Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.Newtons Versuche lehren, daß das weiße Licht aus einer Menge Farbenstralen von ungleicher Brechbarkeit bestehe. Wenn also ein zusammengesetzter Lichtstral durch ein durchsichtiges Mittel geht, und in der Vorderfläche desselben gebrochen wird, so nehmen alle seine Farbenstralen verschiedene Richtungen, und werden dadurch von einander gesondert. In diesem Zustande gelangen sie an die Hinterfläche des durchsichtigen Mittels, und es kömmt nun darauf an, ob diese der Vorderfläche parallel ist, oder nicht. Im ersten Falle wird jeder Stral, den Gesetzen der Brechung gemäß, beym Ausgange aus dem durchsichtigen Mittel eben die Richtung wieder erhalten, die er vor dem Eintritte in dasselbe hatte. Mithin werden alle gesonderte Farbenstralen wieder mit einander parallel, weil sie vor dem Durchgange zu einerley Lichtstrale gehörten, also einerley Richtung hatten. Weil nun bey unsern Erfahrungen kein Lichtstral eine mathematische Linie darstellet, sondern immer einen Raum von einiger Breite einnimmt, mithin auf alle Punkte, wo Farbenstralen ausgehen, Licht von allen Farben fällt, das nach dem Ausgange einerley Richtung bekömmt, so coincidiren die Farbenstralen völlig mit einander, bilden wieder weißes Licht, und es entstehen keine Farben. Ist aber die Hintersläche der Vorderfläche nicht parallel, so hat jeder Stral nach dem Ausgange eine andere Richtung, als vor dem Eingange: die schon durch die erste Brechung gesonderten Farbenstralen bleiben also auch nach der zweyten gesondert, nehmen verschiedene Wege, und bilden da, wo sie auffallen, verschiedene Farben. Daher kömmt die farbenzerstreuende Eigenschaft aller Körper, deren brechende Flächen nicht gleichlaufend sind, z. B. der Prismen, und der Linsengläser an den vom Mittel entfernten Stellen. Der Winkel, den die beyden brechenden Flächen eines solchen Körpers mit einander machen, heißt der brechende Winkel (angulus refringens). Man nimmt zu den Grundflächen der gewöhnlichen Prismen gleichseitige Dreyecke, wobey also dieser Winkel=60° ist. Newtons Verſuche lehren, daß das weiße Licht aus einer Menge Farbenſtralen von ungleicher Brechbarkeit beſtehe. Wenn alſo ein zuſammengeſetzter Lichtſtral durch ein durchſichtiges Mittel geht, und in der Vorderflaͤche deſſelben gebrochen wird, ſo nehmen alle ſeine Farbenſtralen verſchiedene Richtungen, und werden dadurch von einander geſondert. In dieſem Zuſtande gelangen ſie an die Hinterflaͤche des durchſichtigen Mittels, und es koͤmmt nun darauf an, ob dieſe der Vorderflaͤche parallel iſt, oder nicht. Im erſten Falle wird jeder Stral, den Geſetzen der Brechung gemaͤß, beym Ausgange aus dem durchſichtigen Mittel eben die Richtung wieder erhalten, die er vor dem Eintritte in daſſelbe hatte. Mithin werden alle geſonderte Farbenſtralen wieder mit einander parallel, weil ſie vor dem Durchgange zu einerley Lichtſtrale gehoͤrten, alſo einerley Richtung hatten. Weil nun bey unſern Erfahrungen kein Lichtſtral eine mathematiſche Linie darſtellet, ſondern immer einen Raum von einiger Breite einnimmt, mithin auf alle Punkte, wo Farbenſtralen ausgehen, Licht von allen Farben faͤllt, das nach dem Ausgange einerley Richtung bekoͤmmt, ſo coincidiren die Farbenſtralen voͤllig mit einander, bilden wieder weißes Licht, und es entſtehen keine Farben. Iſt aber die Hinterſlaͤche der Vorderflaͤche nicht parallel, ſo hat jeder Stral nach dem Ausgange eine andere Richtung, als vor dem Eingange: die ſchon durch die erſte Brechung geſonderten Farbenſtralen bleiben alſo auch nach der zweyten geſondert, nehmen verſchiedene Wege, und bilden da, wo ſie auffallen, verſchiedene Farben. Daher koͤmmt die farbenzerſtreuende Eigenſchaft aller Koͤrper, deren brechende Flaͤchen nicht gleichlaufend ſind, z. B. der Prismen, und der Linſenglaͤſer an den vom Mittel entfernten Stellen. Der Winkel, den die beyden brechenden Flaͤchen eines ſolchen Koͤrpers mit einander machen, heißt der brechende Winkel (angulus refringens). Man nimmt zu den Grundflaͤchen der gewoͤhnlichen Prismen gleichſeitige Dreyecke, wobey alſo dieſer Winkel=60° iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0559" xml:id="P.3.553" n="553"/><lb/> </p> <p><hi rendition="#b">Newtons</hi> Verſuche lehren, daß das weiße Licht aus einer Menge Farbenſtralen von ungleicher Brechbarkeit beſtehe. Wenn alſo ein zuſammengeſetzter Lichtſtral durch ein durchſichtiges Mittel geht, und in der Vorderflaͤche deſſelben gebrochen wird, ſo nehmen alle ſeine Farbenſtralen verſchiedene Richtungen, und werden dadurch von einander geſondert. In dieſem Zuſtande gelangen ſie an die Hinterflaͤche des durchſichtigen Mittels, und es koͤmmt nun darauf an, ob dieſe der Vorderflaͤche parallel iſt, oder nicht. Im erſten Falle wird jeder Stral, den Geſetzen der Brechung gemaͤß, beym Ausgange aus dem durchſichtigen Mittel eben die Richtung wieder erhalten, die er vor dem Eintritte in daſſelbe hatte. Mithin werden alle geſonderte Farbenſtralen wieder mit einander parallel, weil ſie vor dem Durchgange zu einerley Lichtſtrale gehoͤrten, alſo einerley Richtung hatten. Weil nun bey unſern Erfahrungen kein Lichtſtral eine mathematiſche Linie darſtellet, ſondern immer einen Raum von einiger Breite einnimmt, mithin auf alle Punkte, wo Farbenſtralen ausgehen, Licht von <hi rendition="#b">allen</hi> Farben faͤllt, das nach dem Ausgange einerley Richtung bekoͤmmt, ſo coincidiren die Farbenſtralen voͤllig mit einander, bilden wieder weißes Licht, und es entſtehen keine Farben.</p> <p>Iſt aber die Hinterſlaͤche der Vorderflaͤche nicht parallel, ſo hat jeder Stral nach dem Ausgange eine andere Richtung, als vor dem Eingange: die ſchon durch die erſte Brechung geſonderten Farbenſtralen bleiben alſo auch nach der zweyten geſondert, nehmen verſchiedene Wege, und bilden da, wo ſie auffallen, verſchiedene Farben. 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Newtons Verſuche lehren, daß das weiße Licht aus einer Menge Farbenſtralen von ungleicher Brechbarkeit beſtehe. Wenn alſo ein zuſammengeſetzter Lichtſtral durch ein durchſichtiges Mittel geht, und in der Vorderflaͤche deſſelben gebrochen wird, ſo nehmen alle ſeine Farbenſtralen verſchiedene Richtungen, und werden dadurch von einander geſondert. In dieſem Zuſtande gelangen ſie an die Hinterflaͤche des durchſichtigen Mittels, und es koͤmmt nun darauf an, ob dieſe der Vorderflaͤche parallel iſt, oder nicht. Im erſten Falle wird jeder Stral, den Geſetzen der Brechung gemaͤß, beym Ausgange aus dem durchſichtigen Mittel eben die Richtung wieder erhalten, die er vor dem Eintritte in daſſelbe hatte. Mithin werden alle geſonderte Farbenſtralen wieder mit einander parallel, weil ſie vor dem Durchgange zu einerley Lichtſtrale gehoͤrten, alſo einerley Richtung hatten. Weil nun bey unſern Erfahrungen kein Lichtſtral eine mathematiſche Linie darſtellet, ſondern immer einen Raum von einiger Breite einnimmt, mithin auf alle Punkte, wo Farbenſtralen ausgehen, Licht von allen Farben faͤllt, das nach dem Ausgange einerley Richtung bekoͤmmt, ſo coincidiren die Farbenſtralen voͤllig mit einander, bilden wieder weißes Licht, und es entſtehen keine Farben.
Iſt aber die Hinterſlaͤche der Vorderflaͤche nicht parallel, ſo hat jeder Stral nach dem Ausgange eine andere Richtung, als vor dem Eingange: die ſchon durch die erſte Brechung geſonderten Farbenſtralen bleiben alſo auch nach der zweyten geſondert, nehmen verſchiedene Wege, und bilden da, wo ſie auffallen, verſchiedene Farben. Daher koͤmmt die farbenzerſtreuende Eigenſchaft aller Koͤrper, deren brechende Flaͤchen nicht gleichlaufend ſind, z. B. der Prismen, und der Linſenglaͤſer an den vom Mittel entfernten Stellen.
Der Winkel, den die beyden brechenden Flaͤchen eines ſolchen Koͤrpers mit einander machen, heißt der brechende Winkel (angulus refringens). Man nimmt zu den Grundflaͤchen der gewoͤhnlichen Prismen gleichſeitige Dreyecke, wobey alſo dieſer Winkel=60° iſt.
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