Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.Man wähle einen von den Sternen, welche dem Pole nahe stehen, und nicht untergehen. Ein solcher Stern beschreibt um den Pol P einen kleinen Tagkreis, wie ST in der Figur, und geht dabey täglich zweymal durch den Mittagskreis ZPR, einmai über dem Pole bey S, das anderemal unter demselben bey T. In den langen Winternächten kan man den Stern so wählen, daß beyde Durchgänge in einer Nacht, einer Abends, der andere gegen Morgen, beobachtet, und die Höhen des Sterns SR und TR dabey gemessen werden können. Diese Höhen muß man zuerst wegen der Wirkung der Refraction berichtigen, s. Strolenbrechung, astronomische. Alsdann giebt ihr Unterschied den Bogen ST, und dieses Bogens Helfte PT zur kleinsten Höhe TR addirt, giebt die Polhöhe PR. Ex. Für die Polhöhe von Petersburg fand de l'Jsle (Comm. Acad. Petrop. To. II. p. 503.) 1728 des Polarsterns
Eine andere Methode ist folgende. Man beobachte die Mittagshöhe eines Gestirns, dessen Abweichung schon anderswoher bekannt ist. Diese Abweichung von der Mittagshöhe abgezogen, läßt die Aequatorhöhe, und diese von 90° abgezogen, die Polhöhe übrig. Südliche Abweichungen sind, wenn man die Höhe des Nordpols sucht, als negative zu betrachten, so daß man sie zur Mittagshöhe hinzusetzen muß, um die Aequatorhöhe zu finden. Ex. Der Ritter Marinoni (Descriptio speculae domesticae et organici apparatus astron. Vindob. 1745. fol.) fand am 1. Jänner 1745 zu Wien des Aldebarans oder Stierauges Man waͤhle einen von den Sternen, welche dem Pole nahe ſtehen, und nicht untergehen. Ein ſolcher Stern beſchreibt um den Pol P einen kleinen Tagkreis, wie ST in der Figur, und geht dabey taͤglich zweymal durch den Mittagskreis ZPR, einmai uͤber dem Pole bey S, das anderemal unter demſelben bey T. In den langen Winternaͤchten kan man den Stern ſo waͤhlen, daß beyde Durchgaͤnge in einer Nacht, einer Abends, der andere gegen Morgen, beobachtet, und die Hoͤhen des Sterns SR und TR dabey gemeſſen werden koͤnnen. Dieſe Hoͤhen muß man zuerſt wegen der Wirkung der Refraction berichtigen, ſ. Strolenbrechung, aſtronomiſche. Alsdann giebt ihr Unterſchied den Bogen ST, und dieſes Bogens Helfte PT zur kleinſten Hoͤhe TR addirt, giebt die Polhoͤhe PR. Ex. Fuͤr die Polhoͤhe von Petersburg fand de l'Jsle (Comm. Acad. Petrop. To. II. p. 503.) 1728 des Polarſterns
Eine andere Methode iſt folgende. Man beobachte die Mittagshoͤhe eines Geſtirns, deſſen Abweichung ſchon anderswoher bekannt iſt. Dieſe Abweichung von der Mittagshoͤhe abgezogen, laͤßt die Aequatorhoͤhe, und dieſe von 90° abgezogen, die Polhoͤhe uͤbrig. Suͤdliche Abweichungen ſind, wenn man die Hoͤhe des Nordpols ſucht, als negative zu betrachten, ſo daß man ſie zur Mittagshoͤhe hinzuſetzen muß, um die Aequatorhoͤhe zu finden. Ex. Der Ritter Marinoni (Deſcriptio ſpeculae domeſticae et organici apparatus aſtron. Vindob. 1745. fol.) fand am 1. Jaͤnner 1745 zu Wien des Aldebarans oder Stierauges <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0548" xml:id="P.3.542" n="542"/><lb/> </p> <p>Man waͤhle einen von den Sternen, welche dem Pole nahe ſtehen, und nicht untergehen. Ein ſolcher Stern beſchreibt um den Pol <hi rendition="#aq">P</hi> einen kleinen Tagkreis, wie <hi rendition="#aq">ST</hi> in der Figur, und geht dabey taͤglich zweymal durch den Mittagskreis <hi rendition="#aq">ZPR,</hi> einmai uͤber dem Pole bey <hi rendition="#aq">S,</hi> das anderemal unter demſelben bey <hi rendition="#aq">T.</hi> In den langen Winternaͤchten kan man den Stern ſo waͤhlen, daß beyde Durchgaͤnge in einer Nacht, einer Abends, der andere gegen Morgen, beobachtet, und die Hoͤhen des Sterns <hi rendition="#aq">SR</hi> und <hi rendition="#aq">TR</hi> dabey gemeſſen werden koͤnnen. Dieſe Hoͤhen muß man zuerſt wegen der Wirkung der Refraction berichtigen, ſ. <hi rendition="#b">Strolenbrechung, aſtronomiſche.</hi> Alsdann giebt ihr Unterſchied den Bogen <hi rendition="#aq">ST,</hi> und dieſes Bogens Helfte <hi rendition="#aq">PT</hi> zur kleinſten Hoͤhe <hi rendition="#aq">TR</hi> addirt, giebt die Polhoͤhe <hi rendition="#aq">PR.</hi></p> <p><hi rendition="#b">Ex.</hi> Fuͤr die Polhoͤhe von Petersburg fand <hi rendition="#b">de l'Jsle</hi> <hi rendition="#aq">(Comm. Acad. Petrop. To. II. p. 503.) 1728</hi> des Polarſterns <table><row><cell>groͤſte Hoͤhe</cell><cell>=</cell><cell>62°</cell><cell>5′</cell><cell>35″</cell><cell>kleinſte Hoͤhe</cell><cell>=</cell><cell>57°</cell><cell>48′</cell><cell>0″</cell></row><row><cell>Refract.</cell><cell>=</cell><cell/><cell/><cell>31</cell><cell>Refract.</cell><cell>=</cell><cell/><cell/><cell>37</cell></row><row><cell><hi rendition="#aq">ST</hi></cell><cell>=</cell><cell>62</cell><cell>5</cell><cell>4</cell><cell><hi rendition="#aq">TR</hi></cell><cell>=</cell><cell>57</cell><cell>47</cell><cell>23</cell></row><row><cell><hi rendition="#aq">TR</hi></cell><cell>=</cell><cell>57</cell><cell>47</cell><cell>23</cell><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/></row><row><cell><hi rendition="#aq">ST</hi></cell><cell>=</cell><cell>4</cell><cell>17</cell><cell>41</cell><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/></row><row><cell>2)</cell><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/></row><row><cell><hi rendition="#aq">PT</hi></cell><cell>=</cell><cell>2</cell><cell>8</cell><cell>50,5</cell><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/></row><row><cell><hi rendition="#aq">PT + TR</hi></cell><cell>=</cell><cell>59</cell><cell>56</cell><cell>13,5</cell><cell>= Polhoͤhe von Petersburg.</cell></row></table></p> <p>Eine andere Methode iſt folgende. Man beobachte die Mittagshoͤhe eines Geſtirns, deſſen Abweichung ſchon anderswoher bekannt iſt. Dieſe Abweichung von der Mittagshoͤhe abgezogen, laͤßt die Aequatorhoͤhe, und dieſe von 90° abgezogen, die Polhoͤhe uͤbrig. Suͤdliche Abweichungen ſind, wenn man die Hoͤhe des Nordpols ſucht, als negative zu betrachten, ſo daß man ſie zur Mittagshoͤhe hinzuſetzen muß, um die Aequatorhoͤhe zu finden.</p> <p><hi rendition="#b">Ex.</hi> Der Ritter <hi rendition="#b">Marinoni</hi> <hi rendition="#aq">(Deſcriptio ſpeculae domeſticae et organici apparatus aſtron. Vindob. 1745. fol.)</hi> fand am 1. Jaͤnner 1745 zu Wien des Aldebarans oder Stierauges<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [542/0548]
Man waͤhle einen von den Sternen, welche dem Pole nahe ſtehen, und nicht untergehen. Ein ſolcher Stern beſchreibt um den Pol P einen kleinen Tagkreis, wie ST in der Figur, und geht dabey taͤglich zweymal durch den Mittagskreis ZPR, einmai uͤber dem Pole bey S, das anderemal unter demſelben bey T. In den langen Winternaͤchten kan man den Stern ſo waͤhlen, daß beyde Durchgaͤnge in einer Nacht, einer Abends, der andere gegen Morgen, beobachtet, und die Hoͤhen des Sterns SR und TR dabey gemeſſen werden koͤnnen. Dieſe Hoͤhen muß man zuerſt wegen der Wirkung der Refraction berichtigen, ſ. Strolenbrechung, aſtronomiſche. Alsdann giebt ihr Unterſchied den Bogen ST, und dieſes Bogens Helfte PT zur kleinſten Hoͤhe TR addirt, giebt die Polhoͤhe PR.
Ex. Fuͤr die Polhoͤhe von Petersburg fand de l'Jsle (Comm. Acad. Petrop. To. II. p. 503.) 1728 des Polarſterns groͤſte Hoͤhe = 62° 5′ 35″ kleinſte Hoͤhe = 57° 48′ 0″
Refract. = 31 Refract. = 37
ST = 62 5 4 TR = 57 47 23
TR = 57 47 23
ST = 4 17 41
2)
PT = 2 8 50,5
PT + TR = 59 56 13,5 = Polhoͤhe von Petersburg.
Eine andere Methode iſt folgende. Man beobachte die Mittagshoͤhe eines Geſtirns, deſſen Abweichung ſchon anderswoher bekannt iſt. Dieſe Abweichung von der Mittagshoͤhe abgezogen, laͤßt die Aequatorhoͤhe, und dieſe von 90° abgezogen, die Polhoͤhe uͤbrig. Suͤdliche Abweichungen ſind, wenn man die Hoͤhe des Nordpols ſucht, als negative zu betrachten, ſo daß man ſie zur Mittagshoͤhe hinzuſetzen muß, um die Aequatorhoͤhe zu finden.
Ex. Der Ritter Marinoni (Deſcriptio ſpeculae domeſticae et organici apparatus aſtron. Vindob. 1745. fol.) fand am 1. Jaͤnner 1745 zu Wien des Aldebarans oder Stierauges
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