Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


zur allgemeinen Berechnung über die ganze Erdfläche ein schickliches Mittel zu wählen. Bergmann glaubt, man könne 30 Zoll jährlich für das allgemeine Mittel nehmen; denn wenn es gleich an einigen Orten fast gar nicht regne, und in Europa die mittlere Höhe meistens nur 15 -- 20 Zoll betrage, so gebe es doch Orte, wo es fast immer regne, und andere, wo das Wasser zu gewissen Zeiten fast herunter gegossen werde. Unter dieser Voraussetzung beträgt die Menge des jährlichen Niederschlags über die ganze Erdfläche (weil 30 Zoll = (1/9130) geogr. Meile) (9282060/9130) = 1016 geographische Cubikmeilen. Im Ganzen genommen muß der Niederschlag aus dem Luftkreise eben soviel wieder abführen, als die Summe aller Ausdünstungen zuführt, s. Ausdünstung, weil sonst der Luftkreis ein beständiges Zu- oder Abnehmen seines Gewichts zeigen müßte, dergleichen doch die Barometer nicht angeben.

Von einigen Orten hat man besondere Beobachtungen, woraus erhellet, daß an eben derselben Stelle in der Höhe weniger Regen fällt, als in der Tiefe. D. Heberden (Philos. Trans. Vol. LIX. P. I.) fand, daß sich oben auf der Kirche der Westminster Abtey, auf einem Hause daneben, und noch 15 1/2 Fuß tiefer, die Regenmengen alle Monate, wie 5, 8 und 10 verhielten, und auf einem Berge in North- Wales verhielt sich binnen 4 Monaten der Regen auf dem Gipfel zu dem am Fuße, wie 8,165 zu 8,766.

Gewöhnlich ist das Regen- und Schneewasser sehr rein, und zu den meisten chymischen Operationen eben sowohl, als das destillirte, zu gebrauchen, wenn es mit der gehörigen Vorsicht aufgenommen worden ist. Zu dieser Absicht aber muß es bey einem stillen Regen ohne Sturm, und wenn es bereits eine Zeitlang geregnet oder geschneyt hat, unter freyem Himmel, entfernt von den Wohnungen der Menschen, in irdenen, oder noch besser in weiten gläsernen Gefäßen, aufgefangen seyn. Dennoch enthält es nach Marggraf (Chym. Schriften, Th. I. Num. XVIII. §. 7.) und Bergmann (De analy si aquarum, §. 4.) noch immer etwas salzsäurehaltiges Kalksalz und einen geringen Antheil Salpetersäure.


zur allgemeinen Berechnung uͤber die ganze Erdflaͤche ein ſchickliches Mittel zu waͤhlen. Bergmann glaubt, man koͤnne 30 Zoll jaͤhrlich fuͤr das allgemeine Mittel nehmen; denn wenn es gleich an einigen Orten faſt gar nicht regne, und in Europa die mittlere Hoͤhe meiſtens nur 15 — 20 Zoll betrage, ſo gebe es doch Orte, wo es faſt immer regne, und andere, wo das Waſſer zu gewiſſen Zeiten faſt herunter gegoſſen werde. Unter dieſer Vorausſetzung betraͤgt die Menge des jaͤhrlichen Niederſchlags uͤber die ganze Erdflaͤche (weil 30 Zoll = (1/9130) geogr. Meile) (9282060/9130) = 1016 geographiſche Cubikmeilen. Im Ganzen genommen muß der Niederſchlag aus dem Luftkreiſe eben ſoviel wieder abfuͤhren, als die Summe aller Ausduͤnſtungen zufuͤhrt, ſ. Ausduͤnſtung, weil ſonſt der Luftkreis ein beſtaͤndiges Zu- oder Abnehmen ſeines Gewichts zeigen muͤßte, dergleichen doch die Barometer nicht angeben.

Von einigen Orten hat man beſondere Beobachtungen, woraus erhellet, daß an eben derſelben Stelle in der Hoͤhe weniger Regen faͤllt, als in der Tiefe. D. Heberden (Philoſ. Trans. Vol. LIX. P. I.) fand, daß ſich oben auf der Kirche der Weſtminſter Abtey, auf einem Hauſe daneben, und noch 15 1/2 Fuß tiefer, die Regenmengen alle Monate, wie 5, 8 und 10 verhielten, und auf einem Berge in North- Wales verhielt ſich binnen 4 Monaten der Regen auf dem Gipfel zu dem am Fuße, wie 8,165 zu 8,766.

Gewoͤhnlich iſt das Regen- und Schneewaſſer ſehr rein, und zu den meiſten chymiſchen Operationen eben ſowohl, als das deſtillirte, zu gebrauchen, wenn es mit der gehoͤrigen Vorſicht aufgenommen worden iſt. Zu dieſer Abſicht aber muß es bey einem ſtillen Regen ohne Sturm, und wenn es bereits eine Zeitlang geregnet oder geſchneyt hat, unter freyem Himmel, entfernt von den Wohnungen der Menſchen, in irdenen, oder noch beſſer in weiten glaͤſernen Gefaͤßen, aufgefangen ſeyn. Dennoch enthaͤlt es nach Marggraf (Chym. Schriften, Th. I. Num. XVIII. §. 7.) und Bergmann (De analy ſi aquarum, §. 4.) noch immer etwas ſalzſaͤurehaltiges Kalkſalz und einen geringen Antheil Salpeterſaͤure.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0655" xml:id="P.3.649" n="649"/><lb/>
zur allgemeinen Berechnung u&#x0364;ber die ganze Erdfla&#x0364;che ein &#x017F;chickliches Mittel zu wa&#x0364;hlen. <hi rendition="#b">Bergmann</hi> glaubt, man ko&#x0364;nne 30 Zoll ja&#x0364;hrlich fu&#x0364;r das allgemeine Mittel nehmen; denn wenn es gleich an einigen Orten fa&#x017F;t gar nicht regne, und in Europa die mittlere Ho&#x0364;he mei&#x017F;tens nur 15 &#x2014; 20 Zoll betrage, &#x017F;o gebe es doch Orte, wo es fa&#x017F;t immer regne, und andere, wo das Wa&#x017F;&#x017F;er zu gewi&#x017F;&#x017F;en Zeiten fa&#x017F;t herunter gego&#x017F;&#x017F;en werde. Unter die&#x017F;er Voraus&#x017F;etzung betra&#x0364;gt die Menge des ja&#x0364;hrlichen Nieder&#x017F;chlags u&#x0364;ber die ganze Erdfla&#x0364;che (weil 30 Zoll = (1/9130) geogr. Meile) (9282060/9130) = 1016 geographi&#x017F;che Cubikmeilen. Im Ganzen genommen muß der Nieder&#x017F;chlag aus dem Luftkrei&#x017F;e eben &#x017F;oviel wieder abfu&#x0364;hren, als die Summe aller Ausdu&#x0364;n&#x017F;tungen zufu&#x0364;hrt, &#x017F;. <hi rendition="#b">Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung,</hi> weil &#x017F;on&#x017F;t der Luftkreis ein be&#x017F;ta&#x0364;ndiges Zu- oder Abnehmen &#x017F;eines Gewichts zeigen mu&#x0364;ßte, dergleichen doch die Barometer nicht angeben.</p>
            <p>Von einigen Orten hat man be&#x017F;ondere Beobachtungen, woraus erhellet, daß an eben der&#x017F;elben Stelle in der Ho&#x0364;he weniger Regen fa&#x0364;llt, als in der Tiefe. D. <hi rendition="#b">Heberden</hi> <hi rendition="#aq">(Philo&#x017F;. Trans. Vol. LIX. P. I.)</hi> fand, daß &#x017F;ich oben auf der Kirche der We&#x017F;tmin&#x017F;ter Abtey, auf einem Hau&#x017F;e daneben, und noch 15 1/2 Fuß tiefer, die Regenmengen alle Monate, wie 5, 8 und 10 verhielten, und auf einem Berge in North- Wales verhielt &#x017F;ich binnen 4 Monaten der Regen auf dem Gipfel zu dem am Fuße, wie 8,165 zu 8,766.</p>
            <p>Gewo&#x0364;hnlich i&#x017F;t das Regen- und Schneewa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ehr rein, und zu den mei&#x017F;ten chymi&#x017F;chen Operationen eben &#x017F;owohl, als das de&#x017F;tillirte, zu gebrauchen, wenn es mit der geho&#x0364;rigen Vor&#x017F;icht aufgenommen worden i&#x017F;t. Zu die&#x017F;er Ab&#x017F;icht aber muß es bey einem &#x017F;tillen Regen ohne Sturm, und wenn es bereits eine Zeitlang geregnet oder ge&#x017F;chneyt hat, unter freyem Himmel, entfernt von den Wohnungen der Men&#x017F;chen, in irdenen, oder noch be&#x017F;&#x017F;er in weiten gla&#x0364;&#x017F;ernen Gefa&#x0364;ßen, aufgefangen &#x017F;eyn. Dennoch entha&#x0364;lt es nach <hi rendition="#b">Marggraf</hi> (Chym. Schriften, Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> Num. <hi rendition="#aq">XVIII. §. 7.</hi>) und <hi rendition="#b">Bergmann</hi> <hi rendition="#aq">(De analy &#x017F;i aquarum, §. 4.)</hi> noch immer etwas &#x017F;alz&#x017F;a&#x0364;urehaltiges Kalk&#x017F;alz und einen geringen Antheil Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[649/0655] zur allgemeinen Berechnung uͤber die ganze Erdflaͤche ein ſchickliches Mittel zu waͤhlen. Bergmann glaubt, man koͤnne 30 Zoll jaͤhrlich fuͤr das allgemeine Mittel nehmen; denn wenn es gleich an einigen Orten faſt gar nicht regne, und in Europa die mittlere Hoͤhe meiſtens nur 15 — 20 Zoll betrage, ſo gebe es doch Orte, wo es faſt immer regne, und andere, wo das Waſſer zu gewiſſen Zeiten faſt herunter gegoſſen werde. Unter dieſer Vorausſetzung betraͤgt die Menge des jaͤhrlichen Niederſchlags uͤber die ganze Erdflaͤche (weil 30 Zoll = (1/9130) geogr. Meile) (9282060/9130) = 1016 geographiſche Cubikmeilen. Im Ganzen genommen muß der Niederſchlag aus dem Luftkreiſe eben ſoviel wieder abfuͤhren, als die Summe aller Ausduͤnſtungen zufuͤhrt, ſ. Ausduͤnſtung, weil ſonſt der Luftkreis ein beſtaͤndiges Zu- oder Abnehmen ſeines Gewichts zeigen muͤßte, dergleichen doch die Barometer nicht angeben. Von einigen Orten hat man beſondere Beobachtungen, woraus erhellet, daß an eben derſelben Stelle in der Hoͤhe weniger Regen faͤllt, als in der Tiefe. D. Heberden (Philoſ. Trans. Vol. LIX. P. I.) fand, daß ſich oben auf der Kirche der Weſtminſter Abtey, auf einem Hauſe daneben, und noch 15 1/2 Fuß tiefer, die Regenmengen alle Monate, wie 5, 8 und 10 verhielten, und auf einem Berge in North- Wales verhielt ſich binnen 4 Monaten der Regen auf dem Gipfel zu dem am Fuße, wie 8,165 zu 8,766. Gewoͤhnlich iſt das Regen- und Schneewaſſer ſehr rein, und zu den meiſten chymiſchen Operationen eben ſowohl, als das deſtillirte, zu gebrauchen, wenn es mit der gehoͤrigen Vorſicht aufgenommen worden iſt. Zu dieſer Abſicht aber muß es bey einem ſtillen Regen ohne Sturm, und wenn es bereits eine Zeitlang geregnet oder geſchneyt hat, unter freyem Himmel, entfernt von den Wohnungen der Menſchen, in irdenen, oder noch beſſer in weiten glaͤſernen Gefaͤßen, aufgefangen ſeyn. Dennoch enthaͤlt es nach Marggraf (Chym. Schriften, Th. I. Num. XVIII. §. 7.) und Bergmann (De analy ſi aquarum, §. 4.) noch immer etwas ſalzſaͤurehaltiges Kalkſalz und einen geringen Antheil Salpeterſaͤure.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/655
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/655>, abgerufen am 22.11.2024.