Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.Durch Beobachtungen des Hygrometers auf Gebirgen zeigt sich die Luft in der Höhe weit trockner, als unten. Auf den Gebirgen von Sixt fand de Lüc die Luft sehr trocken; von einem Stocke fiel der metallne Beschlag, der in der Pläne sehr fest gehalten hatte, zweymal von selbst ab, und in der Nacht schien die Trockenheit eher noch zuzunehmen. Dennoch entstand in dieser trocknen Luftschicht selbst, da das Hygrometer 33 1/2 Gr. zeigte, also die Luft 66 1/2 Grad von der äußersten Feuchtigkeit entfernt war, während der Nacht ein Gewitter mit heftigem Regen, welcher bis zum Mittage des folgenden Tages anhielt. Herr de Lüc, der bisher geglaubt hatte, die Dünste hielten sich in den höhern Gegenden auf, und senkten sich sodann durch Erkältung wieder herab, um Wolken und Regen zu bilden, ward durch diese Beobachtung in Erstaunen gesetzt, zumal da die Wärme dabey eher zu- als abgenommen hatte. In der Hygrologie war für den gegenwärtigen Fall keine andere Ursache der Verdichtung der Dünste aufzufinden, als die Erkältung: aber diese hatte nicht statt gefunden, also wich die plötzliche Entstehung des Regens in einer trocknen Luftschicht nicht allein von den Gesetzen der Auflösung und des Niederschlags, sondern auch von allen hygrologischen Regeln ab. De Lüc überlegte in der Folge, daß nach Herrn de Saussüre eignen Versuchen selbst die gesättigte (oder nach de L. Ausdruck bis zum Marimum mit Dünsten angefüllte) Luft nur sehr wenig Wasser enthält, daß das Hygrometer unten in den Plänen selten die äußerste Feuchtigkeit, auf den Bergen aber noch mehr Trockenheit zeigt, daß sich endlich die Dünste auch nicht in den noch höhern Gegenden aufhalten können, weil sie sonst bey ihrer Verdichtung die Luft über den Bergen trüben würden, da man doch über den Regenwolken gewöhnlich den Himmel sehr heiter und durchsichtig findet. Dies alles erzeugte in ihm den Gedanken: der Regen könne nicht das unmittelbar Umgekehrte der Ausdünstung seyn, oder unmittelbar aus dem ersten Producte der Ausdünstung selbst entstehen. Durch Beobachtungen des Hygrometers auf Gebirgen zeigt ſich die Luft in der Hoͤhe weit trockner, als unten. Auf den Gebirgen von Sixt fand de Luͤc die Luft ſehr trocken; von einem Stocke fiel der metallne Beſchlag, der in der Plaͤne ſehr feſt gehalten hatte, zweymal von ſelbſt ab, und in der Nacht ſchien die Trockenheit eher noch zuzunehmen. Dennoch entſtand in dieſer trocknen Luftſchicht ſelbſt, da das Hygrometer 33 1/2 Gr. zeigte, alſo die Luft 66 1/2 Grad von der aͤußerſten Feuchtigkeit entfernt war, waͤhrend der Nacht ein Gewitter mit heftigem Regen, welcher bis zum Mittage des folgenden Tages anhielt. Herr de Luͤc, der bisher geglaubt hatte, die Duͤnſte hielten ſich in den hoͤhern Gegenden auf, und ſenkten ſich ſodann durch Erkaͤltung wieder herab, um Wolken und Regen zu bilden, ward durch dieſe Beobachtung in Erſtaunen geſetzt, zumal da die Waͤrme dabey eher zu- als abgenommen hatte. In der Hygrologie war fuͤr den gegenwaͤrtigen Fall keine andere Urſache der Verdichtung der Duͤnſte aufzufinden, als die Erkaͤltung: aber dieſe hatte nicht ſtatt gefunden, alſo wich die ploͤtzliche Entſtehung des Regens in einer trocknen Luftſchicht nicht allein von den Geſetzen der Aufloͤſung und des Niederſchlags, ſondern auch von allen hygrologiſchen Regeln ab. De Luͤc uͤberlegte in der Folge, daß nach Herrn de Sauſſuͤre eignen Verſuchen ſelbſt die geſaͤttigte (oder nach de L. Ausdruck bis zum Marimum mit Duͤnſten angefuͤllte) Luft nur ſehr wenig Waſſer enthaͤlt, daß das Hygrometer unten in den Plaͤnen ſelten die aͤußerſte Feuchtigkeit, auf den Bergen aber noch mehr Trockenheit zeigt, daß ſich endlich die Duͤnſte auch nicht in den noch hoͤhern Gegenden aufhalten koͤnnen, weil ſie ſonſt bey ihrer Verdichtung die Luft uͤber den Bergen truͤben wuͤrden, da man doch uͤber den Regenwolken gewoͤhnlich den Himmel ſehr heiter und durchſichtig findet. Dies alles erzeugte in ihm den Gedanken: der Regen koͤnne nicht das unmittelbar Umgekehrte der Ausduͤnſtung ſeyn, oder unmittelbar aus dem erſten Producte der Ausduͤnſtung ſelbſt entſtehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0667" xml:id="P.3.661" n="661"/><lb/> </p> <p>Durch Beobachtungen des Hygrometers auf Gebirgen zeigt ſich die Luft in der Hoͤhe weit <hi rendition="#b">trockner,</hi> als unten. Auf den Gebirgen von Sixt fand de Luͤc die Luft ſehr trocken; von einem Stocke fiel der metallne Beſchlag, der in der Plaͤne ſehr feſt gehalten hatte, zweymal von ſelbſt ab, und in der Nacht ſchien die Trockenheit eher noch zuzunehmen. Dennoch entſtand in dieſer trocknen Luftſchicht ſelbſt, da das Hygrometer 33 1/2 Gr. zeigte, alſo die Luft 66 1/2 Grad von der aͤußerſten Feuchtigkeit entfernt war, waͤhrend der Nacht ein Gewitter mit heftigem Regen, welcher bis zum Mittage des folgenden Tages anhielt. 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Durch Beobachtungen des Hygrometers auf Gebirgen zeigt ſich die Luft in der Hoͤhe weit trockner, als unten. Auf den Gebirgen von Sixt fand de Luͤc die Luft ſehr trocken; von einem Stocke fiel der metallne Beſchlag, der in der Plaͤne ſehr feſt gehalten hatte, zweymal von ſelbſt ab, und in der Nacht ſchien die Trockenheit eher noch zuzunehmen. Dennoch entſtand in dieſer trocknen Luftſchicht ſelbſt, da das Hygrometer 33 1/2 Gr. zeigte, alſo die Luft 66 1/2 Grad von der aͤußerſten Feuchtigkeit entfernt war, waͤhrend der Nacht ein Gewitter mit heftigem Regen, welcher bis zum Mittage des folgenden Tages anhielt. Herr de Luͤc, der bisher geglaubt hatte, die Duͤnſte hielten ſich in den hoͤhern Gegenden auf, und ſenkten ſich ſodann durch Erkaͤltung wieder herab, um Wolken und Regen zu bilden, ward durch dieſe Beobachtung in Erſtaunen geſetzt, zumal da die Waͤrme dabey eher zu- als abgenommen hatte. In der Hygrologie war fuͤr den gegenwaͤrtigen Fall keine andere Urſache der Verdichtung der Duͤnſte aufzufinden, als die Erkaͤltung: aber dieſe hatte nicht ſtatt gefunden, alſo wich die ploͤtzliche Entſtehung des Regens in einer trocknen Luftſchicht nicht allein von den Geſetzen der Aufloͤſung und des Niederſchlags, ſondern auch von allen hygrologiſchen Regeln ab.
De Luͤc uͤberlegte in der Folge, daß nach Herrn de Sauſſuͤre eignen Verſuchen ſelbſt die geſaͤttigte (oder nach de L. Ausdruck bis zum Marimum mit Duͤnſten angefuͤllte) Luft nur ſehr wenig Waſſer enthaͤlt, daß das Hygrometer unten in den Plaͤnen ſelten die aͤußerſte Feuchtigkeit, auf den Bergen aber noch mehr Trockenheit zeigt, daß ſich endlich die Duͤnſte auch nicht in den noch hoͤhern Gegenden aufhalten koͤnnen, weil ſie ſonſt bey ihrer Verdichtung die Luft uͤber den Bergen truͤben wuͤrden, da man doch uͤber den Regenwolken gewoͤhnlich den Himmel ſehr heiter und durchſichtig findet. Dies alles erzeugte in ihm den Gedanken: der Regen koͤnne nicht das unmittelbar Umgekehrte der Ausduͤnſtung ſeyn, oder unmittelbar aus dem erſten Producte der Ausduͤnſtung ſelbſt entſtehen.
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