Newton sein System der Gravitation bekannt machte, glaubten die Anhänger des Descartes, in demselben diese schelastische Qualität von neuem aufleben zu sehen. Auch verwandelt sich die newtonische Gravitation in eine solche Qualität, sobald man sie als letzte Ursache der Erscheinungen betrachten und für eine wesentliche Eigenschaft der Materie annehmen will. Einige Schüler Newtons waren so kühn, dieses zu thun, und haben dadurch dem Fortgange der guten Sache eine lange Zeit geschadet, s. Attraction, Gravitation. Endlich ward man durch allzuviel Erfahrungen überzeugt, daß sich die Gravitation, als allgemeines Phänomen, gar nicht in Zweifel ziehen lasse, und daß der Name gleichgültig sey, wenn man sich nur nicht einbilde, dadurch die Sache selbst zu kennen. Man braucht also die Gravitation ohne Bedenken als Benennung eines durch unzählbare Erfahrungen bewiesenen Naturgesetzes, gesteht aber aufrichtig, daß man damit noch nicht glaube die letzte Ursache angezeigt zu haben. Eine völlig gleiche Bewandniß hat es mit den chymischen Verwandtschasten, mit dem Anziehen und Zurückstoßen elektrischer und magnetischer Wirkungskreise rc. und am Ende mit den allermeisten Naturgesetzen, welche eine große Menge von Phänomenen zusammenfassen. Die Gesetze selbst sind aus der Erfahrung unwldersprechlich erwiesen: die Namen Gravitation, Verwandtschaft, Anziehen, Zurückstoßen, Binden, Freylassen u. s. w. sind unenthehrlich, um die Gesetze auszudrücken; aber diese Namen für das Wesen der Sache selbst, für wirkliche mit den Erscheinungen homogene Eigenschaften der Materie ansehen und die letzten Ursachen der Naturbegebenheiten in ihnen suchen, das hieße ganz im Geiste der scholastischen Physik erklären.
v. Musschenbroek Introd. ad philos. nat. To. I. § 41. sqq.
Ein im Feuer nicht beständiges, bey der gewöhnlichen Temperatur der Atmosphäre schon flüßiges Metall, von einer sehr glänzenden Silberfarbe. Seine Flüßigkeit im gewöhnlichen Zustande hindert, die Begriffe von Dehnbarkeit und Zähigkeit darauf
Newton ſein Syſtem der Gravitation bekannt machte, glaubten die Anhaͤnger des Descartes, in demſelben dieſe ſchelaſtiſche Qualitaͤt von neuem aufleben zu ſehen. Auch verwandelt ſich die newtoniſche Gravitation in eine ſolche Qualitaͤt, ſobald man ſie als letzte Urſache der Erſcheinungen betrachten und fuͤr eine weſentliche Eigenſchaft der Materie annehmen will. Einige Schuͤler Newtons waren ſo kuͤhn, dieſes zu thun, und haben dadurch dem Fortgange der guten Sache eine lange Zeit geſchadet, ſ. Attraction, Gravitation. Endlich ward man durch allzuviel Erfahrungen uͤberzeugt, daß ſich die Gravitation, als allgemeines Phaͤnomen, gar nicht in Zweifel ziehen laſſe, und daß der Name gleichguͤltig ſey, wenn man ſich nur nicht einbilde, dadurch die Sache ſelbſt zu kennen. Man braucht alſo die Gravitation ohne Bedenken als Benennung eines durch unzaͤhlbare Erfahrungen bewieſenen Naturgeſetzes, geſteht aber aufrichtig, daß man damit noch nicht glaube die letzte Urſache angezeigt zu haben. Eine voͤllig gleiche Bewandniß hat es mit den chymiſchen Verwandtſchaſten, mit dem Anziehen und Zuruͤckſtoßen elektriſcher und magnetiſcher Wirkungskreiſe rc. und am Ende mit den allermeiſten Naturgeſetzen, welche eine große Menge von Phaͤnomenen zuſammenfaſſen. Die Geſetze ſelbſt ſind aus der Erfahrung unwlderſprechlich erwieſen: die Namen Gravitation, Verwandtſchaft, Anziehen, Zuruͤckſtoßen, Binden, Freylaſſen u. ſ. w. ſind unenthehrlich, um die Geſetze auszudruͤcken; aber dieſe Namen fuͤr das Weſen der Sache ſelbſt, fuͤr wirkliche mit den Erſcheinungen homogene Eigenſchaften der Materie anſehen und die letzten Urſachen der Naturbegebenheiten in ihnen ſuchen, das hieße ganz im Geiſte der ſcholaſtiſchen Phyſik erklaͤren.
v. Muſſchenbroek Introd. ad philoſ. nat. To. I. § 41. ſqq.
Ein im Feuer nicht beſtaͤndiges, bey der gewoͤhnlichen Temperatur der Atmoſphaͤre ſchon fluͤßiges Metall, von einer ſehr glaͤnzenden Silberfarbe. Seine Fluͤßigkeit im gewoͤhnlichen Zuſtande hindert, die Begriffe von Dehnbarkeit und Zaͤhigkeit darauf
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Newton ſein Syſtem der Gravitation bekannt machte, glaubten die Anhaͤnger des Descartes, in demſelben dieſe ſchelaſtiſche Qualitaͤt von neuem aufleben zu ſehen. Auch verwandelt ſich die newtoniſche Gravitation in eine ſolche Qualitaͤt, ſobald man ſie als letzte Urſache der Erſcheinungen betrachten und fuͤr eine weſentliche Eigenſchaft der Materie annehmen will. Einige Schuͤler Newtons waren ſo kuͤhn, dieſes zu thun, und haben dadurch dem Fortgange der guten Sache eine lange Zeit geſchadet, ſ. Attraction, Gravitation. Endlich ward man durch allzuviel Erfahrungen uͤberzeugt, daß ſich die Gravitation, als allgemeines Phaͤnomen, gar nicht in Zweifel ziehen laſſe, und daß der Name gleichguͤltig ſey, wenn man ſich nur nicht einbilde, dadurch die Sache ſelbſt zu kennen. Man braucht alſo die Gravitation ohne Bedenken als Benennung eines durch unzaͤhlbare Erfahrungen bewieſenen Naturgeſetzes, geſteht aber aufrichtig, daß man damit noch nicht glaube die letzte Urſache angezeigt zu haben. Eine voͤllig gleiche Bewandniß hat es mit den chymiſchen Verwandtſchaſten, mit dem Anziehen und Zuruͤckſtoßen elektriſcher und magnetiſcher Wirkungskreiſe rc. und am Ende mit den allermeiſten Naturgeſetzen, welche eine große Menge von Phaͤnomenen zuſammenfaſſen. Die Geſetze ſelbſt ſind aus der Erfahrung unwlderſprechlich erwieſen: die Namen Gravitation, Verwandtſchaft, Anziehen, Zuruͤckſtoßen, Binden, Freylaſſen u. ſ. w. ſind unenthehrlich, um die Geſetze auszudruͤcken; aber dieſe Namen fuͤr das Weſen der Sache ſelbſt, fuͤr wirkliche mit den Erſcheinungen homogene Eigenſchaften der Materie anſehen und die letzten Urſachen der Naturbegebenheiten in ihnen ſuchen, das hieße ganz im Geiſte der ſcholaſtiſchen Phyſik erklaͤren.
v. Muſſchenbroek Introd. ad philoſ. nat. To. I. § 41. ſqq.
Queckſilber, Mercurius, Hydrargyrus, Argentum vivum, Mercure, Vif-argent.
Ein im Feuer nicht beſtaͤndiges, bey der gewoͤhnlichen Temperatur der Atmoſphaͤre ſchon fluͤßiges Metall, von einer ſehr glaͤnzenden Silberfarbe. Seine Fluͤßigkeit im gewoͤhnlichen Zuſtande hindert, die Begriffe von Dehnbarkeit und Zaͤhigkeit darauf
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/600>, abgerufen am 22.11.2024.
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