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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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an einander laufen läßt, sondern solche wählt, die sich wenig reiben, z. B. Stahl auf Messing. So macht man in den Uhrwerken die Spindeln der Räder und Getriebe von Stahl, und läßt ihre feinen Zapfen in Löchern laufen, die in messingne Platten eingebohrt sind. Eben so sind insgemein die Räder von Messing, die Getriebe, in die sie greifen, von Stahl.

Ferner wird das Reiben durch Einschmieren oder Bestreichen der Flächen mit schmierigen Materien ungemein vermindert. Man erklärt diese Erscheinung gewöhnlich daraus, weil durch diese Bestreichung die Erhabenheiten und Vertiefungen der Flächen ausgefüllt und mit einer Substanz versehen werden, deren Theile bey der Bewegung der Körper sehr leicht an einander hin gleiten. Hierauf beruht das Einschmieren der Wagen und anderer hölzernen Maschinen mit thierischen Fetten, der Uhrwerke und metallnen Werkzeuge überhaupt mit Baumöl oder Mandelöl u. s. w.

Endlich kan das Reiben fast ganz vermieden werden, wenn man die Einrichtung so trift, daß sich Flächen nicht an einander schieben (glisser), sondern über einander rollen oder sich wälzen (rouler), daher auch Leibnitz (Miscell. Berol. To. I. p. 311.) bey seiner Theorie des Reibens das Schieben (superincessus radens) vom Wälzen (superincessus volvens) unterscheidet. Beym Rollen oder Wälzen heben sich die eingreifenden Theile fast ohne allen Widerstand aus den Vertiefungen der andern Fläche aus. Hierauf beruht die Fortschaffung großer Lasten auf untergelegten Walzen, Kugeln oder Rollen, und die Erfindung der Wagenräder, von deren Einrichtung Leupold, Camus und Desaguliers (s. Hamburgisches Magazin, XI. B. 1. St. Num. 6.) handeln. Durch die Wagenräder würde auf völlig ebnem und wagrechtem Wege das Reiben am Boden fast ganz vermieden werden; es entsteht aber ein neues Reiben der Wagenachsen an den Naben der Räder, welches man den Versuchen zufolge bey einem wohleingerichteten und gehörig geschmierten Fuhrwerke auf 1/7 der Last schätzt. Dieses Reiben macht den Widerstand aus, den


an einander laufen laͤßt, ſondern ſolche waͤhlt, die ſich wenig reiben, z. B. Stahl auf Meſſing. So macht man in den Uhrwerken die Spindeln der Raͤder und Getriebe von Stahl, und laͤßt ihre feinen Zapfen in Loͤchern laufen, die in meſſingne Platten eingebohrt ſind. Eben ſo ſind insgemein die Raͤder von Meſſing, die Getriebe, in die ſie greifen, von Stahl.

Ferner wird das Reiben durch Einſchmieren oder Beſtreichen der Flaͤchen mit ſchmierigen Materien ungemein vermindert. Man erklaͤrt dieſe Erſcheinung gewoͤhnlich daraus, weil durch dieſe Beſtreichung die Erhabenheiten und Vertiefungen der Flaͤchen ausgefuͤllt und mit einer Subſtanz verſehen werden, deren Theile bey der Bewegung der Koͤrper ſehr leicht an einander hin gleiten. Hierauf beruht das Einſchmieren der Wagen und anderer hoͤlzernen Maſchinen mit thieriſchen Fetten, der Uhrwerke und metallnen Werkzeuge uͤberhaupt mit Baumoͤl oder Mandeloͤl u. ſ. w.

Endlich kan das Reiben faſt ganz vermieden werden, wenn man die Einrichtung ſo trift, daß ſich Flaͤchen nicht an einander ſchieben (gliſſer), ſondern uͤber einander rollen oder ſich waͤlzen (rouler), daher auch Leibnitz (Miſcell. Berol. To. I. p. 311.) bey ſeiner Theorie des Reibens das Schieben (ſuperinceſſus radens) vom Waͤlzen (ſuperinceſſus volvens) unterſcheidet. Beym Rollen oder Waͤlzen heben ſich die eingreifenden Theile faſt ohne allen Widerſtand aus den Vertiefungen der andern Flaͤche aus. Hierauf beruht die Fortſchaffung großer Laſten auf untergelegten Walzen, Kugeln oder Rollen, und die Erfindung der Wagenraͤder, von deren Einrichtung Leupold, Camus und Deſaguliers (ſ. Hamburgiſches Magazin, XI. B. 1. St. Num. 6.) handeln. Durch die Wagenraͤder wuͤrde auf voͤllig ebnem und wagrechtem Wege das Reiben am Boden faſt ganz vermieden werden; es entſteht aber ein neues Reiben der Wagenachſen an den Naben der Raͤder, welches man den Verſuchen zufolge bey einem wohleingerichteten und gehoͤrig geſchmierten Fuhrwerke auf 1/7 der Laſt ſchaͤtzt. Dieſes Reiben macht den Widerſtand aus, den

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[699/0705] an einander laufen laͤßt, ſondern ſolche waͤhlt, die ſich wenig reiben, z. B. Stahl auf Meſſing. So macht man in den Uhrwerken die Spindeln der Raͤder und Getriebe von Stahl, und laͤßt ihre feinen Zapfen in Loͤchern laufen, die in meſſingne Platten eingebohrt ſind. Eben ſo ſind insgemein die Raͤder von Meſſing, die Getriebe, in die ſie greifen, von Stahl. Ferner wird das Reiben durch Einſchmieren oder Beſtreichen der Flaͤchen mit ſchmierigen Materien ungemein vermindert. Man erklaͤrt dieſe Erſcheinung gewoͤhnlich daraus, weil durch dieſe Beſtreichung die Erhabenheiten und Vertiefungen der Flaͤchen ausgefuͤllt und mit einer Subſtanz verſehen werden, deren Theile bey der Bewegung der Koͤrper ſehr leicht an einander hin gleiten. Hierauf beruht das Einſchmieren der Wagen und anderer hoͤlzernen Maſchinen mit thieriſchen Fetten, der Uhrwerke und metallnen Werkzeuge uͤberhaupt mit Baumoͤl oder Mandeloͤl u. ſ. w. Endlich kan das Reiben faſt ganz vermieden werden, wenn man die Einrichtung ſo trift, daß ſich Flaͤchen nicht an einander ſchieben (gliſſer), ſondern uͤber einander rollen oder ſich waͤlzen (rouler), daher auch Leibnitz (Miſcell. Berol. To. I. p. 311.) bey ſeiner Theorie des Reibens das Schieben (ſuperinceſſus radens) vom Waͤlzen (ſuperinceſſus volvens) unterſcheidet. Beym Rollen oder Waͤlzen heben ſich die eingreifenden Theile faſt ohne allen Widerſtand aus den Vertiefungen der andern Flaͤche aus. Hierauf beruht die Fortſchaffung großer Laſten auf untergelegten Walzen, Kugeln oder Rollen, und die Erfindung der Wagenraͤder, von deren Einrichtung Leupold, Camus und Deſaguliers (ſ. Hamburgiſches Magazin, XI. B. 1. St. Num. 6.) handeln. Durch die Wagenraͤder wuͤrde auf voͤllig ebnem und wagrechtem Wege das Reiben am Boden faſt ganz vermieden werden; es entſteht aber ein neues Reiben der Wagenachſen an den Naben der Raͤder, welches man den Verſuchen zufolge bey einem wohleingerichteten und gehoͤrig geſchmierten Fuhrwerke auf 1/7 der Laſt ſchaͤtzt. Dieſes Reiben macht den Widerſtand aus, den

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/705>, abgerufen am 22.11.2024.