besonders unter den Mitgliedern der pariser Akademie, cartesianisch gesinnt. Man beschuldigte Newton sogar einer Wiedereinführung der scholastischen verborgnen Qualitäten, wozu seine Schüler Gelegenheit gaben, welche wider die Absicht ihres bescheidnern Lehrers, die Gravitation, die nur allgemeines Phänomen ist, als eine erste physikalische Ursache oder wesentliche Eigenschaft der Materie betrachten wollten. Endlich aber hat das newtonische System so zahlreiche Bestätigungen von mehrern Seiten erhalten, daß es jetzt allgemein als die Grundlage des mathematischen Theils der Physik angesehen wird. Ich verweise wegen dieser Bestätigungen nur auf die Artikel: Farben (Th. II. S. 140.), Erdkugel (Th. II S. 27. und 40.), Gravitation (Th. II. S. 525. und 535.), Mond, Perturbationen.
Von dieser Zeit an erscheint die neuere Physik in ihrem eigenthümlichen Glanze. Es würde zu weitläuftig seyn, von so vielen Naturforschern, welche diesen Glanz noch mehr erhöhet haben, auch nur die Namen anzuführen, zumal da die Geschichte ihrer Erfindungen und Meinungen schon von den meisten Artikeln dieses Wörterbuchs einen nicht geringen Theil ausmacht. Diese Männer waren größtentheils Mathematiker, daher auch von ihnen der mathematische Theil der Naturlehre vorzüglich bearbeiter ward. Zugleich machten auch Naturgeschichte und Chymie für sich ansehnliche Fortschritte: sie wurden aber von der Naturlehre selbst zu sehr getrennt, um ihr in ihrem ganzen Umfange zu nützen.
Erst seit der Mitte dieses Jahrhunderts fieng man an, die Unentbehrlichkeit der chymischen Lehren lebhafter zu fühlen. Die erste Veranlassung hiezu gaben die chymischen Erklärungen der Ausdünstung und der davon abhängenden Luftbegebenheiten, und die Lehre vom Feuer überhaupt, in welcher ohne chymische Betrachtung eine allzusichtbare Lücke offen bleibt. Die Entdeckung der Gasarten aber, deren Geschichte beym Worte Gas erzählt wird, änderte noch überdies die bisherigen Begriffe von der Luft, und machte es nothwendig, außer den mechanischen Eigenschaften derselben auch die chymischen zu betrachten. Man sahe sich nun genöthiget, das Band zwischen Chymie und Physik enger zu
beſonders unter den Mitgliedern der pariſer Akademie, carteſianiſch geſinnt. Man beſchuldigte Newton ſogar einer Wiedereinfuͤhrung der ſcholaſtiſchen verborgnen Qualitaͤten, wozu ſeine Schuͤler Gelegenheit gaben, welche wider die Abſicht ihres beſcheidnern Lehrers, die Gravitation, die nur allgemeines Phaͤnomen iſt, als eine erſte phyſikaliſche Urſache oder weſentliche Eigenſchaft der Materie betrachten wollten. Endlich aber hat das newtoniſche Syſtem ſo zahlreiche Beſtaͤtigungen von mehrern Seiten erhalten, daß es jetzt allgemein als die Grundlage des mathematiſchen Theils der Phyſik angeſehen wird. Ich verweiſe wegen dieſer Beſtaͤtigungen nur auf die Artikel: Farben (Th. II. S. 140.), Erdkugel (Th. II S. 27. und 40.), Gravitation (Th. II. S. 525. und 535.), Mond, Perturbationen.
Von dieſer Zeit an erſcheint die neuere Phyſik in ihrem eigenthuͤmlichen Glanze. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn, von ſo vielen Naturforſchern, welche dieſen Glanz noch mehr erhoͤhet haben, auch nur die Namen anzufuͤhren, zumal da die Geſchichte ihrer Erfindungen und Meinungen ſchon von den meiſten Artikeln dieſes Woͤrterbuchs einen nicht geringen Theil ausmacht. Dieſe Maͤnner waren groͤßtentheils Mathematiker, daher auch von ihnen der mathematiſche Theil der Naturlehre vorzuͤglich bearbeiter ward. Zugleich machten auch Naturgeſchichte und Chymie fuͤr ſich anſehnliche Fortſchritte: ſie wurden aber von der Naturlehre ſelbſt zu ſehr getrennt, um ihr in ihrem ganzen Umfange zu nuͤtzen.
Erſt ſeit der Mitte dieſes Jahrhunderts fieng man an, die Unentbehrlichkeit der chymiſchen Lehren lebhafter zu fuͤhlen. Die erſte Veranlaſſung hiezu gaben die chymiſchen Erklaͤrungen der Ausduͤnſtung und der davon abhaͤngenden Luftbegebenheiten, und die Lehre vom Feuer uͤberhaupt, in welcher ohne chymiſche Betrachtung eine allzuſichtbare Luͤcke offen bleibt. Die Entdeckung der Gasarten aber, deren Geſchichte beym Worte Gas erzaͤhlt wird, aͤnderte noch uͤberdies die bisherigen Begriffe von der Luft, und machte es nothwendig, außer den mechaniſchen Eigenſchaften derſelben auch die chymiſchen zu betrachten. Man ſahe ſich nun genoͤthiget, das Band zwiſchen Chymie und Phyſik enger zu
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beſonders unter den Mitgliedern der pariſer Akademie, carteſianiſch geſinnt. Man beſchuldigte Newton ſogar einer Wiedereinfuͤhrung der ſcholaſtiſchen verborgnen Qualitaͤten, wozu ſeine Schuͤler Gelegenheit gaben, welche wider die Abſicht ihres beſcheidnern Lehrers, die Gravitation, die nur allgemeines Phaͤnomen iſt, als eine erſte phyſikaliſche Urſache oder weſentliche Eigenſchaft der Materie betrachten wollten. Endlich aber hat das newtoniſche Syſtem ſo zahlreiche Beſtaͤtigungen von mehrern Seiten erhalten, daß es jetzt allgemein als die Grundlage des mathematiſchen Theils der Phyſik angeſehen wird. Ich verweiſe wegen dieſer Beſtaͤtigungen nur auf die Artikel: <hirendition="#b">Farben</hi> (Th. <hirendition="#aq">II.</hi> S. 140.), <hirendition="#b">Erdkugel</hi> (Th. <hirendition="#aq">II</hi> S. 27. und 40.), <hirendition="#b">Gravitation</hi> (Th. <hirendition="#aq">II.</hi> S. 525. und 535.), <hirendition="#b">Mond, Perturbationen.</hi></p><p>Von dieſer Zeit an erſcheint die neuere Phyſik in ihrem eigenthuͤmlichen Glanze. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn, von ſo vielen Naturforſchern, welche dieſen Glanz noch mehr erhoͤhet haben, auch nur die Namen anzufuͤhren, zumal da die Geſchichte ihrer Erfindungen und Meinungen ſchon von den meiſten Artikeln dieſes Woͤrterbuchs einen nicht geringen Theil ausmacht. Dieſe Maͤnner waren groͤßtentheils Mathematiker, daher auch von ihnen der mathematiſche Theil der Naturlehre vorzuͤglich bearbeiter ward. Zugleich machten auch Naturgeſchichte und Chymie fuͤr ſich anſehnliche Fortſchritte: ſie wurden aber von der Naturlehre ſelbſt zu ſehr getrennt, um ihr in ihrem ganzen Umfange zu nuͤtzen.</p><p>Erſt ſeit der Mitte dieſes Jahrhunderts fieng man an, die Unentbehrlichkeit der chymiſchen Lehren lebhafter zu fuͤhlen. Die erſte Veranlaſſung hiezu gaben die chymiſchen Erklaͤrungen der Ausduͤnſtung und der davon abhaͤngenden Luftbegebenheiten, und die Lehre vom Feuer uͤberhaupt, in welcher ohne chymiſche Betrachtung eine allzuſichtbare Luͤcke offen bleibt. Die Entdeckung der Gasarten aber, deren Geſchichte beym Worte Gas erzaͤhlt wird, aͤnderte noch uͤberdies die bisherigen Begriffe von der Luft, und machte es nothwendig, außer den mechaniſchen Eigenſchaften derſelben auch die chymiſchen zu betrachten. Man ſahe ſich nun genoͤthiget, das Band zwiſchen Chymie und Phyſik enger zu<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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beſonders unter den Mitgliedern der pariſer Akademie, carteſianiſch geſinnt. Man beſchuldigte Newton ſogar einer Wiedereinfuͤhrung der ſcholaſtiſchen verborgnen Qualitaͤten, wozu ſeine Schuͤler Gelegenheit gaben, welche wider die Abſicht ihres beſcheidnern Lehrers, die Gravitation, die nur allgemeines Phaͤnomen iſt, als eine erſte phyſikaliſche Urſache oder weſentliche Eigenſchaft der Materie betrachten wollten. Endlich aber hat das newtoniſche Syſtem ſo zahlreiche Beſtaͤtigungen von mehrern Seiten erhalten, daß es jetzt allgemein als die Grundlage des mathematiſchen Theils der Phyſik angeſehen wird. Ich verweiſe wegen dieſer Beſtaͤtigungen nur auf die Artikel: Farben (Th. II. S. 140.), Erdkugel (Th. II S. 27. und 40.), Gravitation (Th. II. S. 525. und 535.), Mond, Perturbationen.
Von dieſer Zeit an erſcheint die neuere Phyſik in ihrem eigenthuͤmlichen Glanze. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn, von ſo vielen Naturforſchern, welche dieſen Glanz noch mehr erhoͤhet haben, auch nur die Namen anzufuͤhren, zumal da die Geſchichte ihrer Erfindungen und Meinungen ſchon von den meiſten Artikeln dieſes Woͤrterbuchs einen nicht geringen Theil ausmacht. Dieſe Maͤnner waren groͤßtentheils Mathematiker, daher auch von ihnen der mathematiſche Theil der Naturlehre vorzuͤglich bearbeiter ward. Zugleich machten auch Naturgeſchichte und Chymie fuͤr ſich anſehnliche Fortſchritte: ſie wurden aber von der Naturlehre ſelbſt zu ſehr getrennt, um ihr in ihrem ganzen Umfange zu nuͤtzen.
Erſt ſeit der Mitte dieſes Jahrhunderts fieng man an, die Unentbehrlichkeit der chymiſchen Lehren lebhafter zu fuͤhlen. Die erſte Veranlaſſung hiezu gaben die chymiſchen Erklaͤrungen der Ausduͤnſtung und der davon abhaͤngenden Luftbegebenheiten, und die Lehre vom Feuer uͤberhaupt, in welcher ohne chymiſche Betrachtung eine allzuſichtbare Luͤcke offen bleibt. Die Entdeckung der Gasarten aber, deren Geſchichte beym Worte Gas erzaͤhlt wird, aͤnderte noch uͤberdies die bisherigen Begriffe von der Luft, und machte es nothwendig, außer den mechaniſchen Eigenſchaften derſelben auch die chymiſchen zu betrachten. Man ſahe ſich nun genoͤthiget, das Band zwiſchen Chymie und Phyſik enger zu
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/510>, abgerufen am 22.11.2024.
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