aber weder die Gestalt, die Kircher voraussetzt, noch könnten sich die Dünste nach Descartes in ihnen so hoch erheben, und durch enge Oefnungen ihrer Decken ziehen, ohne schon unterwegs verdichtet zu werden und herabzufallen. Es müßte auch, wenn dies der Ursprung der Quellen wäre, das Innere der Berge und der Erde längst mit dem zurückgelassenen Salze des Meerwassers ausgefüllt seyn.
Perrault(Oeuvres diverses, To. II. p. 737 sqq.) leitet den Ursprung der Quellen aus mehrern Ursachen zugleich ab. Er schreibt die Flüsse blos dem unmittelbar von der Oberfläche ablaufenden Regen- und Schneewasser zu, und leitet die Quellen und Brunnen des platten Landes von dem ausgetretenen Wasser der Flüsse ab, welches sich in die Erde ziehe, in ihren Höhlen bleibe, und nach und nach wieder zu den Flüssen zurückkehre. Um aber die Quellen auf den Bergen und über der Oberfläche der Flüsse zu erklären, nimmt er die Ausdünstung zu Hülfe, durch welche das in den Höhlen gesammelte Wasser in die Höhe getrieben und oben wieder verdichtet werde. Dem ersten Theile dieser Erklärung stehet alles dasjenige entgegen, was schon gegen Mariottes Hypothese wegen der Unzulänglichkeit des Regenund Schneewassers erinnert worden ist; überdies lehrt der Augenschein, daß die Flüsse aus Quellen, nicht aber diese aus jenen, entstehen.
Ueber den Ursprung einiger Quellen durch Ausdünstung führt Perrault folgende Beobachtungen an. Auf dem Berge Odmiloost in Slavonien wurden Steine gebrochen. Als man 10 Fuß tief gekommen war, brach durch die Ritzen ein starker Dunst mit unglaublicher Geschwindigkeit hervor, welcher 13 Tage anhielt; aber nach drey Wochen waren alle Quellen des Berges vertrocknet. Eine Meile von Paris hatten die Carthäuser eine Mühle, der es an Wasser gebrach, als man eine neue Steingrube in der Gegend angelegt hatte, aus deren Ritzen ein starker Dunst hervordrang. Die Carthäuser kauften die Steingrube, verstopften die Ritzen, und erhielten dadurch die gewöhnliche Wassermenge wieder. Diese Beobachtungen würden es wahrscheinlich machen, daß hin und wieder einige Quellen
aber weder die Geſtalt, die Kircher vorausſetzt, noch koͤnnten ſich die Duͤnſte nach Descartes in ihnen ſo hoch erheben, und durch enge Oefnungen ihrer Decken ziehen, ohne ſchon unterwegs verdichtet zu werden und herabzufallen. Es muͤßte auch, wenn dies der Urſprung der Quellen waͤre, das Innere der Berge und der Erde laͤngſt mit dem zuruͤckgelaſſenen Salze des Meerwaſſers ausgefuͤllt ſeyn.
Perrault(Oeuvres diverſes, To. II. p. 737 ſqq.) leitet den Urſprung der Quellen aus mehrern Urſachen zugleich ab. Er ſchreibt die Fluͤſſe blos dem unmittelbar von der Oberflaͤche ablaufenden Regen- und Schneewaſſer zu, und leitet die Quellen und Brunnen des platten Landes von dem ausgetretenen Waſſer der Fluͤſſe ab, welches ſich in die Erde ziehe, in ihren Hoͤhlen bleibe, und nach und nach wieder zu den Fluͤſſen zuruͤckkehre. Um aber die Quellen auf den Bergen und uͤber der Oberflaͤche der Fluͤſſe zu erklaͤren, nimmt er die Ausduͤnſtung zu Huͤlfe, durch welche das in den Hoͤhlen geſammelte Waſſer in die Hoͤhe getrieben und oben wieder verdichtet werde. Dem erſten Theile dieſer Erklaͤrung ſtehet alles dasjenige entgegen, was ſchon gegen Mariottes Hypotheſe wegen der Unzulaͤnglichkeit des Regenund Schneewaſſers erinnert worden iſt; uͤberdies lehrt der Augenſchein, daß die Fluͤſſe aus Quellen, nicht aber dieſe aus jenen, entſtehen.
Ueber den Urſprung einiger Quellen durch Ausduͤnſtung fuͤhrt Perrault folgende Beobachtungen an. Auf dem Berge Odmilooſt in Slavonien wurden Steine gebrochen. Als man 10 Fuß tief gekommen war, brach durch die Ritzen ein ſtarker Dunſt mit unglaublicher Geſchwindigkeit hervor, welcher 13 Tage anhielt; aber nach drey Wochen waren alle Quellen des Berges vertrocknet. Eine Meile von Paris hatten die Carthaͤuſer eine Muͤhle, der es an Waſſer gebrach, als man eine neue Steingrube in der Gegend angelegt hatte, aus deren Ritzen ein ſtarker Dunſt hervordrang. Die Carthaͤuſer kauften die Steingrube, verſtopften die Ritzen, und erhielten dadurch die gewoͤhnliche Waſſermenge wieder. Dieſe Beobachtungen wuͤrden es wahrſcheinlich machen, daß hin und wieder einige Quellen
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aber weder die Geſtalt, die Kircher vorausſetzt, noch koͤnnten ſich die Duͤnſte nach Descartes in ihnen ſo hoch erheben, und durch enge Oefnungen ihrer Decken ziehen, ohne ſchon unterwegs verdichtet zu werden und herabzufallen. Es muͤßte auch, wenn dies der Urſprung der Quellen waͤre, das Innere der Berge und der Erde laͤngſt mit dem zuruͤckgelaſſenen Salze des Meerwaſſers ausgefuͤllt ſeyn.</p><p><hirendition="#b">Perrault</hi><hirendition="#aq">(Oeuvres diverſes, To. II. p. 737 ſqq.)</hi> leitet den Urſprung der Quellen aus mehrern Urſachen zugleich ab. Er ſchreibt die Fluͤſſe blos dem unmittelbar von der Oberflaͤche ablaufenden Regen- und Schneewaſſer zu, und leitet die Quellen und Brunnen des platten Landes von dem ausgetretenen Waſſer der Fluͤſſe ab, welches ſich in die Erde ziehe, in ihren Hoͤhlen bleibe, und nach und nach wieder zu den Fluͤſſen zuruͤckkehre. Um aber die Quellen auf den Bergen und uͤber der Oberflaͤche der Fluͤſſe zu erklaͤren, nimmt er die Ausduͤnſtung zu Huͤlfe, durch welche das in den Hoͤhlen geſammelte Waſſer in die Hoͤhe getrieben und oben wieder verdichtet werde. Dem erſten Theile dieſer Erklaͤrung ſtehet alles dasjenige entgegen, was ſchon gegen Mariottes Hypotheſe wegen der Unzulaͤnglichkeit des Regenund Schneewaſſers erinnert worden iſt; uͤberdies lehrt der Augenſchein, daß die Fluͤſſe aus Quellen, nicht aber dieſe aus jenen, entſtehen.</p><p>Ueber den Urſprung einiger Quellen durch Ausduͤnſtung fuͤhrt <hirendition="#b">Perrault</hi> folgende Beobachtungen an. Auf dem Berge Odmilooſt in Slavonien wurden Steine gebrochen. Als man 10 Fuß tief gekommen war, brach durch die Ritzen ein ſtarker Dunſt mit unglaublicher Geſchwindigkeit hervor, welcher 13 Tage anhielt; aber nach drey Wochen waren alle Quellen des Berges vertrocknet. Eine Meile von Paris hatten die Carthaͤuſer eine Muͤhle, der es an Waſſer gebrach, als man eine neue Steingrube in der Gegend angelegt hatte, aus deren Ritzen ein ſtarker Dunſt hervordrang. Die Carthaͤuſer kauften die Steingrube, verſtopften die Ritzen, und erhielten dadurch die gewoͤhnliche Waſſermenge wieder. Dieſe Beobachtungen wuͤrden es wahrſcheinlich machen, daß hin und wieder einige Quellen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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aber weder die Geſtalt, die Kircher vorausſetzt, noch koͤnnten ſich die Duͤnſte nach Descartes in ihnen ſo hoch erheben, und durch enge Oefnungen ihrer Decken ziehen, ohne ſchon unterwegs verdichtet zu werden und herabzufallen. Es muͤßte auch, wenn dies der Urſprung der Quellen waͤre, das Innere der Berge und der Erde laͤngſt mit dem zuruͤckgelaſſenen Salze des Meerwaſſers ausgefuͤllt ſeyn.
Perrault (Oeuvres diverſes, To. II. p. 737 ſqq.) leitet den Urſprung der Quellen aus mehrern Urſachen zugleich ab. Er ſchreibt die Fluͤſſe blos dem unmittelbar von der Oberflaͤche ablaufenden Regen- und Schneewaſſer zu, und leitet die Quellen und Brunnen des platten Landes von dem ausgetretenen Waſſer der Fluͤſſe ab, welches ſich in die Erde ziehe, in ihren Hoͤhlen bleibe, und nach und nach wieder zu den Fluͤſſen zuruͤckkehre. Um aber die Quellen auf den Bergen und uͤber der Oberflaͤche der Fluͤſſe zu erklaͤren, nimmt er die Ausduͤnſtung zu Huͤlfe, durch welche das in den Hoͤhlen geſammelte Waſſer in die Hoͤhe getrieben und oben wieder verdichtet werde. Dem erſten Theile dieſer Erklaͤrung ſtehet alles dasjenige entgegen, was ſchon gegen Mariottes Hypotheſe wegen der Unzulaͤnglichkeit des Regenund Schneewaſſers erinnert worden iſt; uͤberdies lehrt der Augenſchein, daß die Fluͤſſe aus Quellen, nicht aber dieſe aus jenen, entſtehen.
Ueber den Urſprung einiger Quellen durch Ausduͤnſtung fuͤhrt Perrault folgende Beobachtungen an. Auf dem Berge Odmilooſt in Slavonien wurden Steine gebrochen. Als man 10 Fuß tief gekommen war, brach durch die Ritzen ein ſtarker Dunſt mit unglaublicher Geſchwindigkeit hervor, welcher 13 Tage anhielt; aber nach drey Wochen waren alle Quellen des Berges vertrocknet. Eine Meile von Paris hatten die Carthaͤuſer eine Muͤhle, der es an Waſſer gebrach, als man eine neue Steingrube in der Gegend angelegt hatte, aus deren Ritzen ein ſtarker Dunſt hervordrang. Die Carthaͤuſer kauften die Steingrube, verſtopften die Ritzen, und erhielten dadurch die gewoͤhnliche Waſſermenge wieder. Dieſe Beobachtungen wuͤrden es wahrſcheinlich machen, daß hin und wieder einige Quellen
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/616>, abgerufen am 16.07.2024.
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