Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


wenn alle Kräfte zu wirken aufhören, geradlinichte Bewegung nach der Richtung, die der bewegte Punkt zuletzt gehabt hat. Aenderung der Richtung setzt allezeit ein Zusammenkommen mehrerer Kräfte, oder wenigstens einer immer fortwirkenden Kraft mit der durch Trägheit fortdauernden Bewegung voraus.

Bisweilen betrachtet man auch die Richtung bey geraden Linien, welche in Ruhe sind, z. B. bey der Axe des Bleyloths, der Wasserwage, der Magnetnadel, oder in der Geometrie bey allen Linien, welche Winkel mit einander machen. Man stellt sich nemlich vor, als würden diese Linien durch Bewegung eines Punkts beschrieben. Auf diese Weise kan man in jeder geraden Linie AB zwo entgegengesetzte Richtungen finden, je nachdem man den beschreibenden Punkt von A nach B, oder von B nach A, gehen läßt. In der Physik ist mehrentheils eine davon Richtung einer gewissen Kraft, z. B. der Schwere, der magnetischen Anziehung rc., welche die Axe eines Körpers nach der beobachteten geraden Linie spannt oder wendet.

King des Saturns, s. Saturnring.

Ringkugel, Armillarsphäre

Sphaera armillaris, Sphere armillaire. Ein Werkzeug aus verschiedenen Reifen oder Ringen (armillis), welche die Kreise der Himmelskugel im Kleinen auf eine ähnliche Art darstellen. Die Ringkugel hat gleiche Absicht mit der künstlichen Himmelskugel, nemlich ein Modell des scheinbaren Himmels abzugeben; beyder Werkzeuge Unterschied besteht nur darinn, daß die Himmelskugel massiv ist, und daher auf der Oberfläche auch die Sternbilder enthalten kan, da die Ringkugel blos die Kreise zeiget. Dagegen gewährt die Letztere den Vortheil, daß man in das Innere sehen, und daselbst die Erdkugel mit ihren Kreisen darstellen kan, wodurch die Erscheinungen an der hohlen Kugelfläche ähnlicher nachgeahmt werden.

Die alten Astronomen gebrauchten solche Ringe oder Armillen zu wirklichen Beobachtungen. Sie wurden in


wenn alle Kraͤfte zu wirken aufhoͤren, geradlinichte Bewegung nach der Richtung, die der bewegte Punkt zuletzt gehabt hat. Aenderung der Richtung ſetzt allezeit ein Zuſammenkommen mehrerer Kraͤfte, oder wenigſtens einer immer fortwirkenden Kraft mit der durch Traͤgheit fortdauernden Bewegung voraus.

Bisweilen betrachtet man auch die Richtung bey geraden Linien, welche in Ruhe ſind, z. B. bey der Axe des Bleyloths, der Waſſerwage, der Magnetnadel, oder in der Geometrie bey allen Linien, welche Winkel mit einander machen. Man ſtellt ſich nemlich vor, als wuͤrden dieſe Linien durch Bewegung eines Punkts beſchrieben. Auf dieſe Weiſe kan man in jeder geraden Linie AB zwo entgegengeſetzte Richtungen finden, je nachdem man den beſchreibenden Punkt von A nach B, oder von B nach A, gehen laͤßt. In der Phyſik iſt mehrentheils eine davon Richtung einer gewiſſen Kraft, z. B. der Schwere, der magnetiſchen Anziehung rc., welche die Axe eines Koͤrpers nach der beobachteten geraden Linie ſpannt oder wendet.

King des Saturns, ſ. Saturnring.

Ringkugel, Armillarſphaͤre

Sphaera armillaris, Sphère armillaire. Ein Werkzeug aus verſchiedenen Reifen oder Ringen (armillis), welche die Kreiſe der Himmelskugel im Kleinen auf eine aͤhnliche Art darſtellen. Die Ringkugel hat gleiche Abſicht mit der kuͤnſtlichen Himmelskugel, nemlich ein Modell des ſcheinbaren Himmels abzugeben; beyder Werkzeuge Unterſchied beſteht nur darinn, daß die Himmelskugel maſſiv iſt, und daher auf der Oberflaͤche auch die Sternbilder enthalten kan, da die Ringkugel blos die Kreiſe zeiget. Dagegen gewaͤhrt die Letztere den Vortheil, daß man in das Innere ſehen, und daſelbſt die Erdkugel mit ihren Kreiſen darſtellen kan, wodurch die Erſcheinungen an der hohlen Kugelflaͤche aͤhnlicher nachgeahmt werden.

Die alten Aſtronomen gebrauchten ſolche Ringe oder Armillen zu wirklichen Beobachtungen. Sie wurden in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0722" xml:id="P.3.716" n="716"/><lb/>
wenn alle Kra&#x0364;fte zu wirken aufho&#x0364;ren, geradlinichte Bewegung nach der Richtung, die der bewegte Punkt zuletzt gehabt hat. Aenderung der Richtung &#x017F;etzt allezeit ein Zu&#x017F;ammenkommen mehrerer Kra&#x0364;fte, oder wenig&#x017F;tens einer immer fortwirkenden Kraft mit der durch Tra&#x0364;gheit fortdauernden Bewegung voraus.</p>
            <p>Bisweilen betrachtet man auch die Richtung bey geraden Linien, welche in Ruhe &#x017F;ind, z. B. bey der Axe des Bleyloths, der Wa&#x017F;&#x017F;erwage, der Magnetnadel, oder in der Geometrie bey allen Linien, welche Winkel mit einander machen. Man &#x017F;tellt &#x017F;ich nemlich vor, als wu&#x0364;rden die&#x017F;e Linien durch Bewegung eines Punkts be&#x017F;chrieben. Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e kan man in jeder geraden Linie <hi rendition="#aq">AB</hi> zwo entgegenge&#x017F;etzte Richtungen finden, je nachdem man den be&#x017F;chreibenden Punkt von <hi rendition="#aq">A</hi> nach <hi rendition="#aq">B,</hi> oder von <hi rendition="#aq">B</hi> nach <hi rendition="#aq">A,</hi> gehen la&#x0364;ßt. In der Phy&#x017F;ik i&#x017F;t mehrentheils eine davon Richtung einer gewi&#x017F;&#x017F;en Kraft, z. B. der Schwere, der magneti&#x017F;chen Anziehung rc., welche die Axe eines Ko&#x0364;rpers nach der beobachteten geraden Linie &#x017F;pannt oder wendet.</p>
            <p> <hi rendition="#b">King des Saturns, &#x017F;. Saturnring.</hi> </p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Ringkugel, Armillar&#x017F;pha&#x0364;re</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Sphaera armillaris, <hi rendition="#i">Sphère armillaire.</hi></hi> Ein Werkzeug aus ver&#x017F;chiedenen Reifen oder Ringen <hi rendition="#aq">(armillis),</hi> welche die Krei&#x017F;e der Himmelskugel im Kleinen auf eine a&#x0364;hnliche Art dar&#x017F;tellen. Die Ringkugel hat gleiche Ab&#x017F;icht mit der ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Himmelskugel, nemlich ein Modell des &#x017F;cheinbaren Himmels abzugeben; beyder Werkzeuge Unter&#x017F;chied be&#x017F;teht nur darinn, daß die Himmelskugel ma&#x017F;&#x017F;iv i&#x017F;t, und daher auf der Oberfla&#x0364;che auch die Sternbilder enthalten kan, da die Ringkugel blos die Krei&#x017F;e zeiget. Dagegen gewa&#x0364;hrt die Letztere den Vortheil, daß man in das Innere &#x017F;ehen, und da&#x017F;elb&#x017F;t die Erdkugel mit ihren Krei&#x017F;en dar&#x017F;tellen kan, wodurch die Er&#x017F;cheinungen an der hohlen Kugelfla&#x0364;che a&#x0364;hnlicher nachgeahmt werden.</p>
            <p>Die alten A&#x017F;tronomen gebrauchten &#x017F;olche Ringe oder <hi rendition="#b">Armillen</hi> zu wirklichen Beobachtungen. Sie wurden in<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[716/0722] wenn alle Kraͤfte zu wirken aufhoͤren, geradlinichte Bewegung nach der Richtung, die der bewegte Punkt zuletzt gehabt hat. Aenderung der Richtung ſetzt allezeit ein Zuſammenkommen mehrerer Kraͤfte, oder wenigſtens einer immer fortwirkenden Kraft mit der durch Traͤgheit fortdauernden Bewegung voraus. Bisweilen betrachtet man auch die Richtung bey geraden Linien, welche in Ruhe ſind, z. B. bey der Axe des Bleyloths, der Waſſerwage, der Magnetnadel, oder in der Geometrie bey allen Linien, welche Winkel mit einander machen. Man ſtellt ſich nemlich vor, als wuͤrden dieſe Linien durch Bewegung eines Punkts beſchrieben. Auf dieſe Weiſe kan man in jeder geraden Linie AB zwo entgegengeſetzte Richtungen finden, je nachdem man den beſchreibenden Punkt von A nach B, oder von B nach A, gehen laͤßt. In der Phyſik iſt mehrentheils eine davon Richtung einer gewiſſen Kraft, z. B. der Schwere, der magnetiſchen Anziehung rc., welche die Axe eines Koͤrpers nach der beobachteten geraden Linie ſpannt oder wendet. King des Saturns, ſ. Saturnring. Ringkugel, Armillarſphaͤre Sphaera armillaris, Sphère armillaire. Ein Werkzeug aus verſchiedenen Reifen oder Ringen (armillis), welche die Kreiſe der Himmelskugel im Kleinen auf eine aͤhnliche Art darſtellen. Die Ringkugel hat gleiche Abſicht mit der kuͤnſtlichen Himmelskugel, nemlich ein Modell des ſcheinbaren Himmels abzugeben; beyder Werkzeuge Unterſchied beſteht nur darinn, daß die Himmelskugel maſſiv iſt, und daher auf der Oberflaͤche auch die Sternbilder enthalten kan, da die Ringkugel blos die Kreiſe zeiget. Dagegen gewaͤhrt die Letztere den Vortheil, daß man in das Innere ſehen, und daſelbſt die Erdkugel mit ihren Kreiſen darſtellen kan, wodurch die Erſcheinungen an der hohlen Kugelflaͤche aͤhnlicher nachgeahmt werden. Die alten Aſtronomen gebrauchten ſolche Ringe oder Armillen zu wirklichen Beobachtungen. Sie wurden in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/722
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/722>, abgerufen am 20.05.2024.