Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


den Magnetismus eines Nordpols mit + M, den eines Südpols mit -- M, s. Magnet.

Unstreitig ist der Magnetismus durch alle Theile des Magnets verbreitet, und nicht ausschließend den Polen eigen. Die Pole sind nur diejenigen Punkte der Oberfläche, welche in der mittlern Richtung liegen, die aus der Zusammensetzung der Anziehungen oder Abstoßungen aller Theile resultirt: also Mittelpunkte der Anziehung, s. Mittelpunkt. Man kan annehmen, es sey der ganze Magnetismus daselbst beysammen. Ieder Pol hat nun eine gewisse Stärke seines M, und seinen bestimmten Wirkungskreis, innerhalb dessen er in jedem eines Magnetismus fähigen Körper das dem seinigen entgegengesetzte M hervorzu- bringen strebt. Hierauf beruht die Erklärung der meisten Phänomene und die Versertigung der künstlichen Magnete, wobey an der Stelle, die zuletzt im Wirkungskreise eines + M gewesen ist, der Pol - M entsteht.

Aue magnetische Erscheinungen weisen darauf hin, daß die Erdkugel selbst ein Magnet sey. Daraus läßt sich die Polarität, die Abweichung und die Neigung der Magnetnadel sehr ungezwungen erklären, und die sogenannte Erregung des ursprünglichen Magnetismus giebt einen directen Beweis davon, der den Satz fast zur Gewißheit bringt. Also muß es auch magnetische Pole der Erdkugel geben. Bey diesen aber muß man die Zeichen + und -- umkehren. Wenn nemlich die Nordpole der Nadeln + M haben, und sich darum nach Mitternacht wenden, weil sie vom nördlichen Pole der Erde angezogen werden, so muß dieser Nordpol der Erde ein -- M besitzen, indem nur entgegengesetzte M sich anziehen können. Und aus eben dem Grunde muß man dem Südpole der Erde ein + M beylegen.

Allem Ansehen nach verändern diese magnetischen Pole der Erde ihre Stellen. Man hat aber bis jetzt noch wenig Gewißheit über ihre gegenwärtige Lage und Bewegung erhalten können. Halley nahm vier Pole, zween feste in der äußern Rinde, und zween in dem beweglichen innern Kerne der Erde an; auch Musschenbroek folgerte aus des


den Magnetismus eines Nordpols mit + M, den eines Suͤdpols mit — M, ſ. Magnet.

Unſtreitig iſt der Magnetismus durch alle Theile des Magnets verbreitet, und nicht ausſchließend den Polen eigen. Die Pole ſind nur diejenigen Punkte der Oberflaͤche, welche in der mittlern Richtung liegen, die aus der Zuſammenſetzung der Anziehungen oder Abſtoßungen aller Theile reſultirt: alſo Mittelpunkte der Anziehung, ſ. Mittelpunkt. Man kan annehmen, es ſey der ganze Magnetismus daſelbſt beyſammen. Ieder Pol hat nun eine gewiſſe Staͤrke ſeines M, und ſeinen beſtimmten Wirkungskreis, innerhalb deſſen er in jedem eines Magnetismus faͤhigen Koͤrper das dem ſeinigen entgegengeſetzte M hervorzu- bringen ſtrebt. Hierauf beruht die Erklaͤrung der meiſten Phaͤnomene und die Verſertigung der kuͤnſtlichen Magnete, wobey an der Stelle, die zuletzt im Wirkungskreiſe eines + M geweſen iſt, der Pol - M entſteht.

Aue magnetiſche Erſcheinungen weiſen darauf hin, daß die Erdkugel ſelbſt ein Magnet ſey. Daraus laͤßt ſich die Polaritaͤt, die Abweichung und die Neigung der Magnetnadel ſehr ungezwungen erklaͤren, und die ſogenannte Erregung des urſpruͤnglichen Magnetismus giebt einen directen Beweis davon, der den Satz faſt zur Gewißheit bringt. Alſo muß es auch magnetiſche Pole der Erdkugel geben. Bey dieſen aber muß man die Zeichen + und — umkehren. Wenn nemlich die Nordpole der Nadeln + M haben, und ſich darum nach Mitternacht wenden, weil ſie vom noͤrdlichen Pole der Erde angezogen werden, ſo muß dieſer Nordpol der Erde ein — M beſitzen, indem nur entgegengeſetzte M ſich anziehen koͤnnen. Und aus eben dem Grunde muß man dem Suͤdpole der Erde ein + M beylegen.

Allem Anſehen nach veraͤndern dieſe magnetiſchen Pole der Erde ihre Stellen. Man hat aber bis jetzt noch wenig Gewißheit uͤber ihre gegenwaͤrtige Lage und Bewegung erhalten koͤnnen. Halley nahm vier Pole, zween feſte in der aͤußern Rinde, und zween in dem beweglichen innern Kerne der Erde an; auch Muſſchenbroek folgerte aus des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0544" xml:id="P.3.538" n="538"/><lb/>
den Magnetismus eines Nordpols mit + <hi rendition="#aq">M,</hi> den eines Su&#x0364;dpols mit &#x2014; <hi rendition="#aq">M,</hi> &#x017F;. <hi rendition="#b">Magnet.</hi></p>
            <p>Un&#x017F;treitig i&#x017F;t der Magnetismus durch alle Theile des Magnets verbreitet, und nicht aus&#x017F;chließend den Polen eigen. Die Pole &#x017F;ind nur diejenigen Punkte der Oberfla&#x0364;che, welche in der mittlern Richtung liegen, die aus der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung der Anziehungen oder Ab&#x017F;toßungen aller Theile re&#x017F;ultirt: al&#x017F;o <hi rendition="#b">Mittelpunkte der Anziehung, &#x017F;. Mittelpunkt.</hi> Man kan annehmen, es &#x017F;ey der ganze Magnetismus da&#x017F;elb&#x017F;t bey&#x017F;ammen. Ieder Pol hat nun eine gewi&#x017F;&#x017F;e Sta&#x0364;rke &#x017F;eines <hi rendition="#aq">M,</hi> und &#x017F;einen be&#x017F;timmten Wirkungskreis, innerhalb de&#x017F;&#x017F;en er in jedem eines Magnetismus fa&#x0364;higen Ko&#x0364;rper das dem &#x017F;einigen entgegenge&#x017F;etzte <hi rendition="#aq">M</hi> hervorzu- <hi rendition="#aq">bringen &#x017F;trebt.</hi> Hierauf beruht die Erkla&#x0364;rung der mei&#x017F;ten Pha&#x0364;nomene und die Ver&#x017F;ertigung der ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Magnete, wobey an der Stelle, die zuletzt im Wirkungskrei&#x017F;e eines + <hi rendition="#aq">M</hi> gewe&#x017F;en i&#x017F;t, der Pol - <hi rendition="#aq">M</hi> ent&#x017F;teht.</p>
            <p>Aue magneti&#x017F;che Er&#x017F;cheinungen wei&#x017F;en darauf hin, daß die Erdkugel &#x017F;elb&#x017F;t ein Magnet &#x017F;ey. Daraus la&#x0364;ßt &#x017F;ich die Polarita&#x0364;t, die Abweichung und die Neigung der Magnetnadel &#x017F;ehr ungezwungen erkla&#x0364;ren, und die &#x017F;ogenannte Erregung des ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Magnetismus giebt einen directen Beweis davon, der den Satz fa&#x017F;t zur Gewißheit bringt. Al&#x017F;o muß es auch magneti&#x017F;che <hi rendition="#b">Pole der Erdkugel</hi> geben. Bey die&#x017F;en aber muß man die Zeichen + und &#x2014; umkehren. Wenn nemlich die Nordpole der Nadeln + <hi rendition="#aq">M</hi> haben, und &#x017F;ich darum nach Mitternacht wenden, weil &#x017F;ie vom no&#x0364;rdlichen Pole der Erde angezogen werden, &#x017F;o muß die&#x017F;er Nordpol der Erde ein &#x2014; <hi rendition="#aq">M</hi> be&#x017F;itzen, indem nur entgegenge&#x017F;etzte <hi rendition="#aq">M</hi> &#x017F;ich anziehen ko&#x0364;nnen. Und aus eben dem Grunde muß man dem Su&#x0364;dpole der Erde ein + <hi rendition="#aq">M</hi> beylegen.</p>
            <p>Allem An&#x017F;ehen nach vera&#x0364;ndern die&#x017F;e magneti&#x017F;chen Pole der Erde ihre Stellen. Man hat aber bis jetzt noch wenig Gewißheit u&#x0364;ber ihre gegenwa&#x0364;rtige Lage und Bewegung erhalten ko&#x0364;nnen. <hi rendition="#b">Halley</hi> nahm vier Pole, zween fe&#x017F;te in der a&#x0364;ußern Rinde, und zween in dem beweglichen innern Kerne der Erde an; auch <hi rendition="#b">Mu&#x017F;&#x017F;chenbroek</hi> folgerte aus des<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[538/0544] den Magnetismus eines Nordpols mit + M, den eines Suͤdpols mit — M, ſ. Magnet. Unſtreitig iſt der Magnetismus durch alle Theile des Magnets verbreitet, und nicht ausſchließend den Polen eigen. Die Pole ſind nur diejenigen Punkte der Oberflaͤche, welche in der mittlern Richtung liegen, die aus der Zuſammenſetzung der Anziehungen oder Abſtoßungen aller Theile reſultirt: alſo Mittelpunkte der Anziehung, ſ. Mittelpunkt. Man kan annehmen, es ſey der ganze Magnetismus daſelbſt beyſammen. Ieder Pol hat nun eine gewiſſe Staͤrke ſeines M, und ſeinen beſtimmten Wirkungskreis, innerhalb deſſen er in jedem eines Magnetismus faͤhigen Koͤrper das dem ſeinigen entgegengeſetzte M hervorzu- bringen ſtrebt. Hierauf beruht die Erklaͤrung der meiſten Phaͤnomene und die Verſertigung der kuͤnſtlichen Magnete, wobey an der Stelle, die zuletzt im Wirkungskreiſe eines + M geweſen iſt, der Pol - M entſteht. Aue magnetiſche Erſcheinungen weiſen darauf hin, daß die Erdkugel ſelbſt ein Magnet ſey. Daraus laͤßt ſich die Polaritaͤt, die Abweichung und die Neigung der Magnetnadel ſehr ungezwungen erklaͤren, und die ſogenannte Erregung des urſpruͤnglichen Magnetismus giebt einen directen Beweis davon, der den Satz faſt zur Gewißheit bringt. Alſo muß es auch magnetiſche Pole der Erdkugel geben. Bey dieſen aber muß man die Zeichen + und — umkehren. Wenn nemlich die Nordpole der Nadeln + M haben, und ſich darum nach Mitternacht wenden, weil ſie vom noͤrdlichen Pole der Erde angezogen werden, ſo muß dieſer Nordpol der Erde ein — M beſitzen, indem nur entgegengeſetzte M ſich anziehen koͤnnen. Und aus eben dem Grunde muß man dem Suͤdpole der Erde ein + M beylegen. Allem Anſehen nach veraͤndern dieſe magnetiſchen Pole der Erde ihre Stellen. Man hat aber bis jetzt noch wenig Gewißheit uͤber ihre gegenwaͤrtige Lage und Bewegung erhalten koͤnnen. Halley nahm vier Pole, zween feſte in der aͤußern Rinde, und zween in dem beweglichen innern Kerne der Erde an; auch Muſſchenbroek folgerte aus des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/544
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/544>, abgerufen am 16.07.2024.