen Holzſpan oder Strohhalm beruͤhrt, wird ſie ſogleich gelb, und giebt wieder gelbe Daͤmpfe. Bergmann und Scheele haben daher die rothe Farbe des rauchenden Salpetergeiſts von ſeiner Verbindung mit dem Phlogiſton hergeleitet, und ihm ſo, wie jeder gefaͤrbten Salpeterſaͤure, den Namen der phlogiſtiſirten Salpeterſaͤure beygelegt. Der phlogiſtiſirte Geiſt wird durch das Brennbare ſluͤchtiger, und geht bey gelinder Deſtillation zuerſt und mit Zuruͤcklaſſung des ungefaͤrbten Theils uͤber, welchen daher eben dieſe Chymiſten die dephlogiſtiſirte Salpeterſaͤure nennen. Wenn gleich Herr Wiegleb die rothe Farbe und das Dampfen von mehterm Feuer oder gebundenem Waͤrmeſtof herleitet, ſo zeigen doch Crawfords Verſuche, daß der bleiche Salpetergeiſt mehr gebundne oder ſpecifiſche Waͤrme, als der gefaͤrbte, bey ſich fuͤhre.
Die Anziehung der Salpeterſaͤure gegen das brennbare Weſen iſt ungemein ſtark. Den Oelen entreißt ſie daſſelbe mit ſolcher Kraft, daß dabey durch ihren freywerdenden Waͤrmeſtof an der Luft heftige Selbſtentzuͤndungen erfolgen. Mit der concentrirten Salpeterſaͤure allein entzuͤnden ſich die ſchwerern aͤtheriſchen und die trocknenden milden Oele leicht; mit den leichtern aͤtheriſchen und den uͤbrigen milden Oelen gelingt der Verſuch beſſer, wenn man Vitrioloͤl mit zu Huͤlfe nimmt, um die uͤberfluͤßige Feuchtigkeit zu binden. Borrichius (in Thom. Bartholini Act. med. et philoſ. Hafn. ann. 1671. p. 133.) entdeckte zuerſt die Entzuͤndung des Terpentinoͤls mit dem rauchenden Salpetergeiſte; Slare (Philoſ. Trans. 1694. Num. 213. p. 200. und in Crells chem. Archiv. B. I. S. 105.) und Homberg (Mém. de Paris, 1701. S. 129. und beym Crell, B. II. S. 250.) entzuͤndeten aͤtheriſche Oele, Rouviere (1706) auch brenzliche. Hofmann (1722 in Obſ. phyſ. chym. L. II. obſ. 3.) und Geofftoy (Mém. de Paris, 1726. beym Crell B. III. S. 89.) fanden, daß die Beymiſchung der Vitriolſaͤure den Verſuch
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Die Anziehung der Salpeterſaͤure gegen das brennbare Weſen iſt ungemein ſtark. Den Oelen entreißt ſie daſſelbe mit ſolcher Kraft, daß dabey durch ihren freywerdenden Waͤrmeſtof an der Luft heftige Selbſtentzuͤndungen erfolgen. Mit der concentrirten Salpeterſaͤure allein entzuͤnden ſich die ſchwerern aͤtheriſchen und die trocknenden milden Oele leicht; mit den leichtern aͤtheriſchen und den uͤbrigen milden Oelen gelingt der Verſuch beſſer, wenn man Vitrioloͤl mit zu Huͤlfe nimmt, um die uͤberfluͤßige Feuchtigkeit zu binden. Borrichius (in Thom. Bartholini Act. med. et philoſ. Hafn. ann. 1671. p. 133.) entdeckte zuerſt die Entzuͤndung des Terpentinoͤls mit dem rauchenden Salpetergeiſte; Slare (Philoſ. Trans. 1694. Num. 213. p. 200. und in Crells chem. Archiv. B. I. S. 105.) und Homberg (Mém. de Paris, 1701. S. 129. und beym Crell, B. II. S. 250.) entzuͤndeten aͤtheriſche Oele, Rouviere (1706) auch brenzliche. Hofmann (1722 in Obſ. phyſ. chym. L. II. obſ. 3.) und Geofftoy (Mém. de Paris, 1726. beym Crell B. III. S. 89.) fanden, daß die Beymiſchung der Vitriolſaͤure den Verſuch
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 761. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/767>, abgerufen am 22.11.2024.
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