Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Die Ursache dieser ganzen wunderbaren Erscheinung ist eben darum räthselhaft, weil sie so genau mit der Kenntniß der Natur des Lichts zusammenhängt. Nach Newton müßte man sie in der Anziehung der Körper gegen die Materie des Lichts, nach Euler darinn suchen, daß die in der Oberfläche erregten Vibrationen im Dunkeln noch eine Zeitlang fortdauern. Die chymischen Untersuchungen lehren, daß die vorzüglichsten Lichtsauger (denn eigentlich sind fast alle dunkeln Körper dergleichen) aus einer Säure, einer Erde und Phlogiston bestehen. Da nun die Säuren mit dem Phlogiston einen verbrennlichen Körper oder Schwefel bilden, dagegen aber auch viel Verwandtschaft mit den unverbrennlichen absorbirenden Erden haben, so ist Macquer geneigt, das Leuchten der Phosphoren für einen äußerst schwachen Grad einer durch die Menge der Erde gehinderten Verbrennung, oder Zersetzung dieses Schwefels, zu halten. Vielleicht ist dabey das Phlogiston wegen der Gegenwart der Erde so wenig mit der Säure gebunden, daß schon der Stoß des auffallenden Lichts hinreicht, diese Verbindung zu trennen, und ein schwaches Brennen zu bewirken, das jedoch die fühlbare Wärme nicht beträchtlich vergrößert. Vielleicht zersetzt sich hiebey nach Herrn Gren das Phlogiston selbst in seine Bestandtheile, nemlich in Lichtmaterie und fühlbaren Wärmestof, wovon die erste dem Auge sichtbar wird, der letztere aber sich augenblicklich nach den gewöhnlichen Gesetzen durch die übrige steinichte Masse vertheilt. Der Schwefelgeruch der phosphorischen Bereitungen, die Nothwendigkeit ihrer Berührung mit den Kohlen beym Calciniren (welche Marggraf behauptet, Canton läugnet), und die Entstehung des Lichts durch bloße Erhitzung) die aber Canton auch läugnet) sind Macquers Gründe für seine Meinung. Man könnte noch hinzusetzen, daß die Feuchtigkeit dem Leuchten hinderlich ist, obgleich sonst die Phosphoren auch ohne Zutritt der Luft, in verschloßnen Gefäßen und selbst unter dem Wasser noch leuchten. Es müssen aber bey diesem
Die Urſache dieſer ganzen wunderbaren Erſcheinung iſt eben darum raͤthſelhaft, weil ſie ſo genau mit der Kenntniß der Natur des Lichts zuſammenhaͤngt. Nach Newton muͤßte man ſie in der Anziehung der Koͤrper gegen die Materie des Lichts, nach Euler darinn ſuchen, daß die in der Oberflaͤche erregten Vibrationen im Dunkeln noch eine Zeitlang fortdauern. Die chymiſchen Unterſuchungen lehren, daß die vorzuͤglichſten Lichtſauger (denn eigentlich ſind faſt alle dunkeln Koͤrper dergleichen) aus einer Saͤure, einer Erde und Phlogiſton beſtehen. Da nun die Saͤuren mit dem Phlogiſton einen verbrennlichen Koͤrper oder Schwefel bilden, dagegen aber auch viel Verwandtſchaft mit den unverbrennlichen abſorbirenden Erden haben, ſo iſt Macquer geneigt, das Leuchten der Phosphoren fuͤr einen aͤußerſt ſchwachen Grad einer durch die Menge der Erde gehinderten Verbrennung, oder Zerſetzung dieſes Schwefels, zu halten. Vielleicht iſt dabey das Phlogiſton wegen der Gegenwart der Erde ſo wenig mit der Saͤure gebunden, daß ſchon der Stoß des auffallenden Lichts hinreicht, dieſe Verbindung zu trennen, und ein ſchwaches Brennen zu bewirken, das jedoch die fuͤhlbare Waͤrme nicht betraͤchtlich vergroͤßert. Vielleicht zerſetzt ſich hiebey nach Herrn Gren das Phlogiſton ſelbſt in ſeine Beſtandtheile, nemlich in Lichtmaterie und fuͤhlbaren Waͤrmeſtof, wovon die erſte dem Auge ſichtbar wird, der letztere aber ſich augenblicklich nach den gewoͤhnlichen Geſetzen durch die uͤbrige ſteinichte Maſſe vertheilt. Der Schwefelgeruch der phosphoriſchen Bereitungen, die Nothwendigkeit ihrer Beruͤhrung mit den Kohlen beym Calciniren (welche Marggraf behauptet, Canton laͤugnet), und die Entſtehung des Lichts durch bloße Erhitzung) die aber Canton auch laͤugnet) ſind Macquers Gruͤnde fuͤr ſeine Meinung. Man koͤnnte noch hinzuſetzen, daß die Feuchtigkeit dem Leuchten hinderlich iſt, obgleich ſonſt die Phosphoren auch ohne Zutritt der Luft, in verſchloßnen Gefaͤßen und ſelbſt unter dem Waſſer noch leuchten. Es muͤſſen aber bey dieſem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0486" xml:id="P.3.480" n="480"/><lb/> nach einem Syſtem eben ſowohl, als nach dem andern, erklaͤren laſſen.</p> <p>Die Urſache dieſer ganzen wunderbaren Erſcheinung iſt eben darum raͤthſelhaft, weil ſie ſo genau mit der Kenntniß der Natur des Lichts zuſammenhaͤngt. Nach Newton muͤßte man ſie in der Anziehung der Koͤrper gegen die Materie des Lichts, nach Euler darinn ſuchen, daß die in der Oberflaͤche erregten Vibrationen im Dunkeln noch eine Zeitlang fortdauern.</p> <p>Die chymiſchen Unterſuchungen lehren, daß die vorzuͤglichſten Lichtſauger (denn eigentlich ſind faſt alle dunkeln Koͤrper dergleichen) aus einer Saͤure, einer Erde und Phlogiſton beſtehen. Da nun die Saͤuren mit dem Phlogiſton einen verbrennlichen Koͤrper oder Schwefel bilden, dagegen aber auch viel Verwandtſchaft mit den unverbrennlichen abſorbirenden Erden haben, ſo iſt <hi rendition="#b">Macquer</hi> geneigt, das Leuchten der Phosphoren fuͤr einen aͤußerſt ſchwachen Grad einer durch die Menge der Erde gehinderten Verbrennung, oder Zerſetzung dieſes Schwefels, zu halten. Vielleicht iſt dabey das Phlogiſton wegen der Gegenwart der Erde ſo wenig mit der Saͤure gebunden, daß ſchon der Stoß des auffallenden Lichts hinreicht, dieſe Verbindung zu trennen, und ein ſchwaches Brennen zu bewirken, das jedoch die fuͤhlbare Waͤrme nicht betraͤchtlich vergroͤßert. Vielleicht zerſetzt ſich hiebey nach Herrn <hi rendition="#b">Gren</hi> das Phlogiſton ſelbſt in ſeine Beſtandtheile, nemlich in Lichtmaterie und fuͤhlbaren Waͤrmeſtof, wovon die erſte dem Auge ſichtbar wird, der letztere aber ſich augenblicklich nach den gewoͤhnlichen Geſetzen durch die uͤbrige ſteinichte Maſſe vertheilt. Der Schwefelgeruch der phosphoriſchen Bereitungen, die Nothwendigkeit ihrer Beruͤhrung mit den Kohlen beym Calciniren (welche Marggraf behauptet, Canton laͤugnet), und die Entſtehung des Lichts durch bloße Erhitzung) die aber Canton auch laͤugnet) ſind <hi rendition="#b">Macquers</hi> Gruͤnde fuͤr ſeine Meinung. Man koͤnnte noch hinzuſetzen, daß die Feuchtigkeit dem Leuchten hinderlich iſt, obgleich ſonſt die Phosphoren auch ohne Zutritt der Luft, in verſchloßnen Gefaͤßen und ſelbſt unter dem Waſſer noch leuchten. Es muͤſſen aber bey dieſem<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [480/0486]
nach einem Syſtem eben ſowohl, als nach dem andern, erklaͤren laſſen.
Die Urſache dieſer ganzen wunderbaren Erſcheinung iſt eben darum raͤthſelhaft, weil ſie ſo genau mit der Kenntniß der Natur des Lichts zuſammenhaͤngt. Nach Newton muͤßte man ſie in der Anziehung der Koͤrper gegen die Materie des Lichts, nach Euler darinn ſuchen, daß die in der Oberflaͤche erregten Vibrationen im Dunkeln noch eine Zeitlang fortdauern.
Die chymiſchen Unterſuchungen lehren, daß die vorzuͤglichſten Lichtſauger (denn eigentlich ſind faſt alle dunkeln Koͤrper dergleichen) aus einer Saͤure, einer Erde und Phlogiſton beſtehen. Da nun die Saͤuren mit dem Phlogiſton einen verbrennlichen Koͤrper oder Schwefel bilden, dagegen aber auch viel Verwandtſchaft mit den unverbrennlichen abſorbirenden Erden haben, ſo iſt Macquer geneigt, das Leuchten der Phosphoren fuͤr einen aͤußerſt ſchwachen Grad einer durch die Menge der Erde gehinderten Verbrennung, oder Zerſetzung dieſes Schwefels, zu halten. Vielleicht iſt dabey das Phlogiſton wegen der Gegenwart der Erde ſo wenig mit der Saͤure gebunden, daß ſchon der Stoß des auffallenden Lichts hinreicht, dieſe Verbindung zu trennen, und ein ſchwaches Brennen zu bewirken, das jedoch die fuͤhlbare Waͤrme nicht betraͤchtlich vergroͤßert. Vielleicht zerſetzt ſich hiebey nach Herrn Gren das Phlogiſton ſelbſt in ſeine Beſtandtheile, nemlich in Lichtmaterie und fuͤhlbaren Waͤrmeſtof, wovon die erſte dem Auge ſichtbar wird, der letztere aber ſich augenblicklich nach den gewoͤhnlichen Geſetzen durch die uͤbrige ſteinichte Maſſe vertheilt. Der Schwefelgeruch der phosphoriſchen Bereitungen, die Nothwendigkeit ihrer Beruͤhrung mit den Kohlen beym Calciniren (welche Marggraf behauptet, Canton laͤugnet), und die Entſtehung des Lichts durch bloße Erhitzung) die aber Canton auch laͤugnet) ſind Macquers Gruͤnde fuͤr ſeine Meinung. Man koͤnnte noch hinzuſetzen, daß die Feuchtigkeit dem Leuchten hinderlich iſt, obgleich ſonſt die Phosphoren auch ohne Zutritt der Luft, in verſchloßnen Gefaͤßen und ſelbſt unter dem Waſſer noch leuchten. Es muͤſſen aber bey dieſem
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