Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


wenn es beym Einfallen Stellen wie D, d giebt, an denen die Stralen nach einerley Punkte der Hinterfläche E hingebrochen werden. Denn von E werden sie wieder unter eben den Winkeln zurückgeworfen, treffen also bey F, f die Vorderfläche unter eben der Schiefe, unter der sie bey D, d eingiengen, und gehen also, wegen des umgekehrten Brechungsverhältnisses beym Ausfahren, eben so parallel aus, wie sie bey D, d parallel angekommen sind. Fig. 107. erläutert dies durch den Augenschein.

An dieser Stelle nun wird das ausgehende Sonnenlicht durch keine Divergenz geschwächt und muß daher ein entferntes Auge ohne alle Vergleichung stärker rühren, als das Licht der übrigen Stellen, an denen die Stralen divergent ausgehen oder sich kreuzen. Man nennt daher die parallelen Stralen bey F, f Fig. 107. die wirksamen Stralen (radios efficaces). Die ganze Theorie des Regenbogens beruht auf Ersindung der Stellen dieser wirksamen Stralen und des Winkels x, den ihre Richtung beym Ausgange mit der beym Eingange macht.

Man sieht leicht, daß sich an der Stelle der wirksamen Stralen der Winkel x nicht ändern darf, wenn sich gleich die Stellen D und F selbst ein wenig ändern. Denn, da die nahe neben einander ausgehenden Stralen hier parallel seyn sollen, so muß ihr Winkel mit einerley dritten Linie Sx ebenderseibe bleiben, und darf sich also nicht ändern. Man wird daher die wirksamen Stralen finden, wenn man den Winkel x für jede Lage von D aus dem gegebnen Brechungsverhältnisse bestimmt, und dann seine Aenderung oder sein Differential = 0 setzt. Hieraus erhellet zugleich, daß dieser Winkel für die wirksamen Stralen ein Größtes oder Kleinstes seyn müsse, da jede veränderliche Größe an der Stelle, wo ihr Differential verschwindet, eiu Größtes oder Kleinstes wird.

Nun heiße Taf. XX. Fig. 106. (wo der Halbmesser CD das Einfallsloth vorstellt) der Einfallswinkel BDS= DCH=z; der Brechungswinkel CDE=y; so ist, wegen des gleichschenklichten Dreyecks DCE, der Winkel DEC auch=y. Und weil der Stral DE unter gleichem Winkel


wenn es beym Einfallen Stellen wie D, d giebt, an denen die Stralen nach einerley Punkte der Hinterflaͤche E hingebrochen werden. Denn von E werden ſie wieder unter eben den Winkeln zuruͤckgeworfen, treffen alſo bey F, f die Vorderflaͤche unter eben der Schiefe, unter der ſie bey D, d eingiengen, und gehen alſo, wegen des umgekehrten Brechungsverhaͤltniſſes beym Ausfahren, eben ſo parallel aus, wie ſie bey D, d parallel angekommen ſind. Fig. 107. erlaͤutert dies durch den Augenſchein.

An dieſer Stelle nun wird das ausgehende Sonnenlicht durch keine Divergenz geſchwaͤcht und muß daher ein entferntes Auge ohne alle Vergleichung ſtaͤrker ruͤhren, als das Licht der uͤbrigen Stellen, an denen die Stralen divergent ausgehen oder ſich kreuzen. Man nennt daher die parallelen Stralen bey F, f Fig. 107. die wirkſamen Stralen (radios efficaces). Die ganze Theorie des Regenbogens beruht auf Erſindung der Stellen dieſer wirkſamen Stralen und des Winkels x, den ihre Richtung beym Ausgange mit der beym Eingange macht.

Man ſieht leicht, daß ſich an der Stelle der wirkſamen Stralen der Winkel x nicht aͤndern darf, wenn ſich gleich die Stellen D und F ſelbſt ein wenig aͤndern. Denn, da die nahe neben einander ausgehenden Stralen hier parallel ſeyn ſollen, ſo muß ihr Winkel mit einerley dritten Linie Sx ebenderſeibe bleiben, und darf ſich alſo nicht aͤndern. Man wird daher die wirkſamen Stralen finden, wenn man den Winkel x fuͤr jede Lage von D aus dem gegebnen Brechungsverhaͤltniſſe beſtimmt, und dann ſeine Aenderung oder ſein Differential = 0 ſetzt. Hieraus erhellet zugleich, daß dieſer Winkel fuͤr die wirkſamen Stralen ein Groͤßtes oder Kleinſtes ſeyn muͤſſe, da jede veraͤnderliche Groͤße an der Stelle, wo ihr Differential verſchwindet, eiu Groͤßtes oder Kleinſtes wird.

Nun heiße Taf. XX. Fig. 106. (wo der Halbmeſſer CD das Einfallsloth vorſtellt) der Einfallswinkel BDS= DCH=z; der Brechungswinkel CDE=y; ſo iſt, wegen des gleichſchenklichten Dreyecks DCE, der Winkel DEC auch=y. Und weil der Stral DE unter gleichem Winkel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0672" xml:id="P.3.666" n="666"/><lb/>
wenn es beym Einfallen Stellen wie <hi rendition="#aq">D, d</hi> giebt, an denen die Stralen nach einerley Punkte der Hinterfla&#x0364;che <hi rendition="#aq">E</hi> hingebrochen werden. Denn von <hi rendition="#aq">E</hi> werden &#x017F;ie wieder unter eben den Winkeln zuru&#x0364;ckgeworfen, treffen al&#x017F;o bey <hi rendition="#aq">F, f</hi> die Vorderfla&#x0364;che unter eben der Schiefe, unter der &#x017F;ie bey <hi rendition="#aq">D, d</hi> eingiengen, und gehen al&#x017F;o, wegen des umgekehrten Brechungsverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es beym Ausfahren, eben &#x017F;o parallel aus, wie &#x017F;ie bey <hi rendition="#aq">D, d</hi> parallel angekommen &#x017F;ind. Fig. 107. erla&#x0364;utert dies durch den Augen&#x017F;chein.</p>
            <p>An die&#x017F;er Stelle nun wird das ausgehende Sonnenlicht durch keine Divergenz ge&#x017F;chwa&#x0364;cht und muß daher ein entferntes Auge ohne alle Vergleichung &#x017F;ta&#x0364;rker ru&#x0364;hren, als das Licht der u&#x0364;brigen Stellen, an denen die Stralen divergent ausgehen oder &#x017F;ich kreuzen. Man nennt daher die parallelen Stralen bey <hi rendition="#aq">F, f</hi> Fig. 107. die <hi rendition="#b">wirk&#x017F;amen Stralen</hi> <hi rendition="#aq">(radios efficaces).</hi> Die ganze Theorie des Regenbogens beruht auf Er&#x017F;indung der Stellen die&#x017F;er wirk&#x017F;amen Stralen und des Winkels <hi rendition="#aq">x,</hi> den ihre Richtung beym Ausgange mit der beym Eingange macht.</p>
            <p>Man &#x017F;ieht leicht, daß &#x017F;ich an der Stelle der wirk&#x017F;amen Stralen der Winkel <hi rendition="#aq">x</hi> nicht a&#x0364;ndern darf, wenn &#x017F;ich gleich die Stellen <hi rendition="#aq">D</hi> und <hi rendition="#aq">F</hi> &#x017F;elb&#x017F;t ein wenig a&#x0364;ndern. Denn, da die nahe neben einander ausgehenden Stralen hier <hi rendition="#b">parallel</hi> &#x017F;eyn &#x017F;ollen, &#x017F;o muß ihr Winkel mit einerley dritten Linie <hi rendition="#aq">Sx</hi> <hi rendition="#b">ebender&#x017F;eibe</hi> bleiben, und darf &#x017F;ich al&#x017F;o nicht a&#x0364;ndern. Man wird daher die wirk&#x017F;amen Stralen finden, wenn man den Winkel <hi rendition="#aq">x</hi> fu&#x0364;r jede Lage von <hi rendition="#aq">D</hi> aus dem gegebnen Brechungsverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;timmt, und dann &#x017F;eine Aenderung oder &#x017F;ein Differential = 0 &#x017F;etzt. Hieraus erhellet zugleich, daß die&#x017F;er Winkel fu&#x0364;r die wirk&#x017F;amen Stralen ein Gro&#x0364;ßtes oder Klein&#x017F;tes &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, da jede vera&#x0364;nderliche Gro&#x0364;ße an der Stelle, wo ihr Differential ver&#x017F;chwindet, eiu Gro&#x0364;ßtes oder Klein&#x017F;tes wird.</p>
            <p>Nun heiße Taf. <hi rendition="#aq">XX.</hi> Fig. 106. (wo der Halbme&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">CD</hi> das Einfallsloth vor&#x017F;tellt) der Einfallswinkel <hi rendition="#aq">BDS= DCH=z;</hi> der Brechungswinkel <hi rendition="#aq">CDE=y;</hi> &#x017F;o i&#x017F;t, wegen des gleich&#x017F;chenklichten Dreyecks <hi rendition="#aq">DCE,</hi> der Winkel <hi rendition="#aq">DEC</hi> auch=<hi rendition="#aq">y.</hi> Und weil der Stral <hi rendition="#aq">DE</hi> unter gleichem Winkel<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[666/0672] wenn es beym Einfallen Stellen wie D, d giebt, an denen die Stralen nach einerley Punkte der Hinterflaͤche E hingebrochen werden. Denn von E werden ſie wieder unter eben den Winkeln zuruͤckgeworfen, treffen alſo bey F, f die Vorderflaͤche unter eben der Schiefe, unter der ſie bey D, d eingiengen, und gehen alſo, wegen des umgekehrten Brechungsverhaͤltniſſes beym Ausfahren, eben ſo parallel aus, wie ſie bey D, d parallel angekommen ſind. Fig. 107. erlaͤutert dies durch den Augenſchein. An dieſer Stelle nun wird das ausgehende Sonnenlicht durch keine Divergenz geſchwaͤcht und muß daher ein entferntes Auge ohne alle Vergleichung ſtaͤrker ruͤhren, als das Licht der uͤbrigen Stellen, an denen die Stralen divergent ausgehen oder ſich kreuzen. Man nennt daher die parallelen Stralen bey F, f Fig. 107. die wirkſamen Stralen (radios efficaces). Die ganze Theorie des Regenbogens beruht auf Erſindung der Stellen dieſer wirkſamen Stralen und des Winkels x, den ihre Richtung beym Ausgange mit der beym Eingange macht. Man ſieht leicht, daß ſich an der Stelle der wirkſamen Stralen der Winkel x nicht aͤndern darf, wenn ſich gleich die Stellen D und F ſelbſt ein wenig aͤndern. Denn, da die nahe neben einander ausgehenden Stralen hier parallel ſeyn ſollen, ſo muß ihr Winkel mit einerley dritten Linie Sx ebenderſeibe bleiben, und darf ſich alſo nicht aͤndern. Man wird daher die wirkſamen Stralen finden, wenn man den Winkel x fuͤr jede Lage von D aus dem gegebnen Brechungsverhaͤltniſſe beſtimmt, und dann ſeine Aenderung oder ſein Differential = 0 ſetzt. Hieraus erhellet zugleich, daß dieſer Winkel fuͤr die wirkſamen Stralen ein Groͤßtes oder Kleinſtes ſeyn muͤſſe, da jede veraͤnderliche Groͤße an der Stelle, wo ihr Differential verſchwindet, eiu Groͤßtes oder Kleinſtes wird. Nun heiße Taf. XX. Fig. 106. (wo der Halbmeſſer CD das Einfallsloth vorſtellt) der Einfallswinkel BDS= DCH=z; der Brechungswinkel CDE=y; ſo iſt, wegen des gleichſchenklichten Dreyecks DCE, der Winkel DEC auch=y. Und weil der Stral DE unter gleichem Winkel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/672
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/672>, abgerufen am 20.05.2024.